VwGH 84/13/0069

VwGH84/13/00698.6.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Zach, über die Beschwerde des MW in W, vertreten durch Dr. Gerald Hausar, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerring 2/10-11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. Dezember 1983, Zl. 6/3-1434/1/82, betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1978 und 1979, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §162;
BAO §162;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist EDV-Berater. Im Zuge einer für die Jahre 1976 bis 1979 durchgeführten Betriebsprüfung stellte der Prüfer u.a. folgendes fest:

"Das geprüfte Unternehmen weist in seinen Büchern Honoraraufwendungen für Programmarbeiten an eine Firma NN GesmbH. aus, die im Jahre 1978 S 122.800,-- und 1979 S 2,659.444,-- betrugen. Als Belege sind Briefbogen vorhanden, die folgenden Aufdruck aufweisen:

'Fa. NN GesmbH, Programmierung- Software- Datenerfassung. Gesellschaft für Betriebsberatung, Datenorganisation, Systemanalyse und Systemplanungs-GesmbH.

Geschäftsführer: Paul G

A-gasse 4-8, 1210 Wien.'

Der Briefkopf weist weder Bankverbindungen noch einen Telefonanschluss aus. Es ist der Bp jedoch nicht gelungen, die GesmbH an der angegebenen Adresse aufzufinden, noch war der genannte Geschäftsführer dort bekannt. Auch alle anderen Versuche, dieses Unternehmen bzw. seinen Geschäftsführer zu identifizieren, schlugen fehl. Die Firma ist nach dem Ergebnis umfangreicher Erhebungen weder im Handelsregister zur Eintragung vorgemerkt oder eingetragen, noch ist sie selbst bzw. der genannte Geschäftsführer in Wien steuerlich erfasst. Herr W. (= Beschwerdeführer) seinerseits beantwortete diesbezügliche Vorhalte damit, dass er selbst die NN GesmbH. bzw. G nie persönlich aufgesucht oder mit diesem Geschäftspartner Kontakt gesucht habe. Vielmehr wäre die Abwicklung der Geschäftsverbindung dergestalt gewesen, dass ausnahmslos G mit ihm telefonisch oder persönlich Verbindung aufgenommen habe. Jedenfalls sei ihm nicht bekannt, wo der Sitz der NN bzw. der Aufenthaltsort G's sei. Die Bezahlung für G's Tätigkeit sei jeweils mittels Barscheck erfolgt, sodass auch aus dem Geldfluss keine Hinweise auf die Person des Empfängers ableitbar sind . .....

Nach mehreren mündlichen Besprechungen über diesen Fragenkomplex, die ohne klärendes Ergebnis blieben, wurde der bevollmächtigte Steuerberater Dr. P. in einem schriftlichen Vorhalt vom 20. 2. 1981 neuerlich über das Ergebnis der hinsichtlich der Firma NN GesmbH vorgenommenen Erhebungen informiert und dargetan, dass begründete Zweifel an der Existenz des Honorarempfängers bestünden. Es wurde neuerlich ersucht, geeignete Nachweise zu führen, welche die Existenz der genannten Firma und das Bestehen der behaupteten Geschäftsbeziehungen zu dieser beweisen.

Nachdem bis zum Zeitpunkt des Prüfungsabschlusses dem Finanzamt keine Gegenäußerung des Abgabepflichtigen vorliegt, die zu einer Beseitigung der Zweifel über die Abzugsberechtigung der geltend gemachten Aufwendungen an NN dienen hätten können, musste diesem behaupteten Honoraraufwand die Abzugsfähigkeit versagt werden.

Aufwandminderung 1978:

S

122.800,-

Aufwandminderung 1979:

S

2,659.444,--

Minderung der abzugsfähigen

  

Vorsteuern 1978:

S

22.104,--

Vorsteuern 1979:

S

478.699,92."

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ - für 1978 im wieder aufgenommenen Verfahren - entsprechende Sachbescheide.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er sei seit 1975 als selbstständiger Programmierer tätig, wobei er sich insbesondere auf die Software-Herstellung für die IBM-Anlage S 32 bzw. S 34 spezialisiert habe. Da in der Branche bekannt gewesen sei, dass der Beschwerdeführer für die Abwicklung seiner Aufträge Programmierer suche, habe sich bei ihm telefonisch Paul G als Vertreter der NN-GesmbH gemeldet. G. habe darauf hingewiesen, dass die Firma NN noch keinen Telefonanschluss habe. Die diversen Besprechungen hätten entweder beim Beschwerdeführer oder in Kaffeehäusern stattgefunden, wo auch jeweils die Arbeitsunterlagen übergeben worden seien. Für jedes Arbeitsgebiet seien fixe Verträge abgeschlossen worden. Die fertigen Programme seien auf Disketten gespeichert an den Beschwerdeführer übergeben worden. Die Bezahlung sei durch Schecks erfolgt. Der Bankkassier müsse sich an die Auszahlung erinnern, weil es sich stets um höhere Beträge gehandelt habe.

Diese Geschäftsverbindung habe ca. 2 Jahre gedauert und sei wegen diverser finanzieller Nachforderungen der NN beendet worden. Da die Bezahlung der geleisteten Arbeiten erst nach erfolgten Tests bei den Kunden vorgenommen worden sei, habe keine Notwendigkeit bestanden, "sich über Bonität bzw. Reputation der NN zu erkundigen". Der Beschwerdeführer werde alles in seiner Macht Stehende tun, um den Aufenthaltsort von Herrn G. festzustellen oder entsprechende Nachweise zu erbringen. Es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis des Empfängers erteilt werden können.

In der Folge gab der Beschwerdeführer eine schriftliche Personenbeschreibung des Paul G. und teilte dessen zwischenzeitlich ausgeforschte Adresse mit. Eine Gegenüberstellung des Beschwerdeführers mit Paul G. ergab jedoch, dass sich beide nicht kannten und übereinstimmend erklärten, sich "heute das erste Mal" gesehen zu haben.

Die belangte Behörde gab der Berufung hinsichtlich anderer Streitpunkte teilweise statt, versagte aber nach wie vor unter Hinweis auf § 162 BAO den geltend gemachten Honoraren die Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe, mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer als Empfänger nur eine nicht existierende GesmbH bzw. deren nicht ausforschbare Kontaktperson Paul G. namhaft gemacht habe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 162 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. § 162 Abs. 2 leg.cit. normiert, dass, soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Absatz 1 verlangten Angaben verweigert, die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen sind.

Dem Beschwerdeführer ist zunächst zuzustimmen, dass einem auf § 162 BAO gestützten Verlangen der Abgabenbehörde seitens des Abgabepflichtigen keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen dürfen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, S. 375 f). Anderereits darf nicht übersehen werden, dass § 162 BAO u. a. dem Ziel dient, Besteuerungskomponenten, die sich bei einem Steuerpflichtigen als Abzüge steuermindernd auswirken, beim Empfänger steuerlich erfassbar zu machen (vgl. nochmals Stoll, a. a.0.).

Setzt der Steuerpflichtige ohne zwingende Gründe ein Verhalten, das ihn daran hindert, den Empfänger von Zahlungen namhaft zu machen, so kann grundsätzlich nicht gesagt werden, die Erfüllung der im § 162 BAO vorgesehenen Pflichten sei ihm unzumutbar.

Im Beschwerdefall konnte der Empfänger von insgesamt ca. S 2,800.000,--, die vom Beschwerdeführer als Honorar für verschiedene Programmierarbeiten bezahlt worden waren, deswegen nicht namhaft gemacht werden, weil sich erst 1981 anlässlich einer Betriebsprüfung herausstellte, dass das in den Jahren 1978 und 1979 bestandene Auftragsverhältnis eine nicht existierende GesmbH betraf und weil auch die Kontaktperson Paul G. nicht ausgeforscht werden konnte. Der Beschwerdeführer hat dies im Verwaltungsverfahren damit erklärt, dass für ihn nie die Notwendigkeit bestand, die GesmbH oder G. schriftlich oder fernmündlich zu erreichen, weil sich G. stets selbst zur Entgegennahme neuer Aufträge meldete, die Geschäftsbesprechungen in Kaffeehäusern stattfanden und die Bezahlung mittels Barschecks erst nach erfolgter Kontrolle der Ordnungsmäßigkeit der erbrachten Leistungen erfolgte.

Nun sind im Wirtschaftsleben dauerhafte Geschäftsbeziehungen zwischen Personen, bei denen die Kontaktaufnahmemöglichkeit ausschließlich nur für einen Vertragspartner besteht, ungewöhnlich. Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer selbst Programmaufträge entgegennahm und diese zum Teil an die NN GesmbH weitergab. Es widerspricht den Erfahrungen des Wirtschaftslebens, dass der Beschwerdeführer in solchen Fällen nie den Versuch unternahm, selbst mit dieser GesmbH in Kontakt zu treten, sondern regelmäßig abwartete, bis sich diese bzw. Paul G. bei ihm meldeten. Weiters ist zu bedenken, dass gerade Programmarbeiten bzw. deren Ergebnis in der praktischen Anwendung vielfach zu Rückfragen bzw. zu Ergänzungs- und Änderungswünschen führen und dass dabei häufig auch kurzfristige Kontaktaufnahmen geboten sind. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte kann das Verhalten des Beschwerdeführers, der zwei Jahre lang Geschäftsverbindungen zu einer nicht existierenden GesmbH mit einem Auftragsvolumen von ca. S 2,800.000,-- unterhalten haben will und dies damit erklärt hat, dass von seiner Seite aus nie Kontakte aufgenommen wurden bzw. nie eine Kontaktaufnahme versucht worden ist, einem Verhalten gleichgesetzt werden, mit dem der Abgabepflichtige die Rechtsfolgen des § 162 BAO in Kauf nimmt.

Damit gehen auch die Verfahrensrügen des Beschwerdeführers ins Leere bzw. erweisen sich als unbegründet. Denn § 162 BAO verpflichtet nicht die Abgabenbehörde, zweifelhafte Geschäftsverbindungen des Abgabepflichtigen zu erforschen, wenn sich herausstellt, dass die vom Abgabepflichtigen namhaft gemachten Empfänger von Zahlungen nicht existieren bzw. sich hinter anderem Namen verbergen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Wien, am 8. Juni 1988

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