Spruch:
Der Spruchpunkt 1.) des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.260,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer als Eigentümer des Grundstückes Nr. n1 KG. T beantragte am 14. Juli 1982 bei der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg (BH) die Feststellung gemäß § 5 des Forstgesetzes 1975 (FG), dass eine in einem Lageplan näher bezeichnete Teilfläche dieses Grundstückes im Ausmaß von ca. 500 m2 nicht Wald im Sinne des FG sei.
Die BH gelangte nach Einholung eines forsttechnischen Gutachtens in ihrem Bescheid vom 25. Jänner 1983 in Spruchpunkt I jedoch zu der Feststellung, dass es sich bei dieser Fläche um Wald im Sinne des § 1 FG handle. In Spruchpunkt II dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer überdies gemäß § 16 Abs. 4 FG ein forstrechtlicher Entfernungsauftrag erteilt.
Über die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung entschied der Landeshauptmann von Steiermark (LH) mit Bescheid vom 5. Juli 1983 dahingehend, dass in Spruch I seines Bescheides aus Anlass der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 der Spruchpunkt I des Bescheides der BH behoben und der Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung eines forstlichen Feststellungsverfahrens zurückgewiesen wurde. In Spruch II des Bescheides des LH wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt II des Bescheides der BH nicht Folge gegeben und damit der Entfernungsauftrag bestätigt. Zur Frage der Waldfeststellung führte der LH begründend aus, ein forstliches Feststellungsverfahren nach § 5 FG sei nur dann durchzuführen, wenn Zweifel an der Waldeigenschaft bestünden. Da jedoch eine südlich an die Antragsfläche angrenzende Teilfläche von 400 m2 desselben Grundstücks bereits im Mai 1982 als Nichtwald festgestellt worden sei, ergebe sich aus einem Umkehrschluss, dass der übrige Teil dieses Grundstücks als Wald im Sinne des FG anzusehen sei. Dies folge auch daraus, dass der Beschwerdeführer selbst für einen Teil dieser Fläche einen Rodungsantrag gestellt habe und daher selbst von der Waldeigenschaft ausgegangen sei. Außerdem habe eine Überprüfung der Antragsbehauptungen "mittels Luftbild aus dem Jahre 1975" ergeben, dass die Antragsfläche bereits damals zu 6/10 mit Holzgewächsen überschirmt gewesen sei. Es bestünden daher überhaupt keine Zweifel an der Waldeigenschaft dieser Fläche, sodass der Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung eines forstlichen Feststellungsverfahrens schon aus diesem Grunde zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer wieder berufen, wobei er den Berufungsantrag stellte, die Berufungsbehörde möge in Stattgebung seiner Berufung aussprechen, dass das vom Beschwerdeführer beantragte forstliche Feststellungsverfahren durchgeführt werde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. Oktober 1983 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) in Spruch 1.) seines Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 den als "Spruch I" bezeichneten Teil des Bescheides des LH behoben und den davon betroffenen Bescheid der BH insoweit bestätigt, als "hiemit gemäß § 5 FG festgestellt worden ist, dass es bei der verfahrensgegenständlichen Teilfläche im Ausmaß von rd. 0,05 ha des Waldgrundstückes Nr. n1, KG. T, um Wald im Sinne des FG handelt". In Spruch 2.) des Bescheides der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 AVG 1950 in Verbindung mit § 170 Abs. 7 FG als unzulässig zurückgewiesen, soweit sie sich gegen "Spruch II" des Bescheides des LH richtete. In der Begründung des Spruches 1.) des angefochtenen Bescheides stützte sich die belangte Behörde hinsichtlich der Feststellung der Waldeigenschaft auf das im Verfahren vor der BH eingeholte forsttechnische Gutachten. Der Argumentation des LH zur Begründung seines Spruches I vermochte die belangte Behörde nicht zu folgen; es müsse dem Antragsteller nämlich wohl zugebilligt werden, dass (subjektiv) für ihn Zweifel bezüglich der Waldqualifikation der Antragsfläche nachträglich (gemeint: nach seinem eigenen Rodungsantrag) erst entstanden seien; auch der vom LH gezogene "Umkehrschluss" sei keinesfalls zwingend. Die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung wäre vom LH folglich nicht zurückzuweisen, sondern, mangels geeigneten Berufungsvorbringens, abzuweisen gewesen. Der Beschwerdeführer sei nämlich wohl formell zur Einbringung einer Berufung berechtigt, dieses Rechtsmittel jedoch inhaltlich unberechtigt gewesen.
Gegen den Spruch 1.) des Bescheides der belangten Behörde richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist ausdrücklich nur der Spruch 1.) des Bescheides der belangten Behörde angefochten, in welchem diese auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers den Spruch I des Bescheides des LH behoben und den Spruchpunkt I des Bescheides der BH wiederhergestellt hat. Die belangte Behörde hat bei dieser Entscheidung allerdings außer acht gelassen, dass der LH über den Waldfeststellungsantrag keine meritorische Entscheidung getroffen, sondern nur den darauf gerichteten Antrag des Beschwerdeführers - übrigens nicht seine Berufung, wie im angefochtenen Bescheid irrigerweise angeführt - als unzulässig zurückgewiesen hat. Hat aber die Unterbehörde in ihrem Bescheid über den eigentlichen Gegenstand des Verfahrens gar nicht abgesprochen, sondern lediglich über ihre Unzuständigkeit oder sonst eine formalrechtliche bzw. verfahrensrechtliche Frage entschieden, dann kann die Berufungsbehörde nicht unter Überspringung einer Instanz selbst mit einer meritorischen Entscheidung vorgehen. Vielmehr bildet in solchen Fällen nur die Frage der Zuständigkeit bzw. die sonstige formal- oder verfahrensrechtliche Frage die in Betracht kommende Sache des Berufungsverfahrens, weil sonst der Partei hinsichtlich des eigentlichen Verfahrensgegenstandes eine Instanz genommen würde (vgl. dazu Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren2, S 363, und die dort auf S 946 angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Sache des vor der belangten Behörde im Beschwerdefall anhängigen Berufungsverfahrens war daher, soweit dies vor dem Verwaltungsgerichtshof strittig ist, ausschließlich die Frage, ob der LH zu Recht den Waldfeststellungsantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen hat, oder ob - im Sinne des insofern völlig zutreffend formulierten Berufungsantrages - das vom Beschwerdeführer beantragte forstrechtliche Feststellungsverfahren durchzuführen sei.
Dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannt und im angefochtenen Bescheid über den Antrag des Beschwerdeführers meritorisch (abweisend) entschieden hat - statt ausgehend von ihrem Rechtsstandpunkt den bei ihr angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ersatzlos zu beheben -, hat sie ihre funktionelle Zuständigkeit als Berufungsbehörde überschritten und dadurch den angefochtenen Bescheid mit einer vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG 1965 von Amts wegen aufzugreifenden Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet (vgl. dazu u.a. Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1968, Slg. Nr. 7357/A). Der angefochtene Bescheid war daher in seinem allein angefochtenen Spruchpunkt 1.) gemäß §§ 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 aufzuheben.
Zur Vermeidung von Wiederholungen erscheint es abschließend zweckmäßig, die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem in der gleichen Angelegenheit am heutigen Tage ergangenen Erkenntnis zur Zl. 83/07/0237 hinzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 20. März 1984
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