VwGH 85/08/0062

VwGH85/08/006220.10.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungsrat Dr. Fischer, über die Beschwerde der A Foto GesmbH in K, vertreten durch Dr. Walter Wolf , Rechtsanwalt in Bruck, Herzog-Ernst-Gasse 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 8. Februar 1985, Zl. 124.217/3-6/1984, betreffend die Versicherungspflicht nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (mitbeteiligte Parteien: 1. R P in N, 2. W G in S, 3. K O in S, 4. F W in St, 5. E W in S, 6. W M in K, 7. H G in S, 8. G S in S, 9. Salzburger Gebietskrankenkasse in Salzburg, Faberstraße 19-23, 10. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeiststraße 1, 11. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in Wien II, Adalbert Stifterstraße 65), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Im Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse vom 12. November 1982 wurde ausgesprochen, daß die in den Berechnungsblättern namentlich angeführten Personen auf Grund ihrer entgeltlichen Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin während der in den Abrechnungsblättern angeführten Zeiten gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 (richtig: Z. 1) ASVG der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung unterlägen. Die Arbeitslosenversicherungspflicht werde gemäß § 1 Abs. 1 lit. a ASVG begründet. Die während der bestehenden Pflichtversicherung erzielten Arbeitsverdienste seien beitragspflichtiges Entgelt gemäß den §§ 44 Abs. 1 Z. 1 und 49 ASVG. Die Beschwerdeführerin sei als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG gemäß § 58 Abs. 2 ASVG verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 259.216,33 an die mitbeteiligte Salzburger Gebietskrankenkasse zu entrichten. Nach der Begründung dieses Bescheides stehe fest, daß die in den Berechnungsblättern namentlich angeführten Personen als Vertreter bei der Beschwerdeführerin gegen ein vereinbartes Entgelt (Provision) beschäftigt gewesen seien und diese Tätigkeit auch tatsächlich verrichtet hätten. Keine der in Frage kommenden Personen sei im Besitz einer Gewerbeberechtigung oder einer sonstigen behördlichen oder polizeilichen Genehmigung gewesen, die sie zu einem selbständigen Vertreter (Kaufmann) befähigen würde. Sie gehörten vielmehr alle dem Kreise unselbständig Erwerbstätiger an, die ihre Arbeitskraft unter bestimmten Voraussetzungen und Weisungen der Beschwerdeführerin gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hätten. Es müsse daher angenommen werden, daß es sich in den vorliegenden Fällen um eine Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gehandelt habe.

Dem dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Einspruch wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. März 1984 keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse vom 12. November 1982 bestätigt. Nach der Begründung dieses Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg mache die Beschwerdeführerin mit zwei Hubschraubern und einem Flächenflugzeug Luftaufnahmen. Auch von anderen Stellen (insbesondere staatlichen) erstellte und überlassene Luftaufnahmen würden verwendet. Von diesen Luftaufnahmen würden objektbezogene, d. h. auf einzelne Siedlungen usw. bezogene Lichtbilder hergestellt, die praktisch vollwertige Fotographien, etwas größer als Postkarten, darstellten. Im Wege von Zeitungsinseraten, aber auch durch das Arbeitsamt, würde mit Leuten Verbindung aufgenommen, die sich bereit erklärten, allfällige Kaufinteressenten auszumachen und diese zum Ankauf der Bilder oder von Ausschnitten derselben zu bewegen. Für diese Personen würden Verträge erstellt. Darnach sei das Einzugsgebiet dieser Personen das gesamte Bundesgebiet, die Verkaufspreise seien in einer Preisliste vorgegeben, Ratenzahlungen könnten nur in bestimmtem Umfange bewilligt werden, eine Stornierung sei nur im Einvernehmen mit der Beschwerdeführerin möglich. Weiters enthielten diese Verträge Entgeltsbestimmungen sowie die Bestimmung, daß es für eine sinnvolle Zusammenarbeit notwendig sei, daß jeder Außendienstmitarbeiter einen monatlichen Mindestumsatz von S 80.000,-- erbringe sowie daß die Beschäftigten ihren eigenen Pkw bei der Besorgung ihrer Beschäftigung zu verwenden hätten. Im Einspruch bringe die Beschwerdeführerin vor, es habe sich in allen Fällen um freie Mitarbeiter gehandelt. Es hätten keine betriebliche Eingliederung, keine Bindung an betriebliche Ordnungsvorschriften, keine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsort bestanden. Es habe kein Weisungsrecht gegeben und auch keine Arbeitspflicht bestanden. Einige Beschäftigte seien gleichzeitig auch für andere Firmen tätig gewesen. Hingewiesen habe die Beschwerdeführerin auch auf das leistungsbezogene Entgeltsystem und darauf, daß kein Spesenersatz erfolgt sei. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird dann hervorgehoben, daß der Landeshauptmann von Salzburg zwei Verhandlungen durchgeführt habe und auf Grund des Verfahrens zum Schluß gekommen sei, daß sich die Rechte und Pflichten der Beschäftigen im wesentlichen nach dem Handelsvertretervertrag gerichtet hätten. Die Beschäftigten seien zum Großteil durch erhebliche Zeit für die Beschwerdeführerin tätig gewesen. Es sei ein Pauschalleistungsentgelt bezahlt worden, mit dem Lohn und Spesen abgegolten worden seien. Aus der Natur der Sache habe sich eine Berichterstattungspflicht ergeben, weil die Lichtbilder wieder einmal der Beschwerdeführerin als Eigentümerin hätten zurückgestellt werden müssen. Auch habe eine Bindung an Preislisten und ähnliches bestanden. Die Beschäftigten hätten darauf sehen müssen, das Vertrauen der Beschwerdeführerin zu erhalten, weil sie sonst nie in den Besitz des Werbematerials gekommen wären, das sie für die eigene Einkommensbeschaffung benötigt hätten. Die Beschäftigten seien sohin vom Vertrauen der Beschwerdeführerin abhängig bzw. auf die von ihr zur Verfügung gestellten Betriebsmittel, nämlich die Lichtbilder, angewiesen gewesen. Dieses Vertrauen habe sich naturgemäß nicht nur darauf erstrecken müssen, daß das Werbematerial pfleglich und verantwortungsbewußt behandelt werde, sondern auch darauf, daß es im Interesse der Beschwerdeführerin verwendet werde, weil anders die Überlassung sinnlos gewesen wäre. Es sei unvorstellbar, daß die Beschwerdeführerin Personen die Bilder nur zum Anschauen überlasse, bzw. Personen übergebe, von denen sie wisse, daß sie keine Produktion erbrächten. Es möge zutreffen, daß in verschiedenen Fällen die Vertreter sich um Werbematerial in Gegenden bemüht hätten, in denen sie gerade Urlaub gemacht hätten. Doch ändere auch dies nichts an der Tatsache, daß die Vertreter sich um das Werbematerial zu dem Zweck bemühten, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen oder aufzubessern. Im Hinblick auf die Abhängigkeit der Beschäftigten vom Vertrauen der Beschwerdeführerin und von deren Produktion habe der erstinstanzliche Bescheid der mitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse bestätigt werden müssen.

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. März 1984, soweit er sich auf die Pflichtversicherung bezieht, aus seinen Gründen. Dem Berufungsvorbringen wird entgegengehalten, daß im Bereich der Sozialversicherung die Pflichtversicherung unabhängig vom Willen der Beteiligten dann eintrete, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Zu der weiteren in der Berufung aufgestellten Behauptung, die mit den Vertretern abgeschlossenen Dienstverträge seien auf die Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters zugeschnitten gewesen, und zwar unabhängig davon, daß die betroffenen Personen keine entsprechende Gewerbeberechtigung gehabt hätten, sei zu sagen, daß es im Bereich der Sozialversicherung nicht auf die dem Beschäftigungsverhältnis zugrundeliegenden vertraglichen Abmachungen ankomme, sondern in erster Linie auf die tatsächlichen Umstände bei der Ausübung der Tätigkeit. Bei den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnissen - die im übrigen unbestrittenermaßen alle gleich gelagert gewesen seien - gelange die belangte Behörde zu derselben Rechtsauffassung wie der Landeshauptmann von Salzburg. Bei einem Vertreter lägen nämlich die für die Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erforderlichen Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit dann vor, wenn ihm bestimmte Gebiete als Arbeitsgebiet zugewiesen seien und ihm von seinem Dienstgeber bezüglich der Abgabe der Aufträge bestimmte Weisungen erteilt würden, er einem Konkurrenzverbot unterliege und ihm eine Gewerbeberechtigung, eigene Betriebsstätten, Betriebsmittel und Betriebskapitalien mangelten. Aus den Aussagen der Dienstnehmer ergebe sich, daß sie von einem abgegrenzten Gebiet Luftaufnahmen bestimmter Objekte als Vertretermuster vom Dienstgeber erhielten. Ihre Aufgabe sei es gewesen, Kopien dieser Bilder unter Beachtung ganz genauer Anweisungen hinsichtlich des Verkaufes und der Reproduktion an Interessenten zu verkaufen und dem Dienstgeber wöchentlich über die getätigten Verkäufe zu berichten. Die zur Verfügung gestellten Musterbilder seien im Eigentum des Dienstgebers verblieben und nach Beendigung der Tätigkeit an diesen zu retournieren gewesen. Für ihre Tätigkeit hätten die Vertreter kein Fixum, sondern nur eine Umsatzprovision erhalten. Bei diesem Sachverhalt habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg in irgendeiner Richtung abzuändern.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird ausgeführt, daß bei der am 16. März 1984 vom Landeshauptmann von Salzburg durchgeführten Verhandlung nicht nur alle vernommenen Zeugen ausgeführt hätten, daß keine Arbeitspflicht, kein bestimmter Arbeitsort bzw. keine bestimmte Arbeitszeit vorgelegen seien und es auch keine Weisung dafür gegeben habe, innerhalb welcher Zeit die Aufträge zu erledigen seien. Es sei vielmehr von den Zeugen auch bestätigt worden, daß die vorgenommene Art der Auftragsvergabe bzw. Auftragserlangung durch die Beschwerdeführerin bei allen betreffenden Beschäftigten dieselbe gewesen sei. Es habe keine persönliche Leistungspflicht bestanden, sondern es sei die Vertretung durch Dritte möglich gewesen und akzeptiert worden. Die Beschäftigten seien nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen. Ihnen sei kein bestimmtes Tätigkeitsgebiet zugewiesen worden, sie hätten vielmehr von sich aus jederzeit bestimmen können, in welchem Gebiet Österreichs sie die Luftbildaufnahmen verkaufen wollten. Die Leistung der Beschäftigten hätte in der Zurverfügungstellung einzelner Werke (akquirierter Aufträge) bestanden, wovon jedes für sich gesondert in Form von Provisionen honoriert worden sei. Über die Arbeitszeit hätten die Beschäftigten vollkommen frei verfügen können. Aus der vertraglichen Regelung sei kein Dauerschuldverhältnis resultiert, sondern ein erfolgsbestimmtes Arbeiten, das in der Lieferung einzelner Werke bestanden habe, wobei nur der Arbeitserfolg maßgeblich gewesen sei. Der Beschwerdeführerin sei kein Direktionsrecht zugestanden, da die getroffenen Vereinbarungen lediglich der Überwachung des Arbeitserfolges gedient hätten. Gegenüber den Beschäftigten hätte auf keinerlei Disziplinarmaßnahmen zurückgegriffen werden können. Es habe keinerlei Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften (Arbeitstage, Arbeitspausen, Feiertagsarbeit, Aufsichtspersonen, Disziplinarmaßnahmen, Kündigungsfristen, vorzeitige Auflösung, zweckmäßiger Einsatz der Arbeitskraft, Krankmeldung, Arbeitskleidung, Arbeitsfolge, Arbeitsverfahren, Arbeitsplatz) bestanden. Der Arbeitsort habe frei gewählt werden können und sei nur durch die Natur des anzubietenden Produktes (Luftbilder) bestimmt gewesen. Ebenso habe der Zeitpunkt der Abrechnung innerhalb der mit der Beschwerdeführerin vereinbarten Rhythmik (wöchentlich) vom jeweiligen Beschäftigten frei bestimmt werden können. Er habe für die notwendigen Betriebsmittel (Pkw) selbst sorgen müssen und sei auch in dieser Hinsicht wirtschaftlich ungebunden gewesen. Die Honorierung sei nicht nach festen Zeitabschnitten erfolgt, sondern nur nach der erbrachten Leistung. Im Falle der Verhinderung eines Beschäftigten habe kein wie immer gearteter Anspruch bestanden. Die Beschäftigten hätten sämtliche Spesen aus der Provision zu tragen gehabt. Das Unternehmerrisiko sei ausschließlich bei ihnen gelegen. Aus diesen Gründen vertrete die Beschwerdeführerin nach wie vor die Auffassung, daß es sich bei den betreffenden Beschäftigten um freie Mitarbeiter gehandelt habe und demgemäß keine Dienstnehmereigenschaft vorgelegen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Nach § 1 Abs. 1 lit. a AlVG 1977 sind für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer versichert (arbeitslosenversichert), die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbstversichert (§ 19a ASVG) und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind.

Die Kriterien, die für die (überwiegende) Annahme persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im einzelnen beachtlich sind, legte der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur ausführlich dar. Die persönliche Abhängigkeit charakterisierte der Gerichtshof als weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten, die sich insbesondere in seiner Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, seiner Verpflichtung zur Befolgung der Weisungen des Dienstgebers, der Überwachung der Arbeit durch den Dienstgeber und die disziplinäre Verantwortlichkeit des Dienstnehmers äußere. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung des Gesamtbildes einer Beschäftigung für das Rechtsverhältnis der persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten vom Dienstgeber - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - allerdings nur die Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Das Fehlen eines an sich unterscheidungskräftigen Merkmales persönlicher Abhängigkeit läßt im Hinblick darauf, daß schon das Überwiegen genügt, keinen zwingenden Schluß darauf zu, daß die zu beurteilende Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht unterliegt; es kommt vielmehr darauf an, ob unter Berücksichtigung aller im Einzelfall gegebenen Umstände die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet ist (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1986, Z1. 84/08/0188, auf das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der hg. Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird.)

Auf dem Boden dieser Judikatur ist zu prüfen, ob die belangte Behörde im gegenständlichen Fall zu Recht ein Überwiegen im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG derjenigen Kriterien annahm, die für sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnisse der mitbeteiligten Parteien zur Beschwerdeführerin sprechen. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens behaupten übereinstimmend, daß die entscheidenden Merkmale bei jedem einzelnen der Verhältnisse zwischen der Beschwerdeführerin und den mitbeteiligten Vertretern dieselben waren.

Hinsichtlich der Wertung der Tätigkeit eines Vertreters als unselbständige Beschäftigung im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu beachten, daß bei dieser Tätigkeit die ansonsten für die abhängigen Arbeitsverhältnisse typische, oben näher dargestellte Unterordnung nicht so auffällig zutage tritt, sodaß bei der Beurteilung der Frage, ob bei einer solchen Tätigkeit ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorgelegen gewesen ist, anderen Merkmalen eine ganz besondere Bedeutung zugemessen werden muß. Insbesondere sind in diesem Zusammenhang die Weisungsgebundenheit in einer bestimmten Art, das Konkurrenzverbot, der Bezug eines Fixums oder einer Spesenvergütung, die Berichterstattungspflicht sowie die mangelnde Verfügung über eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel als für die Beurteilung der Versicherungspflicht von Vertretern maßgebliche Merkmale zu bezeichnen. Diese Grundsätze gebieten aber im Einzelfall die Auseinandersetzung mit der Frage, ob tatsächlich diese Kriterien vorliegen, wobei dann bei einem Zusammentreffen von Merkmalen der Abhängigkeit und solchen, die auf eine Unabhängigkeit hinweisen, das Überwiegen der einen oder anderen Merkmale entscheidend ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032, und die dort ziterte Vorjudikatur).

Die viertmitbeteiligte Partei, F W, gab nach der am 22. Februar 1982 aufgenommenen Niederschrift an, über eine Anzeige einer Tageszeitung zur Beschwerdeführerin gekommen zu sein. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, H, habe F W kurz über die Art seiner Tätigkeit unterrichtet. Die viertmitbeteiligte Partei habe sich dann ein Paket Karten ausgesucht und sei losgefahren, teils mit dem Zug und teils mit dem Autobus. Die Höhe der Provisionen sei vom Umsatz abhängig gewesen. In dem von F W ausgesuchten Gebiet sei er immer allein unterwegs gewesen und habe auch allein seine Tätigkeit verrichtet. Es sei damals seine einzige Tätigkeit gewesen. Nach einer Auftragserledigung sei die Provision errechnet und der viertmitbeteiligten Partei mittels Verrechnungsschecks ausbezahlt worden. Wegen seines angegriffenen Gesundheitszustandes habe sich F W einer eingehenden Herzuntersuchung unterziehen müssen. Da er zu diesem Zeitpunkt nicht gemeldet gewesen sei, sei er zum Geschäftsführer H gegangen und dieser habe ihn bei der neuntmitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse angemeldet. So habe F W einen Krankenschein bekommen und in weiterer Folge den Arzt aufsuchen können.

Die drittmitbeteiligte Partei, K O, erklärte nach der Niederschrift vom 15. März 1982, ungefähr im Juli 1979 zum Geschäftsführer H gekommen zu sein und wegen einer Beschäftigung gefragt zu haben. Zu dieser Zeit sei K O in keiner anderen Firma tätig gewesen. Von der früheren Tätigkeit bei der Firma X habe er noch gewußt, wie seine Arbeit vor sich gegangen sei. Die Fotos habe ihm immer die zweitmitbeteiligte Partei, W G, damals eine Art Gebietsleiter, gegeben und K O sei dann in die ihm zugeteilte Gegend gefahren. Die Provisionen seien abgesprochen gewesen und die Abrechnung sei mittels Verrechnungsschecks erfolgt. Seine Aufträge habe K O allein erledigt. Er sei immer allein mit seinem Auto zu den einzelnen Kunden gefahren. Einen Vertrag, in welchem die Provisionen geregelt gewesen seien, habe K O mit Sicherheit unterschrieben. Einen eigenen Gewerbeschein besitze er nicht. Vom 1. Oktober 1979 bis 30. November 1979 sei K O bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen. In dieser Zeit sei er auch ca. 3 Wochen krank gewesen. Die Bezüge seien sehr hoch geworden, also habe er sich wieder abmelden lassen.

Nach der beim Amt der Salzburger Landesregierung aufgenommenen Verhandlungsschrift vom 16. März 1984, auf deren Ergebnis sowohl der Landeshauptmann von Salzburg seinen Einspruchsbescheid als auch die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid stützt, erklärte die viertmitbeteiligte Partei, F W, damals, daß er sich, wenn er Geld brauche, unter anderem zur Beschwerdeführerin begebe und sich um Aufträge bemühe. F W frage dabei, ob für bestimmte Gegenden Rohabzüge vorhanden seien und wenn dies der Fall sei, übernehme er diese Rohabzüge und besuche damit alle Leute in der Gegend, die er durch seine intensive Tätigkeit kenne und wo er sich ein Geschäft erwarte. Die zustande gebrachten Bestellungen liefere F W beim Geschäftsführer H ab. Die Beschäftigung des F W vom 29. Oktober 1979 bis 24. Februar 1980 und vom 1. Juli 1981 bis 15. November 1981 sei gar nicht so anders gewesen wie die vom 25. Februar 1980 bis 20. Juli 1980, bei der die Vollversicherungspflicht außer Streit stehe. Es sei immer so gewesen, daß sich F W um ein Geschäft an den Geschäftsführer H gewandt habe, daß F W dem Geschäftsführer H gesagt habe, für welches Gebiet F W tätig sein könnte und der Geschäftsführer H immer in der Lage gewesen sei, den Möglichkeiten von F W zu entsprechen. Dieser habe dann ein Paket Rohabzüge bekommen und habe sein Glück versucht. Wann er die Kunden besuche, sei seine Sache gewesen. Er habe überhaupt keine Aufträge gehabt, auch habe er keinen Auftrag gehabt, bestimmte Kunden zu besuchen, doch habe sich aus der Natur der Sache ergeben, daß er möglichst alle Kunden besucht habe, wo er Rohabzüge besessen habe.

Die drittmitbeteiligte Partei, K O, gab am 16. März 1984 nach der damals aufgenommenen Niederschrift an, in der Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 30. November 1979 bei der neuntmitbeteiligten Salzburger Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen zu sein, damit er eine soziale Sicherstellung habe, insbesondere damit er auch eine Pensionsversicherung habe. Er habe aber festgestellt, daß er zu viele Abzüge habe und habe sich dann wieder abmelden lassen. In seiner Tätigkeit sei vor und nach seiner Abmeldung kein Unterschied gewesen, auch nach der Abmeldung habe sich seine Tätigkeit nicht geändert. Er habe keinen Gewerbeschein gehabt und sich auch nicht als selbständiger Handelsvertreter ausgegeben. Er habe sich an den Geschäftsführer H gewandt und diesen wegen einer Beschäftigung gefragt. K O habe zum Geschäftsführer H gesagt, daß er in der Gegend von Salzburg verkaufen wolle. Der Geschäftsführer H habe dann entsprechende Rohabzüge herausgesucht und K O habe damit sein Glück versucht. Er habe eine Provision erhalten, sonst nichts, insbesondere auch keinen Zuschuß zu den Reisespesen. K O habe seine Kundenbesuche gemacht, wann es ihn gefreut habe. Im allgemeinen habe er am Montag die eingegangenen Bestellungen abgeliefert und neue Aufträge geholt und auch seine Provision mit Verrechnungsscheck.

Die zweitmitbeteiligte Partei, W G, erklärte laut der Verhandlungsschrift am 16. März 1984, er sei, wenn er im Winter Schiurlaub habe machen wollen oder im Frühjahr in die Wachau oder im Sommer nach Kärnten habe fahren wollen, zum Geschäftsführer H gegangen und habe ihn gefragt, ob er für W G Rohabzüge habe oder für ihn das Gebiet befliegen könne und er dann seine Aufträge bekomme. Wenn der Geschäftsführer H für W G keine Aufträge gehabt habe, sei er zur Luftbildservice gegangen und habe sich dort Rohabzüge geholt. Es sei in der Zeit vom 2. Juli 1979 bis Ende April 1981 öfters vorgekommen, daß der Geschäftsführer H keine Aufträge für W G gehabt habe. Man besuche die Kundschaften, wann man wolle, wichtig sei nur der Auftrag, auch wenn er erst um Mitternacht erledigt werde. Die drittmitbeteiligte Partei, K O, sei in gleicher Weise tätig gewesen wie W G. Sie seien verschiedentlich sogar miteinander gefahren. Die anfallenden Provisionen seien dann zwischen den beiden die Kundschaft besuchenden Vertretern aufgeteilt worden. Von der Provision hätten sie den Aufwand für das Auto, den Treibstoff, allfällige Nächtigungen usw. bezahlen müssen. Bei den anderen Vertretern sei dies genauso gewesen. W G habe nie eine Gewerbeberechtigung als selbständiger Handelsvertreter gehabt. Wenn eine größere Gruppe in einem Gebiet tätig gewesen sei, dann habe sich einer einen Film geholt und die Bearbeitung dieser ca. 350 Rohabzüge sei dann in der Gruppe aufgeteilt worden. Die getätigten Aufträge seien im allgemeinen am Montag abgeliefert worden, entweder durch persönliche Vorsprache oder im Postweg. Die angefallene Provision sei mittels Verrechnungsschecks ausgezahlt worden. Es habe keine Weisung dafür gegeben, innerhalb welcher Zeit die Aufträge zu erledigen gewesen seien. Wenn man gemerkt habe, daß die Bilder gut an den Mann zu bringen gewesen seien, dann habe man viel gearbeitet, weil es einen gefreut habe, wogegen in dem Fall, daß der Verkauf zäh angelaufen sei, man den Auftrag wenigstens teilweise unausgeführt zurückgegeben habe. Bei der am 16. März 1984 durchgeführten Verhandlung gab H als Geschäftsführer und Vertreter der Beschwerdeführerin zu Protokoll, daß diese zwei Hubschrauber und ein Flächenflugzeug habe und damit Luftaufnahmen mache. Die Beschwerdeführerin habe eigene Piloten und Fotographen und die Luftaufnahmen würden in ganz Österreich gemacht. Von diesen Flächenaufnahmen würden dann objektbezogene Rohkopien hergestellt. Es kämen Leute zur Beschwerdeführerin, im wesentlichen Vertreter, die ohnehin bestimmte Gebiete bereisten. Diese bemühten sich dann um Aufträge und soweit es möglich sei, gebe ihnen die Beschwerdeführerin Rohabzüge mit für Objekte, die sich im Betreuungsgebiet der Auftragswerber befänden. Es sei also so, daß die Beschwerdeführerin einem Textilvertreter solche Rohkopien von Luftkopien etwa nach Art von Postkarten in objektbezogener Ausfertigung mitgebe, daß diese Verkäufer neben ihrer eigenen Vertretertätigkeit mit diesen Kopien um Aufträge würben, etwa in der toten Tageszeit von 12.00 bis 15.00 Uhr. Für einen Handelsvertreter seien zehn Aufträge täglich durchaus erreichbar. In den wenigsten Fällen seien schriftliche Verträge mit den Vertretern abgeschlossen worden. Die Beschwerdeführerin habe Verkäufer im Wege von Inseraten in Zeitungen gesucht und gefunden. Die Leute hätten diese Inserate gelesen, seien gekommen und hätten angefragt, ob von den entsprechenden Gegenden Bilder zum Verkauf dagewesen seien und soweit es gegangen sei habe H diese Anfrager zufriedengestellt. Es sei ihm daher nie ein ganzer Film einer Gegend unbearbeitet liegen geblieben, weil es immer Interessenten gegeben habe, die verkaufswillig gewesen seien. Wenn jemand zu H gekommen sei und gesagt habe, er wolle bei der Sozialversicherung angemeldet werden, dann habe ihn H angemeldet. Die Anmeldung des F W sei sicher über dessen Wunsch geschehen. Von der Erkrankung sei H nichts bekannt gewesen, weil er einen kranken Menschen nicht beschäftige. Um Verkaufsmöglichkeiten bewürben sich bei H alle möglichen Leute, so auch Beamte als Freizeitbeschäftigung.

In der Verhandlungsschrift vom 16. März 1984 heißt es abschließend, die anwesenden Auskunftspersonen bestätigten, daß die Art der Auftragsvergabe durch H bzw. der Auftragserlangung nach ihren Erfahrungen bei allen mitbeteiligten Vertretern dieselbe gewesen sei und "daß daher sich die verschiedenen Beschäftigungsverhältnisse geglichen" hätten "wie ein Ei dem anderen".

Nach dem oben aufgezeigten Beweisergebnis bestanden in keiner Art eine Weisungsgebundenheit, ein Konkurrenzverbot oder eine Berichterstattungspflicht. Die mitbeteiligten Vertreter verwendeten ihre Autos oder öffentliche Transportmittel und bekamen dafür keine Spesenvergütung. Auch ein Fixum oder eine sonstige Entlohnung, unabhängig vom Arbeitserfolg bezogen sie nicht.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab - im Gegensatz zur Behauptung in der Begründung des angefochtenen Bescheides - nicht, daß die mitbeteiligten Vertreter genaue Anweisungen hinsichtlich des Verkaufes zu befolgen und wöchentlich über die getätigten Verkäufe zu berichten hatten. Der Umstand, daß die zur Verfügung gestellten Musterbilder im Eigentum der Beschwerdeführerin blieben und nach Beendigung der Tätigkeit an sie zu retournieren waren, berechtigt nicht, von einem Überwiegen jener unterscheidungskräftigen Merkmale auszugehen, die für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit der mitbeteiligten Vertreter von der Beschwerdeführerin sprechen. Auch die Zuweisung eines bestimmten Tätigkeitsgebietes oder Kundenkreises ist für das Entstehen der Sozialversicherungspflicht nicht ausschlaggebend.

Da die von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides (auch im Zusammenhalt mit der Begründung des Einspruchsbescheides des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. März 1984) aufgezeigten Erwägungen nicht ausreichen, um die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde zu stützen, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Mit dieser Entscheidung der Hauptsache ist auch der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erledigt.

Der Ausspruch über die Kosten stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, deren Art. III Abs. 2 anzuwenden ist. Ersatz der Stempelkosten ist im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 Abs. 1 ASVG nicht zuzusprechen.

Wien, am 20. Oktober 1988

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