VwGH 83/13/0153

VwGH83/13/015315.2.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde des HS in K, vertreten durch Dr. Walter Rosna, Rechtsanwalt in Baden, Hauptplatz 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22. Juli 1983, GA 5- 340/83, betreffend Alleinverdienerabsetzbetrag für 1981, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §57 Abs2 idF 1979/550 ;
EStG 1972 §57 Abs2 idF 1979/550 ;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das zuständige Finanzamt hat im Oktober 1981 die Lohnsteuerkarte des Beschwerdeführers durch Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages per 1. Jänner 1981 berichtigt, da ihm durch die Gattin des Beschwerdeführers zur Kenntnis gelangt war, daß dieser seit Mai 1981 von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebt.

Mit Eingabe vom 22. März 1982 beantragte der Beschwerdeführer hierauf die neuerliche Zuerkennung und Eintragung des Alleinverdienerabsetzbetrages für das Streitjahr. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, seine Gattin habe im Jahre 1981 nur Bruttobezüge in der Höhe von S 1.222,-- gehabt.

Diesen Antrag des Beschwerdeführers wies das Finanzamt mit Bescheid ab und begründete diese Entscheidung damit, daß aus dem rechtskräftigen Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt über die Scheidung im Einvernehmen gemäß § 55a Ehegesetz vom 11. Februar 1982 hervorgehe, daß der Beschwerdeführer bereits seit März 1981 von seiner Gattin getrennt lebe. Der Alleinverdienerabsetzbetrag sei daher auf der Lohnsteuerkarte des Beschwerdeführers ab Beginn des Jahres 1981 zu streichen gewesen. Die Höhe der Einkünfte der Ehegattin des Beschwerdeführers sei in diesem Zusammenhang nicht mehr von Bedeutung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, in welcher er ausführte, "daß das 'getrennt leben' im Sinne des Eherechtes (ein in der Spruchpraxis der Gerichte gern angeführter Grund bei einvernehmlichen Lösungen der Ehe) nicht automatisch einem 'getrennt leben' im Sinne des Steuerrechtes gleichzusetzen ist". Zudem sei er 1981 für sämtliche Kosten des Lebensunterhaltes der Haushaltsführung seiner Familie aufgekommen. Seinen Hauptwohnsitz habe er, ebenso wie seine Familie in K, Sstraße 49, gehabt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dieses Rechtsmittel abgewiesen und begründend im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer, welcher die Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages mit Wirkung vom 1. Jänner 1981 bekämpfe, bestreite zwar nicht, daß er die eheliche Gemeinschaft im März 1981 aufgelöst habe, wende jedoch ein, daß der Begriff "getrennt leben" im Sinne des Eherechtes und nicht im Sinne des Steuerrechtes zu verstehen sei. Der Beschwerdeführer habe weiters vorgebracht, daß er seinen Hauptwohnsitz nach wie vor bei seiner Familie gehabt habe und führe ferner aus, daß er "fast täglich" nach Hause gekommen sei. Er habe auch für den Lebensunterhalt seiner Familie gesorgt.

Alle diese Vorbringen könnten jedoch der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen; denn aus dem Wortlaut des § 57 Abs. 2 EStG 1972 ergebe sich, "daß die Begünstigung des Alleinverdienerabsetzbetrages an das Bestehen einer Ehe geknüpft ist, wobei als weitere Voraussetzung im Gesetz ausdrücklich festgelegt wird, daß die Ehegatten nicht dauernd getrennt leben".

Die Ehe des Beschwerdeführers sei durch Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 11. Februar 1982 nach § 55a Ehegesetz geschieden worden, wobei das Gericht in der Begründung dieses Beschlusses festgestellt habe, daß die eheliche Gemeinschaft des Beschwerdeführers mit seiner Gattin seit März 1981 aufgehoben gewesen sei. Diese Feststellung des Gerichtes sei nicht dadurch entkräftet worden, daß der Beschwerdeführer behaupte, er habe 1981 nach wie vor seinen Hauptwohnsitz bei seiner Familie gehabt.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer zwar bei seiner Familie polizeilich gemeldet gewesen sei, daß er aber im März 1981 einen zweiten Wohnsitz in W, G-gasse 26, begründet habe, wohin er mit einem Teil seiner Sachen gezogen sei. Der Umstand, wo jemand polizeilich gemeldet sei, "begründet weder einen Wohnsitz noch gibt dieser Umstand darüber Aufschluß, wo sich jemand tatsächlich aufhält". Nach dem wörtlichen Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er im fraglichen Zeitraum "fast täglich" nach Hause gekommen sei, gehe wohl hervor, daß sein Aufenthalt bei der Familie ab März 1981 sporadisch gewesen sei, "und diesen Aufenthalten eher Besuchscharakter zukam".

Bei Wegfall der für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages maßgeblichen Voraussetzungen sei dieser "infolge seiner Eigenschaft als nichtaufteilungsfähiger Jahresbetrag … grundsätzlich rückwirkend zu streichen". Die Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrages sei vorliegendenfalls demnach zu Recht mit Wirkung ab 1. Jänner 1981 erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 2 EStG 1972 steht dem verheirateten Arbeitnehmer ein Alleinverdienerabsetzbetrag von S 3.200,-- jährlich zu, wenn der von ihm nicht dauernd getrennt lebende unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte entweder keine Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 oder solche Einkünfte von insgesamt nicht mehr als S 10.000,-- jährlich erhielt.

§ 59 Abs. 1 leg. cit. normiert, daß der Alleinverdienerabsetzbetrag bei Wegfall der Voraussetzungen rückwirkend ab dem Beginn des Kalenderjahres zu streichen ist.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 57 Abs. 2 EStG 1972 steht einem Arbeitnehmer ein Alleinverdienerabsetzbetrag nur dann zu, wenn er verheiratet ist und von seinem unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten - der im übrigen keine oder nur Einkünfte in einer im Gesetz normierten Höhe haben darf - nicht dauernd getrennt lebt. Das Tatbestandsmerkmal des "nicht dauernd getrennt Lebens" stellt schon nach dem Sinn dieser Worte nicht auf die Anzahl der Wohnsitze eines der beiden Ehegatten oder dessen polizeiliche Meldung und auch nicht auf die Tragung der Kosten des Familienhaushaltes, sondern ausschließlich auf die Sachverhaltsfrage ab, ob der Arbeitnehmer, welcher den Alleinverdienerabsetzbetrag beansprucht, bei an sich aufrechter Ehe tatsächlich in Gemeinschaft mit oder aber eben dauernd getrennt von seinem Ehegatten lebt. Von einem "nicht dauernd getrennt leben" ist in diesem Zusammenhang auch dann noch zu sprechen, wenn der Arbeitnehmer z.B. aus Gründen seines Berufes - sei es auch für längere Zeit und immer wieder - vom gemeinsamen Familienwohnsitz abwesend ist, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen jedoch an diesen zurückkehrt, um sodann gemeinsam mit seinem Ehegatten dort zu leben. Ein "dauernd getrennt leben" im Sinne der obzitierten gesetzlichen Bestimmung ist hingegen jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Ehegatte die gemeinsame eheliche Wohnung verläßt und - getrennt von seinem Ehepartner ohne wieder eine eheliche Gemeinschaft mit diesem aufzunehmen - auf Dauer sein Leben in einer anderen Wohnung verbringt. An dem Zustand des von dem Ehegatten dauernd getrennt Lebens ändert auch die Tatsache nichts, daß jener Eheteil, welcher die eheliche Wohnung verlassen hat, mehr oder weniger oft, etwa zum Besuch gemeinsamer Kinder, in dieselbe zurückkehrt.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer ab März 1981 eine eigene, von der ehelichen Wohnung örtlich getrennte Wohnung bewohnte und ab dem genannten Zeitpunkt, wie in der Beschwerde selbst ausgeführt wird, die Nächte nicht mehr in der ehelichen Wohnung verbrachte. Außer Streit steht auch, daß dieser Zustand ein dauernder war, der letztlich im Februar 1982 in die Scheidung des Beschwerdeführers von seiner Gattin mündete.

Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf diesen nicht strittigen Sachverhalt davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer ab dem März 1981 von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebte, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer noch nach dem genannten Zeitpunkt mehr oder weniger oft die eheliche Wohnung aufsuchte; denn mit Recht wird in dem angefochtenen Bescheid diesen Aufenthalten des Beschwerdeführers bei seiner Familie unter Berücksichtigung der sonstigen, nicht in Streit stehenden Gegebenheiten nur der Charakter von gelegentlichen Besuchen, nicht aber die Qualifikation eines nicht dauernd getrennt Lebens von der Ehegattin beigemessen. Dies gilt umso mehr, als auch das Kreisgericht Wiener Neustadt in seinem Beschluß vom 11. Februar 1982 ausdrücklich davon ausgeht, daß die eheliche Gemeinschaft des Beschwerdeführers und seiner Gattin "seit März 1981 aufgehoben" war und die Genannten "seither getrennt" leben. Dafür aber, daß die Worte "getrennt leben", durch welche lediglich eine bestimmte Tatsache zum Ausdruck gebracht wird, in der Terminologie des Eherechtes eine ganz andere Bedeutung hätten als in der des Einkommensteuergesetzes, wie dies der Beschwerdeführer annimmt, gibt es - die belangte Behörde hat richtig darauf hingewiesen - keinen Anhaltspunkt.

Durfte die belangte Behörde demnach zu Recht davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer ab März 1981 tatsächlich von seiner Ehegattin dauernd getrennt lebte, dann ist ihr auch beizustimmen, wenn sie die Ansicht vertritt, daß mit diesem Zeitpunkt eine der Voraussetzungen für den Anspruch des Beschwerdeführers auf einen Alleinverdienerabsetzbetrag hinsichtlich des Streitjahres weggefallen ist. Bei dieser Sachlage durfte sie im Hinblick auf § 59 Abs. 1 EStG 1972 unbedenklich zu dem Schluß gelangen, daß der Alleinverdienerabsetzbetrag auf der Lohnsteuerkarte des Beschwerdeführers mit 1. Jänner 1981 zu streichen war.

Da demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit belastet war, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 15. Februar 1984

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