VwGH 83/08/0135

VwGH83/08/013521.3.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident DDr. Heller und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kowalski, über die Beschwerde der Vereinigung "XY" in W, vertreten durch Dr. Elisabeth Görlich, Rechtsanwalt in Wien I, Dominikanerbastei 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. Februar 1980, Zl. VII/2-653/11-179, betreffend Verjährung des Beitragsfeststellungsrechtes (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §68 Abs1;
ASVG §68 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der Einspruch gegen den Punkt 2. des Bescheides der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 4. Oktober 1978, Zl. VA-3264/1978- Wie/Schr, abgewiesen und dieser Bescheid in dem genannten Punkt bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Verwaltung) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. Oktober 1978 stellte die mitbeteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse fest, daß RH vom 2. November 1970 bis 17. März 1973, LH vom 1. Juli 1970 bis 25. Dezember 1972 und ME vom 22. November 1971 bis 5. Juni 1972 auf Grund ihrer Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherung unterlagen (Pkt. 1. des Spruches). Ferner sprach sie aus, daß sich für die Beschwerdeführerin auf Grund dieser Feststellungen die Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen in der Höhe von S 66.117,81 ergebe, welche nicht verjährt seien. Die daraus noch offenen Beträge von S 6.960,59 seien binnen 11 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides an die Kasse zu entrichten (Pkt. 2 des Spruches des genannten Bescheides). Der Antrag vom 14. Juni 1978 auf Rückzahlung der für die genannten Dienstnehmer an die ehemalige Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich entrichteten Beiträge wurde abgelehnt (Pkt. 3. des Bescheides). Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die ehemalige Landwirtschaftskammer für Niederösterreich mit Bescheid vom 25. Mai 1972 RH per 2. November 1970, LH ab 1. Juli 1970 und ME mit 22. November 1971 auf Grund ihrer Beschäftigung bei dem genannten Dienstgeber (der Beschwerdeführerin) in die Voll- und Arbeitslosenversicherung einbezogen habe. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch habe der Landeshauptmann von Niederösterreich mit dem Bescheid vom 8. April 1974 abgewiesen. Gleichzeitig sei die Beschwerdeführerin verpflichtet worden, die bezüglichen Beiträge für die drei angeführten Versicherten an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse zu entrichten. Der Dienstgeber habe gegen diese Entscheidung Berufung erhoben. Daraufhin habe das Bundesministerium für soziale Verwaltung mit Bescheid vom 30. Dezember 1977 in Abänderung der angeführten Entscheidung des Landeshauptmannes von Niederösterreich den Bescheid der ehemaligen Landwirtschaftskrankenkasse vom 25. Mai 1972 aufgehoben. Die Berufungsbehörde sei in Beachtung des § 5 des Landarbeitsgesetzes (LAG) zu der Auffassung gelangt, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um keinen landwirtschaftlichen Betrieb handle und daher die frühere Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich für die Durchführung der Versicherung der erwähnten Personen sachlich nicht zuständig gewesen sei. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung ergebe sich somit die sachliche Zuständigkeit der mitbeteiligten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Im Hinblick auf diese Situation habe die Bezirksstelle St. Pölten der Kasse die Versicherung für die genannten Dienstnehmer für die im Spruch des Bescheides angeführten Zeiträume durchgeführt und dem Dienstgeber Beiträge in der Höhe von S 67.294,-- vorgeschrieben, wobei es in der Folge zu einer Gutschrift über S 1.176,19 gekommen sei. Im Zuge der im Jahre 1972 anläßlich einer vorgenommenen Beitragsprüfung und später durch die Einspruchsbehörde durchgeführten Ermittlungen sei festgestellt worden, daß die drei genannten Personen bei der Beschwerdeführerin als Hof-, Feld- und Stallarbeiter(in) bzw. als Traktorführer beschäftigt gewesen und hiefür entlohnt worden seien, wobei die Merkmale eines Dienstnehmers im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG vollzählig vorgelegen seien. Auf Grund dieser Tatsachen stehe fest, daß die genannten Dienstnehmer in den angeführten Zeiträumen in einer die Voll- und Arbeitslosenversicherung begründenden Tätigkeit zur Beschwerdeführerin gestanden seien. Zur Bildung der Beitragsgrundlagen und zur Vorschreibung der Beiträge habe die Kasse das den Dienstnehmern gewährte Entgelt herangezogen (§§ 44 ff ASVG, 61 AlVG 1958). Die Verpflichtung zur Entrichtung der allgemeinen Beiträge ergebe sich aus § 51 ASVG (§ 62 A1VG 1958). Gemäß § 58 Abs. 2 ASVG schulde die auf den Versicherten und den Dienstgeber entfallenden Beiträge der Dienstgeber. Er habe diese Beiträge zur Gänze einzuzahlen. Der vom Dienstgeber vertretenen Auffassung, daß wegen Verjährung keine Beiträge zu entrichten seien, könne sich die Kasse nicht anschließen. Der Dienstgeber habe für die drei namentlich genannten Versicherten "keine Anmeldungen rechtzeitig erstattet". Bei der im Jahre 1972 stattgefundenen Beitragsprüfung bzw. durch den erwähnten Bescheid vom 25. Mai 1972 habe der Dienstgeber davon Kenntnis erlangt, daß Beiträge nachzuentrichten seien. Seitdem sei das Verfahren anhängig, sodaß der Eintritt der Verjährung unterbrochen sei. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückforderung der bisher bezahlten Beiträge könne auf Grund der Bestimmung des § 69 ASVG nicht Folge gegeben werden, weil keine zu Ungebühr entrichteten Beiträge geleistet worden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Einspruch, der mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen wurde. Die belangte Behörde bejahte darin das Bestehen der Versicherungspflicht der genannten Dienstnehmer, weil bei ihren Beschäftigungsverhältnissen die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwogen hätten. Bezüglich der Frage der Verjährung der dem seinerzeitigen Dienstgeber zur Entrichtung vorgeschriebenen Beiträge sei festzuhalten, daß durch die Erhebungen der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich, insbesondere aber durch deren Bescheid vom 25. Mai 1972 eine Unterbrechung des Laufes der Verjährungsfrist eingetreten sei. § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG bestimme ausdrücklich, daß die Verjährung des Feststellungsrechtes durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen werde, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt werde. Für die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse, die nach Art. VII Abs. 1 der 29. Novelle zum ASVG die Agenden der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich übernommen habe, hätte bis zur Erlassung des Bescheides des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 30. Dezember 1977, mit welcher die sachliche Unzuständigkeit der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich festgestellt worden sei, "keine Verpflichtung, ja sogar Berechtigung bestanden," ein eigenes Verfahren der Einspruchswerberin gegenüber durchzuführen, da ein seit dem Jahr 1972 anhängiges Verfahren vorgelegen sei. Gehe man davon aus, daß erst nach Entscheidung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse "die rechtliche Möglichkeit und Notwendigkeit" besessen habe, in der Sache selbst neuerliche Maßnahmen im Sinne des § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG zu treffen, dann sei der nunmehr angefochtene Bescheid jedenfalls innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist erlassen worden.

Der gegen diesen Bescheid seinem gesamten Inhalt nach erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin gab der Bundesminister für soziale Verwaltung mit Bescheid vom 22. Juni 1983 keine Folge, soweit sie die Versicherungspflicht von drei Dienstnehmern nach dem ASVG und AlVG 1958 zum Gegenstand hatte. Soweit sie die Frage der Verjährung und Entrichtung von Beiträgen zum Gegenstand hatte, wurde sie gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 415 ASVG als unzulässig zurückgewiesen.

Nach Zustellung dieses Bescheides stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. Februar 1980. Mit dem Wiedereinsetzungsantrag verband sie die versäumte Beschwerde. Mit hg. Beschluß vom 7. Dezember 1983, Zl. 83/08/0134, wurde dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben.

Mit der vorliegenden Beschwerde wird der angefochtene Bescheid, "und zwar soweit er die Frage der Verjährung und Entrichtung von Beiträgen zum Gegenstand hat", wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft. Die Anfechtung beschränkt sich demnach auf die Entscheidung über den Einspruch hinsichtlich des Punktes 2. des Bescheides der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse vom 4. Oktober 1978, weil nur dieser Abspruch "die Frage der Verjährung und Entrichtung von Beiträgen" zum Gegenstand hatte. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei die Verjährungsfrist für die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen durch das von der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich durchgeführte Verfahren nicht berührt worden, weil deren Bescheid vom Bundesminister für soziale Verwaltung wegen Unzuständigkeit aufgehoben worden sei. Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen habe von Anfang an ausschließlich der mitbeteiligten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse zugestanden. Diese habe spätestens mit 1. Jänner 1974 infolge der Eingliederung der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich vom Sachverhalt Kenntnis erlangt und wäre von da an in der Lage gewesen, ihr Feststellungsrecht auszuüben. Sie habe jedoch keinerlei Maßnahmen im Sinne des § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG gesetzt. Die zweijährige Verjährungsfrist habe daher spätestens am 1. Jänner 1976 geendet, so daß im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 4. Oktober 1978 das Feststellungsrecht längst verjährt gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die die Verjährung des Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen regelnden Bestimmungen des § 68 Abs. 1 ASVG lauteten bzw. lauten:

a) in der ab 1. Jänner 1968 geltenden Fassung der 21. Novelle, BGBl. Nr. 6/1968:

"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) überhaupt keine oder bewußt unwahre Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen oder über deren Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) erstattet, so verjährt das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Nachzahlung der Beiträge binnen sieben Jahren vom Tage ihrer Fälligkeit. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird."

b) in der ab 1. Jänner 1973 geltenden Fassung der 29. Novelle, BGBl. Nr. 31/1973:

"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) überhaupt keine oder unrichtige Angaben über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zweck der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird."

c) in der ab 1. Jänner 1980 geltenden Fassung der 34. Novelle; BGBl. Nr. 530/1979:

"Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen zwei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tag der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird."

Die Unterbrechung der Verjährung wird demnach der in allen genannten Fassungen gleichlautenden Bestimmung des letzten Satzes des § 68 Abs. 1 ASVG zufolge durch jede zum Zweck der Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen getroffene Maßnahme bewirkt, von der der Zahlungspflichtige in Kenntnis gesetzt wird. Unter einer "Maßnahme zum Zweck der Feststellung" kann nicht eine Maßnahme eines unzuständigen Versicherungsträgers verstanden werden, weil letztere Maßnahme von vornherein nicht geeignet ist, dem Zweck der rechtswirksamen Feststellung der Verpflichtung zur Beitragszahlung dienen zu können. Derartigen Maßnahmen kann daher auch kein Einfluß auf den Ablauf der Verjährung zukommen. Von diesem Standpunkt aus gesehen läßt sich aber auch aus der im Gesetz gebrauchten Formulierung " ..... jede ...Maßnahme ....." nicht die Einbeziehung von Maßnahmen unzuständiger Versicherungsträger oder Behörden ableiten.

Der Beschwerdeführerin ist daher darin beizupflichten, daß die Maßnahmen der im vorliegenden Fall unbestritten zur Feststellung der Verpflichtung zur Beitragszahlung nicht zuständigen Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich, insbesondere auch deren Bescheid vom 25. Mai 1972, nicht die Unterbrechung der Verjährung des Feststellungsrechtes der zu dieser Feststellung zuständigen mitbeteiligten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse bewirken konnten. Letzterem Versicherungsträger wäre es ungeachtet des Einschreitens der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich freigestanden, seine Zuständigkeit zur Feststellung der Verpflichtung zur Beitragszahlung wahrzunehmen und selbst "Maßnahmen zur Feststellung" zu treffen.

Mit der 29. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 31/1973, trat aber insofern eine Änderung der Rechtslage ein, als die Landwirtschaftskrankenkassen nach Art. VII Abs. 1 leg. cit. mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 1974 in die in Betracht kommenden Gebietskrankenkassen eingegliedert wurden. Die gesamten Rechte und Verbindlichkeiten jeder am 31. Dezember 1973 bestehenden Landwirtschaftskrankenkasse gingen - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - ab 1. Jänner 1974 auf die für das betreffende Bundesland errichtete Gebietskrankenkasse über. Die danach in Betracht kommende Gebietskrankenkasse ist nach Art. VII Abs. 2 leg. cit. ab 1. Jänner 1974 zur Durchführung der Verwaltungs- und Leistungssachen, die nach den am 31. Dezember 1973 in Geltung gestandenen Vorschriften von der für das betreffende Bundesland errichteten Landwirtschaftskrankenkasse zu besorgen sind, zuständig. Damit wurde daher die Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich der mitbeteiligten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse, eingegliedert.

Zufolge der kraft Gesetzes eingetretenen Universalsukzession muß auch der Bescheid der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich vom 25. Mai 1972 ab dem 1. Jänner 1974 der mitbeteiligten Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse zugerechnet werden. Auch die mit der Erlassung des Bescheides eingetretene Bindung der erlassenden Behörde an den Bescheid (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes3, 152) ging auf die mitbeteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse über. Als Folge dieser Bindungswirkung war der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse aber nunmehr die neuerliche Aufrollung der mit dem Bescheid der Landwirtschaftskrankenkasse für Niederösterreich entschiedenen Frage der Feststellung der Beitragszahlungspflicht verwehrt. Sie konnte daher ab dem 1. Jänner 1974, solange die Bindung an den Bescheid der Landwirtschaftskrankenkasse andauerte, also bis zu dessen Aufhebung durch den Bundesminister für soziale Verwaltung, ihr Feststellungsrecht nicht ausüben, weil sie damit zwangsläufig in Widerspruch zu diesem Bescheid geraten wäre. Diese Verhinderung an der Rechtsverfolgung muß jedoch dem im § 68 Abs. 1 letzter Satz ASVG normierten Unterbrechungstatbestand gleichgehalten werden.

Daraus folgt, daß die Verjährung des der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zustehenden Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Beitragszahlung im konkreten Fall am 1. Jänner 1974 soweit die maßgeblichen Verjährungsfristen zu diesem Zeitpunkt nicht schon abgelaufen waren, unterbrochen wurde und nach dem Wegfall des Hindernisses, also nach Erlassung des Bescheides des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 30. Dezember 1977, wieder neu zu laufen begann (vgl. zur Wirkung der Unterbrechung der Verjährung Teschner-Fürböck, Anm. 4 zu § 68

ASVG).

Ob die Verjährung aber am 1. Jänner 1974 bereits eingetreten war, richtet sich nach den im jeweiligen Zeitraum geltenden Verjährungsbestimmungen, also nach § 68 Abs. 1 ASVG in der Fassung der 21. Novelle für die Zeit bis 31. Dezember 1972 und in der Fassung der 29. Novelle für die Folgezeit bis 31. Dezember 1973. Käme die in diesen Bestimmungen vorgesehene zweijährige Verjährungsfrist zum Tragen, dann wäre zumindest ein Teil der vom angefochtenen Bescheid erfaßten Beitragsforderungen am 1. Jänner 1974 bereits verjährt gewesen. Welche Verjährungsfristen nun tatsächlich anzuwenden sind, kann allerdings nicht beurteilt werden, weil der angefochtene Bescheid keine Feststellungen über den für diese Entscheidung wesentlichen Sachverhalt enthält.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß der in Beschwerde gezogene Bescheid daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/ 1981. Das Mehrbegehren auf Ersatz von Stempelgebühren war im Hinblick auf die sachliche Gebührenfreiheit (§ 110 Abs. 1 ASVG) abzuweisen. Ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer kann neben dem Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden. Ebenso gebührt auch für die Äußerung zur Gegenschrift kein Ersatz für Schriftsatzaufwand.

Wien, am 21. März 1985

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