Normen
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs3;
WRG 1959 §38 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs1;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs3;
WRG 1959 §38 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Schreiben vom 20. Jänner 1987 beantragte das Landeswasserbauamt Bregenz als Projektant namens des nunmehrigen Beschwerdeführers bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz u.a. die landschaftsschutzbehördliche Bewilligung der Verrohrung der Gp. n1, KG. Wolfurt, "Neuer Kanal". Dem Antrag waren ein "Technischer Bericht" und mehrere die "Kleinregulierung" betreffende Pläne angeschlossen.
2. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 1. April 1987 erließ die Bezirkshauptmannschaft Bregenz als Landschaftsschutzbehörde erster Instanz unter dem Datum 24. Juli 1987 einen Bescheid, dessen Spruch im hier interessierenden Umfang wie folgt lautet:
"I.
Dem HB, H, wird gemäß § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 2 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, die Landschaftsschutzbewilligung für die Verrohrung des 'Neuen Kanales' auf der Gp. n1, KG. Wolfurt, im Anschluß an die bereits bestehende Verrohrung in Richtung Bahnlinie auf eine Länge von ca. 70 m und den Einbau eines Rohrdurchlasses mit einer Länge von ca. 10 m im westlichen Bereich der Gp. n1, KG. Wolfurt, auf Höhe der dort befindlichen 2 Bäume, erteilt.
II.
Dem HB, H, wird gemäß § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, die Bewilligung für die Verrohrung des 'Neuen Kanales' auf der Gp. n1, KG. Wolfurt, vom Ende der nach Punkt I. bewilligten Verrohrungsstrecke bis zur Bahnlinie und bachabwärts von der bestehenden Verrohrung in westlicher Richtung bis zur Einmündung in den B-bach, mit Ausnahme der im Spruchpunkt I. bewilligten Überfahrt mit einer Länge von ca. 10 m, versagt."
In der Begründung führte die Erstinstanz aus, daß der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz, der gewässertechnische Amtssachverständige und der Landschaftsschutzanwalt eine gänzlich ablehnende Haltung eingenommen hätten, weshalb eine Interessenabwägung (im Sinne des § 10 Abs. 2 des Landschaftsschutzgesetzes) vorzunehmen gewesen sei. Die Behörde habe sich dem Gutachten des erstgenannten Sachverständigen angeschlossen und sei ebenfalls der Ansicht, daß die beabsichtigte Verrohrung einen landschaftlichen und ökologischen Verlust darstelle, weshalb Interessen des Landschaftsschutzes verletzt würden. Diese Verletzung könne auch nicht durch Bedingungen und Auflagen beseitigt werden, weil solche Nebenbestimmungen dem Ziel und Zweck des gegenständlichen Antrages widersprechen müßten. In Ansehung des dem Antrag stattgebenden Spruchteiles I kam die Erstinstanz zu dem Ergebnis, daß insoweit Interessen des Landschaftsschutzes nur geringfügig verletzt würden, anderseits aber eine wesentliche Erleichterung für die Bewirtschaftung des Hofes erreicht werde; für diesen Bereich überwiege demnach das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft.
3. Der gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen seinen nicht stattgebenden Teil, erhobenen Berufung gab die Vorarlberger Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 5. Jänner 1988 teilweise Folge und änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend ab, daß er wie folgt zu lauten habe (Spruchpunkt I):
"l. Dem HB, H, wird gemäß § 10 Abs. 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 3. des Landschaftsschutzgesetzes, LGBl. Nr. 1/1982, die nachträgliche Bewilligung für die bereits durchgeführte Verrohrung des 'Neuen Kanales', Gp. n1, KG. Wolfurt, auf eine Länge von ca. 70 m in Richtung Bahnlinie im Anschluß an die bestehende Verrohrung und die Bewilligung für die Verrohrung einer Überfahrt im westlichsten Bereich der Gp. n1, beginnend bei der dort befindlichen Eschengruppe in Richtung Osten in einer Länge von 25 m erteilt.
2. Die Bewilligung zur Verrohrung des 'Neuen Kanales' vom Ende der nach Punkt 1. bewilligten Verrohrungsstrecke bis zur Bahnlinie und bachabwärts von der bestehenden Verrohrung in westlicher Richtung bis zur Einmündung in den B-bach, mit Ausnahme der nach Punkt 1. bewilligten Überfahrt von 25 m, wird gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Landschaftsschutzgesetz versagt."
Im übrigen wurde der erstinstanzliche Bescheid bestätigt (Spruchpunkt II). Mit Spruchpunkt III wurden dem Beschwerdeführer Verwaltungsabgaben und Kommissionsgebühren vorgeschrieben.
Zur Begründung ihres Bescheides (Spruchpunkt I) führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes und teilweiser Zitierung der §§ 4 Abs. 3 und 10 Abs. 1 und 2 des Landschaftsschutzgesetzes aus, sie schließe sich den überzeugenden (in der Bescheidbegründung zum Großteil wiedergegebenen) Ausführungen des Amtssachverständigen für Landschaftsschutz vom 11. November 1987 an und gelange daher zur Ansicht, daß durch die Verrohrung des "Neuen Kanals" Interessen des Landschaftsschutzes wesentlich verletzt würden. Da sich die Hinderungsgründe für die Bewilligung auch durch Bedingungen und Auflagen nicht beseitigen ließen, sei zu prüfen, ob andere öffentliche Interessen die Interessen des Landschaftsschutzes überwiegen würden. Dazu sei festzuhalten, daß die Fläche von ca. 6.000 m2, die durch die beantragte Verrohrung zu der Fläche des Betriebes des Beschwerdeführers im Ausmaß von ca. 11 ha hinzugewonnen werden würde, für die Lebensfähigkeit des Betriebes keine besondere Bedeutung habe. Der durch die zusätzliche landwirtschaftliche Fläche zu erwartende Ertrag von S 37.500,-- jährlich stehe in keinem Verhältnis zu den Mitteln, die für die Verrohrung aufgewendet werden müßten (ca. S 500.000,--). Vom Standpunkt der Erhaltung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe sei der Verbesserung der Situation des Beschwerdeführers, zumal in Zeiten einer landwirtschaftlichen Überproduktion, kein großes Gewicht beizumessen. Zusammenfassend könne daher gesagt werden, daß kein (zu ergänzen: überwiegendes) öffentliches Interesse an einer Verrohrung des "Neuen Kanales" bestehe. Hinsichtlich der bewilligten Überfahrt in einer Länge von 25 m sei festzustellen, daß zum einen im westlichen Teil des Gerinnes Interessen des Landschaftsschutzes weniger stark verletzt würden als im östlichen Teil, zum anderen die bewilligte Überfahrt für den Beschwerdeführer eine ganz erhebliche Erleichterung der Bewirtschaftung des gesamten Grundstückes darstelle.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, "die Verrohrung der Gp. n1 'Neuer Kanal', KG. Wolfurt, ohne Bewilligung gemäß § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Landschaftsschutzgesetz, LGBl. Nr. 1/1982, vornehmen zu dürfen," verletzt.
5. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
B
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 4 Abs. 3 erster Satz Landschaftsschutzgesetz (Wiederverlautbarungs-Kundmachung LGBl. Nr. 1/1982; in der Folge: LSchG) bedürfen im Bereich von fließenden Gewässern innerhalb eines Hochwasserabflußgebietes und eines daran anschließenden 20 m breiten Geländestreifens Veränderungen im Sinne des Abs. 1 - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - der Bewilligung der Behörde.
Nach § 10 Abs. 1 LSchG darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn Gewähr besteht, daß Interessen des Landschaftsschutzes nicht verletzt werden. Abs. 2 erster und zweiter Satz dieses Paragraphen bestimmt, daß die Bewilligung nicht versagt werden darf, wenn sich die Hinderungsgründe durch Bedingungen, Auflagen oder eine Befristung der Bewilligung .... beseitigen lassen. Eine Bewilligung darf trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen.
2.1. Seinen Rechtsstandpunkt, daß die von ihm angestrebte Verrohrung des "Neuen Kanals" keiner Bewilligung nach § 4 Abs. 3 LSchG bedürfe, begründet der Beschwerdeführer zunächst damit, daß der besagte Kanal "ein Privatgewässer im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. c WRG ist und niemals Hochwasser führt".
2.2. Dieser Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Zum einen ist dem Bewilligungstatbestand des § 4 Abs. 3 LSchG eine dem WRG 1959 (vgl. dessen §§ 1 bis 3) entnommene Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Gewässern fremd; entscheidend ist vielmehr, daß es sich um ein "fließendes" (im Gegensatz zu einem "stehenden") Gewässer handelt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1984, Slg. Nr. 11619/A). Zum anderen kommt dem Umstand, daß der "Neue Kanal" behauptetermaßen niemals Hochwasser führt - eine solche Feststellung läßt sich weder den Projektsunterlagen entnehmen noch wurde sie im Verwaltungsverfahren von den Behörden getroffen - im Grunde des § 4 Abs. 3 LSchG keine rechtliche Relevanz zu. Zu letzterem sei auf die folgenden Erwägungen (unter B 3.2.) verwiesen.
3.1. Die Beschwerde hält die Bewilligungspflicht der beantragten Verrohrung darüberhinaus deshalb nicht für gegeben, weil § 4 Abs. 3 LSchG ausdrücklich von "fließenden Gewässern innerhalb des Hochwasserabflußgebietes" spreche und damit den gleichlautenden Begriff des § 38 Abs. 1 WRG 1959 übernehme. Solche Hochwasserabflußgebiete seien Flächen, die "erfahrungsgemäß häufig überflutet" würden. Jedenfalls habe der "Neue Kanal" kein Hochwasserabflußgebiet im Sinne des § 4 Abs. 3 LSchG; die Anwendung des Gesetzesbegriffes "Hochwasserabflußgebiet" auf den genannten Kanal sei gänzlich verfehlt; damit entfalle aber auch das Erfordernis einer Bewilligung der in Rede stehenden Verrohrung gemäß § 10 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 3 LSchG.
3.2. Auch diesen Ausführungen kommt keine Berechtigung zu. Selbst wenn unter "fließenden Gewässern innerhalb des Hochwasserabflußgebietes" in § 4 Abs. 3 LSchG nichts anderes zu verstehen ist als unter der in § 38 Abs. 1 WRG 1959 gebrauchten Wendung "innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer" (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 11619/A), so ist damit keineswegs gesagt, daß - wovon die Beschwerde ausgeht - die Bewilligungspflicht gemäß § 4 Abs. 3 LSchG die Lage eines fließenden Gewässers innerhalb eines Hochwasserabflußgebietes zur unabdingbaren Voraussetzung hat. Vielmehr wird durch die Wortfolge "innerhalb eines Hochwasserabflußgebietes" - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist - lediglich die Grundfläche abgegrenzt, die den Schutzbestimmungen (noch) unterliegt, m.a.W. die Grenze des Hochwasserabflusses (zuzüglich eines 20 m breiten Geländestreifens) als maßgebendes Kriterium für die Reichweite des § 4 Abs. 3 LSchG festlegt. Solcherart bringt diese Norm nicht mehr zum Ausdruck als die Verneinung einer Bewilligungsbedürftigkeit für außerhalb des Hochwasserabflußbereiches (zuzüglich des genannten Geländestreifens) vorgenommene, im § 4 Abs. 1 leg. cit. beispielsweise aufgezählte Veränderungen. Ist somit deutlich gemacht, daß sich die normative Bedeutung der Anführung des "Hochwasserabflußgebietes" in § 4 Abs. 3 LSchG darin erschöpft, unter Berücksichtigung eines daran anschließenden 20 m-Streifens die äußerste Grenze der räumlichen Ausdehnung der Schutzzone fließender Gewässer zu fixieren, so ist damit zugleich klargestellt, daß dem Vorhandensein eines Überschwemmungsgebietes für die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 rechtliche Relevanz nicht zuzumessen ist: Werden im Bereich eines fließenden Gewässers verändernde Maßnahmen im Sinne des § 4 Abs. 1 LSchG gesetzt, so ist die Bewilligungspflicht für diese Veränderungen auch in jenen Fällen zu bejahen, in denen an das betreffende Gewässer keine Hochwasserabflußgebiete anschließen.
Der Gerichtshof ist sich dessen bewußt, daß dieses Ergebnis nicht im Wege einer strikt am Text des § 4 Abs. 3 LSchG haftenden Auslegung zu gewinnen ist. Indes würde eine Wortinterpretation zu unvernünftigen, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Ergebnissen führen. Vielmehr entspricht allein der hier dargelegte Bedeutungsgehalt dem Zweck der zitierten Norm, nämlich jedenfalls den "Bereich von fließenden Gewässern" unter Schutz zu stellen. Es wäre in der Tat sinnwidrig, wollte man unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Interessen des Landschaftsschutzes - und nur dieser Aspekt ist hier von Belang - entscheidend darauf abstellen, daß ein fließendes Gewässer in einem Hochwasserabflußgebiet situiert, und ausschließlich bei Vorliegen dieses Sachverhaltes eine Bewilligungspflicht von im Bereich des betreffenden Gewässers getroffenen Veränderungen im Sinne des § 4 Abs. 1 LSchG bejahen. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb aus dem Blickwinkel des hier allein maßgebenden Kriteriums der Abwehr von der Landschaft abträglichen Eingriffen eine Maßnahme nach § 4 Abs. 1 leg. cit., wie etwa die Errichtung eines Bauwerkes oder einer Werbeanlage, im Bereich eines fließenden Gewässers, das nicht in einem Überschwemmungsgebiet liegt, anders zu werten sein sollte als dieselbe Maßnahme im Bereich eines innerhalb eines Hochwasserabflußgebietes gelegenen Gewässers.
4. Auf den Beschwerdefall bezogen führen die vorstehenden Überlegungen zu folgender Beurteilung: Selbst wenn, wie vom Beschwerdeführer behauptet, das Gerinne "Neuer Kanal" nicht innerhalb eines Hochwasserabflußbereiches gelegen sein sollte, wäre die vom Beschwerdeführer angestrebte Verrohrung des genannten Kanals - bei diesem Vorhaben handelt es sich, wie die Behörden zutreffend erkannt haben, um eine Veränderung im Sinne des § 4 Abs. 1 LSchG ("Errichtung einer sonstigen Anlage") als Maßnahme "im Bereich von fließenden Gewässern" im Grunde des § 4 Abs. 3 leg. cit. bewilligungsbedürftig.
5. Da nach dem Gesagten der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in dem vom Beschwerdepunkt (vgl. oben A 4.) erfaßten Recht verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 17. Oktober 1988
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)