VwGH 81/03/0045

VwGH81/03/004516.9.1981

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Baumgartner, Dr. Weiss und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde des M W in Linz, vertreten durch Dr.  Viktor V. Supplit, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 42/11,. gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 1981, Zl. VerkR-6577/9-1981-II/Kp, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Sicherheitswachebeamter M M erstattete der Bundesplizeidirektion Linz an 7. Juni 1980 die Anzeige, der Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws - als dieser Lenker wurde in der Folge der Beschwerdeführer ausgeforscht - habe am 5. Juni 1980 um 23.20 Uhr in Linz, G-Straße, das angeführte Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Als Alkoholisierungssymtome seien starker Alkoholgeruch aus dem Mund, schwankender Gang, undeutliche Aussprache und unmotiviertes Gesamtverhalten festzustellen gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Vornahme eines Alkotestes dadurch verweigert, dass er den Test simuliert und in das Teströhrchen nur geatmet habe. Er sei zur ärztlichen Untersuchung aufgefordert worden, dieser Aufforderung jedoch ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Die Anzeige sei auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung und auf Grund der Wahrnehmung des Sicherheitswachebeamten F S erstattet worden.

Bei seiner Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Linz am 3. Juli 1980 führte der Beschwerdeführer aus, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ohne gesundheitliche Schädigung die Anstrengungen eines Alkotestes auf sich zu nehmen. Er habe die Vornahme eines Alkotests versucht. Es sei ihm aber nicht gelungen, den Ballon aufzublasen. Dies deshalb nicht, weil er im August 1978 einen Reitunfall gehabt habe, wobei er eine Schädelfraktur erlitten habe. Er sei in der Folge in der Intensivstation des AKH Wels stationär behandelt und nach acht Tagen gegen Revers entlassen worden. Seither sei er nicht in der Lage, anstrengende Tätigkeiten zu verrichten. Aus diesem Grund sei er auch nicht in der Lage, den Ballon aufzublasen. Falls es notwendig sein sollte, sei er jederzeit bereit, sich einer amtsärztlichen Untersuchung bei der Bundespolizeidirektion Linz zu unterziehen.

In der Folge legte der Beschwerdeführer der Bundespolizeidirektion Linz den vom AKH Wels ausgestellten Entlassungsschein vom 27. August 1978 vor, in welchem sich folgende Eintragung über die Diagnose findet: "Fract. oss. frontiparietalis dext. cum. commotio cerebri V.l.c. regio sin." Der Beschwerdeführer legte der Bundespolizeidirektion Linz zugleich ferner eine von einem praktischen Arzt ausgestellte Bescheinigung vom 30. Juni 1979 folgenden Inhaltes vor: "Bei Herrn M W, geb. 1934, besteht Zustand n. Fract. ossis fronti-pariet dext. und commotio cerebri, sodass Pat. noch immer bettlägerig ist."

Am 2. September 1980 wurde der Sicherheitswachebeamte F S als Zeuge vernommen. Er führte u.a. aus, der Beschwerdeführer sei zum Alkotest aufgefordert worden. Er sei dieser Aufforderung anfangs dadurch nachgekommen, dass er Anstalten gemacht habe, den Ballon aufzublasen. Er habe jedoch, wie der Zeuge sehen habe können, das Aufblasen nur simuliert, der Ballon habe sich nicht gefüllt. Der Aufforderung, richtig in den Ballon zu blasen, sei der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgekommen. Er habe für das Nicht-Aufblasen des Ballons keine gesundheitlichen Gründe geltend gemacht. Hätte er dies getan, so wäre er dem Polizeiarzt zur Untersuchung vorgeführt worden. Sein Verhalten habe gezeigt, dass er nicht gewillt gewesen sei, den Alkotest vorzunehmen. Er habe auch sinngemäß die Äußerung gemacht, dass der Alkotest ohnehin keinen Sinn hätte, da er zu viel getrunken habe. Er sei aufmerksam gemacht worden, dass er wegen Verweigerung des Alkotests zur Anzeige gebracht werde. Er habe nie verlangt, dem Polizeiarzt vorgeführt zu werden.

Am 2. September 1980 wurde ferner auch der Sicherheitswachebeamte M M als Zeuge vernommen. Dieser führte aus, nach der Aufforderung zum Alkotest habe der Beschwerdeführer einige Male in den Ballon geblasen, jedoch immer nur kurzatmig. Er habe das Aufblasen nur simuliert. Dennoch habe sich das Röhrchen leicht grün gefärbt. Der Beschwerdeführer habe nicht geltend gemacht, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei, den Ballon kräftig aufzublasen. Hätte er derartiges geltend gemacht, so wäre er wegen Undurchführbarkeit des Alkotests dem Amtsarzt zur Untersuchung hinsichtlich seiner Alkoholbeeinträchtigung vorgeführt worden.

Mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. September 1980 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO schuldig erkannt, wobei begründend ausgeführt wurde, anlässlich der an ihn gerichteten Aufforderung zur Ablegung des Alkotests habe der Beschwerdeführer für seine Weigerung, diesen Test durchzuführen, keine gesundheitlichen Gründe geltend gemacht.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. November 1980 insoweit stattgegeben, als das Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde verwiesen wurde. Begründend wurde ausgeführt, aus der Aktenlage ergebe sich, dass einerseits in der Wachemeldung angeführt wurde, der Beschwerdeführer sei zur ärztlichen Untersuchung aufgefordert worden, er sei dieser Aufforderung jedoch ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen, und dass andererseits den zeugenschaftlichen Aussagen der beiden Meldungsleger vom 2. September 1980 u.a. zu entnehmen ist, der Beschwerdeführer habe keinerlei Gründe dafür geltend gemacht, dass er nicht in der Lage sei, den Alkotestbeutel kräftig aufzublasen, weil er sonst dem Amtsarzt zur Untersuchung vorgeführt worden wäre. Dieser (wenn auch vielleicht nur scheinbare) Widerspruch bedürfe noch der Klärung. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, dass er infolge einer im August 1978 erlittenen Schädelfraktur keinerlei anstrengende Tätigkeiten verrichten könne und daher auch wegen der sofort auftretenden starken (Kopf-)Schmerzen Schwierigkeiten beim Aufblasen des Ballons gehabt habe. Außerdem habe sich der Beschwerdeführer bei seiner ersten Einvernahme nach Vorlage eines Krankenhaus-Entlassungsscheines und einer ärztlichen Bestätigung (beide allerdings längere Zeit zurückliegend) bereit erklärt, zum Beweis dieser Behauptungen jederzeit eine amtsärztliche Untersuchung zu dulden. Die erkennende Erstbehörde hätte daher zur besseren Klärung der näheren Tatumstände eine solche Untersuchung (eventuell unter gleichzeitiger probeweiser Durchführung einer Atemluftprobe) veranlassen und ein entsprechendes ärztliches Sachverständigengutachten einholen müssen.

Am 1. Dezember 1980 wurde F S neuerlich als Zeuge vernommen. Er führte u.a. aus, es sei richtig, dass der Beschwerdeführer aufgefordert worden sei, sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen. Er sei aufgefordert worden, da der Alkotest in der von ihm durchgeführten Form nicht einem richtigen Alkotest entsprochen habe. Der Beschwerdeführer habe auch die Vorführung zum Amtsarzt verweigert. Obschon mit der Verweigerung des Alkotests der Tatbestand nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO vollendet sei, sei dem Beschwerdeführer dennoch die Möglichkeit eingeräumt worden, sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen. Er habe aber, wie gesagt, auch die Vorführung abgelehnt.

Am 1. Dezember 1980 wurde ferner auch M M neuerlich als Zeuge vernommen. Er führte u.a. aus, der Beschwerdeführer wäre, wenn er ein krankheitsbedingtes Unvermögen zum Aufblasen geltend gemacht hätte, selbstverständlich in Durchführung der Bestimmung des § 5 Abs. 4 lit. b StVO dem Polizeiarzt vorgeführt worden. Richtig sei, dass er, nachdem wegen seines Verhaltens der Alkotest nicht durchzuführen gewesen sei, aufgefordert wurde, sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen. Wegen der Vollendung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO sei der Beschwerdeführer schließlich wegen dieses Deliktes angezeigt worden.

Mit Eingabe vom 15. Dezember 1980 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ab, in der er ausführte, nach der Amtshandlung in der G-straße, wo die Durchführung des Alkotests versucht worden sei, habe er seinen Pkw verlassen und ein Gastgewerbe-Lokal besucht. Nachdem er dort alkoholische Getränke konsumiert habe, seien die Beamten wiederum erschienen und hätten ihn auf den Posten Hauserhof mitgenommen. Dort sei in keiner Weise erklärt worden, er müsse sich einem klinischen Test unterziehen.

Mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Dezember 1980 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Juni 19.80 um 23.20 Uhr in Linz, G-straße, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws bei vermuteter Alkoholbeeinträchtigung sowohl die Prüfung seiner Atemluft mittels Alkotests als auch die Vorführung zum Amtsarzt verweigert. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 4 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 18.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, wie der Anzeige vom 7. Juni 1980 zu entnehmen sei, sei der Beschwerdeführer auch zur amtsärztlichen Untersuchung aufgefordert worden, er sei dieser Aufforderung jedoch wie jener zur Durchführung des Alkotests ohne Angabe von Gründen nicht nachgekommen. Im übrigen stehe dem Lenker eines Fahrzeuges kein Wahlrecht zwischen Alkotest und amtsärztlicher Untersuchung zu. Die Bestrafung nach § 99 Abs. 1 lit. b sei überdies eine Ungehorsamsstrafe und das Tatbild nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO sei mit der Verweigerung des Alkotests bzw. der Vorführung zur amtsärztlichen Untersuchung vollendet. Aus diesem Grund (Ungehorsamsbestrafung) sei die Aufnahme des im Verwaltungsstrafverfahren beantragten Beweises, der Beschwerdeführer sei aus gesundheitlichen Gründen zur Vornahme eines Alkotests unvermögend gewesen, für entbehrlich erachtet worden, weil auf Grund der Zeugenaussagen der beiden Sicherheitswachebeamten fest stehe, dass der Beschwerdeführer zum ersten den Sicherheitswachebeamten gegenüber kein derartiges Vorbringen geäußert habe (- ansonsten er in Weiterführung der Amtshandlung nach den Bestimmungen des § 5 Abs. 4 lit. b StVO dem Amtsarzt vorzuführen gewesen wäre -) und sich überdies auch geweigert habe, sich einer amtsärztlichen Untersuchwng zu unterziehen. Es sei mithin eine etwa bestandene psychische Unvermögenheit zur Vornahme des Alkotests wegen der sonst bestandenen Möglichkeit, sich dem Amtsarzt vorführen zu lassen, rechtlich irrelevant.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß §§ 51 VStG 1950 und 66 Abs. 4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit § 24 VStG 1950 abgewiesen und das Straferkenntnis der Erstbehörde mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten hat: "Der Beschuldigte ..... hat am 5. 6. 1980 um 23.2o Uhr in Linz, Gstraße, als Lenker des Pkws ..... bei vermuteter Alkoholbeeinträchtigung die Prüfung seiner Atemluft mittels Alkotests verweigert und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1.lit b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO begangen ...."

In der Begründung wurde ausgeführt, die belangte Behörde schließe sich der zutreffenden, ausführlichen und rechtlich einwandfreien Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vollinhaltlich an. Wenngleich diesen Ausführungen, sowohl was die Beweiswürdigung als auch was die Subsumierung der Tat anlagt, nichts mehr hinzuzufügen wäre, zumal der Beschwerdeführer im wesentlichen die gleichen Einwände wie im Verfahren erster Instanz wiederhole, sei auf die Berufungsausführungen noch wie folgt einzugehen: Bei der Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO handle es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950. Dies bedeute, dass der Gesetzgeber den Täter schon durch den objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung belaste und die Schuld bis zum Beweis des Gegenteils durch ihn präsumiere. Es komme also zu einer Umkehr der Beweislast, insbesondere dann, wenn der Delinquent das Vorliegen eines Verschuldens bestreite. Im vorliegenden Anlassfall hätte somit der Beschwerdeführer seine Schuldlosigkeit zu beweisen gehabt und es wäre ihm oblegen, von sich aus und von vornherein alles darzulegen, was für seine Entlastung hätte sprechen können. Nun habe aber das ergänzend angeführte Beweisverfahren ganz klar und eindeutig ergeben (vgl. die im wesentlichen übereinstimmenden und widerspruchslosen Aussagen der beiden Polizeibeamten), dass der Beschwerdeführer bereits anlässlich der Aufforderung bzw. Ablegung des Alkotests mit keinem Wort erwähnt habe, die Durchführung der Atemluftprobe sei für ihn aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Angesichts dieses Sachverhaltes liege es wohl klar auf der Hand, dass einem jeden normalen Durchschnittsmenschen zugemutet werden kann, im konkreten Fall sofort entsprechende Gesundheitsstörungen geltend und dadurch den Polizeibeamten die angebliche Unmöglichkeit der Atemluftprobe plausibel zu machen. Dies habe der Beschwerdeführer jedoch nachweisbar nicht getan, weshalb sein diesbezüglicher Einwand, die Schuldfrage könne nur durch ein ärztliches Sachverständigengutachten geklärt werden, ins Leere gehen, da das Motiv der Alkotestverweigerung (sofern es unausgesprochen bleibe) lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung und nicht mittels Sachverständigenbeweises zu klären sei. Für den Beschwerdeführer sei daher nichts gewonnen, wenn er geltend mache, er habe bereits bei seiner ersten Vernehmung vor der Polizei und seither immer wieder auf den Umstand hingewiesen, dass er zur Durchführung des Alkotests gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, weil er diesen "Rechtfertigungsgrund" nicht auch schon anlässlich der gegenständlichen Amtshandlung vorgebracht habe. Für die Berufungsbehörde stehe somit fest, dass das Verhalten des Beschwerdeführers (nicht ordnungsgemäße Durchführung des Alkotests) dem Tatbild des § 99 Abs. 1 "lit. d" (richtig offenbar "lit. b") zu unterstellen sei, weshalb die vorliegende Berufung zu verwerfen und das angefochtene Straferkenntnis nicht zuletzt unter der Erwägung, dass die Frage der Vorführung zum Amtsarzt diesfalls nicht mehr zu untersuchen sei, spruchgemäß zu bestätigen war. Aus diesem Grund sei auch die Spruchkorrektur vorzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer trägt in der vorliegenden Beschwerde u. a. vor, in § 5 StVO sei nicht normiert, dass der Angehaltene, der den Alkotest nicht durchführen kann (z.B. aus gesundheitlichen Gründen), dies als "Rechtfertigungsgrund" bei der "Verweigerung" angeben müsse. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre daher für eine abschließende Beurteilung absolut notwendig gewesen.

Der Beschwerdeführer ist mit diesem Vorbringen im Ergebnis im Recht.

Nach § 5 Abs. 2 StVO sind u.a. besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken ....., auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, dass sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig, wer sich bei Vorliegen der in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Nach § 23 VStG 1950 darf wegen einer Verwaltungsübertretung eine Strafe nur auf Grund eines nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführten Verfahrens verhängt werden.

Nach § 32 Abs. 1 VStG 1950 ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache.

Nach § 32 Abs. 2 VStG 1950 sind nur die von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlungen Verfolgungshandlungen.

Auf § 37 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) erwächst der Behörde die Verpflichtung, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt vollständig festzustellen und die unter dem Sorgfaltsgebot des § 45 Abs. 2 AVG 1950 stehende Beweiswürdigung erst nach einer vollständigen Beweiserhebung vorzunehmen.

Im vorliegenden Fall hatte sich der Beschwerdeführer im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens darauf berufen, dass es ihm aus den konkret dargelegten, bereits in der Sachverhaltsdarstellung festgehaltenen medizinischen Gründen unmöglich sei, eine Atemalkoholprobe abzulegen, und sich bereits anlässlich seiner ersten Einvernahme vor der Behörde bereit erklärt, sich einer amtsärztlichen Untersuchung bei der Bundespolizeidirektion Linz zu unterziehen.

Die Amtshandlung der Sicherheitswachebeamten am 5. Juni 1980 stellte noch keine Maßnahme im Rahmen des gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 9 Abs. 2 StVO durchgeführten Verwaltungsstrafverfahrens dar, welches nach der Aktenlage erst durch die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der Behörde am 3. Juli 1980 eingeleitet wurde (eine diesbezügliche Ladung ist aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens nicht zu ersehen). Im Rahmen dieses Verwaltungsstrafverfahrens aber waren von der Behörde alle die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes betreffenden Beweise aufzunehmen.

Der Beschwerdeführer erstattete im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens ein Vorbringen, bei dessen Zutreffen davon auszugehen gewesen wäre, dass es ihm im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG 1950 unmöglich war, die Verwaltungsvorschrift des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO einzuhalten. Nach § 37 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 AVG 1950 war es somit im Interesse der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes Aufgabe der Behörde, das vom Beschwerdeführer angebotene und für die Beweisführung relevante Beweismittel einer ärztlichen Begutachtung aufzunehmen. Da die belangte Behörde dies unterließ, bedarf der Sachverhalt - unbeschadet der von der belangten Behörde durchaus zutreffend gezogenen Schlussfolgerungen aus den Zeugenaussagen, deren Aufnahme allein aber eben nach der Lage des vorliegenden Falles noch nicht zur vollständigen Beweiserhebung geführt hatte - in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof muss es dahingestellt bleiben lassen, ob die belangte Behörde, hätte sich im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens die medizinisch gegebene Unmöglichkeit der Ablegung des Alkotests ergeben, einen Schuldspruch wegen Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 lit. b StVO, wie er von ihr allerdings im Rahmen ihres im angefochtenen Bescheid getroffenen Abspruches fallen gelassen wurde, fällen hätte dürfen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a und 48 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. I lit. A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren Barauslagen im Sinne des § 48 Abs. 1 lit. a VwGG 1965 nicht angefallen sind.

Wien, am 16. September 1981

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