VwGH 86/11/0066

VwGH86/11/00665.11.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des FS in S, vertreten durch Dr. Franz Pruckner, Rechtsanwalt in Zwettl, Neuer Markt 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 20. März 1986, Zl. 52.512/1-IV-1/85, betreffend Entziehung der Fahrschullehrer- und Fahrlehrerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

KFG 1967 §109 Abs1 litb;
KFG 1967 §109 Abs1;
KFG 1967 §116 Abs1;
KFG 1967 §117 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
KFG 1967 §109 Abs1 litb;
KFG 1967 §109 Abs1;
KFG 1967 §116 Abs1;
KFG 1967 §117 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs1;
KFG 1967 §66 Abs2 lite;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §74 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 20. März 1986 wurden dem Beschwerdeführer gemäß §§ 116 Abs. 5 und 117 Abs. 1 in Verbindung mit § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 die ihm mit den Bescheiden des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. Juni 1962, Zl. I/7-1034/6, vom 30. Juli 1962, Zl. I/7-1034/9, vom 23. August 1963, Zl. I/7-1822/16-1963, und vom 8. Juni 1973, Z1. I/7-1003/16-1973, erteilten Fahrlehrer- und Fahrschullehrerberechtigungen für die Gruppen A, B, C, E, F und G entzogen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 116 Abs. 5 KFG 1967 ist (von hier nicht in Frage kommenden Ausnahmen abgesehen) die Fahrschullehrerberechtigung und gemäß § 117 Abs. 1 leg. cit. die Fahrlehrerberechtigung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr gegeben sind. Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung beider Berechtigungen ist nach den §§ 116 Abs. 1 und 117 Abs. 1 KFG 1967 die Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 109 Abs. 1 lit. b leg. cit. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung auf die von ihr als zutreffend erachteten Gründe des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. September 1985. Danach sei der Beschwerdeführer mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 25. Juli 1985 wegen der Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden, weil er am 21. Juli 1985 einen dem Kennzeichen nach bezeichneten Pkw auf näher angeführten Straßen mit öffentlichem Verkehr in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und in der Folge die Durchführung des Alkotestes verweigert habe. Aus diesem Grunde besitze er die von einem Fahrlehrer bzw. Fahrschullehrer zu fordernde Vertrauenswürdigkeit nicht mehr.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, die besagte Verwaltungsübertretung begangen zu haben und deswegen bestraft worden zu sein. Er wirft der Behörde aber vor, keine Feststellungen getroffen zu haben, wie es zu dieser Verwaltungsübertretung gekommen sei. Sein Verhalten in der damaligen Situation sei "wohl durch diverse Missverständnisse und auch eine verständliche Aufregung" zu Stande gekommen. Die belangte Behörde hätte eine Prüfung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers vornehmen müssen. Da dieser insbesondere im Rahmen seiner langjährigen beruflichen Tätigkeiten als Fahrschul- bzw. Fahrlehrer keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben habe, lasse "die einzige Verwaltungsübertretung" nicht den Schluss auf das Fehlen der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit zu.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem im § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 verwendeten Begriff der "Vertrauenswürdigkeit" kommt dem Wort "vertrauen" inhaltlich die gleiche Bedeutung zu wie einem "sich - verlassen". Verlässlich ist eine Person, wenn sie nach ihrer gesamten Geisteshaltung und Sinnesart ein Persönlichkeitsbild vermittelt, das bei Berücksichtigung aller für das Gemeinschaftsleben belangreichen Richtungen ein in sie gesetztes Vertrauen zu rechtfertigen vermag (vgl. das Erkenntnis vom 5. März 1986, Zl. 85/11/0185, und die dort angeführte Vorjudikatur). Wie der Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, kann schon eine einzige strafbare Handlung, die in auffallendem Gegensatz zu dem sonstigen jahrelangen Verhalten eines Fahrlehrers steht, sein gesamtes Charakterbild so ändern, dass die bis dahin nie in Zweifel gezogene Vertrauenswürdigkeit nicht mehr vorhanden ist (vgl. das erwähnte Erkenntnis vom 5. März 1986 und das dort angeführte Erkenntnis vom 21. März 1980, Zl. 3139/78). Die belangte Behörde hat nun mit Recht einen Verstoß gegen jene Vorschriften, die sich gegen die Beeinträchtigung der Fahrzeuglenker durch Alkohol richten, zu den schwer wiegendsten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung gezählt. Dabei ist angesichts der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 11. April 1984, Zl. 82/11/0178, vom 9. April 1986, Zl. 84/11/0070, u.a.) betonten Gleichwertigkeit aller so genannten Alkoholdelikte nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 ohne Bedeutung, dass der Beschwerdeführer nicht eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a, sondern nach lit. b leg. cit. begangen hat. Im Hinblick darauf ist auch das Beschwerdevorbringen, demzufolge die Verweigerung der Atemluftprobe "höchstwahrscheinlich nur deshalb zu Stande (gekommen)" sei, weil der Beschwerdeführer zunächst gedacht habe, zu viel getrunken zu haben, und er erst nach reiflicher Überlegung sich davon habe "überzeugen" können, dass er bei Berücksichtigung der Trinkzeiten und -mengen im Zusammenhang mit dem konsumierten Essen beim Lenken des Kraftfahrzeuges wohl keinen Blutalkoholwert von mehr als 0,8 %o aufgewiesen habe, ohne rechtliches Gewicht. Der belangten Behörde ist weiters darin beizupflichten, dass bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit eines Fahr(schul)lehrers ein strenger Maßstab anzulegen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass ein Fahr(schul)lehrer ganz besondere Voraussetzungen zu erfüllen hat, die weit über das hinausgehen, was der Gesetzgeber im § 66 KFG 1967 von dem Lenker eines Kraftfahrzeuges schlechthin verlangt (vgl. die bereits erwähnten Erkenntnisse vom 21. März 1980 und vom 5. März 1986). In Anbetracht des Gesagten entspricht die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei auf Grund der rechtswidrigen Verweigerung der Atemluftprobe am 21. Juli 1985 nicht mehr vertrauenswürdig, dem Gesetz (siehe dazu auch die vergleichbaren Fälle betreffenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1980, Zl. 3139/78, und vom 22. Juni 1979, Zlen. 91, 92/79) .

Die belangte Behörde hat schließlich auch geprüft, ob sie noch im Zeitpunkt ihrer Entscheidung das Fehlen der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit annehmen konnte. Auch unter diesem Aspekt erweist sich der angefochtene Bescheid als unbedenklich. Denn angesichts der besonderen Verwerflichkeit von Verstößen gegen § 99 Abs. 1 StVO 1960 einerseits und der gerade an das Verhalten von Fahr(schul)lehrern zu stellenden besonderen Anforderungen vermag der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, es sei ungeachtet der seit der Tat verstrichenen Zeit auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die erforderliche Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers nicht wiederhergestellt gewesen, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da bereits der unbestritten gebliebene Sachverhalt den von der Behörde gezogenen Schluss zulässt, gehen die Verfahrensrügen wegen des Unterlassens weiterer Ermittlungen zur "Prüfung des Persönlichkeitsbildes" des Beschwerdeführers und zur Eruierung der "näheren Tatumstände des Anlassfalles" ins Leere:

Nach dem Gesagten hätten die geforderten Ermittlungen keine andere rechtliche Beurteilung herbeiführen können.

Die Beschwerde erweist sich zur Gänze als unbegründet, sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Hinsichtlich der zitierten Erkenntnisse wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 5. November 1986

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