Normen
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litb;
VwGG §42 Abs2 Z2 impl;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 8.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit schriftlicher Eingabe vom 12. März 1981 ersuchten beide Beschwerdeführer mit dem Hinweis, sie hätten im Jahre 1980 das Areal der "XY" in Baden erworben und bewohnten und bewirtschafteten das Gebäude samt Wohntrakt seit dem Sommer des genannten Jahres, "um Genehmigung für die Zufahrt mit unseren beiden Pkw's Porsche N nnn.nnn und Volvo N nnn.nnn auf der Estraße über den Z-weg bis zur 'XY'", "um die Anlieferung der für die Führung des Restaurationsbetriebes benötigten Lebensmittel und Gegenstände gewährleisten zu können.
Daraufhin wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 8. April 1981 den Beschwerdeführern gemäß § 45 (vollständig: Abs. 2) StVO 1960 die Ausnahmebewilligung für die Zu- und Abfahrt zu bzw. von ihrem Restaurationsbetrieb in Baden, mit den beiden genannten Personenkraftwagen "von der E-straße über den Z-weg bis zur 'XY' bzw. umgekehrt", befristet bis zum 8. April 1983, erteilt. Dieser Bescheid wurde (vorerst) lediglich den Beschwerdeführern, und zwar am 10. April 1981 zugestellt.
Unter Hinweis darauf, von diesem Bescheid am 13. April 1981 Kenntnis erhalten zu haben und Eigentümerin der durch die Ausnahmebewilligung betroffenen Grundstücke zu sein, sodaß ihr diesbezüglich Parteistellung zukomme, erhob die K-Gesellschaft m. b.H. (nunmehr mitbeteiligte Partei) dagegen die mit 16. April 1981 datierte Berufung, welche mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. Mai 1981 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unzulässig zurückgewiesen wurde. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der mitbeteiligten Partei, falls sie tatsächlich - wie von ihr behauptet - Eigentümerin des "Wweges" sein sollte, als Straßenerhalter gemäß § 98 Abs. 1 StVO 1960 im Verwaltungsverfahren Parteistellung zukomme. Trotzdem sei im derzeitigen Verfahrensstadium die eingebrachte Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen, weil der mitbeteiligten Partei gegenüber noch kein Bescheid erlassen worden sei. Der Bescheid, mit dem die Ausnahmebewilligung erteilt worden sei, sei bisher nur den Beschwerdeführern, nicht jedoch dem Straßenerhalter zugestellt worden. Da aber Berufung von einer Partei nur dann eingebracht werden könne, wenn ihr gegenüber ein Bescheid erlassen worden sei, sei diese als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Die mitbeteiligte Partei werde nunmehr unter Hinweis auf ihre Parteistellung bei der Behörde erster Instanz die Zustellung des Bescheides vom 8. April 1981 zu beantragen haben. Stelle die Behörde erster Instanz in der Folge fest, daß die mitbeteiligte Partei als Straßenerhalter des "W-weges" anzusehen sei, werde sie dem Antrag zu entsprechen und den Bescheid zuzustellen haben. Anschließend werde es dann der mitbeteiligten Partei offen stehen, innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist gegen die erteilte Ausnahmebewilligung Berufung zu erheben. In diesem Sinne hat die mitbeteiligte Partei in der Folge die Zustellung des Bescheides vom 8. April 1981 begehrt und nach erfolgter Zustellung am 14. Oktober 1981 die mit 16. Oktober 1981 datierte Berufung erhoben.
Dieser Berufung wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. November 1982 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge gegeben, der Bescheid der Behörde erster Instanz vom 8. April 1981 behoben und über den gemeinsamen Antrag der Beschwerdeführer vom 12. März 1981 dahingehend entschieden, daß dieser Antrag gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1950, ihnen die Bewilligung zu erteilen, entgegen dem angebrachten Vorschriftszeichen "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" die Wegparzellen Nr. n1 und Nr. n2 der Katastralgemeinde B mit den beiden dem Kennzeichen nach bestimmten Personenkraftwagen zu befahren, abgewiesen wird. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß die mitbeteiligte Partei (grundbücherliche) Eigentümerin der durch die Ausnahmebewilligung betroffenen Wegparzelle n2 sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht "auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Sinne von § 45/2 StVO 1960 aus wirtschaftlichen Interessen und weil wir die uns obliegenden Aufgaben anders nur mit besonderen Erschwernissen durchführen können", verletzt erachten.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde betragt.
Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift, verbunden mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde, erstattet:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof - der mit Verfügung vom 29. April 1983 die Beschwerdeführer diesbezüglich zu einer Stellungnahme, die daraufhin auch abgegeben wurde, aufgefordert hat - nicht zur Annahme gelangt ist, es sei die Beschwerde, ohne daß dies durch eine Klaglosstellung der Beschwerdeführer herbeigeführt worden wäre, gegenstandslos geworden und daher das Verfahren einzustellen. (Vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10092/A.) Selbst wenn man die Ansicht vertritt, daß letzteres möglich wäre, wenn infolge Zeitablaufes die begehrte Bewilligung von der Berufungsbehörde nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht mehr erteilt werden könnte, so darf doch im Beschwerdefall nicht übersehen werden, daß die Beschwerdeführer durch die von der Behörde erster Instanz ausgesprochene Bewilligung bereits eine Berechtigung erworben hatten und sie daher auch noch derzeit ein rechtliches Interesse daran haben können, daß diese Bewilligung als rechtmäßig erkannt wird und sohin - wenn auch nicht mit verbindlicher Wirkung für einen nach dem 8. April 1983 liegenden Zeitraum - aufrecht bleibt.
Die belangte Behörde hat im Sinne der Behauptung der mitbeteiligten Partei festgestellt, daß diese (grundbücherliche) Eigentümerin einer der gegenständlichen Wegparzellen ist, für die im Verordnungsweg (siehe §§ 43 f StVO 1960) ein "Fahrverbot (in beiden Richtungen)" im Sinne des § 52 Z. 1 StVO 1960 angeordnet und hinsichtlich welcher von den Beschwerdeführern mit dem zugrundeliegenden Antrag vom 12. März 1981 die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von diesem Verbot gemäß § 45 Abs. 2 leg. cit. begehrt wurde. Der Umstand, daß sich diese Wegparzelle im Privateigentum der mitbeteiligten Partei befindet, ändert nichts daran, daß es sich im Hinblick darauf, daß sie der Aktenlage nach von jedermann zu Fuß ohne jegliche Beschränkung benützt werden darf, um eine Straße mit öffentlichem Verkehr im Sinne des § 1 Abs. 1 StVO 1960 handelt und daher auch diese Straße den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 unterliegt. (Vgl. u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1981, Zl. 81/02/0016). Die belangte Behörde hat die von der mitbeteiligten Partei in Anspruch genommene Parteistellung nicht in Abrede gestellt, und § 98 Abs. 1 StVO 1960 bestimmt auch ausdrücklich, daß der Straßenerhalter in jedem nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durchzuführenden Verfahren - mit Ausnahme bestimmter, näher bezeichneter Verfahren, zu denen ein solches nach § 45 Abs. 2 leg. cit. nicht zählt - Partei im Sinne des § 8 AVG 1950 ist.
Daraus ergibt sich aber nicht nur, daß die mitbeteiligte Partei dem Verfahren vor der Behörde erster Instanz beizuziehen gewesen wäre, sondern weiters, daß ihr auch der Bescheid dieser Behörde vom 8. April 1981 (von vornherein) zuzustellen gewesen wäre. Dies ist zwar (vor Erhebung der Berufung vom 16. April 1981) nicht geschehen; dessenungeachtet hat aber dieser Bescheid bereits in dem Zeitpunkt, in dem er den Beschwerdeführern zugestellt wurde und daher als erlassen zu gelten hatte, rechtliche Existenz mit Wirkung nach außen erlangt. Die mitbeteiligte Partei wäre nun, als sie - ohne vorher erfolgte Zustellung an sie - Kenntnis von der Erlassung dieses Bescheides erhalten hatte, berechtigt gewesen, die nachträgliche Zustellung des Bescheides zu beantragen. Hätte sie dies getan, dann hätte für sie die Berufungsfrist gemäß § 63 Abs. 5 AVG 1950 mit der erfolgten Zustellung an sie zu laufen begonnen. Sie hat aber von diesem Recht nicht Gebrauch gemacht, sondern sogleich die Berufung eingebracht und damit zu erkennen gegeben, daß sie auf die Zustellung des Bescheides verzichtet.
§ 63 Abs. 5 AVG 1950 hindert nicht, daß eine Partei gegen einen Bescheid, der durch Zustellung an andere Parteien als erlassen angesehen werden muß, Berufung erheben kann, bevor er ihr selbst zugestellt worden ist. In einem solchen Fall muß die Berufung jedenfalls als rechtzeitig erhoben betrachtet werden, zumal einer solchen "übergangenen Partei" im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit offensteht, entweder die Zustellung des Bescheides zu verlangen oder sofort auf Grund des ihr unmittelbar aus der Parteistellung erfließenden Rechtes dagegen ein Rechtsmittel einzubringen. Es bedurfte daher nicht erst der Zustellung des Bescheides an die mitbeteiligte Partei, um ihr die Möglichkeit zur Erhebung einer Berufung einzuräumen. Die Berufung der mitbeteiligten Partei vom 16. April 1981 war daher - entgegen der im Bescheid der belangten Behörde vom 15. Mai 1981 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht deren Richtigkeit die mitbeteiligte Partei mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hätte bekämpfen können - zulässig. (Vgl. dazu auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1952, Slg. Nr. 2728/A, vom 4. Mai 1970, Slg. Nr. 7790/A, und vom 28. Oktober 1971, Zl. 172/71.)
Unabhängig davon, wie über diese (erste) Berufung entschieden wurde und ob sie daher von der belangten Behörde nicht als unzulässig zurückgewiesen hätte werden dürfen, war aber das Berufungsrecht der mitbeteiligten Partei mit der Einbringung ihrer Berufung vom 16. April 1981 verbraucht, weshalb ihr in der Folge nicht mehr das Recht zustand, nochmals gegen denselben Bescheid eine Berufung einzubringen. Die belangte Behörde hätte daher die weitere Berufung vom 16. Oktober 1981 als unzulässig zurückzuweisen gehabt. Zur Entscheidung in der Sache selbst war die belangte Behörde bei dieser Sach- und Rechtslage nicht zuständig. Denn der in den §§ 41 Abs. 1 und 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 gebrauchte Begriff "Unzuständigkeit der belangten Behörde" erfaßt auch die Fälle, in denen die Behörde zwar als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde zur Behandlung eines Rechtsmittels berufen wäre, dieses aber meritorisch nicht erledigen darf. Ihre Zuständigkeit reicht nur insoweit, das Rechtsmittel wegen dessen Unzulässigkeit zurückzuweisen. Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn sie vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. (Vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Dezember 1982, Zl. 81/03/0028, und die dort angeführte weitere Judikatur.)
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. b VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben, ohne daß noch auf das Beschwerdevorbringen selbst einzugehen war.
Soweit Entscheidungen zitiert wurden, die nicht in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b, 53 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem (mit S 8.060,--) pauschalierten Schriftsatzaufwand (die Umsatzsteuer bereits enthalten ist, sowie weil die Beschwerde nur zweifach einzubringen war und die darauf entfallenden Stempelgebühren unabhängig von der Anzahl der Bögen zu entrichten waren.
Wien, am 2. Dezember 1983
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