VwGH 87/01/0286

VwGH87/01/028623.3.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerden 1. des K S in X und 4 weitere Beschwerdeführer, alle vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen die Bescheide der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. September 1987, Zl. VI/4-A-103, betreffend Zugehörigkeit zur Niederösterreichischen Landarbeiterkammer, zu Recht erkannt:

Normen

LAG §5 Abs1;
LandarbeiterkammerG NÖ 1980 §2 Abs1 Z1 idF 9000-2;
LAG §5 Abs1;
LandarbeiterkammerG NÖ 1980 §2 Abs1 Z1 idF 9000-2;

 

Spruch:

1. Die Beschwerdesachen werden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

2. Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Dienstnehmer des Landes Niederösterreich an der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau mit Institut für Bienenkunde in Klosterneuburg, Abteilung Bienenzüchtung, Lunz am See.

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft in Niederösterreich stellte mit Bescheid vom 16. Juni 1987 in bezug auf die Beschwerdeführer und andere Dienstnehmer gemäß § 2 Abs. 4 des NÖ Landarbeiterkammergesetzes fest, daß sie gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 des genannten Gesetzes in der Fassung LGBl. 9000-2, zur NÖ Landarbeiterkammer zugehörig seien. Begründend führte die Behörde erster Instanz im wesentlichen aus, die Beschwerdeführer und andere Dienstnehmer der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau mit Institut für Bienenkunde in Klosterneuburg, Abteilung Bienenzüchtung, Lunz am See, hätten mit Schreiben vom 21. Jänner 1987 die bescheidmäßige Feststellung der Kammerzugehörigkeit beantragt. Auf Grund des Ermittlungsverfahrens stehe folgender Sachverhalt fest:

"Die Aufgaben des Institutes für Bienenkunde gliedern sich in mehrere Bereiche und werden am Sitz des Institutes für Bienenkunde in Gainfarn Bad Vöslau, Hauptstraße 12, und in der Abteilung Bienenzüchtung, Lunz/See verrichtet.

Arbeiten auf dem Gebiet der allgemeinen Bienenkunde, Bienenpathologie, Honigchemie, Krankheitsdiagnose und Bienentechnologie werden am Sitz des Institutes für Bienenkunde in Gainfarn Bad Vöslau durchgeführt.

Die Abteilung Bienenzüchtung befaßt sich, wie der Name bereits besagt, und aus dem nachfolgenden Sachverhalt ersichtlich ist, überwiegend mit der Bienenzucht und hat ihren Sitz in Lunz/See.

Alle im Betreff angeführten Dienstnehmer sind in der Abteilung Bienenzüchtung in Lunz/See beschäftigt.

Die Abteilung Bienenzüchtung in Lunz/See ist sowohl räumlich, organisatorisch und personell, als auch von der Aufgabenstellung her vollkommen vom Institut für Bienenkunde getrennt; lediglich im Verwaltungsbereich ist die Abteilung Bienenzüchtung dem Institut für Bienenkunde unterstellt und es steht dem Leiter des Institutes für Bienenkunde ein Weisungsrecht gegenüber dem Leiter der Abteilung Bienenzüchtung zu.

Die Abteilung Bienenzüchtung in Lunz/See umfaßt ca. 9.136 m2 Eigengrund mit einem Gebäudekomplex von ca. 1.009 m2 Nutzfläche incl. Dienstwohnung und Gästezimmer; davon sind für Zuchtzwecke ca. 918 m2 verbaut. Die Räumlichkeiten gliedern sich in Labor- und Bürotrakt, Werkstätte, Schuppen und Bienenhaus.

Der Bürotrakt ist mit den allgemeinen Sekretariatseinrichtungen ausgestattet. In der Werkstätte befinden sich eine Tischlerei und verschiedene Eisenbearbeitungsmaschinen zur Herstellung von Einrichtungen und Geräten für die Bienenzucht. Im Labortrakt ist die Imkerei, ein Schleuder-, Klima- und Wabenlagerraum und ein Lagerraum für Zuchtgeräte und Futter untergebracht. Im Bienenhaus werden in zwei Räumen Bienen gehalten und weiters sind dort die Brutschränke zur Aufzucht von Königinnen aufgestellt. Im Schuppen wird ausschließlich der Futtervorrat gelagert. Im Erdgeschoß befinden sich drei Labors, die unter anderem mit Mikroskopen, Laborgeräten und Zentrifugen ausgestattet sind.

Die Außenstände sind bis zu 40 km im Erlauf- und Ybbstal verstreut. Zwei Belegstellen befinden sich in der Steiermark im Gemeindegebiet von Gußwerk und Wildalpen.

Die Aufgaben der Abteilung Bienenzüchtung Lunz/See umfassen drei Schwerpunkte:

1. Zucht:

Dazu zählt die praktische Selektion und routinemäßige Leistungsprüfung (Leistungsprüfung unter Miteinbeziehung privater Imker). Weiters werden Zuchtprogramme erstellt, Verbesserungen für die praktische Leistungsprüfung und Paarungsbiologie geschaffen.

Auf diesem Gebiet erfüllt die Abteilung Bienenzüchtung für die Carnicarasse die Funktion einer österreichweiten und auch weltweiten Zuchtstation. Vorwiegend wird für die eigene Produktion und Selektion gezüchtet und nur der Überschuß an private Imker abgegeben.

2. Zählarbeiten im Feld und Laborarbeiten sowie Forschungsarbeiten:

Dieser Schwerpunkt umfaßt die Tracht der Honigbienen, wobei insbesondere die Trachtwerte verschiedener Nektarpflanzen (landwirtschaftliche Nutzpflanzen wie Sonnenblume und Raps) festgestellt werden. Hiezu werden unter anderem von speziell präparierten Völkern bei bestimmten Trachten täglich oder stündlich Proben von heimkehrenden Bienen gesammelt. Von diesen wird dann der Honigblaseninhalt nach verschiedenen Gesichtspunkten untersucht. Zugleich wird von den genannten Völkern der eingetragene Honig auf die gleiche Weise wie der Honigblaseninhalt analysiert. Dadurch ist die Verbindung zur Zucht hergestellt und es kann auch diese Tätigkeit zur Zucht im weitesten Sinn gerechnet werden, weil die Leistungsfähigkeit der einzelnen Rassen besser erkennbar wird. Unter Punkt 2. fällt auch die Honigtautracht der Bienen. Überprüft werden auch Witterungs- und Umwelteinflüsse auf die Menge der Tracht.

3. Untersuchung von Bienenkrankheiten, besonders der Varroamilbe.

Die Zuchtaufgabe überwiegt, die Punkte 2 und 3 dienen teilweise nur der Erzielung besserer Zuchtergebnisse.

Die erzielten Zuchtergebnisse und verschiedene Geräte zur Bienenzüchtung werden über Publikationen und Vorträge unmittelbar an die Wirtschaft weitergegeben.

Im Jahresdurchschnitt werden ca. 200 bis 230 Bienenstöcke von der Abteilung Bienenzüchtung in den erwähnten Außenständen und Belegstellen gehalten.

Bei der Abteilung Bienenzüchtung handelt es sich um einen anerkannten Lehrbetrieb im Sinne der NÖ Landarbeitsordnung und es wird auch ein Dienstnehmer als Imkerlehrling beschäftigt."

Hinsichtlich der einzelnen Beschwerdeführer stellte die Behörde erster Instanz folgende Tätigkeiten fest:

Erstbeschwerdeführer:

"Betreuung der Bienen zur Zucht, Beurteilung von Bienenvölkern hinsichtlich Sanftmut, Brut, Wabensitz, Volksstärke und Honigleistung, Anfertigung von Geräten zur Bienenzucht sowie diverse Reparatur- und Wartungsarbeiten."

Zweitbeschwerdeführerin:

"Reinigung der Räumlichkeiten der Abteilung Bienenzüchtung, verschiedene Hilfsdienste bei der Bienenzüchtung, wie z. B. Rähmchen drahten, Honig schleudern, Zählungen und Vorbereitungen zu Körungen."

Drittbeschwerdeführer:

"Laborarbeiten, Aufbereitung der jeweiligen Zuchtdaten mittels EDV, Entwicklung und Planung von Versuchsgeräten, die auch in der Praxis verwendet werden können (Körungsmaschine), sowie die Reparatur dieser Geräte."

Viertbeschwerdeführer:

"Betreuung und Beurteilung der Bienen hinsichtlich Sanftmut, Brut, Volksstärke, Wabensitz und Honigleistung, Herstellung von Geräten für Versuchszwecke und Wartungsarbeiten an vorhandenen Anlagen (Klima-, Kühl- und Druckluftanlage)."

Fünftbeschwerdeführerin:

"Etwa 60 % der Arbeitszeit entfällt auf Verwaltungsarbeit (Postein- und -ausgang, Urlaubs- und Krankenstandsaufzeichnungen, Kassengeschäfte, Rechnungswesen, Parteienverkehr, Schriftverkehr und die Koordination zwischen der Abteilung Bienenzüchtung und dem Institut in Gainfarn bzw. der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Klosterneuburg) und der verbleibende Rest der Arbeitszeit auf Zucht- und Versuchsarbeiten (Niederschrift von Versuchsergebnissen, Führung des Zuchtbuches, Zählarbeiten, Königinnenversand und Abfassung von Manuskripten)."

Rechtlich sei der festgestellte Sachverhalt wie folgt zu beurteilen: Gemäß § 2 Abs. 1 des NÖ Landarbeiterkammergesetzes gehörten der NÖ Landarbeiterkammer alle Dienstnehmer an, die in Niederösterreich auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet beschäftigt seien; dazu gehörten gemäß Z. 1 der genannten Gesetzesstelle insbesondere Dienstnehmer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Niederösterreich. Durch den eigenständigen Betriebszweck (Bienenzüchtung), die räumliche, organisatorische und personelle Trennung vom Institut für Bienenkunde, erfülle die Abteilung Bienenzüchtung Lunz am See die Wesensmerkmale des Betriebsbegriffes nach § 139 Landarbeitsgesetz bzw. § 34 Arbeitsverfassungsgesetz. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Slg. Nr. 4181, 4446 und 8539) sei der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nach § 5 des Landarbeitsgesetzes zu beurteilen. Gemäß § 5 Abs. 1 Landarbeitsgesetz, BGBl. Nr. 287/1984 (LAG), zähle zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion das Halten von Nutztieren zur Zucht. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage über eine Gewerbeordnung 1972, 395 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP (Mache/Kinscher, Kommentar zur Gewerbeordnung, S. 43), werde ausdrücklich ausgesprochen, daß Bienen zu den Nutztieren gehören. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 24. März 1979, Slg. Nr. 8539, festgehalten, daß bei der Auslegung des Begriffes des land- und forstwirtschaftlichen Gebietes nicht auf die arbeitstechnische Eigenart der Tätigkeit des einzelnen Arbeitnehmers, sondern nur auf die Zugehörigkeit des Betriebes zu einem bestimmten Wirtschaftszweig abzustellen sei. Die Zugehörigkeit der Abteilung Bienenzüchtung Lunz am See zum land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftszweig sei durch die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 5 Abs. 1 Landarbeitsgesetz gegeben. Selbst wenn man aber auf die Tätigkeiten der einzelnen Dienstnehmer der Abteilung Bienenzüchtung Lunz am See abstelle, sei aus der Verordnung der land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstelle für Niederösterreich vom 3. Oktober 1980 hinsichtlich der Ausbildung zum Imkergehilfen zu ersehen, daß die Ausbildung in diesem Beruf genau die Kenntnisse und Fertigkeiten in den Arbeitsgebieten der Imkerei verlange, die von den einzelnen Dienstnehmern in der Abteilung Bienenzüchtung Lunz am See angewendet würden. Wenngleich in manchen Bereichen die Tätigkeiten der Abteilung Bienenzüchtung über den üblichen Umfang eines privaten Imkereibetriebes hinausgingen und auf einer höheren Ebene, teilweise auch auf atypische Weise verrichtet würden, so sei trotzdem der unmittelbare Zusammenhang mit der Imkerei und damit der land- und forstwirtschaftlichen Produktion (Halten von Nutztieren zur Zucht) gegeben. Auch die Niederösterreichische land- und forstwirtschaftliche Lehrlings- und Fachausbildungsstelle komme zum gleichen rechtlichen Ergebnis, indem sie die Abteilung Bienenzüchtung als land- und forstwirtschaftlichen Lehrbetrieb im Sinne des § 5 LAG anerkenne und die Ausbildung eines Lehrlings zum Imkergehilfen genehmigt habe. Dem Einwand der Beschwerdeführer, keine land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeiten zu verrichten und mit der Land- und Forstwirtschaft nichts zu tun zu haben, könne nicht gefolgt werden. In anderen Bundesländern werde hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Versuchs- und Forschungsanstalten des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstiger Körperschaften die Qualifikation als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb sogar gesetzlich normiert (z.B. Steiermärkisches Landarbeiterkammergesetz 1981, § 2 Abs. 1 lit. a Z. 6). Bei der Abteilung Bienenzüchtung Lunz am See stehe der land- und forstwirtschaftliche Charakter unzweifelhaft fest.

Gegen diesen Bescheid erhoben unter anderen die Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde. Darin brachten sie im wesentlichen übereinstimmend vor, die Abteilung Bienenzüchtung (Lunz am See) unterstehe auch in personellen, organisatorischen und fachlichen Belangen der Institutsleitung in Gainfarn. Die Tätigkeit des Institutes für Bienenkunde, Abteilung Bienenzüchtung, sei primär nicht auf Produktion von landwirtschaftlichen Gütern ausgerichtet, sondern bestehe zumindest 65 % aus Versuchsarbeiten. Dies gelte für alle Bediensteten der Abteilung Bienenzüchtung. Die praktischen Arbeiten in der Zucht der Bienen und der Honigproduktion seien ebenfalls auf die Versuchsarbeiten ausgerichtet (entsprechend § 24 Bundesanstaltengesetz, BGBl. Nr. 230/1982). Die kommerzielle Vermehrung und Vermarktung von Zuchtgut werde grundsätzlich privaten Imkereibetrieben (sogenannten anerkannten Züchtern des Österreichischen Imkerbundes) überlassen. Der Großteil der unter Leistungsprüfung stehenden Bienenvölker werde nicht von der Abteilung Bienenzüchtung direkt, sondern im Rahmen eines Leistungsprüfungsringes von privaten Imkern gehalten und betreut. Der im Rahmen der Versuchsarbeiten und Prüfungen anfallende Honig werde nicht aus kommerziellen Gründen gewonnen, sondern stamme aus der versuchsbedingten Erzeugung. Die Lehrstelle an der Abteilung Bienenzüchtung sei als Teil des Lehrauftrages der Anstalt zu verstehen, dessen Schwerpunkt Vortrags-, Kurs- und Publikationstätigkeiten seien.

Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Bescheidbegründung wird jeweils nach Wiedergabe des § 2 Abs. 1 des NÖ Landarbeiterkammergesetzes, LGBl. 9000-2, und des § 2 der NÖ Landarbeitsordnung 1973, LGBl. 9020-10, ausgeführt, es sei zu prüfen, inwieweit es sich bei der Beschäftigung der Beschwerdeführer um eine solche auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet handle. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, die Abteilung Bienenzüchtung unterstehe in bestimmten Bereichen der Institutsleitung in Gainfarn, sei nicht wesentlich, weil es nicht darauf ankomme, wem die betriebliche Anordnungsbefugnis zukomme. Es könne vorkommen, daß eine Person für Betriebe verschiedener Arten "ordnungsbefugt" sei. Es sei davon auszugehen, daß sich die in Lunz am See eingerichtete Abteilung mit der Zucht von Bienen beschäftige. Gemäß § 5 Abs. 1 LAO zähle zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion u. a. das Halten von Nutztieren zur Zucht. Zu den Nutztieren seien die Bienen zu zählen. Damit seien die Kriterien für einen Betrieb der Landwirtschaft erfüllt, weshalb die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 1 Z. 1 LAKG gegeben sei. Daß die Tätigkeit des Betriebes nicht auf Produktion von landwirtschaftlichen Gütern ausgerichtet sei, sei rechtlich unerheblich, weil das Halten von Nutztieren zur Zucht als landwirtschaftliche Produktion gelte. Die Haltung von Bienen zur Zucht gehe von anderen Zielsetzungen aus als jener der Honigproduktion. Die Art der Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Betrieb sei für die Beurteilung der Kammerzugehörigkeit nicht maßgebend, sondern nur dafür, ob jemand als Arbeiter oder Angestellter im Sinne der LAO anzusehen sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof, mit welchen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht darauf, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 LAG als Zugehörige zur NÖ Landarbeiterkammer "festgestellt" zu werden, verletzt und beantragen Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall strittige Kammerzugehörigkeit der Beschwerdeführer ist nach dem NÖ Landarbeiterkammergesetz, LGBl. 9000-2, zu beurteilen, dessen § 2 Abs. 1 Z. 1 wie folgt lautet:

"Der NÖ Landarbeiterkammer gehören alle Dienstnehmer (Arbeiter und Angestellte) an, die in Niederösterreich auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet beschäftigt sind. Dazu gehören insbesondere

1. Dienstnehmer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Niederösterreich ...."

Strittig ist im Beschwerdefall ausschließlich, ob die Zuordnung der Beschwerdeführer unter die zitierte Vorschrift richtig ist oder nicht.

Nach übereinstimmender Auffassung der Parteien ist der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nach § 5 Abs. 1 Landarbeitergesetz 1984, BGBl. Nr. 287, streitentscheidend.

Dieser hat folgenden Wortlaut:

"Betriebe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben und sich nicht als selbständige, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwaltete Wirtschaftskörper darstellen, ferner die Hilfsbetriebe, die der Herstellung und Instandhaltung der Betriebsmittel für den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dienen. In diesem Rahmen zählen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei."

Unbestritten ist im Beschwerdefall, daß es sich bei der "höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt, Abteilung Bienenkunde, Lunz am See, "um einen Betrieb" handelt.

Die Beschwerdeführer leiten ihre Auffassung, der Niederösterreichischen Landarbeiterkammer nicht anzugehören, daraus ab, daß sie den genannten Betrieb nicht als "land- und forstwirtschaftlichen Betrieb" im traditionellen Sinn und von typischer Art ansehen. Dies nicht nur wegen der Zugehörigkeit zu einer Höheren technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt, sondern aus der Zweckrichtung der Betätigung. Für einen "Tierzuchtbetrieb" sei die Produktion (Aufzucht) von zur Weiterveräußerung bestimmten lebenden Tieren typisch, was bei dem Betrieb, dem die Beschwerdeführer angehören, nicht zutreffe. Die Weiterveräußerung der Produkte müsse nicht unbedingt Begriffsmerkmal sein, doch nur in dem Sinne, daß in einem sehr großen Unternehmen die Zuchttiere nur innerhalb des Unternehmens verwertet würden. Sonst sei es aber wesentliches und unverzichtbares Begriffsmerkmal des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, daß dessen Zweck in der laufenden Erzielung eines Überschusses an "weiterzugebenden" gezüchteten Tieren liege. Die Verbesserung der Zucht habe in diesem Rahmen nur mittelbare Bedeutung, während es beim Betrieb, dem die Beschwerdeführer angehörten, umgekehrt sei, weil dessen Hauptzweck die Verbesserung der Zucht darstelle und nur der sich ergebende Überschuß weitergegeben werde.

Für die von den Beschwerdeführern vorgetragene Rechtsauffassung findet sich im Gesetz keine Stütze. Vielmehr ist nach der wiedergegebenen Definition des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes das Halten von Nutztieren zur Zucht tatbestandsmäßig. Daß das Halten von Tieren zur Zucht die Eigenschaft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Gesetzes nur dann vermitteln soll, wenn ein Überschuß der Produktion zu Zwecken der Weiterveräußerung erzielt wird, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Die Zucht von Tieren bedeutet schon nach dem Wortsinn das Aufziehen, Pflegen, besonders mit dem Ziel, durch Auswahl, Kreuzung, Paarung bestimmter Vertreter von Arten oder Rassen mit besonderen erwünschten Merkmalen und Eigenschaften eine Verbesserung oder Verschönerung zu erreichen. Daß im Betrieb, dem die Beschwerdeführer angehören, für die Zucht wissenschaftliche Methoden angewandt werden, und damit auch Forschungsaufgaben verbunden sind, kann an der Eigenschaft des Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb nichts ändern, weil die Zucht von Bienen den Hauptgegenstand des Betriebes darstellt.

Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht § 1 Abs. 1 des NÖ Landarbeiterkammergesetzes, wonach diese Kammer zur Vertretung und Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen ihrer Kammerzugehörigen berufen ist. Es ist nämlich nicht zu erkennen, daß die Vertretung der Beschwerdeführer durch die NÖ Landarbeiterkammer mit deren Interessen unvereinbar wäre. Die Beschwerdeführer selbst vermögen nicht überzeugend darzutun, aus welchen Gründen ihre Interessen durch die NÖ Landarbeiterkammer nicht gewahrt würden.

Ebensowenig ist zu erkennen, daß § 2 Abs. 1 Z. 3 des NÖ Landarbeiterkammergesetzes für den Standpunkt der Beschwerdeführer sprechen würde. Tatsächlich liegt der Betrieb, dem die Beschwerdeführer angehören, im Bundesland Niederösterreich, sodaß auf sie ausschließlich § 2 Abs. 1 Z. 1 des genannten Gesetzes anzuwenden ist. Für die Beurteilung der Zugehörigkeit zur NÖ Landarbeiterkammer kommt § 4 Abs. 2 der NÖ Landarbeitsordnung 1973 keine Bedeutung zu, weil das NÖ Landarbeiterkammergesetz keine entsprechende Ausnahmeregelung enthält.

Die Beschwerden mußten daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 23. März 1988

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