VwGH 84/07/0183

VwGH84/07/018320.3.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde der W OHG in W, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Rechtsanwalt in Wien I, Petersplatz 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 2. April 1984, Zl. 511.349/02-I 5/83, betreffend einstweilige Verfügung gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 sowie Vorschreibung von Kommissionsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §76 Abs2;
AVG §77 Abs1;
WRG 1959 §122 Abs5;
AVG §76 Abs2;
AVG §77 Abs1;
WRG 1959 §122 Abs5;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit sich die Beschwerde gegen die erlassene einstweilige Verfügung richtet; im übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid vom 24. Mai 1982 erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich eine auf die §§ 99 und 122 Abs. 1 in Verbindung mit § 32 Abs. 2 lit, c WRG 1959 gestützte einstweilige Verfügung, wonach die beschwerdeführende Partei auf bestimmten, näher bezeichneten Grundstücken (hinsichtlich deren ihr mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 3. März 1964 und vom 29. Dezember 1967 die wasserrechtliche Bewilligung zur Vornahme von Naßbaggerungen mit (u.a.) der Nebenbestimmung erteilt worden ist, daß nach Beendigung der Naßbaggerung die Baggergrube mit sanitär einwandfreiem Material zuzuschütten ist) "ab sofort die weitere Ablagerung von Bitukiesdecken vom Straßenbau (Straßenaufbruch) einzustellen" habe; gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchteil I). Weiters wurden der Beschwerdeführerin für die Durchführung der Überprüfungsverhandlung an Ort und Stelle Kommissionsgebühren vorgeschrieben (Spruchteil II).

Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) - sieht man von einer Änderung des Spruchteiles II durch Anführung einer anderen Gesetzesstelle ab - gemäß § 66 AVG 1950 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Veranlassung - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen. Die nach § 99 oder § 100 zuständige Wasserrechtsbehörde kann solche einstweilige Verfügungen abändern oder selbst treffen. Diese Befugnis steht während der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens auch der Berufungsbehörde zu, selbst dann, wenn gegen die einstweilige Verfügung keine Berufung erhoben wurde. Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle treten mangels einer ausdrücklichen Befristung einstweilige Verfügungen mit Ablauf eines Jahres, vom Tag ihrer Rechtskraft an gerechnet, außer Wirksamkeit.

Die durch den angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltene einstweilige Verfügung der Erstinstanz vom 24. Mai 1982 enthält keine ausdrückliche Befristung. Sie ist daher gemäß § 122 Abs. 5 WRG 1959 mit Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des bekämpften Bescheides außer Wirksamkeit getreten. Der mit der Zustellung (Erlassung) am 13. April 1984 rechtskräftig gewordene angefochtene Bescheid ist demnach, soweit er die Erlassung der einstweiligen Verfügung betrifft, mit 13. April 1985 ex lege (ersatzlos) außer Kraft getreten. Daraus folgt, daß mit diesem Zeitpunkt insoweit der Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens weggefallen und sohin die Beschwerde - ohne daß dies durch "Klaglosstellung" herbeigeführt worden wäre - im selben Umfang gegenstandslos geworden ist (vgl. in diesem Zusammenhang das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A). In der eben bezeichneten Hinsicht war das Beschwerdeverfahren einzustellen.

2. Was die Vorschreibung von Kommissionsgebühren betrifft, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter Hinweis auf § 77 Abs. 1 sowie § 76 Abs. 1 und 2 AVG 1950 ausgeführt, dem Landeshauptmann sei berichtet worden, daß die beschwerdeführende Partei die ihr in der Sache vorgeschriebenen Auflagen nicht vollinhaltlich einhalte; zur Klärung der Frage, ob und welche Aufträge dem Unternehmen erteilt werden sollten, sei eine mündliche Augenscheinsverhandlung geboten erschienen; bei ihr habe sich gezeigt, daß die Auflage zur Verfüllung der Naßbaggerung mit sanitär einwandfreiem Material nicht eingehalten werde; daraus ergebe sich, daß die von Amts wegen angeordnete Amtshandlung durch das Verschulden der beschwerdeführenden Partei herbeigeführt worden sei, weshalb sie die dadurch entstandenen Kommissionsgebühren zu tragen habe.

Die belangte Behörde ist im eben dargestellten Zusammenhang zutreffend davon ausgegangen, daß gem. § 77 Abs. 1 in Verbindung mit § 76 Abs. 2 AVG 1950 die Kommissionsgebühren für von Amts wegen angeordnete Amtshandlungen den Beteiligten nur dann belasten, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Die belangte Behörde hat jedoch das Vorliegen eines Verschuldens der beschwerdeführenden Partei in Wahrheit nicht nachgewiesen, sondern unrichtigerweise aus der bloßen Tatsache der Nichteinhaltung einer bestimmten Bescheidauflage durch die beschwerdeführende Partei abgeleitet. Die Vorschreibung von Kommissionsgebühren an diese erweist sich daher schon aus dem bezeichneten Grund als ungerechtfertigt, weshalb der angefochtene Bescheid insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

3. Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2 Stempelgebühren in der Höhe von S 120,-- für eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beschwerdeausfertigung konnten nicht vergütet werden.

Wien, am 20. März 1986

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