VwGH 86/09/0085

VwGH86/09/008519.11.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Kirschner, Dr. Griesmacher, Mag. Meinl, und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Gyenge, über die Beschwerde des Dr. rer. pol. HS in München, vertreten durch Dr. Nikolaus Bilowitzki in Wien I, Postgasse 6, als mittlerweiliger Stellvertreter für em. Rechtsanwalt Dr. Arthur Brüller, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 28. November 1985, Zl. OB. 113- 288.247-000, betreffend Kriegsopferversorgung (Geltendmachung einer Beschädigtenrente), zu Recht erkannt:

Normen

KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §4 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 30. September 1921 geborene Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Das Versorgungsamt München II hatte im Anschluß an den Bescheid vom 13. Jänner 1978 mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 15. Mai 1981 gemäß § 3 Abs. 1 des (deutschen) Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - BGBl. vom 8. Oktober 1975, I S. 1649) das Vorliegen folgender Behinderungen festgestellt:

  1. 1.) Hochgradige Innenohrschwerhörigkeit mit Meniere-Symptomen
  2. 2.) Vegetatives Psychosyndrom mit funktionellen Organbeschwerden
  3. 3.) Kreislaufregulationsstörungen, Lungencyste
  4. 4.) Chronisches Glaukom mit Kurzsichtigkeit und Gesichtsfelddefekten.

    Der Grad der darauf beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) war mit 80 v.H. festgestellt worden.

    Mit Eingaben vom 28. November 1979 und vom 14. September 1980 hatte der Beschwerdeführer die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 wegen der Gesundheitsschädigungen

    1.) Vegetatives Psychosyndrom mit funktionellen Organbeschwerden,

  1. 2.) Reizmagen - ulcus duodeni,
  2. 3.) Kreislaufregulationsstörungen,
  3. 4.) Chronisches Glaukom mit Kurzsichtigkeit und
  4. 5.) hochgradige Innenohrschwerhörigkei mit Meniere-Syndrom beantragt.

    Nach den Angaben des Beschwerdeführers sei er als Funker bei einem Sondereinsatz im zweiten Weltkrieg, vermutlich 1943, in Poltawa verwundet und verschüttet worden. Die Verschüttungsfolgen seien ausgeheilt worden. Dessen ungeachtet habe man ihn bereits seinerzeit im Lazarett in Poltawa bereits darauf aufmerksam gemacht, daß er später mit verschiedenen Ausfallserscheinungen rechnen müsse. Da er nach Kriegsende unter keinen erheblichen Folgen seiner Verwundung bzw. Verschüttung zu leiden gehabt habe, habe er auch keinen Antrag auf Beschädigtenversorgung gestellt. Erst nach Jahren seien die Ausfallserscheinungen aufgetreten, wie Gehör (Innenohr) und Augen (Glaukom) sowie eine völlige Zerrüttung des gesamten Nervensystems. Er sei mehrfach in stationärer Behandlung und laufend in ambulanter ärztlicher Behandlung gewesen. Er habe seinen erlernten Beruf - Opernsänger - aus naheliegenden Gründen aufgeben müssen und sei auch in seinem zweiten Beruf - Pharmaberater - aus Krankheitsgründen in laufender Gefahr, entlassen zu werden. Für ihn und die Ärzte bestünde kein Zweifel an den kausalen Zusammenhängen.

    Das Landesinvalidenamt führte ein Ermittlungsverfahren durch, in dem es das Österreichische Staatsarchiv - Kriegsarchiv um Überlassung allenfalls vorhandener Krankenurkunden, welche Auskunft über die Erkrankungen des Beschwerdeführers während der Dienstzeit geben könnten, ersuchte. Die diesbezüglichen Antworten des Österreichischen Staatsarchives vom 22. Dezember 1980 und des Krankenbuchlagers Berlin vom 13. Februar 1981 waren negativ. Die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen Deutschen Wehrmacht in Berlin teilte am 18. Februar 1981 mit, daß keine den Beschwerdeführer betreffenden Lazarettmeldungen vorlägen.

    Die Versorgungsbehörde erster Rechtsstufe holte darauf im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Wege der Amtshilfe von ärztlichen Sachverständigen der versorgungsärztlichen Untersuchungsstelle des Versorgungsamtes München II ein ohrenfachärztliches, ein augenärztliches und ein nervenärztliches Gutachten ein. Die mit der Untersuchung des Beschwerdeführers beauftragte Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. J (München) stellte in ihrem Gutachten vom 11. August 1981 eine beiderseitige Innenohrschwerhörigkeit fest die wahrscheinlich mittel- bis hochgradig ausgeprägt sei. Sie führte aus, die Untersuchung an den Gleichgewichtsorganen der Ohren habe keine Hinweise auf das Bestehen einer Meniere'sche Erkrankung ergeben. Damit sei aber nicht bewiesen, daß beim Beschwerdeführer keine Meniere'sche Erkrankung vorliege, denn nachweisbare Befundänderungen gegenüber der Norm können bei der Meniere'schen Erkrankung auf den Zeitpunkt der Schwindelattacken begrenzt sein. Die Meniere'sche Erkrankung werde an mehreren Stellen in den Unterlagen ärztlicherseits bestätigt, sodaß sie als gegeben angenommen werden könne. Dieses Krankheitsbild trete aber nicht als Folge traumatisierender Ereignisse ein und könne daher aus HNOversorgungsärztlicher Sicht nicht als Schädigungsfolge im Sinne des HVG anerkannt werden. Da eine Verschüttung des Beschwerdeführers im Jahre 1943 nirgends belegt sei, der Beschwerdeführer aber an anderer Stelle angegeben habe, 1943 wegen einer Leberentzündung monatelang im Lazarett, dessen Name nicht mehr feststellbar sei, gelegen zu sein, und da schließlich die angeblichen Folgen der angeblichen Verschüttung nach Angaben des Beschwerdeführers bei Kriegsende ausgeheilt gewesen seien, sei die Gehörstörung, die heute beim Beschwerdeführer vorliege, auch aus solchen Gründen wahrscheinlich nicht Schädigungsfolge.

    Die von der Versorgungsbehörde erster Instanz beauftragten drei (österreichischen) Gutachter gelangten auf Grund der ausführlichen Gutachten der deutschen Sachverständigen übereinstimmend zum Ergebnis, daß eine als Dienstbeschädigung anzuerkennende Gesundheitsschädigung des Beschwerdeführers nicht vorliege und die geltend gemachten Leiden nicht auf den Wehrdienst zurückzuführen seien. Der im Verfahren beigezogene Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. K stützte sein aktenmäßiges Gutachten vom 13. August 1982 auf das fachärztliche Gutachten Dris. J vom 11. August 1981 und führte zusammenfassend aus, es handle sich beim Beschwerdeführer um eine progrediente hochgradige Innenohrschwerhörigkeit mit Morbus Meniere-Symptomatik, die im Akt an mehreren Stellen ärztlich bestätigt werde. Dies sei deshalb von besonderer Bedeutung, da es zum Charakteristikum des Morbus Meniere gehöre, im anfallsfreiem Stadium keine objektiven vestibulären Zeichen zu zeigen. Der Meniere'schen Erkrankung liege eine Disregulation im Flüssigkeitssystem des Innenohres zugrunde, die nach der allgemeinen Lehrmeinung in keinem Kausalzusammenhang mit den vom Beschwerdeführer angegebenen Traumen stehen könne. Es lägen auch keine Belege auf, daß der Beschwerdeführer während des Krieges verschüttet worden sei und dabei einen Gehörschaden erlitten habe, der aber bei Kriegsende ausgeheilt gewesen sei, sodaß er anstandslos ein Gesangsstudium absolvieren und sogar als Opernsänger tätig sein konnte.

    Daraufhin erließ das Landesinvalidenamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland den Bescheid vom 15. Oktober 1982, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. November 1979 auf Gewährung von Beschädigtenversorgung gemäß den §§ 1 und 4 KOVG 1957 abgewiesen wurde. Die geltend gemachten Gesundheitsschädigungen stellten keine Dienstbeschädigungen dar. In der Begründung dieses Bescheides wurde die für die Beschwerde allein wesentliche Verneinung der Kausalität durch Dris. K wörtlich wiedergegeben.

    Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin aus, er ersuche um Einholung eines Sachverständigengutachtens über sein Gesangsstudium, bei dem er die Gehörschäden aus dem Kriege bereits gehabt habe. Als Opernsänger habe er stets als Gehörloser gegolten. Als weiteren Beweis dafür, daß sein hochgradiger Gehörschaden aus dem Krieg stamme und keine Alterserscheinung darstelle, könne er 16 Zeugen nennen, deren Aussagen er unter einem vorlege. In der Folge legte der Beschwerdeführer mit Schriftsätzen vom 4. und 19. Jänner 1983 weitere 7 Zeugenaussagen vor.

    Nachdem die belangte Behörde in den beim Versorgungsamt München II geführten Behindertenakt (Zeichen: 14/43/662 410) des Beschwerdeführers Einsicht genommen hatte, erklärte der von ihr befragte Facharzt für Hals-, Nasen und Ohrenkrankheiten Dr. OL in seinem aktenmäßigen Sachverständigengutachten vom 17. Juni 1983, daß aus Mangel an beweisenden Brückensymptomen und der sehr späten Antragstellung des Beschwerdeführers sowie der bei den Akten des Versorgungsamtes München II erliegenden Stellungnahme des Prof. Dr. A. S, Direktor der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik im Klinikum rechts an der Isar der Technischen Universität München vom 7. Februar 1977, wonach es sich bei den beim Beschwerdeführer seit etwa 1968 bestehenden Schwindelempfindungen in Form allgemeiner Unsicherheit bis zu Schwankschwindelempfindungen mutmaßlich um hypoton-vaskuläre Durchblutungsstörungen im Bereich des Hirnstammes im Rahmen eines psycho-vegetativen Syndroms handle, sowie dem Untersuchungsergebnis des Versorgungsamtes München II sich kein schlüssiger Hinweis auf das Vorliegen einer im Kausalzusammenhang stehenden Dienstbeschädigung ergebe.

    Im Rahmen des Parteiengehörs teilte der Beschwerdeführer mit Schreiben vorn 23. Jänner 1984 mit daß alle Kameraden, die seine Verletzung und Verschüttung während der Kriegsdienstleistung miterlebt hätten, verstorben seien. In diesem Schreiben machte der Beschwerdeführer weitere Zeugen geltend, die seine Kriegsschäden bestätigen könnten. Die namhaft gemachten Zeugen wurden in der Folge von der belangten Behörde einvernommen und befragt.

    Nach Einvernahme weiterer vom Beschwerdeführer beantragter Zeugen und Vorlage von zwei weiteren Zeugenaussagen durch den Beschwerdeführer gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nochmals Gelegenheit zur Stellungnahme und gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950. In der Begründung führte sie nach Darstellung des Sachverhaltes und Verfahrensverlaufes, soweit für die Beschwerde von Bedeutung, aus, aus den Aussagen des Beschwerdeführers ergäben sich zahlreiche Widersprüche, welche die Wahrscheinlichkeit, daß die geltend gemachten Gesundheitsschädigungen ursächlich auf den Wehrdienst zurückzuführen seien, in Zweifel zögen. Kausalbelege hätten vom Beschwerdeführer nicht beigebracht werden können. Die namhaft gemachten Zeugen sollten glaubhaft machen, daß der Beschwerdeführer vor dem Wehrdienst gesund gewesen bzw. keinesfalls schwerhörig gewesen und er bereits vor Kriegsende abgerüstet worden sei. In Würdigung der Zeugenaussagen stellte die belangte Behörde fest, daß drei namentlich genannte Zeugen lediglich bezeugt hätten, daß der Beschwerdeführer vor Antritt des Wehrdienstes gesund gewesen sei. Vier weitere Zeugen hätten nur ausgesagt, daß der Beschwerdeführer Wehrdienst geleistet habe. Weitere 15 namentlich genannte Zeugen hätten den Beschwerdeführer erst nach dem Wehrdienst kennengelernt oder hätten ihn erst nach den Krieg wiedergetroffen. Alle diese Personen würden die Vorgänge um das behauptete schädigende Ereignis, nämlich eine Verschüttung während des Wehrdienstes nur aus Erzählungen des Beschwerdeführers kennen. Die Beurteilungen der Gehörschädigung und der psychischen Erkrankung würden sohin nur auf laienhaften Angaben beruhen, weil diese Personen über keine medizinische Ausbildung verfügen. Lediglich Frau Dr. A sei Ärztin, habe aber den Beschwerdeführer nie selbst behandelt. Die früheste nachgewiesene ärztliche Behandlung sei ungefähr im Jahre 1948 durch Dr. W erfolgt. Die Behandlungen durch Dres. H, I, M, A, R, S, N und O seien erst wesentlich später erfolgt. Die behauptete Verschüttung des Beschwerdeführers während des Wehrdienstes sei aber auch von diesen Ärzten nie nachgewiesen worden. Die Anamnese und die weitere Behandlung würden stets auf den Angaben des Beschwerdeführers beruhen. Die belangte Behörde habe in einem umfangreichen Ermittlungsverfahren versucht, Kausalbelege einzuholen. Auf Grund dieser Beweismittel sei folgender Sachverhalt erwiesen:

    Der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 7. Mai 1940 bis 31. August 1940 Arbeitsdienst geleistet. Anschließend habe er an der Technischen Universität Wien Chemie studiert und sei am 6. März 1941 zu militärischen Dienstleistungen eingerückt. Aus einer amtlichen Bestätigung der deutschen Dienststelle Berlin sei ersichtlich, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1943 der St. Kp. Nachrichten-Ersatzabteilung VIII Liegnitz (Einheit im Wehrkreis VIII) und im Jahre 1945 der III. St. Kp. Nachrichten-Ersatz- und Ausbildungsabteilung XVII Wien (Einheit im Wehrkreis XVII) angehört habe.

    Lazarettmeldungen seien bei der Dienststelle in Berlin nicht verzeichnet. Laut Bestätigung des Magistratischen Bezirksamtes für den 15. Bezirk sei der Beschwerdeführer am 19. April 1945 aus der Wehrmacht entlassen worden. Am 21. Jänner 1945 sei die Wohnung der Eltern des Beschwerdeführers in der B-gasse 24/19 von Bomben zerstört worden. Da nur Sachschaden entstanden sei, könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß der Beschwerdeführer bei diesem Bombenangriff verletzt worden sei. Im Sommersemester 1944 habe der Beschwerdeführer als Hospitant an der (offenbar "Studienurlaub") Akademie für Musik und darstellende Kunst Gesang studiert. Ab 30. Juni 1945 habe der Beschwerdeführer an der Hochschule für Welthandel studiert. Das Gesangstudium habe er erst im Wintersemester 1947 wieder aufgenommen und am 24. Juni 1952 abgeschlossen. Anschließend sei er Opernsänger und später Pharmaberater gewesen. Kausalbelege für die behauptete Verschüttung im Jahre 1943 in Poltawa lägen nicht vor. Dazu sei aber festzustellen, es sei unwahrscheinlich, daß der Beschwerdeführer mehrere Monate im Lazarett gelegen sein solle und bei der deutschen Dienststelle in Berlin darüber keine Meldung aufliege. Außerdem stehe die dortige Aufzeichnung, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1943 der Nachrichten-Ersatzabteilung VIII im Wehrkreis München angehört habe, in krassem Widerspruch zur Aussage, er sei im Jahre 1943 in Poltawa gewesen. Die Aufzeichnungen der Dienststelle in Berlin würden auch die weitere Dienstleistung des Beschwerdeführers im Jahre 1945 beinhalten. Dadurch sei auch die Aussage, daß er Ende 1944 nicht mehr der deutschen Wehrmacht angehört haben solle, widerlegt. Zur Frage eines Lazarettaufenthaltes in der Dauer von etwa einem dreiviertel Jahr in Poltawa im Jahre 1943 sei aber festzustellen, daß Poltawa ab etwa Mitte des Jahrs 1943 nicht mehr von deutschen Truppen besetzt gewesen sei. Ein Lazarett sei daher mit Sicherheit zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen (vgl. "Der zweite Weltkriege", 1985, Delphinverlag, GmbH München und Zürich). Unbeschadet dessen, daß die angebliche Verschüttung des Beschwerdeführers nicht nachgewiesen werden konnte, habe die belangte Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten vom Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. OL erstellen lassen. Dieser Sachverständige sei zu der Ansicht gelangt, daß mangels geeigneter Brückenbelege für die Zeit von 1943 bis 1948 keine sicheren Beweise für kriegskausale Schädigungen erbracht werden konnten. Dieses Gutachten stütze sich im wesentlichen auf das vom Versorgungsart München II im Wege der Amtshilfe erstellte ausführliche Gutachten der Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. J vom 11. August 1981. Eine Dienstbeschädigung liege daher aus medizinischer Sicht nicht vor. Der Beschwerdeführer sei, führte die belangte Behörde weiter aus, in erster Linie bemüht gewesen, Nachweise zu erbringen, daß er vor Antritt des Wehrdienstes gesund gewesen sei und nachher an den als Dienstbeschädigungen geltend gemachten Gesundheitsschädigungen gelitten habe. Darauf wiesen auch seine Angaben hin, daß er zum Jahreswechsel 1944/1945 Zivilkleider getragen habe. Dies besage aber nichts, weil er zu dieser Zeit in Wien gewohnt und seinen Wehrdienst abgeleistet habe. Es sei mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden gewesen, in der dienstfreien Zeit Zivilkleider zu tragen. Die Entlassung aus dem Wehrdienst im April 1945 begründe nicht die Annahme, daß die Meniere'sche Erkrankung auf den Wehrdienst oder auf die behauptete Verschüttung im Jahre 1943 ursächlich zurückzuführen sei. Der Beschwerdeführer sei sehr bemüht, die Entstehung seiner Leiden zeitlich mit dem Wehrdienst in Verbindung zu bringen. Ein kausaler Zusammenhang mit einem schädigenden Ereignis habe aber damit allein nicht belegt oder glaubhaft gemacht werden können. Da die angemeldeten Gesundheitsschädigungen somit nicht mit Wahrscheinlichkeit auf ein schädigendes Ereignis oder dieser Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen seien, sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung dieser Gesundheitsschädigungen als Dienstbeschädigungen und auf Gewährung von Beschädigtenrente hiefür abzuweisen gewesen.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Beschwerdeführer erstattete zur Gegenschrift eine Gegenäußerung.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor der Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach den Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 verletzt. Er führt hiezu aus, er habe in seinem ursprünglichen Antrag mehrfache Gesundheitsschädigungen geltend gemacht. Von allen diesen gründe er seine Beschwerde im wesentlichen auf die Tatsache der Schwerhörigkeit, die vor dem Kriege nicht bestanden habe und sich von Kriegsende an bis zum heutigen Tage langsam, aber progredient gesteigert habe. Er trägt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor, die belangte Behörde verkenne das Wesen der Glaubhaftmachung und der Beweislastverteilung im Ermittlungsverfahren, wenn sie ausführe, die Sachverständigen seien zur Ansicht gelangt, daß mangels geeigneter Brückenbelege die Zeit von 1943 bis 1948 keine sicheren Beweise für kriegskausale Schädigungen erbracht werden konnten. Der Verwaltungsgerichtshof habe zur Frage der Glaubhaftmachung dahin entschieden, daß für die Annahme, daß ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne des § 4 Abs. 1 KOVG 1957 wahrscheinlich sei, eine wenn auch nur geringe Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines ursächlichen Zusammenhanges notwendig sei (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Mai 1972, Zl. 1962/70, Slg. N. F. Nr. 8242/A).

Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz KOVG 1957 ist versorgungsberechtigt, wer für die Republik Österreich, die vormalige österreichisch-ungarische Monarchie oder deren Verbündete oder nach dem 13. Mai 1938 als Soldat der ehemaligen deutschen Wehrmacht militärische Dienste geleistet und hiedurch oder durch die vormilitärische Ausbildung eine Gesundheitsschädigung (Dienstbeschädigung) erlitten hat.

Nach § 4 Abs. 1 erster Satz KOVG 1957 ist eine Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 KOVG 195 7 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes genügt die Wahrscheinlichkeit für den Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der festgestellten Gesundheitsschädigung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Oktober 1953, Zl. 2241/51, Slg. N.F. Nr. 3159/A). Der Beweis des Kausalzusammenhanges wird nicht gefordert. Dagegen genügt nicht die bloße Möglichkeit des Zusammenhanges. Während der ursächliche Zusammenhang der Gesundheitsstörung mit dem schädigenden Ereignis nur wahrscheinlich zu sein braucht, müssen - ein Umstand, den der Beschwerdeführer verkennt - die anspruchsbegründenden Tatsachen (schädigender Vorgang, Gesundheitsschädigung) selbst bewiesen sein. Der oben wiedergegebene § 4 Abs. 1 erster Satz KOVG 1957 bestimmt nicht, daß das schädigende Ereignis selbst nur wahrscheinlich zu sein braucht. Dieses muß vielmehr bewiesen sein.

Daß der Beschwerdeführer den Beweis für seine Behauptung, er sei im Jahre 1943 im Raume Poltawa verschüttet worden, erbracht habe, behauptet nicht einmal er selbst. Es ist auch kein Anhaltspunkt dafür aus der Aktenlage gegeben.

Die Frage, ob die beim Beschwerdeführer festgestellte beiderseitige Innenohrschwerhörigkeit ursächlich auf die im Jahre 1943 von ihm behauptete Verschüttung zurückzuführen ist, hat die belangte Behörde zudem noch im Ermittlungsverfahren unter Zuhilfenahme ärztlicher Sachverständiger beantwortet. Sie wurde sowohl von den im Verfahren erster Rechtsstufe befaßten beiden Sachverständigen Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dres. J (München) und K (Wien) als auch von dem von der belangten Behörde befragten Sachverständigen Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten Dr. OL - wie oben eingehend dargestellt - übereinstimmend verneint.

Wenn daher drei ärztliche Sachverständige den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem vom Beschwerdeführer behaupteten schädigenden Ereignis und dem festgestellten, Leidenszustand mit Wahrscheinlichkeit verneinten und die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung sich auf diese Feststellungen gestützt hat, denen der Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen dazu keine auf gleicher wissenschaftlicher Stufe stehenden Einwendungen entgegenhalten konnte, vermochte der Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die Nichtanerkennung der vom Beschwerdeführer ausschließlich in Beschwerde gezogenen Schwerhörigkeit als Dienstbeschädigung nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Damit erweist sich die Rechtsrüge des Beschwerdeführers als unbegründet. In Hinsicht darauf war es schon aus diesem Grunde entbehrlich, auf dessen Verfahrensrüge näher einzugehen. Zu Recht verweist nämlich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf, daß der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Zeuge Prof. Dr. HW - ebenso wie die übrigen vom Beschwerdeführer angeführten Zeugen - nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen das vom Beschwerdeführer behauptete schädigende Ereignis, nämlich eine Verschüttung im Jahre 1943 im Raume von Poltawa, bestätigen konnte, weil seine Aussage auch nur auf Erzählungen seitens des Beschwerdeführers beruht.

Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG ungeachtet des Antrages des Beschwerdeführers von einer Verhandlung abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Anspruch auf Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 19. November 1986

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