Normen
GehG 1956 §20b idF 1972/214;
GehG 1956 §20b idF 1972/214;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.385,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie.
Am 30. Juni 1980 beantragte er einen Fahrtkostenzuschuss gemäß § 20 b des Gehaltsgesetzes 1956. Er beantwortete in dem hiefür verwendeten Vordruck die Frage nach der (der Dienststelle) nächstgelegenen Wohnung mit "M, T-weg n1" und führte unter der Rubrik "Begründung des Antragstellers" zum vorgedruckten Text:
"2.) Wenn die Entfernung Wohnung - Dienststelle mehr als 20 km beträgt:" das Folgende aus:
"Meine Übersiedlung nach M erfolgte, weil ich am Dienstort mein Wohnbedürfnis nicht in standesgemäßer Weise befriedigen konnte. Die Wohnung hatte lediglich 49 m2 und das ist vier Personen unzumutbar. Dies umsomehr, als für meine Kinder keine separierten Zimmer vorhanden waren. Übersiedlung am 26. 6. 1980."
Diesem Antrag entsprechend wurde dem Beschwerdeführer ab 1. Juli 1980 ein Fahrtkostenzuschuss ausgezahlt, dessen Höhe zunächst S 413,-- und nach zwei Tariferhöhungen schließlich S 466,-
- betrug.
Mit Schreiben vom 13. August 1981 setzte die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die belangte Behörde davon in Kenntnis, dass der Beschwerdeführer die Berücksichtigung des erhöhten Kraftfahrzeugpauschales beantragt habe. Der Antrag sei abgewiesen worden, weil der Beschwerdeführer nicht nur in M, sondern auch in Wien zwei Wohnungen mit Telefonanschluss (woraus geschlossen worden sei, dass er die Wohnungen auch benütze) habe. Auf Grund eines entsprechenden Vorhaltes der Berufungsbehörde habe der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel zurückgenommen.
Daraufhin erließ die belangte Behörde den nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. Oktober 1981, dessen Spruch und Begründung wie folgt lauten:
"Es wird festgestellt, dass sich entgegen Ihrer Meldung vom 2. 7. 1980 an Ihrem Wohnsitz in Wien auch nach dem 26. 6. 1980 nichts geändert hat und Ihnen ein Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss gemäß § 20b Gehaltsgesetz 1956 daher nicht zusteht.
Der Ihnen ab 1. 7. 1980 flüssig gemachte Fahrtkostenzuschuss stellt demnach einen Übergenuss dar, der gemäß § 13 a Gehaltsgesetz 1956 mangels Gutgläubigkeit dem Bund zu ersetzen ist.
Begründung
Auf Grund Ihrer Meldung vom 2. 7. 1980, wonach Sie mit Wirksamkeit vom 26. 6. 1980 von Wien, M-gasse n2 nach M, T-weg n1 'Auf Dauer übersiedelt' sind und der beigelegten Fotokopie des Meldezettels vom 26. 6. 1980, ausgestellt von der Gemeinde M, wurde der Schluss gezogen, dass Sie infolge des neuen Wohnsitzes Ihre Wiener Wohnung aufgelassen haben. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt wurde Ihnen gemäß § 20b Absatz 1 Gehaltsgesetz 1956 ein Fahrtkostenzuschuss gewährt. Dieser betrug vom 1. 7. bis 31. 12. 1980 S 413,-- monatl., v. 1. 1. - 31. 1. 1981 S 446,-- monatl. u. a. 1. 2. 1981 S 466,-- monatl.
Es wurde nun festgestellt, dass Sie die Wohnung in Wien, Mgasse n2, aufrechterhalten haben, zwar polizeilich abgemeldet sind, der Mietvertrag mit der Wohnungsgenossenschaft nach Ihren eigenen Angaben weiterhin besteht, von Ihnen regelmäßig die Wohnungskosten beglichen werden und Ihnen somit diese Wohnung jederzeit zu Wohnzwecken zur Verfügung steht, weshalb die Voraussetzungen für den Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss nicht gegeben sind. Der Fahrtkostenzuschuss wird daher rückwirkend mit 1. 7. 1980 eingestellt.
Gemäß § 20b Absatz 1 Gehaltsgesetz 1956 gebührt dem Beamten ein Fahrtkostenzuschuss, wenn die Wegstrecke zwischen der Dienststelle und der nächstgelegenen Wohnung mehr als zwei Kilometer beträgt. Es ist darunter jene Wohnung zu verstehen, die dem Beamten zum Wohnen zur Verfügung steht und auf Grund seiner sozialen und Familienverhältnisse für den Wohnzweck geeignet erscheint. Darauf, welche Wohnung der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse der Familie des Beamten ist, kann es nicht ankommen, weil dies dem Begriff der 'nächstgelegenen' Wohnung widerstreiten würde. Wie festgestellt wurde und auch Ihren eigenen Aussagen zu entnehmen war, befindet sich Ihre nächstgelegene Wohnung in Wien, M-gasse n2.
Zu bemerken wäre noch, dass gemäß der Verordnung der Bundesregierung Nr. 803 vom 17. 12. 1974, BGBl. Nr. 209/1974, der Fahrtkostenanteil (Eigenanteil), den der Beamte zu tragen hat, ab 1. 1. 1975 S 185,-- monatlich beträgt, jedenfalls aber die Kosten eines vom Beamten zu benützenden innerstädtischen Massenbeförderungsmittels. Es war daher auf Grund des gegebenen Sachverhaltes spruchgemäß zu entscheiden.
Die Ihnen nicht zustehenden Leistungen sind mangels Gutgläubigkeit dem Bund zu ersetzen. Die Hereinbringung des Übergenusses von Ihren Bezügen ist im § 13a Absatz 1 und 2 Gehaltsgesetz 1956 begründet. Die Buchhaltung wird daher unter einem angewiesen, Ihnen ab 1. 12. 1981 den entstandenen Übergenuss in monatlichen Raten von S 500,-- im Abzugswege hereinzubringen."
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich durch ihn in seinem Recht auf Fahrtkostenzuschuss nach § 20b des Gehaltsgesetzes 1956 sowie in seinem Recht darauf, nicht zur Rückzahlung eines Übergenusses nach § 13a des angeführten Gesetzes verpflichtet zu werden, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen nach dieser Norm dafür nicht vorliegen, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Gemäß § 20b Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle gebührt dem Beamten ein Fahrtkostenzuschuss, wenn 1. die Wegstrecke zwischen der Dienststelle und der nächstgelegenen Wohnung mehr als 2 km beträgt, 2. er diese Wegstrecke an Arbeitstagen regelmäßig zurücklegt und 3. die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen für das billigste öffentliche Beförderungsmittel, das für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht kommt, den Fahrtkostenanteil übersteigen, den der Beamte nach Absatz 3 selbst zu tragen hat.
Nach Abs. 5 Z. 2 der angeführten Gesetzesstelle ist der Beamte vom Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss ausgeschlossen, solange er aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, mehr als 20 km außerhalb seines Dienstortes wohnt.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ihre Feststellung, dass dem Beschwerdeführer ein Fahrtkostenzuschuss nicht gebührt, allein auf das Kriterium der "nächstgelegenen Wohnung", nicht aber auf den oben wiedergegebenen Tatbestand des § 20b Abs. 5 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 gestützt und sie hat zu diesem Tatbestand im angefochtenen Bescheid auch keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Auf Grund des für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltende Neuerungsverbotes kann daher ihr Vorbringen in der Gegenschrift, es habe der Beschwerdeführer keinen ernsthaften Versuch zur Beschaffung einer näher gelegenen Wohnmöglichkeit unternommen, nicht weiter berücksichtigt werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 27. April 1972, Zl. 189/72, und vom 19. Dezember 1974, Zl. 1084/74, ausgeführt hat, kann nicht jede Wohnung, die einem Beamten als Eigentümer oder auf Grund eines anderen Rechtsverhältnisses gehört, als Wohnung im Sinne der Vorschrift über die Fahrtkostenvergütung verstanden werden. Es ist aber darunter jede Wohnung zu verstehen, die dem Beamten zum Wohnen zur Verfügung steht und auf Grund seiner sozialen und Familienverhältnisse geeignet erscheint.
Von dieser Rechtsauffassung, an der der Verwaltungsgerichtshof festhält, ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid an sich auch ausgegangen. Dem Beschwerdeführer ist aber darin beizupflichten, dass es unter Zugrundelegung dieser Rechtslage nicht als rechtmäßig erkannt werden kann, wenn seine Wiener Wohnung in der M-gasse als (der Dienststelle) "nächstgelegene Wohnung" im Sinne des § 20b Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 beurteilt worden ist. Angesichts der sozialen Stellung des Beschwerdeführers und der Zahl seiner Familienangehörigen (Ehegattin und zwei 1966 bzw. 1967 geborene Kinder) kann nicht gesagt werden, dass eine Wohnung mit einem Flächenausmaß von nur 49 m2 die oben dargelegte Eignung aufweist.
Daraus folgt, dass der angefochtene Bescheid sowohl hinsichtlich seiner Feststellung über die Nichtgebührlichkeit eines Fahrtkostenzuschusses als auch hinsichtlich der damit verbundenen Rückforderung der ab 1. Juli 1980 ausgezahlten Vergütungen als Übergenuss im Sinne des § 13a des Gehaltsgesetzes 1956 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet ist. Der Bescheid musste daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 17. Jänner 1983
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