VwGH 86/08/0100

VwGH86/08/010025.5.1987

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde der L Aktiengesellschaft in L, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Rechtsanwalt in Wien I, Stubenring 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Februar 1986, Zl. SV- 516/7-1986, betreffend Beitragsvorschreibung (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §49 Abs3 Z10;
ASVG §49 Abs3 Z11;
ASVG §49 Abs3 Z17;
ASVG §49 Abs3;
EStG 1972 §3 Z11;
EStG 1972 §3 Z19;
ASVG §49 Abs3 Z10;
ASVG §49 Abs3 Z11;
ASVG §49 Abs3 Z17;
ASVG §49 Abs3;
EStG 1972 §3 Z11;
EStG 1972 §3 Z19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Die Beschwerdeführerin veranstaltete im Juli 1984 anläßlich der Produktion der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser seit Bestehen ihres Unternehmens eine Betriebsfeier, bei der jedem Beschäftigten ohne Unterschied seiner Verwendung und der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit Warengutscheine im Wert von S 2.500,-- , einlösbar bis 15. September 1984 bei verschiedenen, auf den Gutscheinen näher bezeichneten Handelsbetrieben des Bezirkes X, übergeben wurden.

2.1. Mit Bescheid vom 11. Juli 1985 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß diese Warengutscheine beitragspflichtiges Entgelt gemäß § 49 Abs. 1 ASVG darstellten und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin im Sinne des § 35 Abs. 1 leg. cit. gemäß § 58 Abs. 2 leg. cit. verpflichtet sei, die darauf entfallenden allgemeinen Beiträge in Höhe von S 2,532.745,36 binnen 11 Tagen nach Zustellung des Bescheides an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu entrichten. Begründend wurde ausgeführt, die Warengutscheine seien aus Anlaß der Erzeugung der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser übergeben worden; es sei demnach von einer einmaligen Belohnung im Zusammenhang mit einer besonderen Produktionsleistung zu sprechen, weshalb die gewährten Sachgeschenke im weiteren Sinn unter den Begriff der Leistungsprämie zu subsumieren seien. Handle es sich aber um Leistungsprämien, so sei der Umstand, daß die Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsfeier erfolgt seien, rechtlich unbedeutend, weil Leistungsprämien jedenfalls Entgelt im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen darstellten. Der gegebene Sachverhalt lasse daher keinen Raum für die Annahme, daß, wie die Beschwerdeführerin meine, die Warengutscheine im Lichte der Bestimmung des § 49 Abs. 3 Z. 17 leg. cit. als beitragsfreier Bezug gewertet werden könnten. Die Höhe der im Spruch genannten allgemeinen Beiträge resultiere aus einer Beitragsgrundlage von S 7,010.459,--, die bei der am 2. Juli 1985 stattgefundenen Erhebung auf Grund der Lohnunterlagen und in Beachtung der Höchstbeitragsgrundlagen festgestellt worden sei.

2.2. In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch wandte die Beschwerdeführerin, gestützt auf ein Rechtsgutachten des Univ.Prof. Dr. RS, nachstehendes ein:

Der Gesetzgeber des ASVG habe so wie jener des EStG den durch eine Generalklausel umschriebenen Entgelts- bzw. Arbeitslohnbegriff (§ 49 Abs. 1 ASVG, § 2 EStG), der für die Beitrags- bzw. Lohnsteuerpflicht maßgebend sei, durch eine reichhaltige taxative Aufzählung von Leistungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer eingegrenzt, die nicht der Beitrags- bzw. Lohnsteuerpflicht unterlägen (§ 49 Abs. 3 ASVG, § 3 EStG). Die in § 49 Abs. 3 ASVG enthaltene Liste umfasse derzeit 24 Punkte. Sicher sei, daß diesen äußerst unterschiedlichen von der Beitragspflicht ausgenommenen Arbeitgeberleistungen kein einheitlicher (rechts-und/oder sozialpolitischer) Gesichtspunkt zugrundeliege. Im Schrifttum sei umstritten, ob, was den zugrundeliegenden Zweck anlange, nicht wenigstens einige Gruppen von Arbeitgeberleistungen (im Sinne des § 49 Abs. 3 ASVG) zu bilden wären, die jeweils auf einer einheitlichen Zielsetzung beruhten.

Was die Subsumtion der gegenständlichen Arbeitgeberleistung anlange, so ergebe eine vorläufige grobe Sichtung, daß jedenfalls drei Tatbestände wahlweise in Betracht kämen: § 49 Abs. 3 Z. 10 (Jubiläumsgeschenke), Z. 11 (freiwillige soziale Zuwendungen an alle Arbeitnehmer) und Z. 17 (Teilnahme an Betriebsveranstaltungen und Empfang von üblichen Sachzuwendungen, die das herkömmliche Ausmaß nicht übersteigen). Dies müsse eingangs festgestellt werden, obwohl die bisher mit der Sozialversicherungsverwaltung abgeführte Auseinandersetzung ausschließlich an der Beitragsfreiheit gemäß Z. 17 orientiert gewesen sei.

Der vorliegende Sachverhalt würde zwar von einem der Tatbestände der Z. 10, nämlich dem Tatbestand des Firmenjubiläums, bei rein wörtlicher und weiterer Auslegung erfaßt werden; die dazu ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die in der Folge von der Verwaltungspraxis der Sozialversicherungsträger übernommen worden sei, lasse dies aber nicht zu. Der Wortlaut der Z. 10 würde deshalb den vorliegenden Fall erfassen, weil es sich in der Tat bei der Produktion der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser seit Bestehen des Unternehmens um ein Jubiläum, und zwar um ein produktionstechnisches Jubiläum, handle. Des weiteren sei die in Frage stehende Sachzuwendung aus Anlaß dieses Ereignisses vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern geschenkt worden. Es liege daher im weitesten Sinne des Wortes in der Tat ein Jubiläumsgeschenk vor. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und die sich dieser anschließende Verwaltungspraxis in der Sozialversicherung habe sich aber darauf festgelegt, daß nur zeitraumbezogene Firmenjubiläen als Grundlage der Beitragsfreiheit nach Z. 10 anerkannt würden. Darüber hinaus habe diese Rechtsprechung auch noch die "jubiläumsfähigen" Zeiträume mit einem Vielfachen des 10-jährigen, dem 25-jährigen und einem Vielfachen des 25-jährigen Bestehens begrenzt. Mit Rücksicht auf diese von der Rechtsanwendung her gegebene Rechtslage komme Z. 10 für den vorliegenden Fall nicht in Betracht.

Die Z. 11 (des § 49 Abs. 3 ASVG) wiederum, die dem § 3 Z. 28 EStG entspreche, werde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der dieser folgenden Verwaltungspraxis der Sozialversicherungsträger in Anlehnung an die im Steuerrecht herrschend gewordene Interpretation des § 3 Z. 28 EStG als subsidiäre Generalklausel gesehen, die nur dann in Betracht gezogen werden dürfe, wenn nicht einer der anderen speziellen Tatbestände des § 49 Abs. 3 ASVG in Frage komme. Außerdem werde verlangt, daß der Anlaß der Zuwendung eine bestimmte "soziale" Situation in der Sphäre der beteiligten Arbeitnehmer sei. Darüber hinaus werde bei der in Z. 11 an erster Stelle genannten Fallgruppe ("an alle Dienstnehmer") gefordert, daß im Zeitpunkt der Entscheidung über die Gewährung der Zuwendung nicht feststehe, welche Arbeitnehmer konkret in den Genuß der Zuwendung kommen sollten. Alle diese Einschränkungen führten bei der Z. 11 (aber auch bei der Z. 28 des § 3 EStG) fast zur Unanwendbarkeit. Diese Bestimmungen seien zwar, wie der Verwaltungsgerichtshof sage, nicht völlig inhaltsleer, sie hätten aber tatsächlich nur (geringe) subsidiäre Bedeutung. Im vorliegenden Fall sei es nun so, daß im Zeitpunkt der Entscheidung der Unternehmensleitung über die fragliche Sachzuwendung festgestanden sei, daß alle Arbeitnehmer des Unternehmens konkret in den Genuß der Zuwendung kommen würden, daß die Zuwendung keineswegs auf bestimmte soziale Aspekte in der Sphäre der Arbeitnehmer abgestellt gewesen sei und daß die Zuwendung im Rahmen einer Veranstaltung des Unternehmens gemacht worden sei, ein Vorgang, der durch eine spezielle Bestimmung, nämlich durch die Z. 17 (des § 49 Abs. 3 ASVG), zumindest im Prinzip erfaßt gewesen sei. "Im Prinzip erfaßt" heiße, daß selbst dann, wenn eine nähere Prüfung ergeben sollte, daß der gegenständliche Vorgang nicht der Z. 17 zu subsumieren wäre (z.B. wegen Fehlens des einen oder anderen Tatbestandsmerkmals), die Anwendung einer als subsidiär zu qualifizierenden Generalklausel nicht mehr möglich wäre. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, daß der gegenständliche Vorgang tatsächlich, so wie dies von der Beschwerdeführerin in der bisherigen Auseinandersetzung mit der Sozialversicherungsverwaltung praktiziert worden sei, nur nach § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG beurteilt werden dürfe.

Dieser - mit § 3 Z. 19 EStG wortgleichen - Bestimmung sei er aber zu subsumieren, weil es sich bei den strittigen Warengutscheinen um Sachzuwendungen gehandelt habe, die - im Sinne der Rechtsprechung zu § 3 Z. 19 EStG, die nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Interpretation des § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG heranzuziehen sei, und zu § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG - aus Anlaß einer Betriebsveranstaltung, und zwar einer Betriebsfeier, gewährt worden seien und die sowohl dem Grunde nach üblich seien als auch der Höhe nach ein herkömmliches Ausmaß nicht überschritten hätten. Zunächst habe eine Betriebsfeier im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG stattgefunden. Es sei nämlich das Fest von der Beschwerdeführerin veranstaltet worden. Die Unternehmensleitung, die Arbeitnehmer und außerdem noch bevorzugte Kunden seien dazu eingeladen worden; der Zweck der Veranstaltung sei es gewesen, ein ganz besonders wichtiges betriebliches Ereignis zu feiern, nämlich die Produktion der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser seit Bestehen des Unternehmens. Unrichtig sei, daß, wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse meine, es sich bei den Warengutscheinen um eine Produktionsprämie gehandelt habe. Es sei nicht das Erreichen eines besonderen, den Durchschnitt eines Zeitabschnittes überragenden Produktionszieles, sondern die Erreichung eines runden Produktionsergebnisses gefeiert worden, das keinesfalls für einen bestimmten Zeitpunkt durch in Aussichtstellen einer Prämie angestrebt worden sei. Es sei ja auf die Gründung des Unternehmens abgestellt worden und in dieser verhältnismäßig langen Zeitspanne habe es, was die Produktivität und die Produktionshöhe anlange, sicher ein Auf und Ab gegeben, wie das in einer längjährigen Firmengeschichte immer der Fall sei. Das zu feiernde runde Produktionsergebnis hätte - etwa aus der Sicht des Jahres 1982 - zu sehr unterschiedlichen Terminen erreicht werden können. Ein Termin sei weder festgestanden noch habe die Unternehmensleitung durch das Versprechen einer Prämiengewährung einen bestimmten Termin angestrebt. Es könne auch nicht strittig sein, daß es sich bei den Warengutscheinen um Sachzuwendungen im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG gehandelt habe. Schließlich stellten die Warengutscheine - im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 3 Z. 19 EStG und § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG - aus im Einspruch näher dargelegten Gründen auch der Art nach übliche Sachzuwendungen dar, deren Kosten das herkömmliche Ausmaß nicht überschritten hätten.

2.3. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hielt in ihren Stellungnahmen im Einspruchsverfahren an ihrer Auffassung, die sie im bekämpften Bescheid zum Ausdruck gebracht hatte, fest. Unabhängig davon stellten die Warengutscheine aber deshalb beitragspflichtiges Entgelt dar, weil es sich dabei, wie auch die Beschwerdeführerin zugestehe, im weitesten Sinn um Jubiläumsgeschenke gehandelt habe, die aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG nach dieser Bestimmung nicht beitragsfrei seien. Da aber die Beitragsfreiheit von Jubiläumsgeschenken im § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG abschließend geregelt sei, habe keine weitere Untersuchung einer möglichen Beitragsfreiheit der Zuwendungen nach der Z. 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. zu erfolgen. Ein anderes Vorgehen könnte nämlich nichts anderes bedeuten, als daß alle an sich beitragspflichtigen Jubiläumszuwendungen, die im Rahmen von Betriebsfeiern gegeben würden, beitragsfrei wären.

2.4. Zu dem zuletzt genannten Argument der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse verwies die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme dazu lediglich darauf, daß sie im Einspruch nur von einem Jubiläumsgeschenk im weitesten Sinn des Wortes gesprochen habe.

3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 44, 49 und 58 ASVG. Ihre Entscheidung begründete sie damit, daß die strittigen Warengutscheine im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes weder nach der Z. 10 noch nach der Z. 11 des § 49 Abs. 3 ASVG beitragsfrei seien, ihrer Subsumierung unter Z. 17 aber die fehlende Üblichkeit derartiger Sachzuwendungen im Rahmen solcher Betriebsveranstaltungen, wie sie die Beschwerdeführerin durchgeführt habe, entgegenstehe. Die Beschwerdeführerin habe, gestützt auf ein Gutachten des Univ.Prof. Dr. S, vorgebracht, es sei bei der Prüfung der Üblichkeit auf die bisherige Übung des Betriebes, auf die Art und Größe des Betriebes, auf die Arbeitnehmerzahl, auf deren Vorbildung und auf die Verhältnisse in vergleichbaren Betrieben Bedacht zu nehmen. Sie anerkenne ausdrücklich, daß eine Betriebsüblichkeit nicht gegeben sei, da es sich um die erstmalige festliche Begehung eines derartigen Produktionsergebnisses handle. Sie habe keinen einzigen vergleichbaren Industriezweig genannt. Es erscheine ihr die Leistung von Warengutscheinen im Wert von S 2.500,-- (pro Dienstnehmer) nicht als ungewöhnlich, wenn man das Herausragende und die Einmaligkeit des Anlasses dieser Betriebsfeier in Betracht ziehe. Die Verhältnisse im Betrieb der Beschwerdeführerin seien mit den Verhältnissen in der Papierindustrie durchaus vergleichbar. Die Erfahrungen der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zeigten, daß bisher weder in der Papierindustrie noch in anderen mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin irgendwie vergleichbaren Betrieben in Oberösterreich Betriebsfeiern durchgeführt worden seien, wenn die Produktion eine bestimmte Anzahl von Tonnen oder eine sonstige ziffernmäßig faßbare große Menge erreiche. Wenn aber Betriebsfeiern anläßlich der Produktion der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser, Papier, Zement etc. oder von sonstigen bestimmten großen Mengen nicht üblich seien, dann könnten auch die von der Beschwerdeführerin anläßlich der Produktion der 2, 5-millionsten Tonne Viskosefaser gewährten Warengutscheine keine üblichen Sachzuwendungen sein. Üblich seien Sachzuwendungen bei betrieblichen Weihnachtsfeiern. Bei sonstigen Betriebsfeiern seien Sachzuwendungen anderer Art als etwa eine gute Jause nicht üblich. Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, daß die von der Beschwerdeführerin anläßlich der Produktion der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser gewährten Warengutscheine übliche Sachzuwendungen seien, seien nicht vorgebracht worden und könnten auch aus dem zitierten Gutachten nicht abgeleitet werden. Somit seien die Warengutscheine auch nicht nach § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG sozialversicherungsbeitragsfrei.

3.2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Einleitend meint sie, es komme unter den Ausnahmetatbeständen des § 49 Abs. 3 ASVG für den vorliegenden Sachverhalt vor allem die Z. 17 in Betracht. Dennoch könnte unter Umständen auch die Z. 10 die Beitragsfreiheit bewirken, sofern man die Produktion der 2,5-millionsten Tonne Viskosefaser als zeitraumbezogenes Jubiläum in dem Sinne verstehe, daß auch derartige produktionstechnische Jubiläen nur in mehrjährigen Intervallen vorkämen. Im übrigen könnte allenfalls Z. 11 des § 49 Abs. 3 ASVG, die dem § 3 Z. 28 EStG entspreche, als subsidiäre Generalklausel die Grundlage für die Beitragsfreiheit bilden, sofern nicht ohnehin die Z. 17 des § 49 Abs. 3 ASVG eingreife. Diesbezüglich hielt sie der Rechtsauffassung der belangten Behörde sowohl unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit näherer Begründung entgegen, daß die gewährten Warengutscheine sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach im Sinne der genannten Ausnahmebestimmung üblich und im herkömmlichen Ausmaß gewesen seien.

3.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Abweisung der Beschwerde; einen Kostenantrag stellte jedoch nur die belangte Behörde.

4.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4.1.1. Die §§ 49 Abs. 1 und 2 ASVG lauten:

"(1) Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

(2) Sonderzahlungen, das sind Bezüge im Sinne des Abs. 1, die in größeren Zeiträumen, als den Beitragszeiträumen gewährt werden, wie zum Beispiel ein 13. oder 14. Monatsbezug, Weihnachts- oder Urlaubsgeld, Gewinnanteile oder Bilanzgeld, sind als Entgelt nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 54 und der sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in denen die Sonderzahlungen ausdrücklich erfaßt werden, zu berücksichtigen."

4.1.2. § 49 Abs. 3 leg. cit. enthält eine Aufzählung jener Geld- und Sachbezüge, die nicht als Entgelt im Sinne der Absätze 1 und 2 leg. cit. gelten, d.h., die an sich die Merkmale der in den Absätzen 1 und 2 angeführten Art aufweisen, jedoch kraft besonderer gesetzlicher Vorschriften in Abs. 3 des § 49 leg. cit. von der Bewertung als beitragspflichtiges Entgelt ausgenommen sind (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1980, Slg. Nr. 10.159/A, und vom 24. Oktober 1962, Zl. 628/62).

Die den einzelnen Dienstnehmern der Beschwerdeführerin bei der Betriebsfeier im Juli 1984 überreichten Warengutscheine stellten - zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unbestritten - an sich (also zunächst ohne Beachtung des § 49 Abs. 3 ASVG) schon durch die Überreichung bei der Betriebsfeier empfangene Sachbezüge der einzelnen Dienstnehmer, die ihnen auf Grund des Dienstverhältnisses mit der Beschwerdeführerin über ihren Entgeltanspruch hinaus gewährt wurden, im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG dar, weil der in den Warengutscheinen gelegene geldwerte Vorteil schon durch die Überreichung so in die Vermögenssphäre des einzelnen Dienstnehmers gelangte, daß er ab diesem Zeitpunkt darüber wirtschaftlich verfügen konnte.

Entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse steht aber die Wertung der strittigen Warengutscheine als Sachbezüge im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG, unabhängig von der Qualifizierung dieser Zuwendungen als freiwillige "Produktionsprämien" oder Geschenke aus Anlaß eines "produktionstechnischen Jubiläums", nämlich eines "runden Produktionsergebnisses", nach den obigen Darlegungen nicht von vornherein (also ohne Prüfung der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen eines der Ausnahmetatbestände des § 49 Abs. 3 leg. cit. gegeben sind) einer Subsumierung unter einen dieser Ausnahmetatbestände entgegen.

4.1.3. Sachverhaltsbezogen kämen - in Übereinstimmung mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - von vornherein nur die Ausnahmetatbestände der Z. 10, 11 oder 17 des § 49 Abs. 3 ASVG in Betracht. Diese Bestimmungen lauten:

"Als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 gelten nicht:

10. Jubiläumsgeschenke des Dienstgebers, welche aus Anlaß eines Dienstnehmerjubiläums oder eines Firmenjubiläums gewährt werden .....

11. freiwillige soziale Zuwendungen des Dienstgebers an alle Dienstnehmer oder bestimmte Gruppen seiner Dienstnehmer oder an den Betriebsratsfonds sowie einmalige soziale Zuwendungen des Dienstgebers, die individuell bezeichneten Dienstnehmern aus einem besonderen Anlaß gewährt werden, wie z.B. Geburtsbeihilfen, Heiratsbeihilfen, Ausbildungs- und Studienbeihilfen, Krankenstandsaushilfen;

17. die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen und die hiebei empfangenen üblichen Sachzuwendungen, soweit deren Kosten das herkömmliche Ausmaß nicht übersteigen (zum Beispiel: Betriebsausflüge, kulturelle Veranstaltungen, Betriebsfeiern);"

4.2.1. Die im Vordergrund der Meinungsverschiedenheiten der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens stehende Frage, ob es sich bei den strittigen Warengutscheinen um "hiebei" (d.h. bei Betriebsveranstaltungen der im Juli 1984 von der Beschwerdeführerin durchgeführten Art) "empfangene übliche Sachzuwendungen" im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG gehandelt hat, kann - im Ergebnis in Übereinstimmung mit der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse schon im Einspruchsverfahren dargelegten Rechtsauffassung aus nachstehenden Gründen dahingestellt bleiben:

4.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. Juli 1979, Slg. Nr. 9907/A, in dem er sich mit der Beitragsfreiheit von Golddukaten, die ein Dienstgeber seinen Dienstnehmern aus Anlaß des 10-jährigen Firmenbestandes bei einer Betriebsfeier als Jubiläumsgeschenke überreichte, zu befassen hatte, ausgesprochen, daß diese Golddukaten schon deshalb nicht zu den in § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG genannten üblichen Sachzuwendungen, die bei Betriebsveranstaltungen empfangen werden, zu zählen seien, weil ihre Beitragsfreiheit durch § 49 Abs. 3 Z. 10 leg. cit. abschließend geregelt werde. Nach der zuletzt genannten Bestimmung seien aber aus Anlaß der Feier der Firmenbegründung vom Dienstgeber gewährte Geschenke als Jubiläumsgeschenke nur dann beitragsfrei, wenn es sich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 14. September 1966, Slg. Nr. 6986/A, aufgezeigt habe - um ein Firmenjubiläum aus Anlaß des Ablaufes eines Mehrfachen von 10 Jahren oder auch beispielsweise des Ablaufes von 25 Jahren sowie, was jetzt beigefügt werde, eines Mehrfachen davon handle. Von den Erwägungen, die in dem erwähnten Erkenntnis niedergelegt worden seien, abzugehen, bestehe umsoweniger Anlaß, als der Gesetzgeber - und das sei ungeachtet des damals wiederholten Hinweises, das Einkommensteuerrecht sei nicht analog anwendbar, zu bemerken in § 3 Z. 11 lit. b EStG 1972 nach wie vor den wenigstens 25-jährigen Bestand der Firma fordere. Im Erkenntnis vom 24. April 1981, Slg. Nr. 10.30/A, führte der Gerichtshof aus, das Erkenntnis vom 14. September 1966, Slg. Nr. 6986/A, sei so zu verstehen, daß außer einem 25-jährigen Zeitabschnitt auch andere 5-jährige Zeitabschnitte, die nach Ablauf eines Mehrfachen von zehn Jahren lägen, "jubiläumsfähige Zeiträume" im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG seien.

4.2.3. Mit dem erstgenannten Rechtssatz des Erkenntnisses vom 6. Juli 1979, Slg. Nr. 9907/A, wurde - sachverhaltsbezogen nicht schlechthin die Unterstellung aller Sachzuwendungen aus Anlaß eines Jubiläums unter die Z. 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. ausgeschlossen, sondern nur zum Ausdruck gebracht, daß die Überreichung von als Jubiläumsgeschenken aus Anlaß des 10-jährigen Firmenbestandes ausersehenen Golddukaten, die mangels Vorliegens eines "Firmenjubiläums" im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 10 leg. cit. nicht nach dieser Bestimmung beitragsfrei sind, in einer Betriebsfeier nicht ihre Beitragsfreiheit nach Z. 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. bewirken könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Rechtsauffassung aus den im folgenden dargelegten (die Überlegungen des Erkenntnisses präzisierenden oder ergänzenden) Erwägungen aufrecht und erachtet vor diesem Hintergrund die strittigen Warengutscheine als Jubiläumsgeschenke im Sinne der Z. 10 des § 49 Abs. 3 leg. cit., die nur vom Regelungsbereich dieser Bestimmung erfaßt, danach aber nicht beitragsfrei sind.

4.2.4.1. Unabhängig davon, ob sich für die in § 49 Abs. 3 ASVG getroffene Auswahl von Dienstgeberleistungen keine innere Begründungen finden läßt (so Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts 2, 64) oder sich doch "mit aller

gebotenen Vorsicht ... eine Anzahl von Ordnungsgesichtspunkten

erkennen läßt, die eine dogmatische Grundlage für die gegebene Auswahl geben könnte" (so Krejci, Das Sozialversicherungsverhältnis, 125), kommt jedenfalls dem Faktum der getroffenen Auswahl für die Interpretation der einzelnen Ausnahmetatbestände insofern Bedeutung zu, als sich aus der spezifischen Umschreibung eines bestimmten Ausnahmetatbestandes im Regelungszusammenhang mit anderen sein abschließender Charakter erkennen lassen und demgemäß die Unzulässigkeit der Subsumierung einer Zuwendung, die ihrem Grund (dem Zweck der Gewährung) und ihrem Inhalt nach (nicht so sehr der Bezeichnung und der Art der Verrechnung nach: vgl. die Erkenntnisse vom 20. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.630/A, vom 5. Oktober 1966, Zl. 929/66, und vom 24. Oktober 1962, Zl. 628/62) zum Regelungsbereich dieses Ausnahmetatbestandes gehört, mangels Erfüllung eines der einschränkenden Tatbestandsmerkmale aber nicht darunter subusumierbar ist, unter einen anderen Ausnahmetatbestand ergeben kann (vgl. die näheren Ausführungen zum Verhältnis der Ziffern 2, 5, 6 und 20 zu Z. 1 des § 49 Abs. 3 leg. cit. in den folgenden Erkenntnissen: zur Z. 2 das Erkenntnis vom 22. November 1984, Slg. Nr. 11.592/A, zur Z. 5 das Erkenntnis vom 20. Dezember 1984, Slg. Nr. 11.630/A, zur Z. 6 das Erkenntnis vom 1. Dezember 1964, Slg. Nr. 6512/A und zur Z. 20 die Erkenntnisse vom 22. November 1984, Zl. 83/08/0067, und vom 31. Jänner 1985, Zl. 82/08/0160).

Eine spezifische Abgrenzung im Sinne einer "subsidiären Generalklausel" enthalten die ersten drei Tatbestände der Z. 11 des § 49 Abs. 3 leg. cit. insofern, als eine Subsumierung unter diese drei Tatbestände nur in Betracht kommt, wenn, wie die Beschwerdeführerin im Einspruch zutreffend ausführt, die Zuwendung nicht schon von einem anderen Ausnahmetatbestand "im Prinzip erfaßt" ist (vgl. das Erkenntnis vom 12. Juni 1980, Slg. Nr. 10.159/A).

Demnach scheidet eine Subsumierung der strittigen Warengutscheine unter einen der ersten drei Tatbestände der Z. 11 des § 49 Abs. 3 leg. cit. von vornherein (also unabhängig davon, daß die nach dem eben zitierten Erkenntnis erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen) aus, weil sie nach Anlaß und Art der Gewährung "im Prinzip" einem der beiden Ausnahmetatbestände der Z. 10 und 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. zuordenbar sind. Dem vierten Tatbestand der Z. 11 des § 49 Abs. 3 leg. cit. sind sie nicht zu unterstellen, weil es sich hiebei nicht um "soziale Zuwendungen" in dem im Erkenntnis vom 12. Juni 1980, Slg. Nr. 10.159/A, näher umschriebenen Sinn handelt.

4.2.4.2. Die Z. 10 des § 49 Abs. 3 leg. cit. ist seit Inkrafttreten des ASVG Bestandteil des Ausnahmekataloges des § 49 Abs. 3 leg. cit.; die Z. 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. wurde erst durch die 19. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 67/1967, in den Ausnahmekatalog eingefügt.

Was unter einem "Jubiläumsgeschenk", einem "Dienstnehmerjubiläum" oder einem "Firmenjubiläum" im Sinne der Z. 10 des § 49 Abs. 3 leg. cit. zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht umschrieben. Aus den Gesetzesmaterialien zum ASVG in der Stammfassung (RV, 599 B1gNr. VII GP., 26 ff, AB, 613 B1gNr. VII GP, 9 ff) ist immerhin erkennbar, daß der Gesetzgeber im Bestreben, dem "neuerdings" vorgebrachten "Wunsch ..., den Lohnabzug für Zwecke der Lohnsteuer und der Sozialversicherung wieder nach Möglichkeit zu vereinheitlichen", zu entsprechen, die bezüglichen Bestimmungen des EStG 1953 daraufhin prüfte, inwieweit sie in den Ausnahmekatalog des § 49 Abs. 3 ASVG aufgenommen werden könnten; wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke, vor allem der Bedeutung der Beitragsgrundlage im ASVG für die Bemessung der Sozialversicherungsleistungen, konnte dem obgenannten Wunsch nur "in bescheidenem Ausmaß" Rechnung getragen werden (dabei blieb es auch trotz immer wieder vorgenommener Angleichungen im wesentlichen auch in der Folge: vgl. die Gesetzesmaterialien zur 9., 19., 21., 29., 30. und 31. Novelle zum ASVG). Nicht ersichtlich ist aus den Gesetzesmaterialien zum ASVG in der Stammfassung, warum der Gesetzgeber nicht den damaligen Tatbestand der Steuerfreiheit von Jubiläumsgeschenken an Arbeitnehmer des § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG 1953 im vollen Wortlaut übernommen hat. Trotz der unterschiedlichen Formulierung konnte jedenfalls kein Zweifel darüber bestehen, daß nicht alle "Jubiläumsgeschenke" des Dienstgebers, sondern nur solche beitragsfrei sein sollten, die "aus Anlaß eines Dienstnehmerjubiläums oder eines Firmenjubiläums gewährt werden" und daß die Art der Gewährung (nämlich Gewährung in oder außerhalb einer Betriebsveranstaltung) ohne jede Bedeutung für die Beitragsfreiheit solcher Zuwendungen war.

Erst mit der Einfügung der (mit dem damaligen § 3 Abs. 1 Z. 24 EStG 1953 wortgleichen) Bestimmung der Z. 17 in den Ausnahmekatalog des § 49 Abs. 3 ASVG durch die 19. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 67/1967, im Zuge einer durch die EStG-Novelle 1964, BGBl. Nr. 167, eröffneten Möglichkeit einer gewissen Angleichung jener Bezüge, die nach § 49 Abs. 3 ASVG nicht als Entgelt gelten, an jene Bezüge, die lohnsteuerfrei sind (vgl. RV. 286 BlgNr. XI GP, 14), wurde das vorliegende Abgrenzungsproblem geschaffen. Es besteht - trotz der einschränkenderen Formulierung des Steuerfreiheitstatbestandes der Jubiläumsgeschenke - auch im Einkommensteuerrecht (nunmehr im Verhältnis der Ziffern 11 und 19 des § 3 EStG 1972, vlg. dazu: Schubert-Pokorny-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch, Seite 40, Tz 70).

4.2.4.3. Nach dem Wortlaut der Z. 10 und 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. wären zwei extreme Auslegungsvarianten denkbar:

Aus Anlaß eines Jubiläums gewährte Geldzuwendungen und Sachzuwendungen außerhalb einer Betriebsveranstaltung sind nach der Z. 10, Sachzuwendungen in einer Betriebsveranstaltung (sei es in einer nur in der Überreichung der Sachzuwendung bestehenden oder in einer auch zu anderen Zwecken durchgeführten Betriebsveranstaltung) nach der Z. 17 zu beurteilen (Variante 1); alle Zuwendungen aus Anlaß eines Jubiläums sind ausschließlich nach der Z. 10 zu beurteilen (Variante 2).

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sind beide Varianten abzulehnen; die erste deshalb, weil kein sachlich gerechtfertigter Grund dafür ersichtlich ist, die Beitragsfreiheit solcher Sachzuwendungen allein von der Art der Gewährung in oder außerhalb einer Betriebsveranstaltung abhängig zu machen; gegen die zweite Variante spricht unter dem Gesichtspunkt der sachlichen Rechtfertigung die Überlegung, daß danach auch "die Teilnahme" an der aus Anlaß des Jubiläums durchgeführten Betriebsveranstaltung und die in ihr ("hiebei") gewährten, mit einer solchen Veranstaltung üblicherweise verbundenen Sachleistungen, die dem Empfänger keinen über die Veranstaltung hinauswirkenden geldwerten Vermögensvorteil verschaffen (wie z.B. die Teilnahme an einem Essen), nur wegen des Anlasses der Zuwendung nicht beitragsfrei wären, während sonst für solche Sachzuwendungen in einer vom Dienstgeber aus welchem Anlaß immer durchgeführten Betriebsveranstaltung wegen ihrer Zugehörigkeit zum Kernbereich der Z. 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. keine Beiträge zu entrichten sind.

Vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der beiden Ausnahmetatbestände (Punkt 4.2.4.2.) und der eben vorgenommenen systematisch-teleologischen Erwägungen erscheint dem Gerichtshof für die Abgrenzung ihrer Regelungsbereiche der Inhalt der Zuwendung entscheidend. Erschöpft sich die Sachzuwendung in einer mit der Teilnahme an der Jubiläumsveranstaltung üblicherweise verbundenen Leistung, die dem Empfänger keinen über die Veranstaltung hinauswirkenden geldwerten Vorteil verschafft, so ist ihre Beitragsfreiheit nach der Z. 17 des § 49 Abs. 3 leg. cit. zu beurteilen. Reicht aber der vermögenswerte Vorteil einer in der Betriebsveranstaltung gewährten Sachleistung über die Veranstaltung hinaus und besteht unter dem Gesichtspunkt des Vorteils für den Dienstnehmer kein Unterschied, ob die Zuwendung in der Betriebsveranstaltung oder außerhalb derselben erfolgt, so sind solche Jubiläumsgeschenke nach der Z. 10 des § 49 Abs. 3 leg. cit. zu beurteilen.

Die strittigen Warengutscheine stellen - ebenso wie die im Erkenntnis vom 6. Juli 1979, Slg. 9907/A, hinsichtlich ihrer Beitragsfreiheit beurteilten Golddukaten - Sachzuwendungen der zuletzt genannten Art dar, da sie nach den zutreffenden Ausführungen im Einspruch als Jubiläumsgeschenke im Sinne der Z. 10 des § 49 Abs. 3 leg. cit. zu qualifizieren sind, deren vermögenswerter Vorteil unabhängig von ihrer Gewährung in der Jubiläumsveranstaltung Bestand hatte. Es ist daher zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Z. 10 gegeben sind.

4.2.5.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat, wie zu Punkt

4.2.2. ausgeführt wurde, in seiner Rechtsprechung zu § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG zwar im Hinblick auf das Fehlen eines Verweises auf das Einkommensteuerrecht und die unterschiedliche Formulierung dieses Ausnahmetatbestandes und des Steuerfreiheitstatbestandes des § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG 1953 (und der bezüglichen Bestimmungen des EStG 1967 und des EStG 1972) eine analoge Anwendung dieser steuerrechtlichen Bestimmungen abgelehnt, aber der Beschränkung der Einkommensteuerfreiheit von Jubiläumsgeschenken auf solche aus Anlaß "zeitraumbezogener Jubiläen" doch Bedeutung für die Interpretation des § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG beigemessen (vgl. außer den zu Punkt 4.2.2. zitierten Erkenntnissen jene vom 24. Februar 1960, Slg. Nr. 5219/A, vom 23. März 1960, Zl. 1595/59, vom 13. April 1960, Zl. 2432/59 und vom 21. Februar 1968, Zlen. 1531, 1532/67).

Das ist kein Widerspruch. Im Katalog des § 49 Abs. 3 ASVG gibt es nämlich Tatbestände, zu deren Erfüllung die Steuerfreiheit der bezüglichen Dienstgeberleistungen erforderlich ist; diesbezüglich besteht Bindung an rechtskräftige Entscheidungen der Finanzbehörden; vor einer solchen stellt die Steuerfreiheit im Beitragsverfahren eine Vorfrage nach § 38 AVG 1950 dar. Nur dies sollte durch den Rechtssatz des Erkenntnisses vom 23. Juni 1965, Zl. 2150/64, den Krejci (Das Sozialversicherungsverhältnis, 124) zitiert, zum Ausdruck gebracht werden: "Die Beurteilung einer Leistung des Dienstgebers an den Dienstnehmer durch die Finanzbehörde nach den steuerrechtlichen Vorschriften ist nur in den Fällen für die Wertung dieser Leistung als Entgelt im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften von Bedeutung, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich diese Beurteilung von der Wertung nach den steuerrechtlichen Vorschriften abhängig gemacht hat." In diesem Sinne wurde in den obzitierten Erkenntnissen eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 1 Z. 15 EStG 1953 (und der Folgebestimmungen im EStG 1967 und im EStG 1972) bei der Beurteilung der Beitragsfreiheit von Jubiläumsgeschenken nach § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG abgelehnt (vgl. ebenso zu § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG das Erkenntnis vom 4. Oktober 1961, Zl. 1088/58).

Davon ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit nicht, vor dem dargestellten Hintergrund des beständigen Versuchs des Gesetzgebers eine Angleichung der Bestimmungen über den Lohnabzug und über die Beitragsfreiheit herbeizuführen, die bezüglichen steuerrechtlichen Normen in ihrem Verständnis durch die Rechtsprechung und das Schrifttum bei der Interpretation der entsprechenden Ausnahmetatbestände des § 49 Abs. 3 ASVG (freilich ohne jedwede Bindung im obgenannten Sinn, sondern als bloße Auslegungshilfe) herangezogen werden können. Nur in diesem Sinn sind die Ausführungen im Erkenntnis vom 12. Juni 1980, Slg. Nr. 10.159/A, zu verstehen: "Trotz dieser mit Recht betonten Verschiedenartigkeit der Zwecke der beiden Rechtsgebiete (die sogar für eine strengere Handhabung der Ausnahmetatbestände im Sozialversicherungsrecht spricht) ist dennoch nicht nur hinsichtlich jener Tatbestände, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich auf die steuerlichen Vorschriften hinweist (§ 49 Abs. 3 Z. 2, 3, 4 und 24 ASVG), eine Wertung nach steuerrechtlichen Vorschriften geboten; die Parallelität der Formulierungen im Sozialversicherungs- und Einkommensteuerrecht gebietet auch (unter Beachtung der verschiedenartigen Zwecke) in den Fällen eine möglichst einheitliche Interpretation, in denen der Gesetzgeber den steuerrechtlichen Tatbestand (aus dem Grund der Angleichung des Sozialversicherungs- und des Steuerrechtes) wörtlich übernommen hat". Nur so ist auch die Heranziehung der jeweils entsprechenden Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes in den Erkenntnissen vom 23. November 1973, Zl. 1099/73, vom 2. Dezember 1976, Slg. Nr. 9192/A und vom 4. Juli 1985, Zl. 84/08/0006, 84/08/0015 und 84/08/0040, gemeint. Diese Heranziehung als bloße Auslegungshilfe wurde sowohl von der Beschwerdeführerin im Einspruch als auch von Fürböck und Teschner (ASVG zu § 49 Anm. 16 g) mißverstanden. In den Fällen, in denen nicht einmal eine Parallelität der Formulierungen im Sozialversicherungs- und im Einkommensteuerrecht besteht, kann aber dennoch die Regelung im Einkommensteuerrecht insofern für die Interpretation des bezüglichen Ausnahmetatbestandes im Sozialversicherungsrecht von Bedeutung sei, als, wie der Verwaltungsgerichtshof im schon genannten Erkenntnis vom 12. Juni 1980, Slg. N. 10.159/A, ausgeführt hat, die Verschiedenartigkeit der Zwecke der beiden Rechtsgebiete sogar für eine strengere Handhabung der Ausnahmetatbestände im Sozialversicherungsrecht spricht. In diesem Sinne ist der Beschränkung der Steuerfreiheit von Jubiläumsgeschenken auf solche aus Anlaß "zeitraumbezogener Jubiläen" im Einkommensteuerrecht mit Recht Bedeutung für die Interpretation des § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG eingeräumt worden. Eine solche einschränkende Interpretation ist auch deshalb erforderlich, um zu verhindern, daß durch eine (zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer einverständliche) "Umwandlung" von Geld- oder Sachbezügen in "Jubiläumsgeschenke" (aus Anlaß von als Dienstnehmer- oder Firmenjubiläen gefeierten Gedenktagen jedweder Art) der Ausnahmetatbestand unterlaufen wird.

Der Gerichtshof hält daher seine Auffassung aufrecht, daß "Jubiläumsgeschenke", die nach den Ausführungen zu Punkt 4.2.4. vom Regelungsbereich der Z. 10 des § 49 Abs. 3 leg. cit. erfaßt werden, nur dann beitragsfrei sind, wenn sie aus Anlaß "zeitraumbezogener" Arbeitnehmer- oder Firmenjubiläen in bestimmten Zeitabschnitten gewährt werden.

4.2.5.2. Die Beschwerdeführerin vertritt diesbezüglich in der Beschwerde die Auffassung, daß das beschwerdegegenständliche "produktionstechnische Jubiläum" als "zeitraumbezogenes Jubiläum" zu werten sei, weil auch derartige produktionstechnische Jubiläen nur in mehrjährigen Intervallen vorkämen.

Dem ist nicht beizupflichten, weil mit der Zeitraumbezogenheit des Jubiläums (wie sich aus dem einkommensteuerrechtlichen Tatbestand der Steuerfreiheit ergibt, der nach den obigen Ausführungen für die Interpretation des § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG heranzuziehen ist) ein Bezug zu von vornherein bestimmbaren Zeitabschnitten gemeint ist, der aber hinsichtlich "produktionstechnischer Jubiläen", wie noch im Einspruch richtig ausgeführt wurde, fehlt.

4.2.6. Da somit die strittigen Warengutscheine in den Regelungsbereich des § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG fallen und nur nach dieser Bestimmung und nicht nach Z. 17 des § 49 Abs. 3 ASVG zu beurteilen sind, ihre Beitragsfreiheit nach § 49 Abs. 3 Z. 10 ASVG aber mangels Gewährung aus Anlaß eines "zeitraumbezogenen Jubiläums" zu verneinen ist, ist die Beitragspflicht unabhängig davon, ob derartige Zuwendungen aus Anlaß eines produktionstechnischen Jubiläums, wie es die Beschwerdeführerin im Juli 1984 gefeiert hat, üblich sind, zu bejahen.

Gegen dieses Auslegungsergebnis spricht - unter dem Gesichtspunkt einer Unsachlichkeit der Regelung - nicht der in der Beschwerde in anderem Zusammenhang erhobene Einwand, es seien bei Weihnachtsfeiern, wie die belangte Behörde selbst erwähne, Sachzuwendungen in der Höhe von S 2.500,-- üblich und demnach gemäß § 49 Abs. 3 Z. 17 ASVG beitragsfrei; ziehe man aber in Betracht, daß der einmalige Anlaß der Produktion der 2,5- millionsten Tonne Viskosefaser eine jährlich wiederkehrende Feier (zu Weihnachten oder zu Ostern) an Bedeutung bei weitem überwiege, so gelange man schon aus diesem Grund zur Annahme, daß es sich auch im vorliegenden Fall um übliche und daher beitragsfreie Sachzuwendungen handeln müsse. Denn unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen Sachzuwendungen bei Weihnachtsfeiern beitragsfrei sind, ist es nicht unsachlich und liegt im Rahmen des gewährten sozialpolitischen Ordnungsspielraumes des Gesetzgebers, zwar die Beitragsfreiheit von Sachzuwendungen im herkömmlichen Ausmaß aus Anlaß des Weihnachtsfestes, nicht hingegen solche aus Anlaß jedweden Jubiläums zu statuieren.

4.3. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4.4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

4.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wien, am 25. Mai 1987

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