Normen
StVO 1960 §2 Abs1 Z10;
StVO 1960 §24 Abs1 litb;
StVO 1960 §8 Abs4;
StVO 1960 §2 Abs1 Z10;
StVO 1960 §24 Abs1 litb;
StVO 1960 §8 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde durch Bestätigung des Punktes 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (§ 66 Abs. 4 AVG 1950) der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 4. Oktober 1982 in der Zeit von 12.55 Uhr bis 15.00 Uhr in Wien 1, Domgasse 5, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw an einer engen Stelle der Fahrbahn abgestellt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs. 1 lit. b der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen zu haben, weshalb über ihn nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe (Ersatzarreststrafe) verhängt wurde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, bei dem dem Abstellort des Fahrzeuges des Beschwerdeführers gegenüberliegenden Teil der Straße handle es sich um einen Gehsteig. In dem von der MA 28 eingeholten Gutachten werde dazu folgendes "festgestellt": Der Fahrbahnbereich des Straßenrandes sei mit sieben Granitwürfeln gepflastert, wohingegen der Bereich zwischen Baulinie und einem liegenden Steinsaum mit Granithalbgutsteinen, welche nur für die Pflasterung auf Gehsteigen herangezogen werden, befestigt sei. Der "liegende Würfelsaum" sei in Verlängerung der erhöhten Granitrandsteine, welche sich vor den Häusern Domgasse 2 bzw. 8 bis 10 befänden, angeordnet. Durch den Würfelsaum werde aber der Gehsteig von der Fahrbahn für jeden Straßenbenützer augenfällig getrennt. Nach § 2 Abs. 1 Z. 10 StVO sei unter einem Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße zu verstehen. Der "liegende Würfelsaum" sei daher ein durchaus geeignetes Mittel, um die Abgrenzung zwischen Gehsteig und Fahrbahn für jeden Verkehrsteilnehmer augenfällig zu machen. Man könne hier auch von einer Bodenmarkierung im weiteren Sinn sprechen, werde eine solche doch durch die "bewusste" Anbringung einer Reihe Würfelsteine ersetzt. Dem Beschwerdeführer hätte aber nicht zuletzt auch deshalb bewusst werden müssen, dass es sich um einen Gehsteig handle, da der andersartig gepflasterte Straßenteil eine Breite von lediglich 0,8 bis 1,0 m gegenüber dem Hause Domgasse Nr. 5 aufweise. Der dem Fahrzeugverkehr vorbehaltene Teil der Straßenfläche weise laut Planskizze der MA 46 eine Breite von
3.90 bis 4,20 m vor dem Haus Domgasse Nr. 5 auf. Die durchschnittliche Breite eines Pkw betrage etwa 1,70 m; hiezu müsse ein "gewisser" Sicherheitsabstand von der Hausmauer gerechnet werden, welcher mit mindestens 10 cm anzunehmen sei. Somit verbleibe eine "Restfahrbahnbreite" von 2,10 bis maximal 2,40 m. Die Breite eines Fahrstreifens sei mit 2,50 m festgelegt, die Domgasse keine Einbahn, womit bereits eine Fahrbahnbreite von 5 m frei bleiben müsse. Da die Fahrbahn von vornherein nicht diese Breite aufweise, müsse an der gegebenen Örtlichkeit von einer engen Stelle der Fahrbahn gesprochen werden.
Die dem Beschwerdeführer angelastete Tat sei daher als erwiesen anzunehmen gewesen, weshalb der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch zu bestätigen gewesen sei. Der Beweisantrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines sei abzuweisen gewesen, da die Durchführung dieser Beweisaufnahme durch die gutächtliche Stellungnahme der MA 28 zur Genüge "erledigt" erscheine.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt der Beschwerdeführer zunächst, dass durch einen Gehsteig eine Verkehrsbeschränkung für eine bestimmte Gruppe von Straßenbenützern (Fahrzeuglenker) bewirkt werde, welcher eine Verordnung zu Grunde zu liegen habe; im gegenständlichen Falle liege aber keine Verordnung vor. Durch die Verwendung bestimmter Pflastersteine könne kein Gehsteig im rechtlichen Sinn geschaffen werden.
Dazu ist folgendes auszuführen:
Gemäß § 24 Abs. 1 lit. b StVO ist das Halten und Parken unter anderem auf engen Stellen der Fahrbahn verboten. Eine solche "enge Stelle der Fahrbahn" kann unter anderem durch das Vorhandensein von Gehsteigen auf einer Seite oder beiden Seiten einer Fahrbahn bewirkt werden.
Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 10 StVO gilt als Gehsteig ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dgl. abgegrenzter Teil der Straße. Auf Grund dieser Diktion hat es der Gesetzgeber offen gelassen, wie die Abgrenzung zu erfolgen hat. Aus der demonstrativen Aufzählung "durch Randsteine, Bodenmarkierungen und dgl." ist insbesondere zu schließen, dass der Gesetzgeber die Schaffung eines Gehsteiges in rechtlicher Hinsicht sowohl durch bauliche Maßnahmen als auch durch das bloße Anbringen einer Bodenmarkierung als zulässig angesehen hat. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der rechtlichen Wertung eines Straßenteiles als Gehsteig jedenfalls an tatsächliche Gegebenheiten anknüpft, so daß es bei entsprechenden baulicher Gestaltung für die Abgrenzung eines Straßenteiles als Gehsteig keiner Verordnung bedarf. (Im Beschwerdefall konnte - da nach dem Beschwerdevorbringen und der Aktenlage der gegenständliche Gehsteig nicht durch eine Bodenmarkierung abgegrenzt war - die Frage des Erfordernisses einer Verordnung für die Schaffung eines Gehsteiges durch das Anbringen von Bodenmarkierungen unerörtert bleiben.)
Zu den baulichen Maßnahmen, die erkennen lassen, dass ein bestimmter Teil der Straße für den Fußgängerverkehr bestimmt ist, zählt - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat - auch die Verlegung von Pflastersteinen, wobei es unerheblich ist, ob diese im selben Niveau wie die Fahrbahn gelegen sind (vgl. dazu unter anderem die hg. Erkenntnisse vom 9. Jänner 1979, Zl. 945/78, und vom 14. Februar 1985, Zl. 84/02/0245). Ob ein so geschaffener Gehsteig den vom Beschwerdeführer zitierten Verordnungen der Wiener Landesregierung betreffend die Gehsteigherstellung, LGBl. Nr. 42/1930, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 28/1948, sowie der Verordnung betreffend die Erlassung näherer Vorschriften über die Beschaffenheit der Gehsteige und ihrer baulichen Anlage LGBl. Nr. 14/1981, entspricht, ist schon deshalb nicht von Bedeutung, weil es sich hiebei um baurechtliche Regelungen und nicht um Regelungen der Straßenpolizei handelt.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde - vom Beschwerdeführer unwidersprochen - festgestellt, dass der Gehsteig durch eine andersartige Pflasterung, nämlich mittels eines "liegenden Würfelsaumes" aus Granithalbsteinen von der Fahrbahn getrennt war. Auf dem Boden vorstehender Erwägungen konnte die belangte Behörde daher von Rechtsirrtum frei aussprechen, dass auf der dem Abstellort des Fahrzeuges des Beschwerdeführers gegenüberliegenden Straßenseite ein für jeden Straßenbenützer augenfällig abgegrenzter Gehsteig bestanden hat. Die belangte Behörde konnte daher weiters bei der Prüfung der Frage, ob eine "enge Stelle der Fahrbahn" im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. b StVO vorhanden war, bei ihren Berechnungen von diesem, den Gehsteig abgrenzenden Würfelsaum ausgehen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, dass die Domgasse keine Einbahn sei, womit bereits eine Fahrbahnbreite von 5 m frei bleiben müsse; außerdem habe die belangte Behörde die Breite seines Kraftfahrzeuges nicht "erhoben", sondern lediglich einen "Durchschnittswert" dafür angenommen; die Breite seines Kraftfahrzeuges unterschreite diesen "Durchschnittswert" aber erheblich sodass auf Grund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes die "Restfahrbahnbreite" 2,5 m überstiegen hätte.
Auch mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Verletzung subjektiver Rechte dartun.
Wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ersichtlich ist, hat die belangte Behörde die Breite der (sich verengenden) Fahrbahn am Tatort mit 4,20 m und 3,90 m angenommen; von diesen Werten hat sie die durchschnittliche Breite eines Pkw's von 1,70 m einschließlich eines Sicherheitsabstandes von der Hausmauer von 10 cm abgezogen und dabei eine "Restfahrbahnbreite" von 2,40 m bzw. 2,10 m ermittelt. Nun hat zwar die belangte Behörde die tatsächliche Breite des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers nicht festgestellt, jedoch kommt dieser Unterlassung keine Relevanz zu, da bereits der Meldungsleger in seiner Anzeige vom 14. Oktober 1982 (ON 2) ausdrücklich angeführt hat, dass durch den abgestellten Pkw lediglich 2,10 m für den fließenden Verkehr frei geblieben seien, wobei er dieses Maß mit dem Maßband ermittelt hat. Da es ausschließlich auf die für den fließenden Verkehr frei bleibende Fahrbahnbreite ankommt und außerdem dieses Ausmaß den dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Maßen entspricht, ist diesbezüglich der belangten Behörde kein relevanter Verfahrensfehler unterlaufen.
Die belangte Behörde hat zwar irrtümlich die Domgasse als Fahrbahn mit Gegenverkehr angesehen, obwohl es sich tatsächlich um eine Einbahnstraße handelt. Sie hätte aber auch bei diesbezüglich richtiger Beurteilung der Situation zu keinem im Ergebnis anders lautenden Bescheid kommen können, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine "enge Stelle der Fahrbahn" im Sinne des § 24 Abs. 1 lit. b StVO dann nicht vorliegt, wenn in einer Einbahnstraße trotz des Abstellens eines Kraftfahrzeuges noch eine Fahrbahnbreite von 2,50 m verbleibt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1983, Zl. 81/02/0265).
Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 20. Dezember 1985
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