VwGH 86/16/0091

VwGH86/16/00912.7.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge, über die Beschwerde des HR in W, vertreten durch Mag. DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien I, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Jänner 1986, Zl. Jv 8180-33a/85, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GJGebG 1962 §14 Abs3;
GJGebG 1962 §14 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Der Beschwerdeführer hatte am 30. Mai 1984 beim Landesgericht für ZRS. Wien (in der Folge: Gericht) zu dg. AZ. 29 Cg 201/84 in einem Schriftsatz sowohl eine Klage angebracht als auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Klage hatte nachstehendes Urteilsbegehren enthalten:

"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei

S 150.000,-- samt 12,5 % Zinsen ab 27.4.1984 zu bezahlen.

2. Der beklagten Partei wird verboten, die ihr eingeräumten

Rechte aus der Bankgarantie der Raiffeisenkasse .... vom

25.11.1983 einzulösen und dazu die Raiffeisenkasse ... schriftlich

aufzufordern, Zahlung nach den Bestimmungen der Bankgarantie,

höchstens jedoch S 350.000,--, zu leisten; ferner die Ansprüche

aus der Bankgarantie der Raika ... abzutreten oder zu verpfänden.

  1. 3. ...
  2. 4. ..."

    Der Beschwerdeführer hatte auf Seite 1 des angeführten Schriftsatzes das Begehren 1. mit S 150.000,-- und das Begehren 2. mit S 350.000,-- bewertet. In demselben Schriftsatz hatte der Beschwerdeführer nachstehende einstweilige Verfügung beantragt:

"Zur Sicherung des Anspruchs der gefährdeten Partei auf

Unterlassung der Ausübung der dem Gegner der gefährdeten Partei,

...., mit Bankgarantie der Raika ... vom 25.11.1983 eingeräumten

Rechte, wird

a) dem Gegner der gefährdeten Partei, ......,

verboten, die ihm eingeräumten Rechte aus der Bankgarantie

der Raiffeisenkasse ... vom 25.11.1983 einzulösen und dazu die

Raiffeisenkasse ... schriftlich aufzufordern;

Zahlung nach den Bestimmungen der Bankgarantie, höchstens

jedoch S 350.000,-- zu leisten;

ferner die Ansprüche aus der Bankgarantie der Raiffeisenkasse

... abzutreten oder zu verpfänden.

b) dem Drittschuldner, der Raiffeisenkasse ..., wird verboten, den aus ihrer Bankgarantie vom 25.11.1983 übernommenen Garantiepflichten nachzukommen und an den Gegner der gefährdeten Partei, ...., über dessen schriftliche Aufforderung Zahlung nach den Bestimmungen der Bankgarantie, höchstens jedoch S 350.000,--, zu leisten;

ferner einer Abtretung oder Verpfändung der Ansprüche aus der Bankgarantie zuzustimmen.

Die einstweilige Verfügung wird für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreites bewilligt."

Diesen Antrag hatte der Beschwerdeführer auf Seite 1 des angeführten Schriftsatzes mit S 75.000,-- s.A. bewertet.

Nachdem dieser Antrag auf einstweilige Verfügung mit Beschluß des Gerichtes vom 30. Mai 1984 wegen völligen Fehlens der Anspruchsbescheinigung abgewiesen worden war und auf Grund eines - wörtlich gleichlautenden - neuerlichen, am 6. Juni 1984 bei Gericht eingebrachten Antrages (dg. GZ. 29 Cg 201/84-4) das Gericht mit Beschluß vom 4. Juni 1984 diese einstweilige Verfügung - allerdings bedingt durch den Erlag einer Sicherheit von S 350.000,-- - getroffen hatte, hatte das Oberlandesgericht Wien mit Beschluß vom 31. August 1984 dem gegen den zuletzt zitierten Beschluß gerichteten Rekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei, zu dem der Beschwerdeführer eine Rekursbeantwortung (GZ. 29 Cg 201/84-13 des Gerichtes) am 9. August 1984 eingebracht hatte, Folge gegeben und den zuletzt angeführten Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Dem dagegen gerichteten Revisionsrekurs des Beschwerdeführers (GZ. 29 Cg 201/84-17 des Gerichtes) hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 14. November 1984 nicht Folge gegeben. Am 11. Dezember 1984 hatte der Beschwerdeführer wiederum einen - wörtlich gleichlautenden - Antrag auf einstweilige Verfügung beim Gericht zu dg. GZ. 29 Cg 201/84-84 eingebracht. Den - diesen Antrag abweisenden - Beschluß des Gerichtes vom 13. Dezember 1984 hatte der Beschwerdeführer mit am 19. Dezember 1984 bei Gericht eingelangten Rekurs (dg. GZ. 29 Cg 201/84-26) angefochten. Abgesehen von der bereits erwähnten Bewertung auf Seite 1 des erstangeführten Schriftsatzes hatte der Beschwerdeführer jeweils auf Seite 1 aller seiner anderen oben zitierten Schriftsätze die einstweilige Verfügung mit S 75.000,-- s.A. bewertet.

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist ausschließlich die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinne der von der belangten Behörde - Präsident des Landesgerichtes für ZRS Wien - bei der Erlassung des im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheides und in der Gegenschrift vertretenen Auffassung) die Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren in bezug auf alle oben angeführten, die Anträge auf einstweilige Verfügung betreffenden Schriftsätze (Eingaben) des Beschwerdeführers (also GZ. 29 Cg 201/84-4, 13, 17, 24 und 26 des Gerichtes) S 350.000,-- oder (im Sinne des vom Beschwerdeführer im Verfahren nach dem GEG 1962 und in der Beschwerde vertretenen Rechtsstandpunktes) nur S 75.000,-- beträgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Art. VI Z. 8 GGG ist dieses Bundesgesetz auf Verfahren anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (gemäß Z. 1 des zitierten Artikels der 1. Jänner 1985) anhängig gemacht worden sind. Auf Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bei Gericht oder einer Justizverwaltungsbehörde anhängig sind, sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

Auf Grund des § 13 GJGebGes 1962, das nach den vorstehenden Ausführungen also im vorliegenden Fall noch anzuwenden ist, ist die Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Erbietet sich der Kläger, anstelle der angesprochenen Sache eine bestimmte Geldsumme anzunehmen, oder stellt er ein alternatives Begehren auf Zuerkennung einer Geldsumme, so ist gemäß § 56 Abs. 1 JN die in der Klage angegebene Geldsumme für die Beurteilung der Zuständigkeit und für die Besetzung des Gerichtes (§ 7a) maßgebend.

Nach § 56 Abs. 2 erster Satz JN hat der Kläger in allen anderen Fällen den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben.

Gemäß § 59 JN ist bei Klagen auf Vornahme von Arbeiten oder anderen persönlichen Leistungen die auf Duldung oder Unterlassung, auf Abgabe von Willenserklärungen die vom Kläger angegebene Höhe seines Interesses als Wert des Streitgegenstandes anzusehen.

Auf Grund des § 14 Abs. 3 erster Satz GJGebGes 1962 dient bei einstweiligen Verfügungen der Wert des zu sichernden Anspruches als Bemessungsgrundlage.

Werden Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit einer Eingabe der Hauptsache verbunden, so sind nach § 14 Abs. 3 dritter Satz GJGebGes 1962 die Streitwerte für die Hauptsache und für die einstweilige Verfügung zusammenzurechnen; werden ein oder mehrere solcher Anträge gesondert gestellt, so ist der Streitwert der Hauptsache nicht hinzuzurechnen, doch sind die Werte mehrerer in einer gesonderten Eingabe gestellten Anträge auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen zusammenzurechnen.

Gemäß § 17 Abs. 1 GJGebGes 1962 ist Bemessungsgrundlage im Exekutionsverfahren der Betrag des durchzusetzenden oder zu sichernden Anspruches.

Auf Grund des § 17 Abs. 2 erster Satz GJGebGes 1962 gelten für die Bewertung des Anspruches die Bestimmungen der §§ 13 bis 16 sinngemäß.

Ist dem Exekutionsverfahren ein denselben Anspruch betreffender Zivilprozeß vorausgegangen, so bleibt nach § 17 Abs. 2 zweiter Satz GJGebGes 1962 der in diesem Prozeß festgestellte Wert des Streitgegenstandes auch im Exekutionsverfahren für die Bewertung des durchzusetzenden oder zu sichernden Anspruches maßgebend.

Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung entscheidet für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei einstweiligen Verfügungen nicht der von der gefährdeten Partei für die einstweilige Verfügung angesetzte Wert des Streitgegenstandes, sondern gemäß § 14 Abs. 3 erster Satz GJGebGes 1962 der Wert, der dem zu sichernden Anspruch zukommt (siehe z.B. die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zitierten, ausführlich begründeten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1974, Zl. 144/74, ÖStZB 1974/15/16, S. 190, und vom 30. Jänner 1978, Zlen. 1682-1684/77, ÖStZB 1978/18, S. 216 - nur mit dem Rechtssatz veröffentlicht in der Slg. Nr. 5218/F).

Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist an dieser Stelle festzuhalten, daß das Gericht im vorliegenden Fall keinen Grund fand, gemäß § 60 Abs. 1 JN von Amts wegen ihm zur Prüfung der Richtigkeit der Wertangabe nötig erscheinende Ermittlungen anzuordnen. Nach § 60 Abs. 4 JN ist außer dem im Abs. 1 bezeichneten Falle die in der Klage enthaltene Bewertung des Streitgegenstandes in Ansehung der Zuständigkeit und der Besetzung des Gerichtes (§ 7a) sowohl für das Gericht wie für den Gegner bindend.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich unter Hinweis auf (die erste Auflage von) Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 2, Wien-New York 1980, S. 293 Abs. 2, ausführt, das Verfügungsverfahren sei ein Erkenntnisverfahren und kein Zwangsvollstreckungsverfahren, so kann die Richtigkeit dieser von Holzhammer für den gerichtlichen Verfahrensbereich aufgestellte Behauptung im vorliegenden Beschwerdefall dahingestellt bleiben, weil für das Gebiet des hier anzuwendenden GJGebGes 1962 des Verfügungsverfahren dem Exekutionsverfahren jedenfalls gleichzustellen ist (siehe z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zitierte, ausführlich begründete Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1956, Zl. 1409/55, Slg. Nr. 1405/F).

Auf Grund der dargelegten Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch einen nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 2. Juli 1987

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