VwGH 87/10/0031

VwGH87/10/003118.4.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Waldner und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerinnen Dr. Hadaier und Dr. Vesely, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Innsbruck, vertreten durch Dr. Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 38, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 25. Juni 1986, Zl. IIIa2-1097/2, (mitbeteiligte Partei: A W in I), betreffend die Bewilligung einer Fällung, zu Recht erkannt:

Normen

FlVfLG Tir 1978 §33 Abs1;
ForstG 1975 §87;
WaldO Tir §37;
FlVfLG Tir 1978 §33 Abs1;
ForstG 1975 §87;
WaldO Tir §37;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren des Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 6. Februar 1967 war festgestellt worden, dass das Gebiet des so genannten "X-waldes" ein agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinne des § 36 Abs. 2 lit. d des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 32/1952 (FLG), darstelle. Dieser Bescheid war mit Erkenntnis des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 7. Juni 1967 dahin abgeändert worden, dass die Feststellung nun auf ein agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinne des § 30 (richtig: 36) Abs. 2 lit. a FLG lautete. Dieses mit Berufung der Beschwerdeführerin bekämpfte Erkenntnis des Landesagrarsenates wurde in der Folge in mehreren Rechtsgängen vom Obersten Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, teilweise im fortgesetzten Verfahren auf Grund aufhebender Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes teils bestätigt, teils aufgehoben. Mit Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom 6. April 1983 wurde schließlich der Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 16. Dezember 1976 deswegen "gemäß § 1 AgrVG 1950; § 66 Abs. 4 AVG 1950 und § 33 Abs. 2 lit. a TFLG 1978 sowie Art. 140 Abs. 7 B-VG stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis behoben", weil nach Aufhebung des § 33 Abs. 2 lit. c TFLG 1978 (= § 36 Abs. 2 lit. d FLG) durch den Verfassungsgerichtshof dieser in seinem Erkenntnis vom 7. Oktober 1982, Slg. Nr. 9529, zusammenfassend festgehalten habe, dass bei den unterinstanzlichen Entscheidungen "keine gesetzliche Grundlage für die Feststellung besteht, der so genannte X-wald sei agrargemeinschaftliches Grundstück". Dieses Erkenntnis des Obersten Agrarsenates ist unangefochten geblieben. Das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 26. Juli 1984, mit dem dieser der gegen den Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz vom 6. Februar 1967 gerichteten, vom Landesagrarsenat offenbar immer noch als unerledigt angesehenen Berufung Folge gab und neuerlich in der Sache, und zwar unter Bedachtnahme auf eine inzwischen eingetretene Änderung des TFLG 1978 (siehe LGBl. Nr. 18/1984), entschied, behob der von der Beschwerdeführerin angerufene Oberste Agrarsenat mit Erkenntnis vom 4. Dezember 1985 gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG 1950 ersatzlos. Der Oberste Agrarsenat vertrat in der Begründung seines Erkenntnisses die Ansicht, mit seinem auf § 66 Abs. 4 AVG 1950 gestützten Erkenntnis vom 6. April 1983 sei das seinerzeit bekämpfte Erkenntnis des Landesagrarsenates ersatzlos behoben und damit eine die Sache beendende Entscheidung getroffen worden. Mit der Aufhebung jenes Erkenntnisses des Landesagrarsenates sei damals jede Entscheidung des Streites über den Charakter der streitverfangenen Grundstücke weggefallen, weshalb auch nicht mehr über Berufungen gegen den in Wahrheit nicht mehr vorliegenden erstinstanzlichen Bescheid habe entschieden werden können. Auf Grund der geänderten Rechtslage werde nun ein neues, vor der Agrarbehörde erster Instanz beginnendes Verfahren durchzuführen sein. Die gegen das Erkenntnis des Obersten Agrarsenates erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 22. Mai 1986, Zl. 86/07/0035, als unbegründet ab und führte aus, die Ansicht der belangten Behörde, diese "Sache" sei durch deren Erkenntnis aus 1983 erledigt worden, sei zutreffend. Die Begründung jenes Erkenntnisses zeige die vom Obersten Agrarsenat vertretene Rechtsanschauung, es gäbe (im maßgebenden Zeitpunkt seiner Entscheidung) keine gesetzliche Grundlage mehr für eine materielle Erledigung. Auch durch eine nachfolgende Änderung der Rechtslage sei jenes 1983 beendete Verfahren nicht später wieder aufgelebt.

Mit Bescheid vom 4. März 1986 sprach die Forsttagsatzungskommission für die Stadtgemeinde Innsbruck aus, dass dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Fällung von 60 Efm Holz, eingetragen am 17. Februar 1986 in das Verzeichnis, Beilage 5, für die Forsttagsatzung 1986, gemäß § 37 der Tiroler Waldordnung, LGBl. Nr. 29/1979, keine Folge gegeben wird, und begründete dies damit, dass der "X-wald" kein agrargemeinschaftliches Grundstück sei; auf Grund des Erkenntnisses des Obersten Agrarsenates Zl. 710.031/01-OAS/85 (ergänze: vom 4. Dezember 1985) fehle der mitbeteiligten Partei die Legitimation zur Antragstellung für eine Nutzung im genannten Wald.

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als Bezirksverwaltungsbehörde gab der Berufung des Mitbeteiligten mit Bescheid vom 16. Mai 1986 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 26 Abs. 2 der Tiroler Waldordnung sowie unter Bedachtnahme auf §§ 87 und 88 des Forstgesetzes 1975 (FG) keine Folge. In der Begründung führte der Bürgermeister im wesentlichen sinngemäß aus, grundsätzlich habe der Waldeigentümer die Fällungsbewilligung zu beantragen, stehe aber das Verfügungsrecht nicht dem Waldeigentümer zu, habe der Verfügungsberechtigte den Antrag zu stellen. Es sei daher zu prüfen, ob dem Mitbeteiligten im Sinne des § 87 Abs. 1 und 2 FG ein Antragsrecht zukomme. Diese Frage sei eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950. Als einzige Nutzungsberechtigung könnte nur eine Berechtigung daraus abgeleitet werden, dass es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1978 handle. Aus dem Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom 4. Dezember 1985, das als Beweismittel zum Akt genommen worden sei, gehe hervor, dass das Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 26. Juli 1984 ersatzlos behoben worden sei, in der Begründung habe der Oberste Agrarsenat ausgeführt, dass mit der Aufhebung dieses Erkenntnisses nunmehr jede Entscheidung über den Streit über den Charakter der gegenständlichen Grundparzelle weggefallen sei und nunmehr die erstinstanzliche Behörde, gestützt auf die neue Rechtslage, neuerlich darüber zu entscheiden haben werde, ob Gemeindevermögen oder agrargemeinschaftliche Grundstücke vorlägen. Auf Grund der Würdigung des vorgenannten Beweismittels komme der Bürgermeister bei der Beurteilung der Vorfrage, ob es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke handle oder nicht, zu der Anschauung, dass es sich offensichtlich nicht um agrargemeinschaftliche Grundstücke handle. Daher komme dem Mitbeteiligten im Sinne des § 87 FG tatsächlich keine Legitimation zur Antragstellung für eine Fällungsbewilligung zu.

Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Tirol (die belangte Behörde) mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 iVm § 87 FG und § 37 Abs. 1 der Tiroler Waldordnung Folge, hob den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck auf und bewilligte dem Mitbeteiligten die von ihm beantragte Fällung unter der Auflage der amtlichen Auszeige. In ihrer Begründung stellte die belangte Behörde fest, dass der "X-wald" im Jahre 1848 aus dem landesfürstlichen Eigentum in das Eigentum der damaligen Gemeinde X übergegangen und mit der Eingemeindung von X in die Stadtgemeinde Innsbruck 1940 Eigentum der Landeshauptstadt geworden sei. Bereits im Jahre 1880 sei nach einem Gemeinderatsbeschluss dieser X-wald auf die X Besitzer hinsichtlich der Holz- und Streunutzung aufgeteilt worden. Vor dieser Aufteilung sei der Wald unverteiltes Gemeindegut gewesen und habe der Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der Güter in X gedient. Es existiere eine diesbezügliche Teilungsurkunde, die allerdings gemäß § 21 des Reichsforstgesetzes, RGBl. Nr. 250/1852, forstbehördlich hätte bewilligt werden müssen, was bis heute nicht geschehen sei. Die Aufteilung des X-waldes sei somit zwar faktisch, nicht jedoch rechtlich erfolgt, weil es die Gemeinde X unterlassen habe, der Forstbehörde die Teilungsurkunde zur Bewilligung vorzulegen. Es erscheine unbillig, die Nutzungsberechtigten, die über viele Jahrzehnte im Vertrauen auf Treu und Glauben diesen Wald entsprechend der vorhandenen Urkunde genützt haben, die nachteiligen Folgen dieses von der Gemeinde X verschuldeten formalen Mangels tragen zu lassen. Diese gemeindeinterne und einvernehmliche Aufteilung sei bis vor wenigen Jahren unbestrittenermaßen ausgeübt worden. Es seien im Laufe der Zeit von der Forsttagsatzungskommission Schlägerungen bewilligt worden, auch habe die Stadtgemeinde Innsbruck allfällige Ansprüche X Liegenschaftsbesitzer auf Ablöse bestehender Holz- und Streunutzungsrechte anerkannt. Der Oberste Agrarsenat habe in seiner Entscheidung vom 4. Dezember 1985 mit keiner Andeutung zum Ausdruck gebracht, dass die Liegenschaft als nichtagrargemeinschaftlich zu bezeichnen sei. Die Bezirksverwaltungsbehörde habe die Vorfrage, ob es sich um agrargemeinschaftliche Grundstücke handle, unrichtig beurteilt, obwohl ihr die gegenteilige Rechtsauffassung der Oberbehörde in dieser Angelegenheit auf Grund der Ausführungen im Bescheid vom 27. Oktober 1983, Zl. IIIaII-958/1, hätte bekannt sein müssen. Gemäß § 33 Abs. 3 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1984, sind Teilwaldrechte Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Die Waldparzellen des Xwaldes stehen im Eigentum der Stadtgemeinde Innsbruck. Es existiere eine öffentliche Teilungsurkunde, die allerdings nicht gemäß § 21 des Reichsforstgesetzes forstbehördlich bewilligt worden sei. Jedenfalls bestünden jedoch die Holz- und Streunutzungsrechte zu Gunsten des Mitbeteiligten auf Grund örtlicher Übung, auch seien die von ihm genutzten Teilflächen bestimmt. Da der Mitbeteiligte seine Teilwaldrechte im Vertrauen auf den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben auf der Grundlage der örtlichen Übung schon seit Jahren ausübe und diese Übung von der Forsttagsatzungskommission bisher durch regelmäßig ergangene Fällungsbewilligungen anerkannt worden sei, sei wie im Spruch zu entscheiden.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich die Beschwerdeführerin nach ihrem ganzen Vorbringen in dem Recht auf Nichtbestehen von Teilwaldrechten zu Gunsten des Mitbeteiligten verletzt erachtet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 87 Abs. 1 FG hat die Erteilung einer Fällungsbewilligung der Waldeigentümer zu beantragen. Steht das Verfügungsrecht über den Wald, der Gegenstand des Bewilligungsverfahrens ist, auf Grund einer Fruchtnießung nicht dem Waldeigentümer zu, so hat der danach Verfügungsberechtigte den Antrag zu stellen. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung steht neben den im Abs. 1 bezeichneten Personen das Recht zur Antragstellung auch sonstigen Verfügungsberechtigten zu, soweit die Ausübung ihrer Rechte Fällungen erforderlich macht. Wird in den Fällen des Abs. 1 zweiter Satz oder des Abs. 2 das Recht zur Antragstellung ausgeübt, so kommt in den Verfahren hierüber dem Waldeigentümer Parteistellung zu (Abs. 3).

Nach § 33 Abs. 1 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes, LGBl. Nr. 54/1978 (TFLG 1978), in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1984, sind agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke, die von allen oder mehreren Mitgliedern einer Gemeinde oder von den Mitgliedern einer Nachbarschaft, einer Interessentschaft, einer Fraktion oder einer ähnlichen Mehrheit von Berechtigten kraft einer mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen oder einer persönlichen (walzenden) Mitgliedschaft gemeinschaftlich und unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke auf Grund alter Übung genutzt werden. Als gemeinschaftliche Nutzung gilt auch eine wechselweise sowie eine nach Raum, Zeit und Art verschiedene Nutzung. Nach Abs. 2 lit. d dieser Bestimmung sind agrargemeinschaftliche Grundstücke, unbeschadet der Rechte aus einer bereits vollendeten Ersitzung, Waldgrundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehen und auf denen Teilwaldrechte (Abs. 3) bestehen (Teilwälder).

Gemäß § 33 Abs. 3 TFLG 1978 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 18/1984 sind Teilwaldrechte Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Teilwaldrechte gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes.

Festzuhalten ist zunächst, dass die Forsttagsatzungskommission für die Stadtgemeinde Innsbruck dem Antrag des Mitbeteiligten gemäß § 37 der Tiroler Waldordnung, LGBl. Nr. 29/1979, keine Folge gegeben und somit über den Fällungsantrag meritorisch abgesprochen hat. Tragende Grundlage für die Abweisung des Fällungsantrages war für die Forsttagsatzungskommission ebenso wie für die Berufungsentscheidung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck als Bezirksverwaltungsbehörde, dass es sich bei den streitgegenständlichen Grundstücken nicht um agrargemeinschaftliche Grundstücke handle, der Mitbeteiligte daher nicht Nutzungsberechtigter und daher auch nicht antragsberechtigt im Sinne des § 87 FG sei. Die belangte Behörde hat die im Beschwerdefall streitentscheidende Vorfrage nach § 38 AVG abweichend von den beiden Unterinstanzen dahin beurteilt, dass an dem im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden "X-wald" Teilwaldrechte (Holz- und Streunutzungsrechte) zu Gunsten des Mitbeteiligten auf der Grundlage der örtlichen Übung bestehen, die jener schon seit Jahren ausgeübt habe, und dass diese Übung von der Forsttagsatzungskommission bisher auch durch regelmäßig ergangene Fällungsbewilligungen anerkannt worden sei.

Soweit die Beschwerde auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. März 1982, G 35, 36/81-29, und weiters auf die Entscheidung des Obersten Agrarsenates Zl. 710.031/01-OAS/83, hinweist, womit "bescheidmäßig festgestellt ist, dass es sich beim 'X-wald' um kein agrargemeinschaftliches Grundstück handelt" und schließlich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1986, Zl. 86/07/0035, anführt, mit dem "sohin materiell-rechtlich festgestellt" sei, "dass es sich beim X-wald um kein agrargemeinschaftliches Grundstück handelt", macht sie offenbar geltend, dass über die Rechtsfrage, die von der belangten Behörde als Vorfrage beurteilt wurde, bereits rechtsverbindlich abgesprochen worden sei. Wäre das Beschwerdevorbringen inhaltlich richtig, dann hätte die belangte Behörde die Vorfrage nicht beurteilen dürfen, sie wäre vielmehr an die Entscheidung gebunden gewesen. Entgegen der Darstellung in der Beschwerde ergibt sich aus den eingangs dargestellten Entscheidungen der Agrarbehörden sowie den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes nicht der geringste Anhaltspunkt für einen bindenden Abspruch über die strittige Frage, daher auch nicht dahingehend, dass im gegenständlichen Fall keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke vorlägen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, im Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom 6. April 1983 sei ausgesprochen worden, dass es sich beim gegenständlichen Wald um kein agrargemeinschaftliches Grundstück handle, ist nicht zutreffend, vielmehr wurde darin lediglich zum Ausdruck gebracht, es bestehe (im Zeitpunkt jener Entscheidung) keine gesetzliche Grundlage für eine Feststellung, der "X-wald" sei ein agrargemeinschaftliches Grundstück. Unrichtig ist auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, durch das Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom 4. Dezember 1985 sei "festgestellt", der genannte Wald sei kein agrargemeinschaftliches Grundstück, vielmehr wurde lediglich ausgeführt, durch das vorangegangene Erkenntnis vom 6. April 1983 sei eine die Sache beendende Entscheidung getroffen worden und es sei jede Grundlage für eine Entscheidung des Streites über den Charakter der gegenständlichen Grundstücke weggefallen. Auch durch das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1986 wurde nicht "materiellrechtlich festgestellt", dass es sich bei den vorliegenden Liegenschaften um keine agrargemeinschaftlichen Grundstücke handle, sondern nur dargetan, dass der angefochtene Bescheid vom 4. Dezember 1985 nicht rechtswidrig gewesen sei.

Lag aber ein Abspruch über den rechtlichen Charakter der streitgegenständlichen Grundstücke als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 33 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1984, nicht vor, dann war die belangte Behörde - so wie im übrigen auch die Unterinstanzen - berechtigt, diese Frage und damit im Zusammenhang auch die Frage der Nutzungsberechtigung des Beschwerdeführers nach eigener Anschauung gemäß § 38 AVG 1950 zu beurteilen.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides macht die Beschwerde geltend, dass die belangte Behörde die Vorfrage rechtswidrig beurteilt habe und begründet dies im einzelnen mit dem in der Beschwerde geschilderten "langen und umfangreichen Verfahrensgang", der mehrfach den Obersten Agrarsenat und den Verfassungsgerichtshof beschäftigt habe. Die dazu vorgebrachten Beschwerdegründe erschöpfen sich in einer Wiedergabe der - im wesentlichen oben in der Sachverhaltsdarstellung enthaltenen seinerzeit durchgeführten Verfahren vor den Agrarbehörden, dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof. Diese Darstellung und die daraus von der Beschwerde gezogenen Schlüsse sind nicht geeignet, die - im übrigen von der Beschwerde gar nicht bestrittenen - für die Vorfragenbeurteilung relevanten Feststellungen der belangten Behörde in Frage zu stellen. Dies gilt auch für die im angefochtenen Bescheid überzeugend begründete rechtliche Beurteilung der Vorfrage. Auf dem Boden der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen, die von der Beschwerde nicht bekämpft wurden und gegen die insbesondere, was die Annahme anlangt, es bestehe eine Nutzung auf Grund alter Übung, keine Einwendungen vorgebracht werden, konnte die strittige Vorfrage im Sinne der Rechtsauffassung der belangten Behörde beurteilt werden. Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet der Rechtsauffassung der belangten Behörde bei, dass es sich beim "Xwald" um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, an denen dem Mitbeteiligten im Grunde des § 33 Abs. 3 TFLG 1978, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1984, zustehen. Daraus konnte die belangte Behörde rechtlich einwandfrei die Legitimation des Mitbeteiligten zur Antragstellung auf Bewilligung von Holzfällungen annehmen und ihm die Fällung im angesprochenen Ausmaß bewilligen.

Da sich die Beschwerde zur Begründung der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Verletzung des Parteiengehörs darauf beruft, die Beschwerdeführerin hätte, wäre sie dem Verfahren vor der belangten Behörde beigezogen worden, auf die "umfangreichen Vorverfahren" hinsichtlich der Frage der rechtlichen Eigenschaft des "X-waldes", insbesondere auf die diesbezüglichen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, hingewiesen, jedoch diese seinerzeit auf einer anderen gesetzlichen Grundlage durchgeführten Verfahren und die daraus von der Beschwerde gezogenen Schlüsse, wie oben dargelegt, von vornherein nicht geeignet sind, die Beurteilung der Vorfrage durch die belangte Behörde in Frage zu stellen, liegt, weil die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu keinem anderen Bescheid hätte gelangen können, ein relevanter, zur Aufhebung des Bescheides führender Verfahrensmangel nicht vor.

Aus diesen Gründen erweist sich die Beschwerde im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte als unbegründet; sie ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung des Mehrbegehrens des Mitbeteiligten auf Ersatz von Barauslagen erfolgte deshalb, weil "Barauslagen" im Sinne des § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG nicht entstanden sind.

Wien, am 18. April 1988

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