VwGH 83/14/0089

VwGH83/14/008913.5.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, über die Beschwerde der X-Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H. in R, ehemals vertreten durch Dr. Karl Reiter, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 6/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 28. Februar 1983, Zl. 8/15/3-BK/Eb-1982, betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1976 bis 1980, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §24 Abs1 litd;
BAO §270 Abs3;
BAO §303 Abs4;
EStG 1972 §20a Abs5 idF 1977/645 ;
EStG 1972 §6 Z2;
EStG 1972 §6;
EStG 1972 §7;
EStG 1972 §8 Abs2 Z1 lita;
VwGG §13 Z1;
BAO §24 Abs1 litd;
BAO §270 Abs3;
BAO §303 Abs4;
EStG 1972 §20a Abs5 idF 1977/645 ;
EStG 1972 §6 Z2;
EStG 1972 §6;
EStG 1972 §7;
EStG 1972 §8 Abs2 Z1 lita;
VwGG §13 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahme der Verfahren richtet, als unbegründet abgewiesen.

Im übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin, die die Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft gemäß § 33 Wirtschaftstreuhänderberufsordnung ausübt, wurde anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellt, daß der Gesellschafter OH ungeachtet des Umstandes, daß er laut Gesellschaftsvertrag in den Streitjahren lediglich im Besitz von 25 % des Stammkapitals der Beschwerdeführerin war, als wirtschaftlicher Eigentümer des gesamten Stammkapitals anzusehen sei, da er nicht nur auf Grund der Vertragsbestimmungen mit den ihm zustehenden Stimmen jeglichen Beschluß der Beschwerdeführerin verhindern habe können, sondern daß sich auch der Inhaber der restlichen Stammanteile noch am Tage der Errichtung des Gesellschaftsvertrages (8. Juli 1975) mit unwiderruflichem Anbot verpflichtet habe, dem Gesellschafter OH bis zum 1. Juli 1985 die Stammanteile gegen Vergütung des bereits einbezahlten Betrages in Höhe von S 18.750,-- zu verkaufen und sich weiters bis zu diesem Zeitpunkt jeder Verfügung über die Stammanteile "aus Abtretung oder Verpfändung" zu enthalten. Angesichts dieses Umstandes seien die dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer OH bezahlten Gehälter bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der Beschwerdeführerin gemäß § 7 Z. 6 GewStG hinzuzurechnen. Weiters müsse das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen OH und der Beschwerdeführerin in abgabenrechtlichem Sinn verneint werden, wobei zu den oben angeführten Umständen noch hinzutrete, daß nach den Bestimmungen des Gesellschafts- und Dienstvertrages eine Kündigung des Geschäftsführers erst erfolgen könne, wenn dieser nicht mehr Gesellschafter sei. Ansonsten sei eine Kündigung nur aus wichtigen Gründen möglich. Dementsprechend könne auch der von der Beschwerdeführerin auf einem von ihr erworbenen Grundstück errichtete Bungalow, der dem Geschäftsführer OH als Wohnung dienen sollte, wobei ihm dieser laut Dienstvertrag auch nach seiner Pensionierung zur Verfügung stehen sollte, nicht als Dienstwohnung angesehen werden. Dies habe zur Folge, daß die diesbezüglich geltend gemachten vorzeitigen Abschreibungen nicht zulässig seien. Weiters wurde die Zulässigkeit der Bildung von Investitionsfreibeträgen für Wirtschaftsgüter, die der Beschwerdeführerin von ihrem alleinigen Geschäftsführer als Inhaber seiner eigenen Wirtschaftstreuhandkanzlei verkauft worden seien, verneint, da OH der Beschwerdeführerin große Teile des Kundenstockes, Teile des Anlagevermögens und halbfertige Arbeiten übertragen habe, wobei die Beschwerdeführerin überdies das gesamte Personal dieser Kanzlei übernommen habe, und somit von ihr ein Teilbetrieb erworben worden sei. Hinsichtlich der Anschaffung des Kundenstockes, die gegen wertgesicherte Leibrente erfolgt sei, wurde die Meinung vertreten, daß die Wertsicherungsbeträge als Anschaffungskosten zu aktivieren seien. Weiters wurde die Ansicht vertreten, daß, solange der veräußernde Wirtschaftstreuhänder noch alleiniger Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei, eine Absetzung für Abnutzung vom Kundenstock unzulässig sei. Der Ausfall eines Teiles der übernommenen Klienten sei vielmehr im Wege einer Teilwertabschreibung zu berücksichtigen. Da schließlich in den Wirtschaftsjahren 1977/78 bis 1979/80 kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt worden sei, sei hinsichtlich der Kraftfahrzeuge lediglich der gesetzliche Pauschbetrag von S 25.000,-- (im Wirtschaftsjahr 1977/78 nur zur Hälfte) im Sinne der Bestimmungen des § 20 a EStG zum Ansatz zu bringen.

Das Finanzamt erließ - teilweise im wiederaufgenommenen Verfahren - dem Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung entsprechende Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für die Streitjahre.

Sowohl gegen die, die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheide, als auch gegen die Sachbescheide ergriff die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Berufung, wobei die Berufungsgründe im wesentlichen den nunmehrigen Beschwerdegründen entsprachen.

Die belangte Behörde gab der Berufung in den dargestellten Punkten mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Februar 1983 keine Folge.

Die vorliegende Beschwerde macht sowohl Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Im einzelnen erhob die Beschwerdeführerin folgende Einwände:

1. Bei Erlassung des angefochtenen Bescheides habe entgegen der Vorschrift des § 270 Abs. 3 BAO kein Mitglied der gesetzlichen Berufsvertretung der Beschwerdeführerin dem Berufungssenat angehört. Da ein Steuerberater als Beisitzer über die Belange seines eigenen Berufsstandes unzweifelhaft besser Bescheid wisse, als der vorliegendenfalls beigezogene Arzt, hätte die belangte Behörde bei Einhaltung dieser Vorschrift zu einer anderen Entscheidung kommen können.

2. Den die Wiederaufnahme der Verfahren verfügenden Bescheiden lägen taugliche Wiederaufnahmsgründe nicht zugrunde. Die als Wiederaufnahmsgründe gewerteten Umstände wären entweder bereits bei Erlassung der Erstbescheide bekannt gewesen oder hätten auf den Spruch der Bescheide keinen Einfluß gehabt.

3. Die bei der Ermittlung des Gewerbeertrages erfolgte Zurechnung gemäß § 7 Z. 6 GewStG sei zu Unrecht erfolgt. Die belangte Behörde habe keinen eindeutigen Beweis erbracht, daß der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin wirtschaftlicher Eigentümer des gesamten Stammkapitals gewesen sei. Auch die Akten des Kreisgerichtes Ried, welches auch nicht zur Entscheidung dieser Frage berufen gewesen sei, enthielten hierüber keine eindeutigen Angaben. Wie ein hypothetisches Beispiel zeige, diene die von der belangten Behörde angenommenen Konstruktion nicht den Zwecken einer Abgabenersparnis. Auch das Argument der belangten Behörde sei verfehlt, daß der Gesellschafter LS, wäre er nicht bloß Strohmann des Geschäftsführers, niemals der Bereitstellung einer derartigen Dienstwohnung zugestimmt hätte. Die Wohnung habe nur ein Ausmaß von 142,2 m2, die Schwimmhalle stehe allen Angestellten seit Juli 1980 zur Verfügung und habe einen eigenen Eingang, die angebaute Garage im Flächenausmaß von 31,5 m2 dürfe nicht als Wohnraum berücksichtigt werden und schließlich seien 4.400 m2 des zu dieser Wohnung gehörenden Grundstückes an einen Landwirt verpachtet. Außerdem sei noch zu bedenken, daß ein verhältnismäßig geringes Gehalt an den Geschäftsführer bezahlt werde, was zum Teil durch die zur Verfügung gestellte Dienstwohnung kompensiert werde. Die Bewilligung zum Ankauf des Grundstückes am 26. Juli 1976 sei 14 Tage vor der Generalversammlung vom 10. August 1976, in der diese Bewilligung schriftlich erteilt worden sei, fernmündlich durch den Geschäftsführer von LS eingeholt worden. Der Gesellschafter LS habe die Bewilligung zum Ankauf des Grundstückes etwa zehn Monate vor Baubeginn der Dienstwohnung ausdrücklich erteilt, was beweise, daß er von der Einwirkung auf die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin nicht ausgeschlossen gewesen sei. Die Erklärung des Geschäftsführers vom 28. August 1981, das Kaufanbot vom 10. Juli 1975 betreffend die LS gehörenden Stammanteile an der Beschwerdeführerin anzunehmen, widerlege die Annahme, daß der Gesellschafter LS zur Herausgabe derselben verpflichtet sei. Auch zeige der Umstand, daß das noch ausstehende Stammkapital in Höhe von S 75.000,-- auf keinen Fall von OH zur Gänze eingefordert werden könne, daß dieser nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Beschwerdeführerin sein könne. Eine solche Auffassung könne auch nicht auf den im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten gemeinen Wert der Stammanteile der Beschwerdeführerin gestützt werden, da die ermittelten Werte viel zu hoch zum Ansatz gebracht worden seien. Über die Berufung dagegen sei noch nicht entschieden worden.

4. Die Versagung der vorzeitigen Abschreibung hinsichtlich der Errichtungskosten der Dienstwohnung sei zu Unrecht erfolgt. Sowohl bei der Veranlagung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin zur Einkommensteuer als auch seitens der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse sei OH als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin angesehen worden. Somit sei über diese Vorfrage als Hauptfrage bindend entschieden worden. Auf Grund des Erlasses des Bundesministers für Finanzen vom 3. April 1981, Zl. 06 1201/5-IV/6/81, könne eine seit Erlassung der früheren Bescheide eingetretene Änderung der Rechtsauslegung, die sich auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes oder eine allgemeine Weisung des Bundesministers für Finanzen stütze, im Sinne der Bestimmungen des § 307 Abs. 2 BAO nicht zum Nachteil der Partei berücksichtigt werden. Dies habe auch hinsichtlich der offengelegten Sperrminorität zu gelten. Die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes könne weiters keinesfalls als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden. Falls der Geschäftsführer die Dienstwohnung tatsächlich beziehen sollte, was bisher noch nicht geschehen sei, könne die Zurverfügungstellung der Wohnung nur im Zusammenhang mit dessen relativ niedrigem Gehalt gesehen werden.

5. Die Versagung einer Absetzung für Abnutzung des Kundenstockes stehe im Gegensatz zu den §§ 23 GesmbHG und 133 Abs. 5 AktG, an die die Beschwerdeführerin gebunden sei, während weder das Einkommensteuergesetz noch das Körperschaftsteuergesetz die Abschreibung verbieten würden. Auch führe eine Teilwertabschreibung zu einem betriebswirtschaftlich "unmöglichen" Ergebnis. Über den Gewinnrückgang durch den Klientenausfall hinaus ergebe sich eine weitere Gewinnminderung durch die Teilwertabschreibung. Die Gefahr einer Klientenabwerbung habe überdies auch schon in den Jahren vor dem Austritt eines leitenden Angestellten bestanden, was ebenfalls für die Vornahme einer Absetzung für Abnutzung von den Anschaffungskosten des Kundenstockes spreche.

6. Der Geschäftsführer habe ein Fahrtenbuch geführt. Es sei ihm jedoch unmöglich gewesen, den jeweiligen Kilometerstand aufzuzeichnen, weil das von ihm benutzte Kraftfahrzeug über keinen Kilometerzähler verfüge und ein solcher mangels passender Ersatzteile auch nachträglich nicht habe eingebaut werden können. Der belangten Behörde sei es nicht gelungen nachzuweisen, daß die betrieblich gefahrenen Kilometer unrichtig aufgezeichnet worden seien.

7. Der Investitionsfreibetrag sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, da eine Teilbetriebsveräußerung nicht erfolgt sei. Das Einzelunternehmen OH sei auch nach der Gründung der Beschwerdeführerin fortgeführt worden. Nach der Übertragung eines Großteiles des Kundenstockes und der Übernahme des Personals aus dem Einzelunternehmen an bzw. durch die Beschwerdeführerin seien die benötigten Maschinen, die Einrichtungsgegenstände, der Pkw und das Büro nur vom Einzelunternehmen gemietet worden. Eine einheitliche Veräußerung der Betriebsgrundlagen des Einzelunternehmens sei daher nicht erfolgt. Weiters sei im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung des veräußernden Einzelunternehmens bei diesem eine Teilbetriebsveräußerung nicht unterstellt worden.

8. Die Aktivierung der Erhöhungsbeträge aus der Wertversicherung als nachträgliche Anschaffungskosten entspreche zwar der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Diese Ansicht werde aber von der deutschen Rechtsprechung nicht geteilt und stoße auch in der österreichischen Lehre auf Kritik, weshalb eine Änderung angeregt werde.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der sie die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes bestreitet und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Wie der Gerichtshof schon wiederholt entschieden hat (vgl. hiezu Stoll, Die Bundesabgabenordnung, S. 653, und die dort zitierten Erkenntnisse) vermag die Nichtbeachtung der Vorschrift des § 270 Abs. 3 BAO, wonach einer der entsendeten Beisitzer des Berufungssenates der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers angehören soll, einen Verfahrensmangel nicht zu begründen.

2.) Wenn auch der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit erkennen läßt, daß die belangte Behörde auch über die Zulässigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahre 1976 bis 1979 gemäß § 303 Abs. 4 BAO abgesprochen hat, so läßt dennoch der Spruch im Zusammenhalt mit seinen Begründungselementen eindeutig erkennen, daß die belangte Behörde auch die Frage der Zulässigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren von Amts wegen entscheiden wollte.

Nun ist gemäß § 303 Abs. 4 BAO eine Wiederaufnahme des

Verfahrens von Amts wegen ... in allen Fällen zulässig, in denen

Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Was zunächst den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 1976 anlangt, so ist unbestritten, daß der Umstand, daß ein Teil des übertragenen Kundenstockes in diesem Jahr verloren ging, im Erstverfahren noch nicht bekannt gewesen ist. Dieser Umstand stellt für sich allein einen tauglichen Wiederaufnahmegrund für das Jahr 1976 dar.

Was weiters die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1977 bis 1979 und die Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1976 bis 1979 anlangt, so ist, wie der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinem Erkenntnis vom 18. September 1985, Zl. 85/13/0087, dargetan und eindeutig begründet hat, das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Unter diesen Umständen ist für die Beschwerdeführerin weder aus der Veranlagung zur Einkommensteuer ihres Geschäftsführers noch aus allfälligen Mitteilungen gegenüber einem Lohnsteuerprüfer oder der Bewertungsstelle etwas zu gewinnen. Wie noch zu zeigen sein wird, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Versagung der Anerkennung des Dienstverhältnisses auch auf den Inhalt des Dienstvertrages stützt. In Verein mit dem unbestrittenen Umstand, daß den zur Veranlagung der Körperschaft- und Gewerbesteuer zuständigen Organwaltern erst mit der Erklärung zur Niederschrift vom 25. Juni 1981 bekannt geworden ist, daß das errichtete Haus lediglich als Dienstwohnung für den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin dienen sollte, war die belangte Behörde auch zur Wiederaufnahme der gegenständlichen Verfahren berechtigt.

3.) Strittig ist zunächst, ob der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in den Streitjahren als wirtschaftlicher Eigentümer der nicht in seinem zivilrechtlichen Eigentum stehenden Stammanteile anzusehen war oder nicht.

Die Zurechnungsvorschrift des § 24 Abs. 1 lit. d BAO, wonach Wirtschaftsgüter demjenigen zuzurechnen sind, der über sie die Herrschaft gleich einem Eigentümer ausübt (sogenanntes wirtschaftliches Eigentum), bezieht sich auf jene Fälle, in denen ein Wirtschaftsgut kraft eigentumsähnlichen wirtschaftlichen Herrschaftsverhältnissen ausnahmsweise jemandem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. September 1981, Zlen. 14/0217/80, 14/0218/80). Ein Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum ist dann anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind (Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung, Veräußerung), auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechtes, nämlich den Ausschluß Dritter von der Einwirkung auf die Sache, auch gegenüber dem zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer, d.h. auf die Zeit der möglichen Nutzung, geltend machen kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. November 1982, Zl. 81/13/0021, und vom 12. Februar 1986, Zl. 84/13/0034).

Unter den obwaltenden unbestrittenen Umständen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Teile des Stammkapitals, die sich nicht in seinem zivilrechtlichen Eigentum befanden, als wirtschaftlichen Eigentümer ansah; war doch die vorliegende Vertragsgestaltung so, daß sie ihn befähigte, über diese Anteile die Herrschaft gleich einem Eigentümer auszuüben. Der Geschäftsführer hatte es mittels der mit seinem 25%igen Anteil am Stammkapital verbundenen Sperrminorität jedenfalls in der Hand, jeden ihm nicht genehmen Beschluß der Generalversammlung zu verhindern. Das offensichtlich Zug um Zug mit dem Abschluß des Gesellschaftsvertrages erfolgte, auf zehn Jahre befristete Kaufanbot des Mehrheitsgesellschafters, der sich unter einem verpflichtete, in diesem Zeitraum keinerlei Abtretung oder Verpfändung der Stammanteile vorzunehmen, was auch gegenüber Erwerbern von Todes wegen Gültigkeit haben sollte, und noch dazu bei Vereinbarung eines Kaufpreises in Höhe der tatsächlich bezahlten Stammeinlage, stellte dem Geschäftsführer auch jederzeit eine positive Verfügung über diese Stammanteile sicher. Der Beschwerdeführerin kann weiters nicht darin gefolgt werden, daß das Vorliegen wirtschaftlichen Eigentums nur angenommen werden könne, wenn die vorgenommene Gestaltung abgabenrechtlich motiviert wäre. Anders als in § 22 BAO setzt die wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 24 BAO dies keineswegs voraus und kommt auch dort zum Tragen, wo andere Gründe - etwa familienrechtlicher Natur - das Auseinanderfallen von zivilem und wirtschaftlichem Eigentum bewirkt haben mögen.

Der Beschwerdeführerin kann schließlich auch nicht darin gefolgt werden, daß die Bestimmungen des § 7 Z. 6 GewStG lediglich auf zivilrechtliche Eigentümer oder Treugeber anwendbar seien. Da auch das Gewerbesteuergesetz an in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ermittelte Sachverhalte anknüpft, ist im Falle des Auseinanderklaffens von zivilem und wirtschaftlichem Eigentum der wirtschaftliche Eigentümer als Beteiligter im Sinne der zitierten Gesetzesstelle anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 1984, Zl. 83/14/0143). Die Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkt als unbegründet.

4.) Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 9. November 1977, Zl. 690/77, das Vorliegen eines Dienstverhältnisses verneint hat.

Die Beschwerdeführerin verkennt bei ihren Einwendungen gegen die Anwendbarkeit der in dem zitierten Erkenntnis ausgesprochenen Rechtsansicht auf den vorliegenden Fall, daß § 307 Abs. 2 BAO wohl der Heranziehung der im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 9. Dezember 1980, Zlen. 1666, 2223, 2224/79, und seither ständig vertretene Rechtsansicht entgegensteht, nicht aber der Berücksichtigung der Sachverhaltsfeststellung, nach der der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin teils zivilrechtlicher, teils wirtschaftlicher Alleineigentümer des Stammkapitals derselben war. In Zusammenhalt mit diesem Umstand erweisen sich die Ausführungen im zitierten Erkenntnis Zl. 690/77 sehr wohl auch im vorliegenden Fall als entscheidungswesentlich. Es kann bei einem Alleingesellschafter, dessen Dienstverhältnis erst mit Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses endet, ebenfalls nicht vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses im steuerlichen Sinn gesprochen werden. Da die abgabenrechtliche Beurteilung eines Dienstverhältnisses ausschließlich den Abgabenbehörden obliegt, ist für die Beschwerdeführerin aus der von anderen Behörden vorgenommenen Beurteilung nichts zu gewinnen. Wie bereits oben zur Frage der Wiederaufnahme erwähnt, kann auch die Qualifikation der Einkünfte als solche aus nichtselbständiger Arbeit in den Einkommensteuerbescheiden des Geschäftsführers schon deshalb keine bindende Vorfragenentscheidung darstellen, weil der Einkommensteuerbescheid keinen Grundlagenbescheid für die Abgabenbescheide der Beschwerdeführerin bildet. Was schließlich den Hinweis auf Erlässe des Bundesministers für Finanzen anlangt, so vermögen diese im hg. Verfahren nach ständiger Rechtsprechung für die Parteien weder Rechte noch Pflichten zu begründen.

Eine vorzeitige Abschreibung käme nach der Lage des Beschwerdefalles nur bei Vorliegen einer Arbeitnehmerwohnstätte im Sinne des § 8 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG in Betracht. Da die streitgegenständliche Wohnung - wie aus den Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin in der Niederschrift vom 25. Juni 1981 ersichtlich ist - ausschließlich für seine Wohnzwecke bestimmt war, ein abgabenrechtlich anzuerkennendes Dienstverhältnis zwischen dem Geschäftsführer und der Beschwerdeführerin jedoch nicht vorlag, wurde die Vornahme einer vorzeitigen Abschreibung von der belangten Behörde zu Recht versagt.

5.) Gemäß § 6 Z. 1 EStG sind Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung gemäß § 7 EStG .... anzusetzen. Gemäß § 6 Z. 2 EStG sind andere als die in Z. 1 bezeichneten Wirtschaftsgüter des Betriebes mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Statt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden.

Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, die für die Beschwerdeführerin verpflichtend sind, ist zutreffendenfalls eine Teilwertabschreibung zwingend vorzunehmen.

Strittig ist nun zunächst, ob das Wirtschaftsgut "Kundenstock" in der Zeit, in der der Veräußerer Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist, als der Abnutzung unterliegend angesehen werden kann oder nicht. Der belangten Behörde, die dies unter Berufung auf Lehre und Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland verneint hat, ist beizupflichten. Die Vornahme einer Abschreibung vom Praxiswert der freien Berufe trägt dem Umstand Rechnung, daß dieser Wert weitgehend auf das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Inhaber und Klientel gegründet ist. Dieses Vertrauensverhältnis endet mit dem Ausscheiden des (ehemaligen) Praxis(Kanzlei)-inhabers allmählich und muß sodann mit dessen Nachfolger neu begründet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1970, Zl. 1769/68). Im gegenständlichen Fall ist der bisherige Praxisinhaber noch weiter als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin tätig, wobei sein Name überdies in der Firma der Beschwerdeführerin enthalten ist. Die Vornahme einer Absetzung für Abnutzung würde somit nicht den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden. Solange daher der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin die von ihm hinsichtlich desselben Kundenstockes ausgeübte Tätigkeit weiter ausübt, ist der Kundenstock als nicht abnutzbares Wirtschaftsgut anzusehen, dessen allfällige Wertminderung (Ausfall eines Teiles der Klientel - wie etwa im Jahre 1976 durch Abwerbung derselben seitens eines Angestellten, der in der Folge eine eigene Praxis eröffnet hat) nur in Form einer Teilwertabschreibung, wie sie die belangte Behörde vornahm, berücksichtigt werden kann.

Somit erweist sich die Beschwerde auch in diesem Punkt als unbegründet.

6.) Gemäß § 20a Abs. 4 EStG in der für die Streitjahre 1978 bis 1980 geltenden Fassung ist für die - neben der Absetzung für Abnutzung - mit Kraftfahrzeugen im Sinne des § 20a EStG in Zusammenhang stehenden Kosten ein (in den einzelnen Streitjahren unterschiedlicher) Betrag für jeden betrieblich gefahrenen Kilometer abzusetzen. Voraussetzung ist die fortlaufende Führung eines Fahrtenbuches, aus dem Datum, Anzahl der gefahrenen Kilometer, Kilometerstand, Ausgangs- und Zielpunkt sowie Zweck jeder einzelnen betrieblichen Fahrt klar erkennbar sind.

Gemäß § 20a Abs. 5 EStG in der bis einschließlich 1979 geltenden Fassung ist von den gesamten mit einem Personen- oder Kombinationskraftwagen in Zusammenhang stehenden Kosten lediglich ein Betrag von S 25.000,-- abzugsfähig, wenn ein den Bestimmungen des § 20a Abs. 4 leg. cit. entsprechendes Fahrtenbuch nicht geführt wird.

Gemäß Art. II Z. 5 zweiter Satz des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1979, BGBl. Nr. 550/1979, ist bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr der nach § 20a Abs. 5 EStG absetzbare Betrag für jeden in das Kalenderjahr 1979 fallenden Monat mit höchstens S 2.083,-- für jeden in das Kalenderjahr 1980 fallenden Monat mit höchstens S 2.500,-- zu berücksichtigen.

Die vom Gesetzgeber ausdrücklich normierten Merkmale, die ein Fahrtenbuch aufweisen muß, um Kilometergelder nach § 20a Abs. 4 EStG in Anspruch nehmen zu können, gestatten es nicht, über das unbestrittene Fehlen eines dieser Merkmale (Kilometerstand) hinwegzugehen. Die Nutzung eines Kraftfahrzeuges durch den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, welches auf Grund technischer Mängel die Erfüllung der gesetzlichen Auflagen nicht ermöglichte, ist von der Beschwerdeführerin selbst zu vertreten. Die belangte Behörde war daher im Recht, wenn sie lediglich den Pauschbetrag nach § 20a Abs. 5 EStG zum Abzug zuließ. Sie hat jedoch den Bescheid insoweit mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, als sie auch im Wirtschaftsjahr 1979/89 - dem Betriebsprüfungsbericht folgend - lediglich Kraftfahrzeugkosten in Höhe von S 25.000,-- und nicht den richtig anzusetzenden Betrag von S 27.498,-- als Betriebsausgabe berücksichtigte.

7. Gemäß § 10 Abs. 1 EStG kann bei der Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG ein Investitionsfreibetrag in Höhe von 20 v. H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr ... angeschafften oder hergestellten abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens neben der nach § 7 Abs. 4 leg. cit. zulässigen Absetzung für Abnutzung gewinnmindernd geltend gemacht werden.

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 5 EStG darf ein Investitionsfreibetrag

nicht bei Erwerb eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder ... in

Anspruch genommen werden.

Strittig ist lediglich, ob die angeschafften Wirtschaftsgüter im Zuge der Veräußerung eines Teilbetriebes erworben wurden oder nicht.

Wie der Gerichtshof bereits mit hg. Erkenntnis vom 17. November 1983, Zl. 83/15/0053, betreffend das Einzelunternehmen des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin entschieden hat, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, fehlte es an den erforderlichen sachverhaltsmäßigen Feststellungen, um eine Teilbetriebsveräußerung annehmen zu können. Dies gilt im gegenständlichen Fall auch hinsichtlich der Körperschaft- und Gewerbesteuer.

8. Wie der Gerichtshof zu den Bestimmungen der Vorgänger des Einkommensteuergesetzes 1972 entschieden hat, können Anschaffungskosten auch noch nach Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises bzw. nach dem Erwerb eines Wirtschaftsgutes anfallen. Solche nachträgliche Anschaffungskosten sind zu aktivieren und bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern nur im Wege der Absetzung für Abnutzung absetzbar, sofern nicht eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden kann. Nachträgliche Anschaffungskosten unterstellte der Gerichtshof auch bei Wertsicherungsbeträgen für gestundete Kaufpreisschulden (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1960, Zl. 32/57). Diese soeben wiedergegebene Auffassung vermag der Gerichtshof nicht mehr aufrecht zu erhalten. Hat doch die Zahlung höherer Beträge zufolge Wertsicherung gleich den Zinsen, die bei renten- oder ratenweiser Abstattung des Kaufpreises anfallen, nicht in der Anschaffung des Wirtschaftsgutes ihre unmittelbare Ursache, sondern in der Art ihrer Finanzierung. Wird eine Anschaffung über ein Darlehen von dritter Seite finanziert, führt eine (z.B. infolge Wertsicherung) höhere Darlehensrückzahlung auch nach bisheriger Auffassung des Gerichtshofes zu keinen nachträglichen Anschaffungskosten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1978, Zl. 1006/76, ferner Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, Textziffer 33 zu § 6 EStG und die dort zitierten Belegstellen). Da über diese Rechtsfrage noch zu formell anderen Gesetzen, nämlich den Vorgängern des Einkommensteuergesetzes 1972, Erkenntnisse ergangen sind, bedarf das Abgehen von dieser Rechtsprechung keiner Verstärkung des erkennenden Senates gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 VwGG (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit2, Seite 140 letzter Absatz und das dort angeführte Erkenntnis).

Die von der belangten Behörde vorgenommene Aktivierung der aus dem Titel der Wertsicherung bezahlten Beträge erfolgte somit zu Unrecht.

Da die belangte Behörde somit aus den in den Z. 6, 7 und 8 angeführten Gründen die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Gerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243/1985, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Hinsichtlich der zitierten nichtveröffentlichten Erkenntnisse des Gerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Wien, am 13. Mai 1986

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