Normen
GrenzgewässerAbk CSSR 1970 §14 Abs1;
WRG 1959 §100 Abs1 litd;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
GrenzgewässerAbk CSSR 1970 §14 Abs1;
WRG 1959 §100 Abs1 litd;
WRG 1959 §32 Abs2 lita;
Spruch:
Die Spruchpunkte II. bis VI. des angeführten Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Juni 1979 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 aufgetragen, ein Projekt betreffend die Ableitung von durch Öl verunreinigten Niederschlagswässern vom Parkplatz Nord bei der Grenzkontrollstelle Kleinhaugsdorf beim Landeshauptmann von Niederösterreich bis spätestens 15. November 1979 zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen oder die Ableitung der verunreinigten Niederschlagswässer über eine bestehende Kanalisation in den Haidgraben unverzüglich einzustellen. Das Projekt hat jedenfalls den Einbau eines entsprechend dimensionierten Ölabscheiders und geeignete Maßnahmen vorzusehen, daß Niederschlagswasser, welches im umliegenden Bereich des Parkplatzes anfällt, nicht über diesen abfließen kann.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer berufen. In der Folge suchte er um die wasserrechtliche Bewilligung zur Erweiterung der Abwasserbeseitigungsanlage für das Zollamt Kleinhaugsdorf an. In der mündlichen Verhandlung über dieses Projekt wurde festgestellt, daß der bestehende Straßenkanal, in den die mechanisch geklärten Abwässer der Zollstation in den Grenzbach abgeleitet werden, bisher nicht wasserrechtlich bewilligt wurde. Der Beschwerdeführer hat daraufhin sein Ansuchen dahin gehend erweitert, daß um die wasserrechtliche Bewilligung für den Einlaufschacht der bestehenden mechanischen Kläranlage des Zollamtes bis zum Auslaufprojekt in den Haidgraben angesucht wird. In diesem Kanal werden Niederschlagswässer und häusliche, mechanisch gereinigte Abwässer im Ausmaß von maximal 36 Einwohnergleichwerten (EGW) abgeleitet. Weiters beantragte der Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung einer Verrohrung eines bestehenden offenen Grabens längs der Bundesstraße B 2 und die Errichtung von Stichkanälen zum Zwecke der Ableitung von Niederschlagswässern von den Parkplätzen im Bereich der Grenzkontrollstelle Kleinhaugsdorf in den Haidgraben.
Über diese Ansuchen und die Berufung des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde am 24. August 1981 eine mündliche Verhandlung durch. Mit Bescheid vom 7. Dezember 1981 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 30 ff, 60 ff, 100 Abs. 1 lit. d und 111 WRG 1959 die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung von Wasser aus dem Zollamtsgebäude Kleinhaugsdorf in den Haidgraben samt den dazugehörigen Anlagen sowie die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für den Kanal zwischen dem bestehenden Einlaufschacht der mechanischen Kläranlage des Zollamtsgebäudes bis zum Auslaufprojekt in den Haidgraben. In diesem Bescheid wurde gleichzeitig gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt, daß diese erteilten Bewilligungen grundsätzlich projekts- und bescheidgemäß ausgeführt wurden. Dieser Bescheid blieb unangefochten.
Mit einem weiteren, nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 7. Dezember 1981 hat die belangte Behörde im Punkt I. des Spruches auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Juni 1979 gemäß § 66 AVG 1950 als gegenstandslos aufgehoben. Im Punkt II. des Spruches dieses Bescheides erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 30 ff, 60 ff, 100 Abs. 1 lit. d und 111 WRG 1959 die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung von Straßenoberflächenwässern über die Stichkanäle auf den Parkflächen sowie einen bestehenden Kanal in den Haidgraben bei Einhaltung folgender Auflagen: 1) unverzüglich (spätestens bis 31. März 1982) ist ein Öl- und Benzinabscheider mit vorgeschaltetem Schlammfang einzubauen. Über dessen Fertigstellung ist der Wasserrechtsbehörde zu berichten; 2) die Wartung hat entsprechend den einschlägigen Ö-Normen zu erfolgen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Beschreibung des Vorhabens aus, gemäß § 32 WRG 1959 sei eine Einbringung von Stoffen in ein Gewässer grundsätzlich wasserrechtlich bewilligungspflichtig. Die Sammlung und konzentrierte Ableitung von Straßenabwässern insbesondere von Kraftfahrzeug-Abstellflächen, sei wegen deren Belastung (Ölverluste, Streusalz, Reifenabrieb etc.) im Sinne dieser Gesetzesstelle wasserrechtlich bewilligungspflichtig, da diese belastenden Abwässer sich mehr oder minder stark auf den Vorfluter - im Beschwerdefall ein nur zeitweise wasserführendes Gerinne - auswirken. Auch die Tatsache, daß der Längskanal entlang der Bundesstraße B 2 in einen anderen nachträglich wasserrechtlich bewilligten Kanal einmünde, bewirke nicht Bewilligungsfreiheit im Sinne des § 32 Abs. 4 WRG 1959, da bei Einleitung durch Öl verunreinigter Niederschlagswässer in einen Kanal, der nur mechanisch gereinigte häusliche Abwässer ableite, kein "Regelfall" im Sinne dieser Gesetzesstelle vorliege. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Juni 1979 sei zwar zu Recht ergangen, doch habe der Beschwerdeführer um die wasserrechtliche Bewilligung des fraglichen Kanals angesucht, sodaß es keines wasserpolizeilichen Auftrages bedürfe, ein Projekt einzureichen. Der angefochtene Bescheid sei daher aus diesem Grund, nicht aus sonstigen Rechts- oder Sacherwägungen aufzuheben gewesen. Der Haidgraben führe nur zeitweise Wasser, sei bis knapp unterhalb der Einleitung des Kanals aus dem Zollhaus, in dem auch die Straßenwässer einmünden, längsgeteiltes Grenzgewässer, sodann verlaufe er zur Gänze auf tschechoslowakischem Staatsgebiet. Sowohl die Vollziehung des österreichischen Wasserrechtsgesetzes als auch die einschlägigen Bestimmungen des österreichischtschechoslowakischen Grenzgewässervertrages verlangten die Fernhaltung gewässerverunreinigender Stoffe vom Vorfluter; aus den der Behörde zur Verfügung stehenden Unterlagen sei zu ersehen, daß es im Haidgraben bereits mehrmals zu Verunreinigungen durch Öl gekommen sei. Wenn es auch - wie in der Verhandlung am 24. August 1981 ausgesprochen worden sei - derzeit nicht mehr zu Ölpumpungen komme, könne doch nicht ausgeschlossen werden, daß durch die als Regenwasserkanäle geplanten Kanäle bei Niederschlägen von den Abstellflächen abgeschwemmtes Öl in den Haidgraben gelange. Ob die Ölflecken von anderen als dem Beschwerdeführer verursacht worden seien, sei hiebei nicht von Bedeutung. Wasserrechtlich wesentlich sei das Ansuchen, das die konzentrierte Einleitung solcher verunreinigter Oberflächenwässer in einen Vorfluter vorsehe. Wenn auch Anrainer den Abfluß von Straßenoberflächenwässern auf ihrem Grund dulden müßten und der zuständige Straßenerhalter nicht verpflichtet sei, in dieser Hinsicht Entsorgungsanlagen vorzusehen, ändere dies nichts an der Bewilligungspflicht für die beabsichtigte Einleitung nach dem Wasserrechtsgesetz. Zusammenfassend müsse sohin festgestellt werden, daß die schon bestehende Einleitung von Oberflächenwässern nur bei Einbau eines ausreichend dimensionierten Öl- und Benzinabscheiders mit vorgeschaltetem Schlammfang zulässig sei. Im Interesse der Gewässerreinhaltung erscheine die Frist für den Einbau der Anlagen angemessen.
Gegen die in Punkt II. bis VI. dieses Bescheides erteilte wasserrechtliche Bewilligung richtet sich die vorliegende, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Punkt I. des bekämpften Bescheides wurde nicht angefochten. In der Begründung der Beschwerde wird ausgeführt, aus dem bekämpften Bescheid sei nicht zu erkennen, worauf die belangte Behörde die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache stütze. Vermutet könne werden, daß die Grundlage hiefür in § 100 Abs. 1 lit. d WRG 1959 erblickt werde. Zwar sei es zutreffend, daß der vom Beschwerdeführer als Vorfluter benützte Haidgraben "Grenzgewässer" im Sinne des Wasserrechtsgesetzes sei, unzutreffend jedoch und durch nichts bestätigt sei die Meinung, daß jede Benutzung von Grenzgewässern zwischenstaatliche Verhandlungen und Abkommen erfordere; daß dies nämlich nicht so sei, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Die bloße Einleitung von Oberflächenwässern sei nicht zu den Angelegenheiten des § 100 Abs. 1 lit. d WRG 1959 zu zählen. In der Vorschreibung, einen Öl- und Benzinabscheider mit vorgeschaltetem Schlammfang einzubauen, fehlten Angaben über die Größe, den Ort der Anbringung und über sonstige Begleitumstände; es liege daher mangels Konkretisierung der beabsichtigten Verpflichtung des Beschwerdeführers kein Bescheid vor. Die belangte Behörde habe auch keinen Beweis bezüglich der Belastung der Straßenabwässer durch Ölverluste, Streusalz, Reifenabrieb etc. erbracht; der von der belangten Behörde vorgeschriebene, nicht näher bestimmte Ölabscheider wäre zwar unter Umständen in der Lage, Verunreinigungen der Vorflut durch Öl hintanzuhalten, sicherlich könnten aber nicht Verschmutzungen vermieden werden, die von Reifenabrieb, Salzstreuung und ähnlichem herrühren. Diese realitätsfremde Vorgangsweise der belangten Behörde erscheine dem Beschwerdeführer deshalb bedauerlich, weil es Sache der Behörde sein müßte, ihre Entscheidungen auf Grund ganz konkreter Sachverhaltserhebungen zu treffen. Die Behörde hätte daher die Pflicht gehabt, konkret festzuhalten, in welchem Umfang bzw. Ausmaß tatsächlich Einwirkungen von der Bundesstraße auf den Vorfluter vorhanden seien.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 100 Abs. 1 lit. d WRG 1959 ist das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in erster Instanz für Angelegenheiten zuständig, die Grenzgewässer betreffen und zwischenstaatliche Verhandlungen oder Abkommen erfordern. Für die vorliegende Zuständigkeit ist daher entscheidend, ob der Beschwerdefall eine Angelegenheit eines Grenzgewässers betrifft und zwischenstaatliche Verhandlungen oder Abkommen erfordert. Dazu findet sich in Art. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Regelung von wasserwirtschaftlichen Fragen an den Grenzgewässern, BGBl. Nr. 106/1970, eine für den Beschwerdefall bedeutsame Umschreibung. Demnach sind Grenzgewässer a) Strecken von Wasserläufen, in denen die Staatsgrenze zwischen den Vertragsstaaten verläuft, und b) die Staatsgrenze querende Gewässer und der Staatsgrenze benachbarte Gewässer, insoweit an ihnen auf dem Gebiet des einen Vertragsstaates durchgeführte wasserwirtschaftliche Maßnahmen die Wasserverhältnisse auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates wesentlich nachteilig beeinflussen würden. Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Haidgraben bis knapp unterhalb der Einleitung des Kanales aus dem Zollhaus, in den auch die Straßenwässer einmünden, längsgeteiltes Grenzgewässer ist und sodann zur Gänze auf tschechoslowakischem Staatsgebiet verläuft. Der Verwaltungsgerichtshof geht hiebei vom Spruchinhalt des bekämpften Bescheides aus, daß die Einleitung der durch Öl verunreinigten Abwässer in den Haidgraben - ein Grenzgewässer - projektsgemäß bewilligt worden ist. Nach Art. 2 Abs. 1 des erwähnten Vertrages zählen unter anderem die Reinhaltung der Gewässer zu den wasserwirtschaftlichen Fragen und Maßnahmen im Sinne des Artikel 1, auf die sich der Vertrag bezieht. Solche wasserwirtschaftliche Fragen und Maßnahmen sind zufolge Art. 14 Abs. 1 des zitierten Vertrages in der Österreichisch-tschechoslowakischen Grenzgewässerkommission zu behandeln. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, daß über das vom Beschwerdeführer vorgelegte Projekt zwischenstaatliche Verhandlungen im Sinne des § 100 Abs. 1 lit. d WRG 1959 zu führen waren. Die Zuständigkeit der belangten Behörde ist daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gegeben.
Die projektsgemäß vorgesehene Einbringung von durch Öl verunreinigten Straßenabwässern in den Haidgraben stellt eine Einbringung im Sinne des § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 dar und bedurfte demnach einer wasserrechtlichen Bewilligung. In der dieser Bewilligung beigefügten Vorschreibung des Einbaues eines Öl- und Benzinabscheiders mit vorgeschaltetem Schlammfang fehlt aber insbesondere die notwendige Konkretisierung des Ortes für den Einbau, weil nicht zu erkennen ist, bei welchem Kanalstrang diese Anlage herzustellen ist, zumal weder eine Beschreibung dieser Anlage in den bekämpften Bescheid aufgenommen worden ist noch eine planliche Darstellung vorliegt. Die belangte Behörde hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet, weil der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf; der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 und 59 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221 (vgl. auch Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1966, Slg. N.F. Nr. 3506/F, und Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1979, Zl. 2611/78).
Da bereits in der Sache selbst die Entscheidung getroffen worden ist, ist es entbehrlich geworden, über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entscheiden.
Wien, am 11. Mai 1982
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