VwGH 83/11/0077

VwGH83/11/007710.10.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde des EL in G, vertreten durch Dr. Fritz König, Rechtsanwalt in Graz, Friedrichgasse 6/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 8. Februar 1983, Zl. 11-39 Le 9-83, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §46 Abs1 impl;
AVG §71 Abs1 lita;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §46 Abs1 impl;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Dezember 1982 auf Verlängerung seiner bis 13. Dezember 1982 befristet erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe B erging der mündlich verkündete Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 17. Dezember 1982, mit dem dem Antrag insofern stattgegeben wurde, als die Lenkerberechtigung bis 17. Juni 1985 und mit der Auflage, halbjährlich eine Behandlungsbestätigung wegen der vom Polizeiarzt als ärztlichem Sachverständigen festgestellten Hypertonie vorzulegen, verlängert wurde. Der Beschwerdeführer kündigte im Anschluss an die Verkündung die Erhebung einer Berufung wegen der Befristung und der genannten Auflage an. In der Folge wurde am 3. Jänner 1983 eine vom bevollmächtigten Rechtsanwalt - dem nunmehrigen Beschwerdevertreter - verfasste Berufung gegen diesen Bescheid zur Post gegeben; mit der Berufung wurde ein Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist verbunden. Dieser Antrag wurde damit begründet, dass es auf Grund eines Missverständnisses dazu gekommen sei, dass eine Angestellte des Beschwerdevertreters den Fristvormerk insofern unrichtig vornahm, als sie die Berufungsfrist von der Information des Beschwerdevertreters durch den Beschwerdeführer (d. i. vom 27. Dezember 1982 an) berechnete.

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1983 hat die Bundespolizeidirektion Graz dem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge gegeben. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid seinerseits keine Folge gegeben.

In der Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Als Beschwerdepunkt nennt er das Recht "auf Anwendung der verwaltungsrechtlichen Verfahrensvorschriften in einer solchen Funktion, dass dadurch die Durchsetzbarkeit des materiellen Rechtes im weitestmöglichen Umfang gewährleistet ist".

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten.

In der Begründung seiner Beschwerde führt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die hg. Rechtsprechung aus, die belangte Behörde habe zu Unrecht im Versehen der Kanzleiangestellten des Beschwerdevertreters kein Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 erblickt. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat seit dem Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. März 1976, Slg. Nr. 9024/A, in ständiger Rechtsprechung dazu ausgesprochen, dass unter einem Ereignis in diesem Sinne auch auf die menschliche Unzulänglichkeit zurückzuführende innere Vorgänge, wie Vergessen oder Irrtum, zu verstehen sind.

Dennoch haben die Behörden im Ergebnis zu Recht den Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass ein Verschulden des Vertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist. Wenn einer Angestellten des Vertreters beim Fristvormerk ein Fehler unterläuft, dann hat das ebenfalls die Partei selbst zu vertreten, weil ein Rechtsanwalt verpflichtet ist, die zur Einhaltung von Fristen erforderlichen kanzleiinternen Maßnahmen zu überwachen (Beschluss eines 19. verstärkten Senates vom 19. Jänner 1977, Slg. Nr. 9226/A). Lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann er ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Im übrigen trifft ihn an Irrtümern seiner Angestellten bei Vernachlässigung seiner Überwachungspflicht das Verschulden. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdevertreter der Angestellten ohne nähere Angaben aufgetragen, die Rechtsmittelfrist vorzumerken. Dass er in diesem Zusammenhang irgendwelche Kontrollmaßnahmen gesetzt hatte, hat er nicht behauptet. Er hat damit in Vernachlässigung seiner Überwachungspflicht die verspätete Einbringung der Berufung schuldhaft verursacht, weswegen der Wiedereinsetzungsantrag zu Recht abgewiesen wurde. Daran kann insbesondere auch die Tatsache nichts ändern, dass die Kanzlei des Beschwerdevertreters am 31. Dezember 1982, dem letzten Tag der Berufungsfrist, geschlossen war und dass aus diesem Grunde sowie wegen der vorangegangenen Weihnachtsfeiertage am Vortag eine erhebliche Arbeitsmehrbelastung bestand. Auch dabei handelt es sich um Umstände, denen der Rechtsanwalt durch geeignete Vorkehrungen zu begegnen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 10. Oktober 1984

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