VwGH 81/07/0181

VwGH81/07/018117.4.1984

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführers Dr. Starlinger, über die Beschwerde des AD in Y, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer, Rechtsanwalt in Wels, Pollheimerstraße 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. September 1981, Zl. Wa- 3643/1-1981/Sch, betreffend Kosten wegen Gewässerverunreinigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §76 Abs2;
AVG §77 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;
AVG §76 Abs2;
AVG §77 Abs1;
WRG 1959 §31 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.325,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einer am 11. Dezember 1979 gemäß § 62 AVG 1950 mündlich verkündeten einstweiligen Verfügung gemäß §§ 31, 98 und 122 WRG 1959 wurde der Beschwerdeführer vom Bürgermeister der Stadt Y verpflichtet, die vom Amtssachverständigen für Wasserbautechnik am selben Tag zur Bekämpfung einer Verunreinigung durch Mineralöl für erforderlich erachteten Maßnahmen folgender Art auf seine Kosten und Gefahr durchzuführen:

1. Das mit Mineralöl verunreinigte Bodenmaterial ist im Einvernehmen mit dem Magistrat der Stadt Y, Dst. Wasserbaudienst, abzutragen und auf eine behördlich zugelassene Deponie abzufahren.

2. Über die Lagertanks für Supertreibstoff und Normalbenzin einschließlich der dazugehörenden Rohrleitungen und Armaturen ist eine Dichtheitsprobe durchführen zu lassen bzw. die Dichtheit nachzuweisen.

Für den Fall, daß die zur Sanierung des "Mineralölunfalles" bzw. zur Hintanhaltung einer weiteren Grundwasserbeeinträchtigung in diesem Bescheid aufgetragenen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen würden, sollten diese wegen Vorliegens von Gefahr im Verzug durch die Wasserrechtsbehörde gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten unmittelbar veranlaßt werden.

Dieser Bescheid wurde nicht angefochten. Der Beschwerdeführer führte die ihm aufgetragenen Maßnahmen umgehend und auf seine Kosten durch.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Y vom 16. Mai 1980 wurde der Beschwerdeführer sodann in Angelegenheit der im Dezember 1979 im Bereich bzw. grundwasserstromabwärts seiner Tankstelle in Y, X-Straße 204, aufgetretenen Grundwasserverunreinigung durch Superbenzin gemäß § 76, 77 und 78 AVG 1950 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 lit. b der Landeskommissionsgebührenverordnung 1975, LGBl. Nr. 74, und in Zusammenhang mit § 31 WRG 1959 zur Bezahlung von Kosten in der Höhe von insgesamt 25.910,-- S (davon 900,-- S an Kommissionsgebühren und 17.340,-- S für Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr Y sowie 7.670,-- S für Wasser- und Erdprobenuntersuchungen an Barauslagen) verpflichtet. Diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer mit Vorstellung gemäß § 57 Abs. 2 AVG 1950. Hierauf leitete die Behörde das Ermittlungsverfahren ein und verpflichtete den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 30. Juni 1981 in derselben Angelegenheit gemäß §§ 76 und 77 AVG 1950 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 lit. b der zuvor genannten Verordnung in Zusammenhalt mit § 31 WRG 1959 zur Bezahlung von Kosten gleicher Art und Höhe wie im Bescheid vom 16. Mai 1980.

Der Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 3. September 1981 nicht Folge. In der Begründung der Rechtsmittelentscheidung heißt es, aufgrund der Feststellungen des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik vom 11. Dezember 1979 sowie der Analysenergebnisse von Wasser- und Bodenproben müsse eine von der Tankstelle des Beschwerdeführers ausgegangene Boden- und Grundwasserverunreinigung durch ausgetretenes Superbenzin als nachgewiesen angenommen werden. Ein weiteres Anzeichen hiefür sei, daß der Beschwerdeführer die ihm aufgetragenen Maßnahmen unwidersprochen zur Kenntnis genommen und auf seine Kosten durchgeführt habe. Das Auswertungsverfahren habe zudem unmißverständlich eine Verunreinigung durch Superbenzin der vom Beschwerdeführer vertretenen Mineralölmarke ergeben, welche nicht nur in einer Wasserprobe, sondern auch in einer neben dem Superbenzinlager seiner Tankstelle entnommenen Bodenprobe eindeutig habe nachgewiesen werden können. Da es keine Anhaltspunkte für die Annahme gebe, die Verunreinigung könnte von anderswoher ausgehen, müsse dem Beschwerdeführer sohin der Vorwurf zumindest mangelnder Aufmerksamkeit gemacht werden. Das Einschreiten der Erstbehörde sei im öffentlichen Interesse des Gewässerschutzes erfolgt. Zur erschöpfenden Klarstellung des Sachverhaltes sowie zur Vermeidung weiterer schädlicher Auswirkungen der Mineralölverunreinigung seien auch die der Berufungsbehörde nachgewiesenen Einsätze der Feuerwehrverwaltung des Magistrates erforderlich und zweckmäßig gewesen, für welche die nachgewiesenen und überprüften Kosten aufgelaufen seien. Der Klärung des Sachverhaltes hätten auch die entnommenen und auf einen allfälligen Gehalt an Superbenzin untersuchten Wasser- und Bodenproben gedient. Was den Kostenersatz anlange, habe die Erstbehörde ihren Kostenspruch zutreffenderweise auf die §§ 76 und 77 AVG 1950 gestützt und dabei zwischen Barauslagen und Kommissionsgebühren unterschieden. Das Berufungsvorbringen beziehe sich hingegen auf § 31 Abs. 3 WRG 1959 und entkräfte die Rechtsansicht der Erstbehörde nicht. Anlaß zu den Barauslagen sei die konkrete, sich auf den Beschwerdeführer beziehende Amtshandlung der Wasserrechtsbehörde erster Instanz in Besorgung der ihr zukommenden Aufgaben gewesen, wobei die entstandenen Auslagen über den sonstigen und allgemeinen Behördenaufwand hinausgingen. Mit der nur ganz allgemein gehaltenen Behauptung, die Voraussetzungen für eine Zahlungsverpflichtung nach dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz lägen nicht vor, könne der Beschwerdeführer nicht durchdringen. Entsprechendes gelte auch für die dem Beschwerdeführer auferlegten Kommissionsgebühren.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft, wobei sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt erachtet, zu der ihm auferlegten Bezahlung von Barauslagen und Kommissionsgebühren mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht verpflichtet zu werden. Der Beschwerdeführer weist zunächst darauf hin, daß er den behördlichen Auftrag vom 11. Dezember 1979 auf eigene Kosten vollständig erfüllt habe, mit dem angefochtenen Bescheid ihm aber nun andere, nämlich Kosten vorgeschrieben würden, die weder für zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderliche Maßnahmen entstanden noch überhaupt von der Anordnungsbefugnis der Behörde im Rahmen des § 31 Abs. 3 WRG 1959 umfaßt seien. Es handle sich vielmehr um Kosten für andere Maßnahmen. Die Kostenregelung des § 31 Abs. 3 WRG 1959 stelle im Verhältnis zu den §§ 76 und 77 AVG 1950 - die nur anzuwenden seien, wenn die übrigen Voraussetzungen der erstangeführten Gesetzesstelle vorlägen - die lex specialis dar. Der Beschwerdeführer habe weder um eine Amtshandlung angesucht noch eine solche schuldhaft verursacht noch die amtswegige Anordnung der Amtshandlung durch sein Verschulden herbeigeführt; jedenfalls sei dies nicht rechtskräftig festgestellt worden. Eine Aktenwidrigkeit sei der belangten Behörde deshalb vorzuwerfen, weil in der Begründung des angefochtenen Bescheides mehrfach weitergehende Verpflichtungen, als sie dem Beschwerdeführer in Wahrheit auferlegt worden seien, angeführt würden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was die geltend gemachte Aktenwidrigkeit anlangt, ist der Bescheid vom 11. Dezember 1979 im angefochtenen Bescheid insofern unrichtig wiedergegeben, als jener dem Beschwerdeführer nur die Verpflichtung zur Durchführung der in den Punkten 1. und 2. vom Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen auferlegte, nicht aber ihn zur Beachtung der in drei weiteren Punkten vom Sachverständigen genannten Anordnungen verpflichtete; es trifft daher insbesondere nicht zu, daß der Beschwerdeführer gemäß § 31 WRG 1959 "bescheidmäßig zur Tragung sämtlicher Kosten, die im Zusammenhang mit der Verunreinigung mit Mineralöl entstanden sind", verhalten wurde. Diese Aktenwidrigkeit ist jedoch im gegebenen Zusammenhang nicht von rechtserheblicher Bedeutung, weil die Verpflichtung zur Kostentragung im angefochtenen Bescheid nicht auf § 31 WRG 1959, sondern auf die §§ 76 und 77 AVG 1950 gestützt wurde und diese Kosten, falls sie dem Beschwerdeführer - was im folgenden zu untersuchen ist - zu Recht vorgeschrieben worden sein sollten, jedenfalls nur soweit gerechtfertigt wären, als sie im Zusammenhang mit jener Verunreinigung gestanden wären, die zum behördlichen Auftrag vom 11. Dezember 1979 geführt hatte. Dieser ist von Amts wegen ergangen. Der Behörde in diesem Zusammenhang erwachsene Barauslagen können den Beschwerdeführer daher gemäß § 76 Abs. 2 AVG 1950 nur belasten, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Dasselbe gilt gemäß § 77 Abs. 1 zweiter Satz AVG 1950 auch für die Einhebung von Kommissionsgebühren. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom 30. Juni 1981 wurde zur Frage eines Verschuldens einerseits lediglich - zu Recht - bemerkt, daß die Vorkehrungen zur Reinhaltung der Gewässer gemäß § 31 WRG 1959 und die mit ihnen verbundene Kostentragung nicht davon abhängen, daß die gebotene Obsorge schuldhaft worden wäre, andererseits mit dem Hinweis, Bodenprobe, Wasserproben und Gutachten hätten zweifelsfrei belegt, daß die in Rede stehende Verunreinigung von der Tankstelle des Beschwerdeführers ausgegangen sei, nur die Verursachung behauptet, nicht schon das - gemäß § 1294 ABGB zu beurteilende (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1963, Slg. 6129/A) - Verschulden dargetan. Im angefochtenen Bescheid selbst findet sich in dieser Hinsicht allein die für die begründete Annahme eines Verschuldens unzureichende Bemerkung, dem Beschwerdeführer müsse deswegen, weil sich keine Anhaltspunkte fänden, daß die Verunreinigung von anderswoher ausgegangen wäre, der Vorwurf zumindest fehlender Aufmerksamkeit gemacht werden.

Die Vorschreibung von Barauslagen und Kommisssionsgebühren - deren gesonderte Geltendmachung an sich durchaus zulässig war - erweist sich im Beschwerdefall daher bereits deshalb als rechtswidrig; weil ein Verschulden des Beschwerdeführers, das die bezeichneten Auslagen der Behörde herbeigeführt hätte, nicht nachgewiesen wurde. Dazu kommt, daß die Vorschreibung der Geldleistungen nach den §§ 76 und 77 AVG 1950 nur insoweit berechtigt war, als gemäß § 76 Abs. 2 AVG 1950 ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Beschwerdeführers und der mit Kosten verbundenen, auf § 31 Abs. 3 WRG 1959 beruhenden Amtshandlung bestand und die einzelnen Verfahrenshandlungen, welche die Kosten verursacht haben, erforderlich waren. Bei den Barauslagen gemäß § 76 AVG 1950, anders als bei den Kommissionsgebühren gemäß § 77 AVG 1950, ist die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen im Beschwerdefall auch insoweit nicht dargetan. Da sie nicht jene Maßnahmen betreffen konnten, die dem Beschwerdeführer am 11. Dezember 1979 aufgetragen worden waren, weil diese von ihm umgehend auf seine Kosten ausgeführt wurden, könnten Einsätze der Feuerwehr und Probenuntersuchungen höchstens Maßnahmen darstellen, die die Behörde gemäß § 31 Abs. 3 erster Satz WRG 1959 bei Gefahr im Verzuge unmittelbar angeordnet und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten unverzüglich hätte durchführen lassen.

Um Aufwendungen solcher Art handelte es sich eben nicht, wenn der Kostenersatz - wie im angefochtenen Bescheid ausdrücklich hervorgehoben - nicht auf § 31 WRG 1959, sondern auf § 76 AVG 1950 gestützt wird. Auch könnten unter dem Titel einer nachträglichen Rechtfertigung der mit rechtskräftigem Bescheid aufgetragenen und erfüllten Verpflichtungen nicht mehr für den Auftrag erforderliche Barauslagen erwachsen sein (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 1966, Slg. Nr. 6939/A).

Aus alle angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 221/1981, im Rahmen des gestellten Antrages. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft entrichtete, im Gesetz nicht begründete Stempelgebühren im Ausmaß von 100,-- S.

Wien, am 17. April 1984

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