VwGH 84/16/0196

VwGH84/16/019613.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr, Mag. Meinl, Dr. Kramer und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Egger über die Beschwerde der G-Aktiengesellschaft in B, vertreten durch Dr. Friedrich Eckert, Rechtsanwalt in Baden, Hauptplatz 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 14. August 1984, Zl. 132/1- GA5-DG-1984, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1955 §20 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs2;
GrEStG 1955 §20 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 28. Dezember 1981 verkaufte die Beschwerdeführerin an J S 216/19938 Anteile der Liegenschaft EZ. nn, KG. B. In Punkt 6.) dieses Vertrages verpflichtete sich die Käuferin unter anderem, der R mittels gesonderter Vollmacht den Auftrag zur Baubetreuung betreffend den Ausbau und die Renovierung des G Hotel zu erteilen. Nach Punkt 9) dieses Vertrages sollte mit dem kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteil Wohnungseigentum an der Wohnung top. Nr. 501 im genannten Gebäude untrennbar verbunden sein bzw. werden.

Für diesen Erwerbsvorgang wurde gegenüber der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg vom 28. Jänner 1983, ausgehend von einem Wert der Gegenleistung in Höhe von S 614.593,--, 8 % Grunderwerbsteuer in Höhe von S 49.167,-- festgesetzt.

Mit "Stornierungsvereinbarung" vom 22. bzw. 27. Dezember 1983 wurde der oberwähnte Kaufvertrag aufgehoben. In dieser Vereinbarung heißt es weiters, die R und die Käuferin kämen gleichzeitig überein, das Bevollmächtigungsverhältnis gemäß Vollmacht und Auftrag zur Baubetreuung vom 28. Dezember 1981 aufzulösen.

Die Punkte 3. und 4. dieses Vertrages haben folgenden Wortlaut:

"3.

J S stellt unter einem die vertragsgegenständlichen 216/19938 Anteile an der Liegenschaft im Grundbuch B EZ. nn an die G-Aktiengesellschaft zurück.

Mit Rücksicht darauf, daß von J S auf den Kaufpreis bzw. die Baukosten noch keinerlei Zahlungen geleistet wurden, ist von der G-Aktiengesellschaft auch keine Rückzahlung zu tätigen.

4.

Festgestellt wird, daß die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages vom 28. 12. 1981 noch nicht erfolgt ist."

Mit Schriftsatz vom 5. Jänner 1984 stellte die Beschwerdeführerin an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg den Antrag, auf Grund der genannten Stornierungsvereinbarung die bereits einbezahlte Grunderwerbsteuer "zur Abschreibung zu bringen".

Mit Bescheid vom 25. Jänner 1984 gab das Finanzamt dem Antrag auf "Abänderung der Grunderwerbsteuer gem. § 20 Abs. 1 Zif. 2 in Verb. mit Abs. 4 GrEStG" statt und setzte die Grunderwerbsteuer für den Kaufvertrag vom 28. Dezember 1981 mit S 0,-- fest. Gleichzeitig setzte sie jedoch gegenüber der Beschwerdeführerin Grunderwerbsteuer in Höhe von S 179.002,-- mit der Begründung fest, die Liegenschaft habe durch die Bautätigkeit der J S werterhöhende Investitionen erfahren. Diesbezüglich löse daher die Rückübertragung "GrESt" aus. Die Bemessungsgrundlage berechnete die Behörde erster Instanz wie folgt:

 

"Baukosten

2,424.304,90 davon Anteil

Altsubstanz

186.775,--

 

2,237.529,90"

 

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin brachte sie im wesentlichen vor, J S habe die R mit der Baubetreuung beauftragt; laut Vollmacht und Auftrag zur Baubetreuung seien die maximalen Baukosten mit S 2,424.304,90 festgelegt worden. Von J S seien auf den Kaufpreis und auf die maximalen Baukosten (jedoch) keinerlei Zahlungen oder sonstige Leistungen erbracht worden. Dieser Umstand sei letztlich auch der Grund dafür gewesen, daß der gegenständliche Kaufvertrag storniert und das Bevollmächtigungsverhältnis aufgelöst worden sei. Von der Beschwerdeführerin seien auch keine durch die Bautätigkeit der J S werterhöhende Investitionen übernommen worden. Es liege somit ein grunderwerbsteuerpflichtiger Rechtsvorgang im Rahmen der Stornierung des Kaufvertrages vom 28. Dezember 1981 nicht vor.

In ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 9. Februar 1984 brachte die Beschwerdeführerin weiters vor, daß die Wohnung top Nr. 501 zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung vollständig fertiggestellt gewesen sei; sämtliche Kosten für den Ausbau dieser Wohnung seien von der Beschwerdeführerin aus eigenem getragen worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. Februar 1984 wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Salzburg die Berufung als unbegründet ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, daß die ideellen Liegenschaftsanteile seinerzeit im unausgebauten Zustand übernommen worden seien. Es seien daher eindeutig werterhöhende Investitionen in jenem Ausmaß vorgenommen worden, wie sie dem Bescheid vom 25. Jänner 1984 zugrunde gelegt worden seien. Auftraggeberin für die Durchführung der Baumaßnahme sei Frau S gewesen. Der Auftraggeberin seien die Ausbaukosten von der Beschwerdeführerin vorgestreckt worden, welche somit gegenüber Frau S eine Forderung gehabt habe. Diese Forderung sei anläßlich der Vertragsaufhebung verrechnet worden und stelle gemäß § 11 GrEStG die Gegenleistung dar, von welcher die Steuer zu berechnen sei.

In ihrem Vorlageantrag vom 2. März 1984 brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen ergänzend vor, es sei unrichtig, daß Frau S werterhöhende Investitionen vorgenommen habe; sie sei auch nicht Auftraggeberin für die Durchführung der Baumaßnahmen gewesen und es seien ihr die Ausbaukosten auch nicht von der Beschwerdeführerin vorgestreckt worden. Da Frau S keiner ihrer Verpflichtungen aus den abgeschlossenen Verträgen nachgekommen sei, hätten die Beschwerdeführerin und die R die abgeschlossenen Vereinbarungen als unwirksam angesehen. Der Auftrag zum Ausbau der Wohnung top Nr. 501 sei von der Beschwerdeführerin erteilt worden. Ein grunderwerbsteuerpflichtiger Rechtsvorgang im Rahmen der Stornierung liege nicht vor.

In einer weiteren Vorhaltsbeantwortung vom 30. Mai 1984 brachte die Beschwerdeführerin schließlich noch vor, J S sei mangels grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrages niemals Eigentümerin der Liegenschaftsanteile geworden. Im übrigen seien der Kaufvertrag vom 28. Dezember 1981 und die Vollmacht samt Auftrag zur Baubetreuung vom selben Tage gemäß § 879 ABGB von vornherein nichtig gewesen, da J S französische Staatsbürgerin sei und nach der in Frankreich geltenden Rechtslage der Erwerb von Liegenschaften durch französischen Staatsbürger im Ausland verboten sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. August 1984 wies die Finanzlandesdirektion für Salzburg die Berufung gleichfalls als unbegründet ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, daß die Steuerpflicht auch dann bestehe, wenn das Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Gebot verstoße. Auch nichtige Rechtsgeschäfte könnten einen Erwerbsvorgang verwirklichen. Daher sei im Beschwerdefall die Steuerschuld entstanden. Nach den vorliegenden Vereinbarungen habe sich die seinerzeitige Käuferin verpflichtet, den Grundkaufpreis zu bezahlen, und habe einen Auftrag zur Baubetreuung gegeben. Die sohin getätigten werterhöhenden Investitionen müßten daher auch ihr zugeschrieben werden. Außer Streit stehe, daß die Eigentumswohnung bei Abschluß der Stornierungsvereinbarung vollständig fertiggestellt gewesen sei. Bis zur Stornierung müsse daher angenommen werden, daß diese Ausbaukosten zur ihren (gemeint der Käuferin) Lasten gingen. Wenn nun die Beschwerdeführerin die Ausbaukosten aus eigenem getragen habe, so ändere dies nichts an der steuerlichen Beurteilung. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1964, Zl. 767/64 (Slg. Nr. 3152/F) sei für den Ersatz werterhöhender Aufwendungen eine Steuerfreiheit nicht zu gewähren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, auf Grund der obgenannten Stornierungsvereinbarung nicht Grunderwerbsteuer entrichten zu müssen. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag unter anderem dann nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufrechtes rückgängig gemacht wird.

Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 leg.cit. darstellt, so gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z. 1 (und 2) sinngemäß.

Das Gesetz unterscheidet also in seinem § 20 Abs. 1 und 2 zwei voneinander streng zu trennende Fälle: Im Fall des Abs. 1 wird das obligatorische Rechtsgeschäft vor Eintragung des Eigentumsrechtes des Erwerbers im Grundbuch rückgängig gemacht; hingegen regeln die Bestimmungen des Abs. 2 die Fälle der Nichterhebung der Steuer beim Eigentumsrückerwerb, also dann, wenn der Erwerber bereits grundbücherlicher Eigentümer geworden ist (vgl. hiezu die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Grunderwerbsteuergesetz-Novelle 1969, 1223 Blg. NR. XI GP, sowie Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, Stand Juli 1984, Tz. 4 zu § 20) Rückgängigmachung (Abs. 1) und Rückerwerb (Abs. 2) unterscheiden sich voneinander dadurch, daß die Rückgängigmachung nur einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 GrEStG erfaßt, nämlich die Begründung des obligatorischen Anspruches auf Übereignung; der Rückerwerb erfaßt hingegen zwei Erwerbsvorgänge, nämlich den Eigentumserwerb des Erwerbers (Käufers) und den Rückerwerb des Eigentums durch den Verkäufer. Im zweitgenannten Fall ist der Rückerwerb daher selbst ein Erwerbsvorgang nach § 1 GrEStG (Czurda aaO, Stand September 1985, Tz. 16 zu § 20). Hingegen stellt die Rückgängigmachung des obligatorischen Übereignungsanspruches (§ 20 Abs. 1) keinen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG dar, da sie nicht auf die Begründung, sondern auf die Aufhebung eines Übereignungsanspruches gerichtet ist. Sie unterliegt daher auch nicht der Grunderwerbsteuer (Czurda, Stand Juli 1984, Tz. 21 und 64 zu § 20, sowie die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß das von Dorazil-Schwärzler, Grunderwerbsteuergesetz2 Ergänzungsband 1983, Seite 82, als Nr. 6 unter § 20 Abs. 1 Z. 1 eingereihte hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1978, Zlen. 2497, 2499/77, in Wahrheit nicht einen Fall der Rückgängigmachung nach Abs. 1, sondern einen solchen des Rückerwerbes nach Abs. 2 betraf.

Es fällt nun auf, daß keiner der im Verwaltungsverfahren ergangenen Bescheide die gesetzliche Grundlage nennt, aus der sich die Grunderwerbsteuerpflicht der gegenständlichen "Stornierungsvereinbarung" dem Grunde nach ergeben könnte. Lediglich der wiederholte Hinweis auf "werterhöhende Investitionen" sowie der in der Begründung des angefochtenen Bescheides der Finanzlandesdirektion für Salzburg enthaltene Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1964, Zl. 767/64 (Slg. Nr. 3152/F), lassen erkennen, daß die Behörden offenbar der Auffassung waren, es liege ein Rückerwerb nach § 20 Abs. 2 GrEStG vor. In dem zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich ausgesprochen, daß dann, wenn ein seinerzeit als unbebaut veräußertes Grundstück in der Zwischenzeit bebaut oder sonstwie verändert worden ist und der Rückerwerber dem seinerzeitigen Erwerber die aus diesem Grund entstandenen Kosten ersetzt, von dem Betrag dieses Kostenersatzes die Grunderwerbsteuer zu erheben ist. In dem damals entschiedenen Beschwerdefall handelte es sich jedoch, wie den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses klar zu entnehmen ist, um einen Fall des § 20 Abs. 2 GrEStG; der Verwaltungsgerichtshof ging im damaligen Beschwerdefall ausdrücklich davon aus, der Beschwerdeführer habe einen Grundstücksanteil zurückerworben, der bereits im Eigentum des ersten Erwerbers gestanden war.

Diesem Erkenntnis lag also der - bereits oben dargelegte - Gedanke zugrunde, daß es sich bei einem Rückerwerb (Rückübertragung eines bereits übertragenen Eigentums) um einen eigenen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG handelt, der als solcher der Grunderwerbsteuer unterliegt und der Begünstigung des § 20 Abs. 2 GrEStG nur insoweit teilhaftig werden kann, als der frühere Zustand wieder hergestellt ist. Für den Ersatz werterhöhender Aufwendungen am Grundstück kann hingegen die Steuerfreiheit nach dieser Auffassung nicht gewährt werden.

Die Beschwerdeführerin sowie die belangte Behörde übersehen jedoch, daß im Beschwerdefall ein solcher Rückerwerb nicht vorlag. Vielmehr ist unbestritten, daß die Stornierungsvereinbarung vom 22./27. Dezember 1983 zustande kam, bevor eine grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages vom 28. Dezember 1981 erfolgt war. J S war also niemals (bücherliche) Eigentümerin der streitgegenständlichen Liegenschaftsanteile geworden; es lag eine schlichte Rückgängigmachung des obligatorischen Verpflichtungsgeschäftes nach § 20 Abs. 1 vor, der, wie gesagt, keinen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG darstellte und daher auch nicht der Grunderwerbsteuerpflicht unterlag.

Schon aus diesem Grunde hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet. Auf die Frage, wem die werterhöhenden Investitionen zuzurechnen waren, kam es daher nicht an. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2. Die Umsatzsteuer ist im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten.

Wien, am 13. März 1986

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