VwGH 88/12/0081

VwGH88/12/008124.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Janistyn, über die Beschwerde des Dr. EK in K, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 31. März 1988, Zl. 11 1410/1-VI/1/88, betreffend Versetzung gemäß § 38 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs3;
BDG 1979 §38 Abs2;
BDG 1979 §38 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hofrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1970 zum Vorstand des Finanzamtes K bestellt.

Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 21. September 1987 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), aus wichtigen dienstlichen Interessen mit Wirkung vom 1. Oktober 1987 zur Finanzlandesdirektion für Oberösterreich versetzt. Begründend führte die Behörde aus, mit Schreiben vom 13. April 1987 sei der Dienstbehörde durch das Steuerlandesinspektorat berichtet worden, dass gegen den Beschwerdeführer der Verdacht der Begehung von Dienstpflichtverletzungen sowie von gerichtlich strafbaren Handlungen bestehe. Daraufhin sei Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Steyr und der Disziplinarkommission erstattet worden. Mit Beschluss vom 30. Juni 1987 habe die Disziplinarkommission die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beschwerdeführer verfügt, da ihm Verstöße gegen § 43 Abs. 1 und 2, § 44 und § 47 BDG 1979 und somit Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 zur Last gelegt würden.

Der Versetzung liege folgender Sachverhalt zu Grunde:

"1. Bruch des Vertrauensverhältnisses zu den Mitarbeitern und Ansehensverlust als Dienststellenleiter durch

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) BGBl. Nr. 333 ist eine Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht.

Nach § 38 Abs. 3 BDG 1979 sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

Streitentscheidend ist im Beschwerdefall allein, ob für die verfügte und unbestrittenermaßen als eine Versetzung des Beschwerdeführers zu einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung anzusehende Maßnahme wichtige dienstliche Interessen vorlagen oder nicht. Das wichtige öffentliche Interesse, das eine Versetzung des Beamten zulässig macht, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich nach objektiven Momenten und nicht darnach zu beurteilen, inwieweit der Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. März 1981, Zl. 3011/80, Slg. N. F. Nr. 10386, vom 13. Dezember 1982, Zl. 82/12/0080, Slg. N. F. Nr. 10922/A, und vom 13. Februar 1984, Zl. 83/12/0056, Slg. N. F. Nr. 11321/A).

Ein wichtiges dienstliches Interesse wird jedenfalls dann berührt, wenn eingetretene, objektiv festgestellte Tatsachen - im vorliegenden Fall also bereits das durch das Verhalten des Beschwerdeführers beeinflusste dienstliche Spannungsverhältnis bei seiner früheren Dienststelle - den Schluss rechtfertigen, dass der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgabe nicht oder nicht mehr gegeben sind (siehe auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1975, Zl. 1014/75).

Im Beschwerdefall sind die Verwaltungsinstanzen unbedenklich davon ausgegangen, dass nach dem Vorgefallenen ein Weiterverbleib des Beschwerdeführers in seiner bisherigen Dienststelle nicht vertretbar gewesen wäre. Dies ergibt sich schon aus der vom Beschwerdeführer selbst geäußerten Darstellung der Vorfälle, die dazu geführt haben, dass in der vom Beschwerdeführer geleiteten Dienststelle sich zwei Parteien gegenüberstehen, wobei eine - wie unbestritten feststeht - im wesentlichen die zweite Führungsebene der Behörde (Gruppenleiter des Finanzamtes) bildet, die eine Zusammenarbeit nach dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere seinen Äußerungen gegenüber den Beamten, ablehnt. Inwieweit diese Spaltung der Beamtenschaft in zwei Parteien auf ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers zurückgeht, ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der objektive Zustand jedenfalls bereits ein dienstliches Interesse an seiner Versetzung in der Leitungsfunktion verlangt. Die belangte Behörde durfte daher unbedenklich davon ausgehen, dass eine weitere Verwendung des Beschwerdeführers als Behördenleiter eines Finanzamtes - gleichgültig ob mehr oder weniger Beamte derselben sich für oder gegen ihn aussprechen bzw. die Öffentlichkeit sich mehr oder weniger mit dem Fall befasst - wichtigen dienstlichen Interessen zuwiderlaufen würde.

Daraus ergibt sich aber bereits, dass ein wichtiges dienstliches Interesse daran bestanden hat, den Beschwerdeführer von seiner bisherigen Dienststelle abzuziehen. Da es nach dem Gesetz ausreicht, wenn das wichtige dienstliche Interesse für einen der beiden Teile eines Versetzungsaktes vorliegt, braucht nicht mehr geprüft werden, ob auch für die Zuweisung des Beschwerdeführers zur neuen Dienststelle ein wichtiges dienstliches Interesse bestanden hat. Die bekämpfte Maßnahme gemäß § 38 Abs. 2 BDG 1979 war daher zulässig. Die Vorschrift des zweiten Satzes des § 38 Abs. 3 BDG 1979 setzt voraus, dass die Versetzung des ursprünglich in Aussicht genommenen Beamten entfallen kann, weil ein anderer geeigneter Beamter, für den die Maßnahme keine wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeutet, zur Verfügung steht. Eine solche Auswahl ist aber dann nicht gegeben, wenn das wichtige dienstliche Interesse darin besteht, einen bestimmten Beamten von einer Dienststelle zu entfernen. Dass im vorliegenden Fall wegen des feststehenden Spannungsverhältnisses an der Dienststelle jedoch ein wichtiges dienstliches Interesse ausschließlich an der Abziehung des Beschwerdeführers von der bisherigen Dienststelle bestand, ergibt sich schon daraus, dass eine Bereinigung der Verhältnisse offensichtlich nur durch Abziehung des Beschwerdeführers zu erwarten war. Dies gilt umsomehr, als es sich beim Beschwerdeführer um einen an der Spitze einer organisatorischen Verwaltungseinheit stehenden Beamten handelt, für den eine gleichwertige Verwendung an derselben Dienststelle nicht in Betracht kommt. Es blieb daher für die belangte Behörde keine andere Möglichkeit der Bereinigung der Angelegenheit, als den Beschwerdeführer zu einer anderen Dienststelle zu versetzen. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass eine andere Verwendungsmöglichkeit bei einer näher gelegenen Dienststelle in Frage gekommen wäre.

Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage erweisen sich auch die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers als unbegründet. Insbesondere bedurfte es nicht der zeugenschaftlichen Einvernahme sämtlicher Beamter des Finanzamtes K, um eine verlässliche Feststellung über das Bestehen des Spannungsverhältnisses an der Dienststelle des Beschwerdeführers zu treffen. Der Beschwerdeführer ist auch der Feststellung, bei den befragten Beamten handle es sich um die Führungsebene des Finanzamtes, nicht entgegengetreten. Dass den vernommenen Beamten nicht vorgehalten worden sei, sie hätten früher keine Kritik an der Amtsführung des Beschwerdeführers geübt, kann keinen erheblichen Verfahrensmangel begründen, weil die Versetzung ihre Grundlage ausschließlich in dem zur Zeit der Bescheiderlassung festgestellten Zustand haben kann. Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, dass bei Durchführung der von ihm beantragten Beweise die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Die Beschwerde musste daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 24. Oktober 1988

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