VwGH 85/07/0051

VwGH85/07/00519.7.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Hoffmann und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kratzert, über die Beschwerden 1. der JS in M und 2. des RS in M, beide vertreten durch Dr. Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien I., Kärntnerstraße 37, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. Jänner 1985, Zlen. III/1-23.760-84, bzw. III/1-23.761-84, betreffend Bestrafung nach dem Wasserrechtsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §5 Abs1;
WRG 1959 §137 Abs3;
WRG 1959 §38;
VStG §5 Abs1;
WRG 1959 §137 Abs3;
WRG 1959 §38;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung (in der Folge kurz: BH) vom 25. August 1981, Zl. 9-W-81151/1, wurde den beiden Beschwerdeführern gemäß den §§ 38, 98 und 111 WRG 1969 unter bestimmten Auflagen die wasserrechtliche Bewilligung zur Anschüttung der landwirtschaftlich genutzten Parzelle Nr. 387/1, KG. M, mit sanitär einwandfreiem Material im Ausmaß von 15.000 bis 20.000 m3 erteilt, wobei die maximale Schütthöhe entlang des Maches ca. 4 bis 5 m betragen sollte.

Anläßlich einer unangesagten Überprüfung stellte die BH am 12. Oktober 1983 den infolge Verletzung verschiedener bescheidmäßiger Anordnungen konsenswidrigen Betrieb dieser Deponie fest, weshalb gegen die beiden Beschwerdeführer als Bewilligungsinhaber Strafverfahren eingeleitet wurden. In der Beschuldigtenvernehmung am 28. Oktober 1983 bestritt der Zweitbeschwerdeführer im Namen beider Beschwerdeführer zwar nicht die Tatsache der objektiven Verletzung mehrerer Bewilligungsbedingungen, doch fühlte er sich nur "indirekt schuldig", weil er und seine Gattin eine "Anschüttvereinbarung" mit der Fachfirma K-Ges.m.b.H. & Co KG (in der Folge kurz: KG) geschlossen hätten, sodaß sämtliche Verpflichtungen aus dem Bewilligungsbescheid auf diese Firma übergegangen seien. Es könne den Beschwerdeführern daher auch nicht mangelnde Obsorge hinsichtlich der Einhaltung der Auflagen vorgeworfen werden.

Mit zwei Straferkenntnissen der BH vom 16. Jänner 1984 wurden über die beiden Beschwerdeführer Geldstrafen in der Höhe von je S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je zwei Monate) verhängt, weil sie bis mindestens 12. Oktober 1983 in der KG. M eine Anschüttung der landwirtschaftlich genützten Parzelle 387/1 durchführen hätten lassen und dabei durch die Nichteinhaltung mehrerer im einzelnen aufgezählter Anordnungen des Bewilligungsbescheides vom 25. August 1981 Verwaltungsübertretungen "nach § 137 i.V.m. § 38 Wasserrechtsgesetz" begangen hätten.

Mit den beiden nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 11. Jänner 1985 hat die belangte Behörde den Berufungen der beiden Beschwerdeführer insoweit Folge gegeben, als die über sie verhängten Strafen auf je S 10.000,-- (im Nichteinbringungsfall 30 Tage Arrest) herabgesetzt wurden. Gleichzeitig wurde der Spruch der erstinstanzlichen Straferkenntnisse dahin gehend abgeändert, daß die Beschwerdeführer Verwaltungsübertretungen "nach § 137 WRG 1959 in Verbindung mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 25. August 1981, Zl. 9-W-81151/1" begangen hätten. Die ihnen angelastete Übertretung hätten die Beschwerdeführer in ihrer niederschriftlichen Einvernahme und in ihren Berufungsausführungen zugegeben, doch hätten sie bestritten, daß ihnen die Tat zum Vorwurf gemacht werden könne (Verschulden). Zu dem Einwand, daß nach Abschluß des Vertrages mit der KG alle Pflichten aus dem Bewilligungsbescheid auf diese KG übergegangen seien und die Beschwerdeführer für die Handlungen eines Dritten nicht zu haften brauchten, sei festzustellen, daß die beiden Beschwerdeführer die Adressaten des Bewilligungsbescheides, und daher zur Einhaltung der darin enthaltenen Vorschreibungen verpflichtet seien. Auch im Falle der Übertragung dieser Verpflichtungen an einen anderen bleibe die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführer erhalten. Es genüge nicht, einer Firma den Auftrag zur Entsprechung zu erteilen, die Beschwerdeführer hätten sich auch zu überzeugen gehabt, ob die KG dem Auftrag tatsächlich nachgekommen sei. Somit sei das strafbare Verhalten der Beschwerdeführer nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 darin zu erblicken, daß sie die ordnungsgemäße Einhaltung der wasserrechtlichen Vorschreibungen des Bewilligungsbescheides nicht überprüft hätten. Darin, daß die Beschwerdeführer nicht mit vorgefaßter Absicht, sondern nur fahrlässig gehandelt hätten, sei ein Milderungsgrund zu erblicken.

Gegen diese beiden Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen die Beschwerdeführer gleichlautend Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen. Sie erachten sich in ihrem Recht, im Zusammenhang mit der Durchführung der Auflagen laut wasserrechtlicher Bewilligung nicht bestraft zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrers vorgelegt und zu beiden Beschwerden Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Zweckmäßigkeitsgründen die beiden Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Gemäß § 137 Abs. 1 WRG 1959 sind Beschädigungen von Wasseranlagen sowie von gewässerkundlichen Einrichtungen (§ 57), ferner Zuwiderhandlungen gegen dieses Bundesgesetz oder die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen, schließlich die Nichteinhaltung der in Bescheiden der Wasserrechtsbehörden getroffenen Anordnungen unbeschadet einer allfälligen strafgerichtlichen Ahndung von der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis S 20.000,-- zu bestrafen.

Hat der Täter vorsätzlich gehandelt oder ist er schon wiederholt straffällig geworden, so kann gemäß § 137 Abs. 2 WRG 1959 neben der Geldstrafe auch auf eine Arreststrafe bis zu zwei Monaten erkannt werden.

§ 137 Abs. 3 WRG 1959 sieht vor, daß dann, wenn die strafbare Handlung beim Betrieb einer Wasseranlage begangen wurde, die in den Abs. 1 und 2 angedrohten Strafen neben dem Täter auch den Wasserberechtigten und seinen Betriebsleiter treffen, wenn und soweit sie es bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Überwachung der Aufsichtspersonen an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen oder wenn die strafbare Handlung mit ihrem Vorwissen begangen worden ist. Der Wasserberechtigte und sein Betriebsleiter sind in solchen Fällen auch dann strafbar, wenn der Täter selbst nicht bestraft werden kann.

Die belangte Behörde, welche die "Anschüttvereinbarung" der Beschwerdeführer mit der KG kannte und von deren Vorliegen auch in den angefochtenen Bescheiden ausgegangen ist, hat die Beschwerdeführer nicht als unmittelbare Täter im Sinne des § 137 Abs. 1 WRG 1959 bestraft, sondern ist vielmehr im Sinne des Abs. 3 dieses Paragraphen davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführer, die die Anschüttung von der KG hätten durchführen lassen, sich infolge Verletzung der ihnen als Wasserberechtigten obliegenden Aufsichtspflicht einer Verwaltungsübertretung schuldig gemacht hätten. Dabei ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, daß die mit Bescheid der BH vom 25. August 1981 unter Bezugnahme auf § 38 WRG 1959 wasserrechtlich bewilligte Anschüttung eine "Wasseranlage" darstelle, bei deren Betrieb die strafbare Handlung begangen wurde. Mit dem Begriff der Wasseranlage im WRG 1959 hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. April 1967, Zl. 1753/66, ausführlich mit dem Ergebnis auseinandergesetzt, daß darunter nicht nur solche Anlagen zu verstehen sind, die der Benutzung des Wassers dienen, sondern etwa auch solche nach § 38 Abs. 1 WRG 1959.

Da die Beschwerdeführer nicht bestritten haben, daß es beim Betrieb der über ihren Antrag bewilligten Wasseranlage zu den in den Straferkenntnissen im einzelnen aufgezählten Verstößen gegen die ihnen als Wasserberechtigten auferlegten Vorschreibungen gekommen ist, ist weiter nur zu prüfen, ob die belangte Behörde den Beschwerdeführern zu Recht auch einen Verschuldensvorwurf im Sinne der oben angeführten Vorschriften gemacht hat. Dazu haben sich die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und in ihren Beschwerden auf den Hinweis beschränkt, sie hätten durch den Abschluß der "Anschüttvereinbarung" mit der KG alles ihnen Zumutbare unternommen, um die Erfüllung der behördlichen Auflagen zu gewährleisten; nur die KG habe nun die festgestellten Verletzungen der Auflage des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides zu vertreten.

Durch den Nachweis allein, daß die den Beschuldigten treffende Verantwortung auf eine andere, wenn auch hiezu taugliche Person übergegangen sei, kann sich jedoch der Beschuldigte im Verwaltungsstrafverfahren nicht von der ihn treffenden Verantwortung entlasten. Es bedarf hiezu des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Ein fahrlässiges Verhalten des Verpflichteten ist nicht nur bei Auswahl einer ungeeigneten Person (culpa in eligendo), sondern auch bei nicht entsprechend eingehender und dauernder Kontrolle (culpa in custodiendo) der eingesetzten Person anzunehmen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, S. 367 ff, und bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes3, S. 246, angeführte Rechtsprechung). Einen Nachweis dahin gehend, daß die beiden Beschwerdeführer nicht nur die Anschüttvereinbarung mit der KG geschlossen, sondern darüber hinaus irgendwelche Kontrollmaßnahmen bezüglich der Einhaltung der bei dieser Anschüttung zu beachtenden behördlichen Auflagen vorgekehrt und durchgeführt hätten, haben die Beschwerdeführer aber nicht einmal versucht. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß die belangte Behörde bei dieser Sachlage dadurch gegen das Gesetz verstoßen hätte, daß sie die Beschwerdeführer als im Sinne des § 137 Abs. 3 WRG 1959 für die Verstöße gegen den ihnen erteilten Bewilligungsbescheid verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich behandelt und sie dafür auch bestraft hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich der den beiden Beschwerdeführern angelasteten Verwaltungsübertretungen als frei von der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtswidrigkeit. Zur Strafzumessung, die sich im gesetzlichen Rahmen bewegt, haben die Beschwerdeführer nichts vorgebracht. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Abhaltung der von den Beschwerdeführern beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Da vorliegendenfalls zwei getrennte Bescheide erlassen und bekämpft worden sind, war die Regel des § 53 Abs. 2 VwGG auf die Frage des Kostenersatzes nicht anzuwenden.

Wien, am 9. Juli 1985

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