VwGH 85/07/0178

VwGH85/07/017827.9.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerde des HS in S, vertreten durch Dr. Karl Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien I, Singerstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 22. März 1985, Zl. VI/1-597-1985, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
AVG §45 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde läßt sich in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid folgender Sachverhalt entnehmen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 11. Dezember 1984 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um wasserrechtliche Bewilligung der Einleitung des Überlaufes seiner Kläranlage in den Vorfluter abgewiesen. Dagegen berief der Beschwerdeführer im wesentlichen mit folgender Begründung: Die Kläranlage sei bereits vor zwölf Jahren, den Richtlinien gemäß, errichtet worden, wobei die Überlaufwässer in den Vorfluter geleitet werden sollten. Es sei ihm weder bekannt gewesen, noch sei er darauf hingewiesen oder aufgefordert worden, für die Einleitung in den Entwässerungsgraben um eine wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen, denn er hätte diese sicherlich zum damaligen Zeitpunkt erhalten. Die Möglichkeit eines Anschlusses an den mittlerweise errichteten Ortskanal bleibe ihm versagt, da der Kanalstrang zu früh ende. Zum Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen, das eine nicht zumutbare Belastung des Vorfluters festgestellt habe, werde angeführt, daß die durch den Haushalt des Beschwerdeführers verschuldete Belastung gegenüber jener von anfallenden, seines Wissens ungeklärten Abwässern von oberhalb seines Anwesens liegenden Feriensiedlungen eher verschwindend klein sei. Abhilfe könne lediglich ein Anschluß an den für die Feriensiedlungen noch zu errichtenden Sammelkanal bieten; ein solcher Anschluß käme auch für ihn in Betracht. Bis zur Verwirklichung des Kanalprojektes möge man ihm daher eine einstweilige Bewilligung zur Einleitung seines Klärgrubenüberlaufes in den Entwässerungsgraben erteilen.

Mit Bescheid vom 22. März 1985 gab der Landeshauptmann von Burgenland der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht Folge. Die Rechtsmittelbehörde kam aufgrund des Befundes des Amtssachverständigen zu dem Ergebnis, die besagte Kläranlage bewirke lediglich eine mechanische Reinigung des anfallenden Abwassers mit einem Gesamtwirkungsgrad von 10 bis 15 %, so daß die Abwässer beinahe ungereinigt in den anschließenden, öffentliches Gut darstellenden Graben gelangten und dieser durch den Kläranlagenüberlauf entsprechend stark mit Faulschlamm und Algenbewuchs verunreinigt sei; nach Ansicht des Sachverständigen wäre nicht nur eine zusätzliche Belastung des Vorfluters unzumutbar, sondern zur Hintanhaltung von dessen weiterer Belastung vielmehr die unverzügliche Unterbindung des Auslaufes der Kläranlage und deren Verwendung als Senkgrube unbedingt notwendig. Die Stellungnahme des Vertreters der Gemeinde, die Kläranlage bestünde schon lange, wäre anläßlich der seinerzeitigen Bauverhandlung vorgeschrieben worden und entspräche seiner Ansicht nach den derzeitigen "Anforderungen", entbehre hingegen der rechtlichen Relevanz, da sich die Zuständigkeit der Gemeinde als Baubehörde gemäß § 32 Abs. 4 WRG 1959 lediglich auf die Bewilligung der Einbringung von Abwässern in bewilligte Kanalisationsanlagen, keineswegs aber darauf erstrecke, die Ableitung des Überlaufes einer Kläranlage in einen Bach zu gestatten; die Baubehörde habe nämlich die Bestimmungen der Bauordnung und nicht jene des Wasserrechtsgesetzes anzuwenden. Die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung könne auch durch den Standpunkt des Beschwerdeführers nicht erschüttert werden, er sei anläßlich der Bauverhandlung vor etwa zwölf Jahren nicht auf das Erfordernis einer wasserrechtlichen Bewilligung verwiesen worden und hätte damals sicherlich die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung erhalten; denn er wäre als "Einleiter der Abwässer" verpflichtet gewesen, sich um die erforderliche Bewilligung zu kümmern. Weder sei die Behörde zu einem Hinweis auf die entsprechenden Vorschriften verpflichtet, noch könne eine Unkenntnis des Gesetzes als Rechtfertigungsgrund für die Unterlassung der Einholung der jeweiligen Bewilligung gewertet werden. Den Rechtsadressaten werde vielmehr ein gewisses Mindestmaß an Kenntnis der sie betreffenden Rechtsvorschriften abverlangt. Außerdem handle es sich bei der Behauptung des Beschwerdeführers, er hätte damals die Bewilligung erhalten, einerseits nur um dessen subjektive Vermutung, andererseits sei die Rechtslage zum Zeitpunkt des Ansuchens maßgebend. Aber selbst wenn seinerzeit die Bewilligung erteilt worden wäre, könnten bei Unzulänglichkeiten der zur Reinhaltung von Gewässern getroffenen Vorkehrungen unbeschadet eines verliehenen Wasserrechtes dem Wasserberechtigten von der Wasserrechtsbehörde gemäß § 33 Abs. 2 WRG 1959 nachträglich jederzeit die den Erfordernissen entsprechenden Maßnahmen aufgetragen werden. Die Rechtsmittelbehörde habe somit, insbesondere im Hinblick auf das durchaus als schlüssig zu erachtende Gutachten des Sachverständigen, welches nicht in Zweifel zu ziehen sei, keinen Grund, von der erstinstanzlichen Entscheidung abzugehen, weshalb der Berufung kein Erfolg beschieden sein könne.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (wozu auch die eigens angeführte Aktenwidrigkeit zählt) bekämpft. Nach seinem ganzen Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer dabei in seinem Recht auf wasserrechtliche Bewilligung des von ihm beantragten Vorhabens verletzt. Er führt dazu aus, ein Staatsbürger müsse sich darauf verlassen können, daß der von der Behörde, in seinem Fall der im Jahr 1975 vom Bürgermeister als Baubehörde erlassene Bescheid auf Voraussetzungen beruhe, die "rechtlich möglich bzw. nach der besonderen Kenntnis der Behörde auch vollziehbar" seien. Dabei handle es sich nicht um eine bloß subjektive Vermutung, sondern vielmehr um eine aktenkundige Tatsache, die im angefochtenen Bescheid keine entsprechende rechtliche Würdigung gefunden habe. Der Hinweis der Behörde auf die Möglichkeit nachträglicher Maßnahmen gehe von Voraussetzungen aus, die weder aktenkundig noch festgestellt worden seien, worin auch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften liege. Zu einer solchen sei es auch in der Hinsicht gekommen, daß der Einwand des Beschwerdeführers in der Berufung keine Beachtung gefunden habe, wonach "die Belastung des Vorfluters durch einen Haushalt verschwindend klein ist, gegenüber der Belastung durch die Feriensiedlungen oberhalb unseres Anwesens", womit er "kritisch zu dem Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen in diesem Zusammenhang Stellung genommen" habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 bedürfen der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 dieses Paragraphen die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigen Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen.

Der Beschwerdeführer zieht die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde, über sein Ansuchen zu entscheiden, offenbar - zu Recht - nicht in Zweifel. Die Behörde hat ihre Entscheidung auf der Grundlage der von ihr zu vollziehenden Normen zu treffen - von deren Anwendung sie nicht etwa dispensiert ist, weil eine andere Behörde unter einem anderen (z.B. baurechtlichen) Gesichtspunkt bereits über dasselbe Vorhaben abgesprochen hat; sie muß darüber hinaus auch von dem zur Zeit ihrer Entscheidung ihr vorliegenden Sachverhalt, soweit dieser - wie im Beschwerdefall - einer fachlichen Beurteilung bedarf, auf der Grundlage des von ihr zu diesem Zweck eingeholten Sachverständigengutachtens, ausgehen. Sie darf ohne besondere gesetzliche Regelung nicht, wie dies dem Beschwerdeführer vorschwebt, deshalb fiktiv auf einen früheren (im Beschwerdefall über ein Jahrzehnt zurückliegenden) Zeitpunkt abstellen, zu dem möglicherweise die fachliche Stellungnahme nach dem damaligen Wissensstand anders (für den Antragsteller günstiger) gelautet haben könnte, weil der Beschwerdeführer sein Gesuch schon früher hätte einbringen dürfen (und sollen). Ebensowenig ist es zulässig, worauf der Einwand des Beschwerdeführers hinausläuft, strafrechtlich relevante Momente wie vermeintliche Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsgründe zum Anlaß einer Abweichung von maßgebenden, die Behörde bindenden Normen zu nehmen. Daß im angefochtenen Bescheid darüber hinaus erwähnt wurde, dem Beschwerdeführer hätten selbst im Fall früherer Bewilligung seines Unternehmens nachträgliche Vorkehrungen aufgetragen werden können, ist nichts weiter als der Hinweis auf eine im Zusammenhang interessierende wasserrechtliche Vorschrift, die im Beschwerdefall aber nicht zur Anwendung kam und kommen konnte.

Was schließlich den verfahrensrechtlichen Vowurf anlangt, der Beschwerdeführer sei mit seiner Gegenäußerung in der Berufung zu dem im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Sachverständigengutachten nicht durchgedrungen, genügt es, auf den Inhalt des weiter oben wiedergegebenen Einwandes zu verweisen, der - abgesehen von der fehlenden Sachkunde - mit der bloßen Bezugnahme auf andere Belastungen des Vorfluters die fachliche Aussage über die von dem Überlauf aus der Kläranlage des Beschwerdeführers eintretende Beeinträchtigung des betroffenen Gewässers nicht zu entkräften vermag. Unter diesen Umständen hatte die belangte Behörde keinen Anlaß, im Rechtsmittelverfahren ein weiteres Gutachten einzuholen.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt somit nicht vor, was schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, weshalb diese gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 27. September 1985

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