VwGH 87/07/0078

VwGH87/07/007826.11.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. WM in W, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien VII, Lerchenfelderstraße 39, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19. März 1987, Zl. III/1-21.602/8-86, betreffend Erlöschensvorkehrungen (mitbeteiligte Partei: N, B), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §27 Abs1 lita;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §32;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 29. Juni 1981 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (BH) der mitbeteiligten Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) gemäß §§ 32, 105 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Versickerung der aus einer Pension in B anfallenden Fäkal- und Waschwässer nach vollbiologischer Reinigung auf dem Grundstück 240/1 KG B. Die dagegen vom nunmehrigen Beschwerdeführer - dieser ist nach Ausweis der Akten Eigentümer des Nachbargrundstückes 240/7 KG B, auf dem sich ein Grundwasserbrunnen befindet - erhobene Berufung wurde vom LH von Niederösterreich mit Bescheid vom 3. Februar 1982 abgewiesen.

Mit Eingabe vom 24. April 1984 (eingebracht beim Amt der NÖ Landesregierung, von diesem an die BH als zuständige Wasserrechtsbehörde weitergeleitet) gab die mP bekannt, daß sie sich entschlossen habe, ihre wasserrechtlich bewilligte Kläranlage künftig als dichte Senkgrube zu benützen. Dieses Schreiben wurde von der Wasserrechtsbehörde - von der mP in der Folge nie in Zweifel gezogen - als Verzicht auf das ihr seinerzeit erteilte Wasserbenutzungsrecht gewertet.

Mit Bescheid vom 23. Mai 1986 stellte die BH gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 fest, daß das der mP mit Bescheid vom 19. Juni (richtig: 29. Juni) 1981 verliehene, oben näher bezeichnete Wasserbenutzungsrecht im Grunde des § 27 Abs. 1 lit. a leg. cit. erloschen sei. U.e. wurde ausgesprochen, daß die bisher Berechtigte anläßlich der Auflassung der Anlagen gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 keine letztmaligen Vorkehrungen zu treffen habe.

2. Aufgrund der dagegen, und zwar ausschließlich gegen den zuletzt genannten Ausspruch, erhobenen Berufung des Beschwerdeführers mit dem Begehren, die gesamte oder zumindest einen näher bezeichneten Teil der Kläranlage der mP zu beseitigen, erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich (die belangte Behörde) den Bescheid vom 19. März 1987, mit dem er gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend abänderte, daß die mP gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 verpflichtet wurde, bis spätestens 30. Oktober 1987 den Sickerschacht mit bindigem Material aufzufüllen und mit Humus entsprechend der umliegenden Schichtstärke abzuschließen; im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des von ihr durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens im wesentlichen folgendes aus: Im Hinblick auf die Änderung der Art der Abwasserbeseitigung, die keiner wasserrechtlichen Bewilligung bedürfe, und den Verzicht der Wasserberechtigten auf das seinerzeit erteilte Wasserbenutzungsrecht habe die Wasserrechtsbehörde nur mehr die entsprechenden Feststellungen und Anordnungen i.S. der §§ 27 und 29 WRG 1959 zu treffen gehabt. Nach den Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 26. September 1986 seien derzeit keine negativen Auswirkungen auf das Grundwasser oder ein Oberflächenwasser zu erwarten. Eine Beseitigung der gesamten Kläranlage sei nicht erforderlich. Der Amtssachverständige halte es jedoch im Interesse des Grundwasserschutzes für erforderlich, den Sickerschacht mit bindigem Material aufzufüllen und mit Humus entsprechend der umliegenden Schichtstärke abzuschließen. Die Wasserrechtsbehörde habe daher in Anwendung des § 29 Abs. 1 WRG 1959 diese Maßnahme als letztmalige Vorkehrung der abtretenden Wasserberechtigten aufgetragen, wobei die hiefür festgesetzte Frist von ca. sieben Monaten als angemessen erscheine. Festzuhalten sei, daß i.S. der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Ausführungen des Beschwerdeführers in der gegenständlichen Fachfrage nicht derselbe Beweiswert wie den Gutachten der Amtssachverständigen zugebilligt werden könne. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten mit einem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Zu dem Begehren des Beschwerdeführers (Einholung eines Dichtheitsattestes betreffend die Senkgrube und Nachweis der Räumung der Senkgrube) sei zu bemerken, daß hiefür eine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde nicht gegeben sei. Es werde der Baubehörde obliegen, für einen bauordnungsgemäßen Zustand der Senkgrube zu sorgen.

3. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinen Rechten dadurch verletzt, daß die Behörde entgegen der Vorschrift des § 29 Abs. 1 WRG 1959 dem bisher Berechtigten nicht aufgetragen habe, die Kläranlage (nunmehr umgewandelt in eine Senkgrube) abzutragen. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mP hat eine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Ungeachtet dessen, daß die Beschwerde den Bescheid der belangten Behörde vom 19. März 1987 schlechthin bekämpft, geht der Gerichtshof im Hinblick auf den klar formulierten Beschwerdepunkt und die damit übereinstimmenden Beschwerdegründe davon aus, daß sich die Beschwerde lediglich gegen den Ausspruch betreffend die Anordnung letztmaliger Vorkehrungen (und nicht auch gegen die von der belangten Behörde vollinhaltlich aufrechterhaltene, von der Berufung unbekämpft gelassene, erstinstanzliche Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes der mP) richtet.

2. Gemäß § 29 Abs. 1 hat den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

3.1. Der Beschwerdeführer, dessen auf § 102 Abs. 1 lit. c WRG 1959 gegründete Parteistellung als Wasserberechtigter i. S. des § 12 Abs. 2 leg. cit. im Erlöschensverfahren außer Streit stand, erblickt eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides darin, daß entgegen der Annahme der belangten Behörde die in Rede stehende Senkgrube nicht dicht sei. Er habe im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen, daß in die Senkgrube die gesamten Fäkal- und Waschabwässer eines Gewerbebetriebes eingeleitet würden und eine Entleerung der Senkgrube nicht vorgenommen worden sei. Daraus ergebe sich zwingend, daß Abwässer in das umliegende Erdreich versickerten und in das Grundwasser gelangten, durch welches der Brunnen des Beschwerdeführers gespeist werde. Der Sachverständige habe von einer Durchörterung des Bodens gesprochen, was im Klartext heiße, daß die ehemalige Kläranlage und nunmehrige Senkgrube nicht dicht sei. In Anbetracht dessen hätte die Behörde dem bisherigen Wasserberechtigten gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 die Beseitigung der Senkgrube auftragen müssen.

3.2. Der von der belangten Behörde im Rahmen des von ihr durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens beigezogene technische Amtssachverständige Dipl. Ing. L. hat in seiner Stellungnahme vom 26. September 1986 unter Bezugnahme auf die Äußerung des im Verfahren erster Instanz tätig gewesenen Amtssachverständigen vom 30. April 1986 ausgeführt, daß die Kläranlage bereits in eine Senkgrube ohne Überlauf umgebaut worden sei und für die Senkgrube ein positives Dichtheitsattest vorliege. Aufgrund dessen seien derzeit weder auf das Grundwasser noch auf ein Oberflächengewässer negative Auswirkungen zu erwarten. Eine Beseitigung der gesamten Kläranlage sei daher keinesfalls erforderlich. Da aber der ehemalige Sickerschacht nicht mehr in Verwendung stehe, bleibe hier "durch die Durchörterung der natürlichen Bodenschicht ein Schwachpunkt für eine Grundwasserverunreinigung". Es sei daher erforderlich, diesen Sickerschacht mit bindigem Material aufzufüllen und mit Humus entsprechend der umliegenden Schichtstärke abzuschließen (Frist: 30. April 1987).

Der Beschwerdeführer hat in seiner Äußerung zu dem ihm zur Kenntnis gebrachten Amtssachverständigengutachten vom 3. November 1986 an die belangte Behörde die Dichtheit der Senkgrube mit den in der Beschwerde wiederholten Behauptungen (oben 3.1.) in Zweifel gezogen und beantragt, der mP aufzutragen, einmal jährlich ein Dichtheitsattest beizubringen und die dreimonatliche Räumung der Senkgrube nachzuweisen, eventuell die Senkgrube "abzutragen und zu beseitigen".

Damit ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen der belangten Behörde zu entkräften; dies umso weniger, als das Vorliegen einer die Dichtheit der Senkgrube bestätigenden Bescheinigung (laut Angabe des Sachverständigen der Erstinstanz: des bauausführenden Unternehmens) nicht in Zweifel gezogen wurde. Wenn der Beschwerdeführer schließlich in der Beschwerde die Meinung vertritt, daß unter "Durchörterung" offenbar zu verstehen sei, daß die Senkgrube nicht dicht sei, so legt er dem Gutachten einen Inhalt bei, den es nicht hat. Vielmehr wurde vom Amtssachverständigen unmißverständlich darauf hingewiesen, daß seiner Ansicht nach im Hinblick auf die attestierte Dichtheit der Senkgrube mit einer Gefährdung von Grundwasser und Oberflächengewässern derzeit nicht zu rechnen sei. Der Hinweis auf die "Durchörterung der natürlichen Bodenschicht" stellt - aus dem Zusammenhang klar erkennbar - eine Verbindung ausschließlich zu dem nicht mehr in Verwendung stehenden Sickerschacht der ehemaligen Kläranlage her. Um die insoweit gegebene Gefahr für das Grundwasser zu beseitigen, wurde der mP die vom Sachverständigen vorgeschlagene letztmalige Vorkehrung aufgetragen.

Unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde in einem mängelfreien Verfahren ermittelten Sachverhaltes (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß dem im angefochtenen Bescheid getroffenen Ausspruch über letztmalige Vorkehrungen Rechtswidrigkeit anhaftet.

4. An diesem Ergebnis vermag auch das weitere - unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit erstattete - Beschwerdevorbringen nichts zu ändern, mit dem der Beschwerdeführer die Auffassung der belangten Behörde rügt, es sei Angelegenheit der Baubehörde, für die Dichtheit der Senkgrube Sorge zu tragen. Denn die hiemit bekämpfte Rechtsansicht der belangten Behörde, der Wasserrechtsbehörde fehle es insoweit an der Zuständigkeit, ist zutreffend, sind doch Senkgruben im Hinblick darauf, daß mit ihnen keine Einwirkungen auf Gewässer verbunden sind, wasserrechtlich nicht bewilligungspflichtig (Ausnahmen hievon - allfällige Bewilligungspflicht in Schutz- oder Schongebieten - kommen im Beschwerdefall nach der Aktenlage nicht in Betracht) und demnach - abgesehen von der Gewässeraufsicht - einer wasserrechtsbehördlichen Einflußnahme auch in bezug auf die Überprüfung ihres Zustandes entzogen. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, daß selbst dann, wenn die Errichtung der Senkgrube wasserrechtlich bewilligungspflichtig gewesen wäre, die vom Beschwerdeführer beantragten Maßnahmen (Verpflichtung der mP zur Beibringung eines Dichtheitsattestes und zur dreimonatlichen Räumung) nicht in einem Verfahren nach § 29 Abs. 1 WRG 1959 hätten vorgeschrieben werden können, da die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Anordnung letztmaliger Vorkehrungen dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Zweck dieser Norm zufolge nur für aufgelassene, nicht jedoch (auch) für (noch bzw. weiter) in Betrieb stehende Anlagen zulässig ist.

5. Da sohin der Beschwerdeführer dadurch, daß die belangte Behörde als letztmalige Vorkehrungen gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 (spruchmäßig näher bezeichnete) Maßnahmen lediglich in bezug auf einen Teil (Sickerschacht) der aufgelassenen Kläranlage der mP und nicht die Beseitigung der gesamten aufgelassenen Anlage anordnete, nicht in subjektiven Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

6. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 26. November 1987

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