Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.810,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 31. März 1987 wurde der Beschwerdeführerin gemäß §§ 98, 122, 34 Abs. 2 und 54 Abs. 1 WRG 1959 aufgetragen, "die Abbaumaßnahmen im Steinbruch auf Grundstück Nr. n1, KG. W, unverzüglich einzustellen". Auf Grund der - gleichzeitig abgewiesenen - Berufung der Beschwerdeführerin, in der diese eingewendet hatte, es sei keine Abbaumaßnahme vorgenommen, sondern nur ohne weiteres Zutun herabgefallenes Gesteinsmaterial abgeführt worden, änderte der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 25. Mai 1987 die von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz erlassene einstweilige Verfügung dahin ab, dass nach denselben Gesetzesstellen in Verbindung mit der Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 5. März 1963, LGBl. Nr. 75, zur Sicherung des künftigen Trinkwasserbedarfes für die Stadtgemeinde Graz im Raum von Friesach der Beschwerdeführerin aufgetragen wurde, "Maßnahmen zur Erweiterung des Steinbruchs (Einbeziehung neuer Abbaugebiete) auf dem Gst. Nr. n1, KG. W, zu unterlassen". Begründend wurde dazu unter Hinweis auf § 122 Abs. 1 WRG 1959 sowie auf die genannte, auf § 34 Abs. 2 und 35 WRG 1959 beruhende Verordnung ausgeführt, das alleinige Verführen von im Laufe der Zeit aus dem seinerzeit eröffneten und über einen längeren Zeitraum stillgelegten Steinbruch stelle nicht dessen Erweiterung dar; darunter sei nur die Einbeziehung neuer Abbaugebiete zu verstehen. Der Spruch der einstweiligen Verfügung habe dementsprechend abgeändert werden müssen. Da jedoch über das von der Beschwerdeführerin gestellte Ansuchen um Bewilligung der Erweiterung des Steinbruches aus näher angegebenen Gründen noch keine endgültige Entscheidung habe getroffen werden können und in der Zwischenzeit die Gefahr bestehe, dass die Beschwerdeführerin über das alleinige Verführen von herabgefallenem Gestein (hinausgehend) Maßnahmen setze, durch welche die Sicherung des Trinkwasservorkommens in den bezeichneten Gebieten beeinträchtigt werden könne, was unter allen Umständen verhindert werden müsse, sei eine einstweilige Verfügung (in der nun vorliegenden Form) gerechtfertigt.
Diesen Bescheid bekämpft die Beschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei sie sich in dem Recht verletzt erachtet, dass gegen sie mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen keine einstweilige Verfügung der Wasserrechtsbehörde erlassen werde. Sie weist darauf hin, dass eine einstweilige Verfügung gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 nur "bei Gefahr im Verzuge" getroffen werden dürfe, eine derartige Gefährdung aber im Beschwerdefall von der Behörde nicht schlüssig aufgezeigt worden sei; die Beschwerdeführerin habe sich ausschließlich auf das Wegführen so genannten abgegrusten Materials beschränkt.
Die belangte Behörde erstattete ein Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 122 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen (solche wurden im Beschwerdefall angenommen) von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen.
Die belangte Behörde hat ihre - gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid eingeschränkte - einstweilige Verfügung, wobei auf ein noch nicht abgeschlossenes Verfahren zur Erweiterung des Steinbruches der Beschwerdeführerin Bezug genommen wurde, nur mit der Gefahr begründet, dass die Beschwerdeführerin andere als im alleinigen Verführen von herabgefallenem Gestein bestehende "Maßnahmen" - die nicht konkretisiert wurden - setze, welche das Trinkwasservorkommen in dem betreffenden Grundwasserschongebiet beeinträchtigen könnten. Dass dabei Gefahr im Verzug vorliege, war eine behördliche Annahme, die nicht, wie dies erforderlich gewesen wäre auf eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung gestützt wurde.
Die belangte Behörde traf ihre Verfügung ferner ungeachtet dessen, dass die Beschwerdeführerin Abbaumaßnahmen in der Berufung ausdrücklich in Abrede gestellt hatte, ohne dass auf dieses Vorbringen eingegangen wurde und ohne dass die belangte Behörde eigene Erhebungen durchgeführt und darauf Bezug genommen hätte. Die einzige sachverhaltsbezogene Grundlage für das angenommene Geschehen war eine im erstinstanzlichen Bescheid erwähnte - in den Verwaltungsakten sonst nicht ausgewiesene - "telefonische Mitteilung" eines Gendarmeriepostens gewesen, der den Beginn von "Abbauarbeiten" gemeldet hatte, davon ging die belangte Behörde jedoch nicht aus, die offenbar einen derartigen Beginn - aus nicht näher dargelegten Gründen - erst künftig befürchtete. Dazu kommt, dass nicht Inhalt einer einstweiligen Verfügung sein kann, was nicht Gegenstand einer endgültigen Anordnung zu sein vermag, eine rein vorbeugende Verpflichtung aber mangels entsprechender Rechtsgrundlage im Beschwerdefall auch nicht endgültig hätte ausgesprochen werden dürfen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1969, Slg. 6041).
Die erlassene einstweilige Verfügung entbehrt daher in mehrfacher Hinsicht einer rechtlich tragfähigen Grundlage. Die der belangten Behörde dabei unterlaufenen Verfahrensmängel wirken sich in der Rechtssphäre der Beschwerdeführerin aus, weil niemand eine unberechtigte einstweilige Verfügung hinnehmen muss, auch dann nicht, wenn Grund zur Annahme besteht, dass der Betroffene die Maßnahmen, deren Unterlassung ihm aufgetragen wurde, in dem von der einstweiligen Verfügung umfassten Zeitraum von sich aus ohnehin nicht gesetzt hätte.
Mit ergänzenden Ausführungen in der Gegenschrift konnten fehlende Sachverhalts- und Begründungselemente nicht wirksam teilweise nachgetragen werden.
Der angefochtene Bescheid war nach allem Vorgesagten gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - die jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht - aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 22. März 1988
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