Normen
WWSLG Tir 1952;
WWSLG Tir 1952;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Gemäß Bescheid (Provisorialverfügung) der Agrarbezirksbehörde E vom 27. Februar 1929, Zl. 194/112, ist die im Eigentum des Mitbeteiligten stehende Liegenschaft EZ. nn KG. R, vlg. YY, auf der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden sogenannten X-Alpe in der VI. Weidegruppe weideberechtigt. Unter III. dieser Urkunde ("Beschaffenheit und Umfang der Dienstbarkeit") ist nach einer näheren Beschreibung der Weiderechte, des Holzbezugsrechtes und des Streubezugsrechtes unter Punkt 4.) den berechtigten Gütern das Recht der Waldbodenbenützung eingeräumt, und zwar "für alle zur Verhaagung und zum Schutze der Tiere, dann zur Alpenwirtschaft erforderliche Objekte, sowie für alle notwendigen, unten näher bezeichneten Geh-, Zieh-, Trieb- und Fahrwege". Unter Punkt D 1.) der Bedingungen für die Waldbodenbenützung heißt es in der Regulierungsurkunde ferner, daß das in Rede stehende Recht der Waldbodenbenützung ohne Bewilligung der Belasteten in keiner Weise erweitert oder auf andere Grundstücke übertragen werden dürfe.
Auf der Bp. 178 der Beschwerdeführerin im Servitutsgebiet besteht eine zugunsten des Z-Gutes des Mitbeteiligten eingeforstete Almhütte; der Mitbeteiligte habe durch mehrere Jahre hindurch einen Raum dieser Almhütte an eine Frau N aus O vermietet.
Die Beschwerdeführerin erblickte in dieser Vermietung eine unzulässige Ausweitung der urkundlichen Rechte durch den Mitbeteiligten und stellte deshalb am 9. August 1982 bei der Agrarbehörde erster Instanz den Antrag, dem Mitbeteiligten "die Vermietung von Räumlichkeiten im Alpsgebäude auf Bp. 178 an Dritte bei sonstigem Verlust des Platzrechtes zu untersagen".
In einer Stellungnahme zu diesem Antrag gab der Mitbeteiligte am 27. Jänner 1983 an, daß er die Hütte im Jahre 1982 nicht mehr vermietet habe, er stelle aber zur Klarstellung seinerseits den Antrag auf Feststellung durch die Agrarbehörde, daß er zur Vermietung dieser Alphütte berechtigt sei.
Gegen diese Feststellung sprach sich die Beschwerdeführerin unter neuerlicher Berufung auf den Umfang der urkundlichen Rechte aus.
Die Agrarbehörde erster Instanz stellte hierauf mit Bescheid vom 14. Juni 1983 "gemäß § 38 Wald- und Weideservitutengesetz, LGBl. Nr. 21/1952 (WWSG), fest, daß die Vermietung des auf Bp. 178 KG. F bestehenden Alpgebäudes des AB nicht gegen die Bestimmungen der Provisorialverfügung der Agrarbezirksbehörde E vom 27. Februar 1929, Zl. 194/112, verstößt". Die Agrarbehörde könne aus den Formulierungen der Urkunde kein Verbot zur Vermietung von Räumlichkeiten in den Alpsgebäuden entnehmen. Die strittige Hütte sei zur Alpwirtschaft erforderlich, eine räumliche Erweiterung dieses Objektes habe nicht stattgefunden.
Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 1983 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 7 und 38 Abs. 2 WWSG als unbegründet abgewiesen. Wenn in der Regulierungsurkunde davon die Rede sei, daß das Waldbodenbenützungsrecht ohne Bewilligung der Belasteten in keiner Weise erweitert oder auf andere Grundstücke übertragen werden könne, so heiße dies im gegebenen Zusammenhang, daß keine anderen Objekte und Anlagen errichtet werden dürften als jene wie sie urkundlich für die X-Alpe festgelegt worden seien. Ein Rechtsanspruch der Beschwerdeführerin auf Untersagung der Vermietung eines Teiles der Hütte an Dritte bei sonstigem Verlust des Platzrechtes lasse sich daraus aber nicht ableiten. Daß diese Hütte an sich "ein für die Alpwirtschaft erforderliches Objekt ist und daß diese Hütte nicht auch vom Inhaber der servitutsberechtigten - Z-liegenschaft für alpswirtschaftliche Zwecke benutzt wird", habe nicht einmal die Beschwerdeführerin behauptet. Es könne aus der Regulierungsurkunde keine Regelung entnommen werden, wonach auf das von der Beschwerdeführerin beantragte Verbot der teilweisen Vermietung der Hütte geschlossen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Mitbeteiligte hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Äußerung abgegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem zweiten Satz des § 38 Abs. 2 WWSG entscheiden die Agrarbehörden auch außerhalb eines Regulierungs- oder Ablösungsverfahrens mit Ausschluß des Rechtsweges u.a. über Bestand und Umfang von Nutzungsrechten sowie über Streitigkeiten hinsichtlich der Ausübung von Nutzungsrechten. Die Agrarbehörden waren daher im Beschwerdefall zur Entscheidung über die vorliegenden Parteianträge (Untersagungsantrag der Beschwerdeführerin bzw. Feststellungsantrag des Mitbeteiligten) zuständig.
Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides hat die belangte Behörde die erstinstanzliche Feststellung bestätigt, daß die Vermietung des Alpgebäudes durch den Mitbeteiligten nicht gegen die Bestimmungen der Regulierungsurkunde verstoße. Damit wurde die Vermietung der gesamten Hütte ohne Rücksicht darauf für zulässig erklärt, ob sie vom Mitbeteiligten zur Ausübung seiner Weiderechte benötigt und verwendet wird. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist demgegenüber zu entnehmen, daß nach Meinung der belangten Behörde so lange gegen die Vermietung eines Teiles der Hütte nichts einzuwenden sei, als sie im übrigen weiter für die Alpwirtschaft erforderlich ist und dafür tatsächlich in Verwendung steht. Diesem Widerspruch kommt indes mit Rücksicht auf die nachfolgenden Erörterungen im Beschwerdefall keine entscheidende Bedeutung zu.
Die Almhütte des Mitbeteiligten ist unbestritten ein "zur Alpenwirtschaft erforderliches Objekt" im Sinne der Provisorialverfügung vom 27. Februar 1929. Eine auch nur teilweise Benützung zu anderen Zwecken als zu jenen der "Alpenwirtschaft" sieht jedoch diese Regulierungsurkunde nicht vor. Das in dieser Urkunde verbriefte Recht zur Waldbodenbenützung wurde vielmehr unmißverständlich als Nebenrecht zu dem Zweck eingeräumt, die Ausübung der primären Weidebenutzungsrechte durch die Servitutsberechtigten zu ermöglichen. Die Benützung des Alpgebäudes darf daher im Rahmen der Servitutsausübung nur zum Zwecke der Ausübung des Weidenutzungsrechtes erfolgen. Jede andere Benützungsart - also auch die nur teilweise Vermietung zu Zwecken des Fremdenverkehrs - stellt sich auch dann, wenn eine räumliche Erweiterung der Hütte im Zuge der Vermietung nicht stattgefunden hat, als eine Erweiterung des Rechtes der Waldbodenbenützung dar, die ohne Bewilligung der belasteten Beschwerdeführerin nicht zulässig ist (vgl. dazu die einschlägigen Ausführungen im Erkenntnis des Obersten Agrarsenates vom 7. März 1979, Zl. 710.284/02-OAS/79).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als mit der von der Beschwerdeführerin aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aber mit Rücksicht auf die von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren zum Ausdruck gebrachte Auffassung, bereits die Nichtverwendung eines Alpobjektes oder eines Teiles desselben für reine alpwirtschaftliche Zwecke stelle eine unzulässige Rechtserweiterung dar, sowie mit Rücksicht auf den Wortlaut des von der Beschwerdeführerin gestellten Untersagungsantrages vom 9. August 1982 noch zu folgenden Hinweisen veranlaßt:
Das urkundlich eingeräumte Recht zur Waldbodenbenützung für Zwecke der Alpwirtschaft, das auch das Recht zum Halten von Alpgebäuden umfaßt, steht mit dem Hauptrecht der Weidenutzung in einem rechtlich und wirtschaftlich untrennbaren Zusammenhang. Es besteht daher grundsätzlich so lange wie das Weiderecht selbst, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob das Weidenutzungsrecht gerade ausgeübt wird oder nicht (vgl. auch dazu die Ausführungen im oben angeführten Erkenntnis des Obersten Agrarsenates). Eine Untersagung der Vermietung eines Alpgebäudes an Fremde, die nicht in der Alpbewirtschaftung tätig sind, kann daher bei aufrechtem Bestand des Weiderechtes keinesfalls mit der von der Beschwerdeführerin beantragten Androhung des sonstigen Verlustes des Platzrechtes verbunden werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Die Abweisung des Mehrbegehrens geht darauf zurück, daß das Gesetz einen gesonderten Ersatz der Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht vorsieht.
Wien, am 19. Juni 1984
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