VfGH B1168/2012

VfGHB1168/201227.11.2013

Keine Verletzung der Religionsfreiheit infolge denkmöglicher Annahme der Zugehörigkeit des in Schweden geborenen und getauften Beschwerdeführers zur Evangelischen Kirche AB in Österreich bis zum Austritt aus der Schwedischen Kirche

Normen

EMRK Art9
StGG Art14, Art15
Gesetz über die interkonfessionellen Verhältnisse (InterkonfessionellenG) Art6
BG über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche §6
Kundmachung BGBl II 16/2007 betr die Rechtspersönlichkeit von Gemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Kirche
EMRK Art9
StGG Art14, Art15
Gesetz über die interkonfessionellen Verhältnisse (InterkonfessionellenG) Art6
BG über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche §6
Kundmachung BGBl II 16/2007 betr die Rechtspersönlichkeit von Gemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Kirche

 

Spruch:

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 26. Juli 2011 die Feststellung, dass er nicht Mitglied der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich sei. Er sei zwar als Kind in Schweden getauft worden und damit möglicherweise in die Schwedische Staatskirche aufgenommen worden, er sei jedoch seit Jahrzehnten aus innerer Überzeugung Atheist und hätte somit überhaupt kein Bekenntnis, schon gar nicht ein solches der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich.

2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Mödling vom 13. Dezember 2011 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit 28. Dezember 2010 nicht mehr Angehöriger der Evangelischen Kirche A.B. gewesen sei.

3. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 31. Juli 2012 abgewiesen.

In der Begründung führt die belangte Behörde aus, dass die Zugehörigkeitsfrage als eine innere Angelegenheit der Kirchen und Religionsgesellschaften zu werten sei, sodass in weiterer Folge an die Evangelische Kirchenverfassung anzuknüpfen sei, die für das Begründen der Mitgliedschaft die Taufe oder den Eintritt vorsehe und wonach jeder Evangelische, der seinen Hauptwohnsitz oder Wohnsitz in Österreich habe, derjenigen Pfarrgemeinde seines Bekenntnisses angehöre, in deren Gebiet der Wohnsitz liege. Es sei unbestritten, dass der Beschwerdeführer durch seine Taufe eine Mitgliedschaft zur lutherischen Kirche Schwedens begründet habe; strittig sei hingegen, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen diese Zugehörigkeit auf die Mitgliedschaft zur Evangelischen Kirche A.B. in Österreich habe.

Der Beschwerdeführer habe bei der Verlegung seines Hauptwohnsitzes nach Österreich im Anmeldungsverfahren einen Meldezettel unterfertigt, auf dem als Religionsbekenntnis evangelisch eingetragen gewesen sei. Dies habe die Pfarrgemeinde Mödling zum Anlass genommen, ihn als Mitglied der Pfarrgemeinde anzusehen und ihm Kirchenbeiträge vorzuschreiben, die später für den Zeitraum 2007 bis 2010 beim Bezirksgericht Mödling eingeklagt worden seien. Diesem Klagebegehren sei letztlich mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 28. Juni 2011 stattgegeben worden.

Der Beschwerdeführer übersehe die Bekenntnisidentität der beiden Kirchen, die schon deshalb gegeben sei, weil beide dem Lutherischen Weltbund, einer globalen Gemeinschaft von christlichen Kirchen lutherischer Tradition, angehören würden. Die konfessionelle Übereinstimmung werde auch durch die Kundmachung in BGBl II 16/2007 sowie durch die Vereinbarung zwischen den beiden Kirchen vom 13. März 2007 (Amtsblatt für die Evangelische Kirche in Österreich Nr 75/2007) belegt; nach beiden Dokumenten werde eine Schwedische Evangelische Gemeinde A.B. in Österreich als Pfarrgemeinde bzw. Personalgemeinde der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich errichtet.

Der Beschwerdeführer habe eine Bestätigung der Schwedischen Kirche vorgelegt, wonach er am 28. Dezember 2010 aus der Schwedischen Kirche ausgetreten sei. Die Frage, ob diese Austrittserklärung aus staatlicher Sicht im Lichte des Art6 des Gesetzes vom 25. Mai 1868, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, überhaupt wirksam geworden sei, sei zu bejahen, weil die Zugehörigkeit zur Evangelischen Kirche A.B. in Österreich nicht nur vom Erwerb, sondern auch von der Beendigung der Mitgliedschaft zur Schwedischen Kirche berührt werde.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit nach Art9 EMRK und Art14 StGG behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der Beschwerdeführer sei nicht Mitglied der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich gewesen und habe keine auch nur konkludente Erklärung zum Beitritt zu dieser Kirche oder zur Pfarrgemeinde Mödling abgegeben. Er sei auch nicht von der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich getauft worden, sondern von der Schwedischen Kirche. Die von der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich angenommene Wirkung dieser Taufe für die Mitgliedschaft zu ihr sei falsch. Auch die Wohnsitzverlegung könne keinen automatischen Kirchenbeitritt begründen.

Zwischen der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich und der Schwedischen Kirche bestehe nur eine lose Verbindung im Rahmen des lutherischen Weltbundes und eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Die Schwedische Kirche habe die Leuenberger Konkordie, welche als Maßstab der Kircheneinheit angesehen werde, nicht unterzeichnet. Für die Zugehörigkeit zur Evangelischen Kirche A.B. in Österreich wäre daher jedenfalls ein Rechtsakt des Beschwerdeführers erforderlich, welcher jedoch nicht vorliege. Der Staat könne nicht gegen den Willen des Beschwerdeführers eine "Zwangsmitgliedschaft" zur Evangelischen Kirche A.B. in Österreich annehmen.

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

6. Von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wurde eine Äußerung erstattet, in der insbesondere Folgendes ausführt wird:

"Das Grundrecht der negativen Religionsfreiheit, im konkreten Fall des Kirchenaustritts wurde ausdrücklich respektiert, wie am Beispiel des vollzogenen Austritts aus der schwedischen Kirche mit 28. Dezember 2010 zu demonstrieren wäre. Der positive Willensakt, der zur Mitgliedschaft in der Kirche führte, wurde von den Erziehungsberechtigten gesetzt, als sie die Durchführung der Taufe in der Schwedischen Kirche verlangten. Einen gegenteiligen Willensakt setzte der Beschwerdeführer erst mit seinem Austritt aus der Schwedischen Kirche am 28.12.2010.

Anknüpfungspunkt für die in Österreich postulierte Kirchenmitgliedschaft in der Evangelischen Kirche A.B. ist die durch die Taufe vermittelte Mitgliedschaft in der Lutherischen Kirche Schwedens. Die Bekenntnisidentität der beiden Kirchen bedingt ihre Kirchengemeinschaft, die sich auch darin zeigt, dass beide in der Gemeinschaft des Lutherischen Weltbundes miteinander verbunden sind und diese Kirchengemeinschaft praktizieren. Das wird auch durch die Vereinbarung zwischen den beiden Kirchen vom 13.3.2007 (abgedruckt im Amtsblatt der Evang. Kirche in Österreich Nr 75/2007, Beilage 1) unterstrichen. Sie sehen die Bildung einer Schwedischen Gemeinde in Wien als Personalgemeinde innerhalb der Evang. Kirche A.B. vor, welche Rechtspersönlichkeit nach österreichischen Recht erwirbt und den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts genießt.

Die auf Art9 EMRK Bezug nehmenden Ausführungen zur Religionsfreiheit (sub e), insbesondere zur Freiheit des Religionswechsels, tragen für den Fall nichts aus, weil die Kirchenbeitragspflicht bei aufrechter Mitgliedschaft keineswegs eine Grundrechtsverletzung darstellt, wenn die Möglichkeit besteht, die Mitgliedschaft und damit verbunden die Kirchenbeitragspflicht zu beenden. Eine solche Beendigung der Mitgliedschaft setzte der Beschwerdeführer am 28.12.2010.

Den Ausführungen, wonach die Taufe als Kleinkind in Schweden keine Mitgliedschaft in der Evang. Kirche A.B. in Österreich begründen könne (sub f), ist, wie oben ausgeführt, unrichtig.

Das Kultusamt hält fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Taufe Mitglied der Lutherischen Kirche Schwedens geworden ist. Aufgrund dieses Anknüpfungspunktes muss der mit 29.12.2010 vollzogene Austritt aus der Schwedischen Kirche seine Rechtswirkung auch auf die Kirchenmitgliedschaft in der Evang. Kirche A.B. in Österreich entfalten, auch wenn er nicht vor der zuständigen Verwaltungsbehörde abgegeben wurde. Da der Feststellungswerber eine Mitgliedschaft in der Evang. Kirche A.B. striktE zurückweist, liegt es in der Logik seiner Argumentation begründet, dass er den Austritt lediglich aus der Schwedischen Kirche erklären konnte. Mit dieser Kirchenaustrittserklärung vom 28.12.2010 liegt aber ein schlüssiger Hinweis auf seine bis dahin gegebene Kirchenmitgliedschaft in der Schwedischen Kirche vor, die in Österreich nur im Rahmen der Evang. Kirche A.B. entfaltet werden kann.

Was die zweite Frage betrifft, die an das Kultusamt herangetragen wurde, ob der Ende 2010 in Schweden erklärte Kirchenaustritt aus staatlicher Sicht in Österreich überhaupt wirksam wurde, so besteht in der Tat das gesetzliche Erfordernis (Art6 Interkonfessionellengesetz) der Abgabe vor der zuständigen Verwaltungsbehörde (OGH 30.8.1984, 6 Ob 738/83). Doch ist im gegenständlichen Fall die Ableitung der Kirchenzugehörigkeit über die Kirchenmitgliedschaft in der Kirche von Schweden erfolgt, sodass ein Austritt aus der Kirche von Schweden mittelbar zu demselben Ergebnis, nämlich der wirksamen Beendigung der Kirchenzugehörigkeit zur Evang. Kirche A.B. in Österreich führt."

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Schwedische Kirche die Leuenberger Konkordie nicht unterzeichnet habe, welche als Maßstab der Kirchen­einheit angesehen werde, hält die Bundesministerin in ihrer Äußerung entgegen, dass sich die Leuenberger Konkordie auf die Bekenntnisverwandtschaft zwischen lutherischen (A.B.), reformierten (H.B.), unierten, methodistischen und hussitischen Kirchen beziehe, während zwischen bekenntnisidenten Kirchen wie der Schwedischen Kirche und der Evangelischen Kirche A.B. eine noch engere Kirchengemeinschaft bestehe, weshalb es unerheblich sei, dass die Schwedische Kirche die Leuenberger Konkordie nicht unterzeichnet habe.

II. Rechtslage

1. Die Bestimmungen der Art4 bis 6 des Gesetzes vom 25. Mai 1868, wodurch die interconfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt werden, RGBl. 49/1868 idF dRGBl. I 384/1939, (in der Folge: InterkonfessionellenG) lauten:

"II. In Beziehung auf den Uebertritt von einer Kirche oder

Religionsgenossenschaft zur anderen.

Artikel 4. Nach vollendetem 14. Lebensjahre hat Jedermann ohne Unterschied des Geschlechtes die freie Wahl des Religionsbekenntnisses nach seiner eigenen Ueberzeugung und ist in dieser freien Wahl nöthigenfalls von der Behörde zu schützen. Derselbe darf sich jedoch zur Zeit der Wahl nicht in einem Geistes- oder Gemüthszustande befinden, welcher die eigene freie Ueberzeugung ausschließt.

Artikel 5. Durch die Religionsveränderung gehen alle genossenschaftlichen Rechte der verlassenen Kirche oder Religionsgenossenschaft an den Ausgetretenen ebenso wie die Ansprüche dieses an jene verloren.

Artikel 6. Damit jedoch der Austritt aus einer Kirche oder Religionsgenossenschaft seine gesetzliche Wirkung habe, muß der Austretende denselben der poli­tischen Behörde melden, welche dem Vorsteher oder Seelsorger der verlassenen Kirche oder Religionsgenossenschaft die Anzeige übermittelt.

Den Eintritt in die neu gewählte Kirche oder Religionsgenossenschaft muß der Eintretende dem betreffenden Vorsteher oder Seelsorger persönlich erklären."

2. Die Bestimmungen der §§1 und 2 der Verordnung der Minister des Cultus und des In­nern vom 18. Jänner 1869, betreffend den Vollzug der, den Uebertritt von einer Kirche oder Religionsgesellschaft zur anderen, regelnden Bestimmungen des Gesetzes vom 25. Mai 1868, Reichsgesetzblatt Nr 49, RGBl. 13/1869, lauten:

"§. 1. Die zur Entgegennahme der Erklärung des Austrittes aus einer Kirche oder Religionsgesellschaft berufene politische Behörde ist die k. k. politische Bezirksbehörde (Bezirkshauptmannschaft) des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Meldenden, und in jenen Städten, die eigene Gemeindestatute haben, die mit der politischen Amtsführung betraute Gemeindebehörde.

§. 2. Die Competenz der Behörde zur Entgegennahme der Austrittserklärung ist durch die österreichische Staatsbürgerschaft des Austretenden nicht bedingt."

III. Erwägungen

1. Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

2. Der Beschwerdeführer behauptet die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit nach Art9 EMRK und Art14 StGG.

Nach Art9 Abs1 EMRK hat jedermann das Recht auf Religionsfreiheit. Dieses Recht umfasst die Freiheit des Einzelnen, seine Religion einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen öffentlich oder privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beobachtung religiöser Bräuche auszuüben. Art14 Abs1 StGG gewährleistet jedermann die volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Art9 Abs2 EMRK enthält einen materiellen Gesetzesvorbehalt: Demnach darf die Religionsfreiheit "nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschrän­kungen sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahmen im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer sind".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes besteht das Wesen der Glaubens- und Gewissensfreiheit im Ausschluss "staatlichen Zwangs auf religiösen Gebieten" (VfSlg 3220/1957 unter Verweis auf VfSlg 1408/1931; VfSlg 13.513/1993, 14.978/1997). Jedermann soll in Sachen der Religion volle, von niemandem beschränkte Freiheit genießen (VfSlg 799/1927, 800/1927, 19.349/2011). Art9 EMRK und Art14 StGG schützen im Einklang damit nicht nur die (aktive) Religionsausübung, sondern umfassen auch das Recht, keiner Religion anzugehören und insbesondere nicht zu religiösen Handlungen bzw. zur Teilnahme an diesen gezwungen zu werden. Art14 Abs3 StGG enthält dementsprechend ein explizites Verbot des Zwangs zu einer kirchlichen Handlung oder zur Teilnahme an kirchlichen Feierlichkeiten (vgl. VfSlg 19.349/2011 mwN).

3. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften werden in der Beschwerde nicht aufgeworfen und sind – aus der Sicht des Beschwerdefalles – auch nicht entstanden. Der Beschwerdeführer könnte im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit nur verletzt sein, wenn die Behörde den dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen diesem Grundrecht widersprechenden Inhalt unterstellt hat.

4. Mit der Feststellung, dass der Beschwerdeführer – erst – seit 28. Dezember 2010 nicht mehr Angehöriger der Evangelischen Kirche A.B. sei (dh. ihr bis dahin angehört hat), greift die belangte Behörde in die negative Religionsfreiheit des Beschwerdeführers, dh. in seine Freiheit, keiner Religion und auch keiner Religionsgesellschaft anzugehören, ein. Zwar wird mit dem angefochtenen Bescheid allein keine Verpflichtung begründet, an die Feststellung der Mitgliedschaft für einen bestimmten Zeitraum (mag dieser auch bereits abgelaufen sein) ist jedoch insbesondere die Rechtsfolge der Verpflichtung zur Leistung von Kirchenbeiträgen nach dem Gesetz über die Erhebung von Kirchenbeiträgen im Lande Österreich geknüpft, die die Rechtssphäre des Bescheidadressaten berührt, sodass schon allein deshalb ein Eingriff vorliegt.

Grundsätzlich ist es mit der Religionsfreiheit vereinbar, wenn Personen von staatlicher Seite als zu einer Religionsgesellschaft bzw. einer Pfarrgemeinde zugehörig betrachtet werden und diesen Personen in der Folge die daran anknüpfenden Rechtsfolgen (wie etwa die Kirchenbeitragspflicht) auferlegt werden, solange sie zu jeder Zeit die Möglichkeit zum freiwilligen Austritt haben.

5. Es ist zu prüfen, ob die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid das Gesetz im Hinblick auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Religionsfreiheit in denkunmöglicher Weise angewendet hat.

5.1. Die Frage der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Kirche oder Religionsgesellschaft ist (jedenfalls auch) eine innere Angelegenheit der Kirche oder Religionsgesellschaft iSd Art15 StGG; insoweit daran Rechtsfolgen in der staatlichen Rechtsordnung geknüpft werden, kann die Frage der Beziehung des Einzelnen zur Kirche oder Religionsgesellschaft – der in diesem Zusammenhang jedenfalls Parteistellung zukommt – für den staatlichen Bereich gesetzlich geregelt werden (zB VfSlg 11.300/1987). Dementsprechend sieht Art6 InterkonfessionellenG vor, dass der Austritt aus einer Kirche durch den Austretenden der Behörde gemeldet werden muss, um im Verhältnis zur staatlichen Rechtsordnung wirksam zu sein.

5.2. Ob eine Person einer Kirche oder Religionsgesellschaft angehört, ist nach den Regelungen der Kirche bzw. Religionsgesellschaft zu bestimmen.

Nach Art2 der Verfassung der Evangelischen Kirche A. und H.B. in Österreich gründet sich die Mitgliedschaft auf die Taufe in einer dieser Kirchen oder auf den Eintritt. Nach Art3 gehören Mitglieder der Evangelischen Kirche, die ihren Hauptwohnsitz oder Wohnsitz in Österreich haben, derjenigen Pfarre ihres Bekenntnisses an, in deren Gebiet der Hauptwohnsitz oder Wohnsitz liegt.

Nach §20 Meldegesetz 1991 sind die Bürgermeister verpflichtet, den gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften auf Verlangen die Meldedaten all jener in der Gemeinde angemeldeten Menschen zu übermitteln, die sich zu diesen Religionsgesellschaften bekannt haben.

5.3. Das Bundesgesetz vom 6. Juli 1961 über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, BGBl 182/1961 idF BGBl I 92/2009, sieht in seinem §6 vor, dass das Bundesministerium für Unterricht kundzumachen hat, welchen Gemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Kirche Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts zukommt. Auf dieser Grundlage basiert die Verordnung BGBl II 16/2007, mit der kundgemacht wurde, dass die Schwedische Evangelische Gemeinde A.B. in Österreich mit Wirkung vom 8. November 2006 als Pfarrgemeinde (Personalgemeinde) der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich errichtet worden war.

Im Amtsblatt für die Evangelische Kirche in Österreich vom 18. April 2007, Nr 75/2007, wurde die Errichtung und Anerkennung der "Schwedischen Evangelischen Gemeinde A.B. (Lutherische Gemeinde) in Österreich" kundgemacht, die auf einer Vereinbarung über die schwedisch kirchliche Arbeit in Österreich zwischen der Evangelischen Kirche in Österreich, der "Svenska kyrkan i utlandet" und der "Svenska kyrkan i Wien" beruht. Demnach besteht zwischen der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich und der Schwedischen Kirche Kirchen­gemein­schaft und wird zur Sicherstellung der schwedisch kirchlichen Arbeit in Österreich eine Schwedische Evangelische Gemeinde gegründet. Diese ist eine Pfarrgemeinde (Personalgemeinde) der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich und eine Gemeinde der Kirche von Schweden ("Svenska kyrkan i utlandet"); für ihre Mitglieder gelten die Bestimmungen der Kirchenverfassung der Evangelischen Kirche in Österreich. Amtshandlungen wie Taufen und Hochzeiten sind dem zuständigen Wohnsitzpfarramt der Evangelischen Kirche zu melden und dort einzutragen; hinsichtlich des Kirchenbeitrags besteht ein Übereinkommen mit der Kirchenbeitragsstelle des Verbandes der Wiener evangelischen Pfarrgemeinden.

5.4. Der Beschwerdeführer wurde in Schweden geboren und in der (evangelisch-lutherischen) Schwedischen Kirche getauft. Die belangte Behörde (und auch die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur) geht davon aus, dass der Beschwerdeführer bis zu seinem Austritt am 28. Dezember 2010 aus der Schwedischen Kirche Mitglied dieser und auf Grund der Bekenntnisidentität der Schwedischen Kirche und der Evangelischen Kirche in Österreich auch Mitglied der letztgenannten war.

5.5. Der Beschwerdeführer hat bei seiner Anmeldung in Österreich im September 2006 auf dem Meldezettel das Religionsbekenntnis "EVANG." angegeben. Mit der genannten Kundmachung BGBl II 16/2007 und der im Amtsblatt für die Evangelische Kirche in Österreich kundgemachten Vereinbarung über die Errichtung und Anerkennung einer Schwedischen Evangelischen Gemeinde – wenn letztere auch nicht mit der Schwedischen Kirche selbst, sondern mit der "Svenska kyrkan i utlandet" ("Schwedische Kirche im Ausland") sowie der "Svenska kyrkan i Wien" ("Schwedische Kirche in Wien") abgeschlossen wurde – bestehen ausreichende Anhaltspunkte für die belangte Behörde, anzunehmen, dass der Beschwerdeführer als Mitglied der Schwedischen Kirche mit der Verlegung seines Wohnsitzes nach Österreich auch Mitglied der evangelischen Pfarrgemeinde am Ort seines neuen Wohnsitzes geworden ist. Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde denkmöglich angenommen, dass der Beschwerdeführer bis zu seinem Austritt aus der Schwedischen Kirche Mitglied der Evangelischen Kirche in Österreich war. Der belangten Behörde kann nicht vorgeworfen werden, den angewendeten gesetzlichen Grundlagen damit einen verfassungswidrigen, insbesondere dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit widersprechenden Inhalt unterstellt zu haben.

6. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, insbesondere ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer seit 28. Dezember 2010 nicht mehr Mitglied der Evangelischen Kirche in Österreich ist, dies bis dahin aber war, ist als einfachgesetzliche Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen.

IV. Ergebnis

1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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