VwGH 84/07/0075

VwGH84/07/007518.9.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Müller, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister KR, dieser vertreten durch Dr. Peter Fiegl, Rechtsanwalt in Krems an der Donau, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. Dezember 1983, Zl. 14.550/147-I 4/83, betreffend wasserrechtliche Bewilligung für ein Detailprojekt des Donaukraftwerkes Greifenstein (mitbeteiligte Partei: Österreichische Donaukraftwerke AG in Wien I, Parkring 12), zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §105 lita;
WRG 1959 §115 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §105 lita;
WRG 1959 §115 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit Forderungen der Beschwerdeführerin im Punkt IV 1-3 ab- bzw. zurückgewiesen und die wasserrechtliche Bewilligung für Baumaßnahmen gemäß Punkt I - diese jedoch nur im Bereich des Klosterneuburger Durchstiches - erteilt worden sind, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat das Vorhaben der mitbeteiligten Partei zur Errichtung des Donaukraftwerkes Greifenstein mit Bescheid vom 12. Jänner 1981 als bevorzugten Wasserbau erklärt und mit Bescheid vom 7. April 1982 das generelle Projekt wasserrechtlich bewilligt. Gemäß Punkt I 2 des Abschnittes B Bedingungen und Auflagen des zuletzt genannten Bescheides war die mitbeteiligte Partei unter anderem verpflichtet worden, für eine beabsichtigte Unterwassereintiefung ein Detailprojekt vorzulegen. Nachdem jene ein solches Projekt vorgelegt hatte, ordnete die belangte Behörde mit Kundmachung vom 14. November 1983 eine mündliche Verhandlung für den 5. Dezember 1983 an. Nach diesem Projekt sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

a) Baggerungen im Strom unterhalb des Unterwasserdurchstiches bis zum unterstromigen Ende der Unterwasser-Eintiefungsbaggerung im Strom-km 1943,0; linkes Donauufer unterhalb Strom-km 1946,85 bis zur unterstromigen Grenze der Unterwasser-Eintiefung in Stromkm 1943,1; rechtes Donauufer unterhalb Strom-km 1948,4 alt bis zum Ende der Unterwasser-Eintiefung in Strom-km 1943,1 einschließlich zugehöriges Hinterland;

b) die dadurch notwendig werdenden Anpassungsmaßnahmen beim "Silbersee" im Klosterneuburger-Durchstich und an verschiedenen Abwassereinleitungen.

Bei der am 5. Dezember 1983 durchgeführten Verhandlung erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen gegen das Projekt und verlangte folgende Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes:

1. eine Einschränkung der Arbeitszeit und die Beschränkung der Lärmemission auf ein zumutbares Maß, wobei insbesondere die Nachtarbeit in den Sommermonaten einzustellen ist;

2. eine Vergrößerung der Gerinnequerschnitte im Durchstich bzw. im "Gschirrwasser";

3. eine Tieferlegung des Einlaufbauwerkes zum "Gschirrwasser" um 20 cm;

4. die Nachreichung eines Planes betreffend Grundwasserschichtenlinien und eines Detailprojektes über die Gefälls- und Abfuhrverhältnisse im "Gschirrwasser";

5. Errichtung zusätzlicher Grundwasserbeobachtungssonden, - schreibgeräte und -pegel.

Die belangte Behörde holte in dieser Verhandlung auch ein Gutachten ihres Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ein, der darin unter anderem ausführte, daß eine Vergrößerung der Gerinnequerschnitte im Durchstich und eine Tieferlegung des Einlaufbauwerkes im Hinblick auf die Projektsabsicht nicht sinnvolle Abänderungen oder Ergänzungen seien und die geforderten Beweissicherungen, soweit wie nötig, im Verfahren ohnedies auf sachverständiger Basis festgelegt worden seien.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 1983 ist dem Detailprojekt "Unterwassereintiefung" im Spruchpunkt I die wasserrechtliche Bewilligung bei Einhaltung bestimmter Bedingungen und Auflagen erteilt worden. Im Spruchpunkt IV wurden folgende Forderungen "ab- bzw. zurückgewiesen":

1. Ausarbeitung eines Detailprojektes hinsichtlich Gefälls- und Abfuhrverhältnissen im "Gschirrwasser";

2. Vergrößerung der Gerinnequerschnitte im Durchstich bzw.-im "Gschirrwasser";

  1. 3. Tieferlegung des Einlaufbauwerkes zum "Gschirrwasser";
  2. 4. Forderungen, die die Beweissicherungen betreffen;
  3. 5. Errichtung zusätzlicher Grundwasserbeobachtungssonden, - schreibgeräte und -pegel.

    Unter Spruchabschnitt B Bedingungen und Auflagen wurde - soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung - folgendes angeordnet:

    "2. durch technische Maßnahmen ist vorzusorgen, daß der Wasserzufluß zu den Altarmen in der Klosterneuburger-Au zumindest im bisherigen Ausmaß sichergestellt ist;

    3. stark lärmende Arbeiten dürfen in den Sommermonaten tunlichst nicht in den Nachtstunden ausgeführt werden. Soweit dem Bauablauf nach möglich und wirtschaftlich vertretbar, sind Baggerarbeiten tunlichst nicht in der Laichzeit, das ist in den Monaten Mai bis Juli, durchzuführen; ansonsten sind die Fischereiberechtigten angemessen zu entschädigen."

    In der Begründung dieses Bescheides wurde hinsichtlich des Abspruches über das Vorbringen der Beschwerdeführerin folgendes ausgeführt:

    "Zu den Ausführungen, welcher Zustand für die Anpassungsmaßnahmen maßgebend ist, wird bemerkt, daß grundsätzlich vom rechtskräftig bewilligten Zustand auszugehen ist. Falls jedoch eine Wasseranlage nicht ausreichend geräumt wird, so daß sich eine höhere Sohlen- oder Schwellenlage gebildet hat, so müssen die hiefür Wasserberechtigten vorerst den konsensmäßigen Zustand herstellen, den dann das Kraftwerkunternehmen erforderlichenfalls anzupassen hat. Diese Rechtssituation schließt aber nicht aus, das Wasserberechtiger und Kraftwerksunternehmen einvernehmlich eine andere Lösung anstreben. Im Zusammenhang mit den geplanten Maßnahmen können sich nur aus der entstehenden Spiegelabsenkung Auswirkungen ergeben. Das Maß der geplanten Sohleneintiefung im Talweg ist dafür nicht von Bedeutung. Bei der vorerst geforderten Entfernung der 193 m langen "Schwelle" kann lediglich die im Projekt vorgesehene Belassung einer Hochstrecke der Sohle in dieser Länge gemeint sein. Da der Wassereinzug in den Durchstich im wesentlichen von der Einlaufschwelle am Gerinneanfang (Kronenlänge auf Höhe 162,62 m ü A) bestimmt wird, würde nach dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen bei Befolgung dieser Forderung hauptsächlich eine Spiegelsenkung im Gerinne entstehen. Dies würde Auswirkungen auf die Grundwasserspiegellage in der Au und damit auf deren Wasserversorgung sowie auf die Ergiebigkeit der Brunnen in der Au haben. Die vom Kraftwerksunternehmen angebotene Anordnung von zwei Rohrleitungen, Durchmesser 50 cm, im Bereich dieser Hochschwelle hat hingegen nur eine kleine zusätzliche Förderfähigkeit und kann daher auch keine große Spiegelsenkung bewirken. Gegen die Ausführung dieser Maßnahmen bestehen daher keine Bedenken. Hingegen hätten die Vergrößerung der Gerinnequerschnitte im Durchstich und im "Gschirrwasser" sowie die geforderte Absenkung der Sohle bis auf ein angeblich bestehendes Pflaster eindeutig spiegelabsenkende Wirkungen und sind daher aus den o.a. Gründen abzulehnen. Diesbezügliche Forderungen waren daher unter Bedachtnahme auf das begründete und unangefochten gebliebene Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen abzuweisen. Die Forderung, die Schwelle abzutragen, wurde übrigens in den späteren Ausführungen der Beschwerdeführerin selbst widerrufen. Wie der Lokalaugenschein gezeigt hat, handelt es sich bei der im Anschluß an die Einlaufschwelle im "Gschirrwasser" vorhandenen Hochstelle um keine erst vor kurzer Zeit entstandene temporäre Anlandung. Die Stelle macht - im Gegenteil - den Eindruck eines seit langem bestehenden festen Gerinnebereiches, durch den die in diesem Altarm möglichen Abströmverhältnisse seit längerer Zeit festgelegt wurden. Es kann daher den diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden. Die nunmehr für die Brunnenanlagen geforderten Beweissicherungen wurden - soweit als nötig - im diesbezüglichen vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung durchgeführten und abgeschlossenen Verfahren auf sachverständiger Basis festgelegt. Ergänzungen sind weder rechtlich möglich noch sachlich gerechtfertigt. Hinsichtlich der im übrigen auch von der Fischerei verlangten Beschränkung der Bauzeit (Ausschluß der Nachtstunden bzw. der Laichzeit) ist festzustellen, daß dieser Forderung aus bauorganisatorischen Gründen nicht in diesem Maß nachgekommen werden kann. Angestrebt muß allerdings werden, daß stark lärmende Arbeiten in den Sommermonaten tunlichst nicht in den Nachtstunden ausgeführt werden, weshalb auch eine entsprechende Auflage erging."

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem ihr zustehenden Recht gemäß § 115 Abs. 2 WRG 1959, Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes (Projektes) zu verlangen, durch welches das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird, verletzt.

    Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Ab- bzw. Zurückweisung der im Spruchpunkt IV 1 bis 3 genannten Forderungen sowie gegen die Nichtberücksichtigung ihres Verlangens auf Nachreichung eines Grundwasserschichtenplanes; weiters bemängelt die Beschwerdeführerin, daß die von ihr im öffentlichen Interesse und im Interesse der Bewohner von Kritzendorf und Höflein erhobene Forderung auf Vermeidung stark lärmender Arbeiten zur Nachtzeit nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, da die unter Punkt 3 erteilte Auflage zu unbestimmt und unpräzise sei.

Gemäß § 115 Abs. 1 WRG 1959 haben die durch einen bevorzugten Wasserbau berührten Dritten grundsätzlich nur den Anspruch auf angemessene Entschädigung. Nach Abs. 2 desselben Paragraphen können, wenn vor der Bewilligung des Bauvorhabens eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, die Beteiligten Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.

Die Beschwerdeführerin, die behauptet, daß sie bei Verwirklichung des Vorhabens in ihren rechtmäßig geübten Wassernutzungen (§ 12 Abs. 2) berührt wird, ist "Beteiligte" im Sinne des § 115 Abs. 2 WRG 1959 (vgl. hiezu auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 27. März 1968, Slg.N.F. Nr. 7324/A). Die Beschwerdeführerin konnte demnach solche Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird. Die Forderung der Beschwerdeführerin auf Vorlage von Grundwasserschichtenplänen zum Zwecke der Beweissicherung war daher aus diesem Rechtsgrunde ebensowenig begründet wie die aus öffentlichem Interesse gestellte Forderung von Maßnahmen zur Vermeidung von Lärmimmissionen, da die Beschwerdeführerin nach dem Gesetz (§ 105 lit. a in Verbindung mit § 102 Abs. 1 lit. b und § 12 Abs. 2 WRG 1959) und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Februar 1969, Zl. 1897/68, vom 30. März 1978, Zl. 1389/77 u.a.m.) nicht berechtigt ist, die Belästigung durch derartige Immissionen im wasserrechtlichen Verfahren geltend zu machen. Insoweit ist die Beschwerde unbegründet und daher abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG 1965).

Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen ist hingegen die Beschwerdeführerin im Recht.

Zur Beantwortung der Frage, ob das Verlangen der Beschwerdeführerin auf Vergrößerung des Gerinnequerschnittes im Durchstich bzw. im "Gschirrwasser" und auf Tieferlegung des Einlaufbauwerkes zum "Gschirrwasser" den Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 WRG 1959 entspricht, hat sich die belangte Behörde der Mitwirkung eines amtlichen Sachverständigen für Wasserbautechnik bedient. Dieser hat das im angefochtenen Bescheid in seinen wesentlichen Teilen im Wortlaut wiedergegebene Gutachten erstattet. Auf Grund dieses Gutachtens ist die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß die von der Beschwerdeführerin begehrten Änderungen deshalb ab- bzw. zurückzuweisen seien, weil sie eine spiegelabsenkende Wirkung hätten. Der Sachverständige selbst beurteilte die Forderung auf Absenkung der Schwelle des Einlaufbauwerkes um 20 cm als nicht sinnvoll.

Dabei ist unklar, wie die belangte Behörde die Ab- bzw. Zurückweisungsgründe zuordnet. Zunächst wäre von der belangten Behörde zu klären gewesen, inwieweit von der Beschwerdeführerin Abänderungen und Ergänzungen des Entwurfes verlangt worden sind, durch die das Bauvorhaben wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird. Nur insoweit wäre die belangte Behörde berechtigt gewesen, eine Zurückweisung der erhobenen Einwendungen in Punkt IV 1 bis 3 des Spruches des bekämpften Bescheides auszusprechen.

Sollte die belangte Behörde der Ansicht gewesen sein, das einzelne oder alle Einwendungen, die Abänderungen oder Ergänzungen des Entwurfes verlangen, das Bauvorhaben nicht wesentlich erschweren oder einschränken, dann hätte sie sich mit diesem Parteivorbringen im einzelnen auf fachkundiger Basis auseinandersetzen müssen, wobei die belangte Behörde zu prüfen gehabt hätte, inwieweit das Verlangen der Beschwerdeführerin zum Schutze ihrer subjektiven Rechte zielführend war. Weder die Begründung des angefochtenen Bescheides noch die Begutachtung des beigezogenen Sachverständigen für Wasserbautechnik lassen in ausreichender Weise erkennen, warum die in Punkt IV 1 bis 3 des Spruches des bekämpften Bescheides abgelehnten Forderungen der Beschwerdeführerin nicht im Sinne des § 115 Abs. 2 WRG 1959 berechtigt gewesen und warum nicht in diesem Zusammenhang auch allenfalls planliche Darstellungen, wie sie von der Beschwerdeführerin gefordert wurden, zur Beweisführung in die eine oder andere Richtung notwendig sind. Die Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes und der aufgezeigte Begründungsmangel führen zufolge § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren für Stempelgebühren war abzuweisen, da die Beschwerdeführerin von der Entrichtung solcher Gebühren gemäß § 2 Z. 2 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, befreit ist.

Wien, am 18. September 1984

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