Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach einem vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien übersandten amtlichen Befund vom 14. Jänner 1981 war eine von der Beschwerdeführerin gemeinsam mit Ing. R und A M in einer Baubewilligungsangelegenheit erhobene Berufung nicht vergebührt (mit einer Stempelmarke von S 100,-- versehen) worden.
Mit Bescheid vom 19. Juni 1981 setzte das Finanzamt gegenüber Ing. M eine Eingabengebühr gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267 in der damals geltenden Fassung (GebG), mit S 100,-- sowie eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. in Höhe von S 50,--, insgesamt daher einen Betrag von S 150,-- fest.
Gegen diesen Bescheid erhoben Ing. R und A M sowie die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 22. Juli 1981 Berufung.
Nachdem die Beschwerdeführerin zur hg. Zl. 83/15/0017 Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hatte, wies das Finanzamt die Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 6. Juli 1983 zurück. Die Beschwerdeführerin sei zur Erhebung einer Berufung deswegen nicht befugt gewesen, weil der Gebührenbescheid vom 19. Juni 1981 nicht an sie, sondern an Ing. R M ergangen sei.
Die gegen diesen Zurückweisungsbescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend heißt es im wesentlichen, die Beschwerdeführerin sei als von der Abgabenbehörde nicht herangezogene Gebührenschuldnerin (vgl. § 13 Abs. 2 GebG) nicht legitimiert gewesen, gegen den an Ing. R M gerichteten Gebührenbescheid Berufung zu erheben. Der Beschwerdeführerin hätte aber die Möglichkeit offen gestanden, solange über die Berufung des Ing. R M noch nicht rechtskräftig entschieden war (was mittlerweile der Fall sei), seiner - des Ing. M - Berufung gemäß § 257 Abs. 1 BAO beizutreten. Dazu wäre gemäß § 258 Abs. 1 BAO eine schriftliche Beitrittserklärung erforderlich gewesen, welche die Beschwerdeführerin jedoch nicht abgegeben habe. Für den Beitritt zu einer Berufung sei aber Voraussetzung, dass derselbe deutlich erklärt werde (förmliche Prozesserklärung). Die bloße Mitunterfertigung der Berufungsschrift (des Ing. R M) durch die Beschwerdeführerin könne nicht als ihr förmlicher Beitritt zur Berufung des Berufungswerbers angesehen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf eine Sachentschädigung (richtig wohl: Sachentscheidung) und Durchführung eines mängelfreien Verfahrens" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die von der Beschwerdeführerin wenn auch ohne Aufforderung im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren erstatteten Äußerungen erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1966, Zl. 1988/64, Slg. Nr. 3505/F, näher ausgeführt hat, kann die Einbringung einer Berufung durch eine von der Abgabenbehörde zur Abgabenleistung nicht herangezogene an sich abgabepflichtige Partei oder die Unterfertigung eines Berufungsschriftsatzes durch eine solche Partei, wenn der Schriftsatz von anderen abgabepflichtigen Personen eingebracht wird, die zur Abgabenleistung herangezogen worden sind, nicht als förmlicher Beitritt zu dem Rechtsmittel einer anderen Person angesehen werden. Eine im eigenen Namen durch den Beitrittsberechtigten erhobene Berufung ist schon von der Abgabenbehörde erster Instanz gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen (vgl. das weitere hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1974, Zlen. 1076/73, 1077/73).
Von dieser im Beschwerdefall vollinhaltlich anwendbaren Rechtsansicht abzugehen, besteht kein Anlass. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die Verwaltungsinstanzen berechtigt gewesen wären, die von der Beschwerdeführerin eindeutig im eigenen Namen erhobene Berufung (vgl. die von der Beschwerdeführerin hervorgehobene "Wir-Form") in eine Erklärung über den Beitritt zur Berufung des Ing. R M umzudeuten; dies deswegen, weil der hier zu wertende Schriftsatz nicht nur wegen der darin gebrauchten Ausdrucksweise, sondern (ausschlaggebend) auch nach seinem Inhalt nicht erkennen lässt, dass die Beschwerdeführerin einen Beitritt zur Berufung eines anderen (eben des Ing. R M) erklären wollte. Da das Gesetz zwischen der Einbringung einer Berufung und dem Beitritt zu einer Berufung streng unterscheidet und die Beschwerdeführerin von der ersten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, stand es den Verwaltungsinstanzen nicht zu, die von der Beschwerdeführerin getroffene Rechtswahl bloß deswegen zu ignorieren, weil ihr die andere rechtliche Möglichkeit als die aus der Sicht der Beschwerdeführerin offensichtlich zweckmäßigere erscheinen musste.
Da der belangten Behörde auch kein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen ist, musste die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.
Hinsichtlich der zitierten nicht veröffentlichten Entscheidung wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 20. Jänner 1986
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