VfGH V17/11 ua

VfGHV17/11 ua11.6.2012

Keine Gesetzwidrigkeit von Kurzparkzonenverordnungen in Scheibbs; ordnungsgemäßes Ermittlungs- und Anhörungsverfahren;

Bereich der Altstadtzone ausreichend klar bezeichnet;

Verletzung der Mitteilungspflicht über die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erlassenen Verordnungen verfassungsrechtlich nicht sanktioniert

Normen

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art119a Abs6
KurzparkzonenVen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Scheibbs vom 30.08.95 und 28.06.01
Nö GdO 1973 §38a Abs1 Z2
StVO 1960 §25, §94d, §94f
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art119a Abs6
KurzparkzonenVen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Scheibbs vom 30.08.95 und 28.06.01
Nö GdO 1973 §38a Abs1 Z2
StVO 1960 §25, §94d, §94f

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat

Niederösterreich (im Folgenden: UVS) ist aufgrund der Berufung des Beschuldigten gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 23. Februar 2010 ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig, in welchem diesem vorgeworfen wird, am 24. November 2008 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer am Rathausplatz in der Stadtgemeinde Scheibbs als Kurzparkzone gekennzeichneten Fläche abgestellt zu haben, ohne es für die Dauer des Abstellens mit einer richtig eingestellten Parkscheibe zu kennzeichnen. Der Tatort und Tatzeitraum lägen innerhalb des örtlichen und zeitlichen Geltungsbereiches der Kurzparkzonen-Verordnungen des Bürgermeisters von Scheibbs vom 30. August 1995 (im Folgenden: KurzparkzonenVO 1995) und vom 28. Juni 2001 (im Folgenden: KurzparkzonenVO 2001).

Aus Anlass dieses Verfahrens entstanden beim UVS Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit dieser Verordnungen. Gestützt auf Art139 Abs1 B-VG stellte er den zu V17/11 und V18/11 protokollierten Antrag,

"auszusprechen, dass die Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde von Scheibbs vom 30. August 1995, Zl. 640-1 und vom 28. Juni 2001, Zl. 640-1 zur Gänze als gesetzwidrig aufgehoben werden."

2. Der antragstellende UVS bringt gegen diese Verordnungen auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass diese nicht eindeutig erkennen ließen, welchem Gemeindeorgan sie zuzuordnen seien. Die Verordnungen seien auch nicht rechtmäßig zustande gekommen: Bei Erlassung der KurzparkzonenVO 1995 sei eine Anhörung der Arbeiterkammer nicht erfolgt, vor Erlassung der KurzparkzonenVO 2001 sei überhaupt keine gesetzliche Interessenvertretung der Berufsgruppen angehört worden. Es komme weiters nicht mit juristischer Klarheit zum Ausdruck, inwieweit auch der Rathausplatz von Scheibbs (als Tatort) von den Verordnungen umfasst sei. Zudem seien die Verordnungen auch nicht der Landesregierung gemäß §88 Niederösterreichische Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000 idF LGBl. 1000-9 (für die KurzparkzonenVO 1995) bzw. idF LGBl. 1000-10 (für die KurzparkzonenVO 2001), (im Folgenden: NÖ GO 1973), mitgeteilt worden.

3. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Scheibbs legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er den Bedenken des UVS entgegentritt. Der KurzparkzonenVO 1995 sei eine Verkehrsverhandlung vorausgegangen, an der neben dem Verhandlungsleiter ein Verkehrssachverständiger und Vertreter des Gendarmeriepostens Scheibbs, der ARBÖ und ÖAMTC sowie die Wirtschaftskammer teilgenommen hätten; da die der Verhandlung zugrunde liegenden Ladungen nicht auffindbar seien, sei zwar nicht nachweisbar, ob auch die Arbeiterkammer geladen worden sei, es sei aber davon auszugehen, dass - so wie in allen anderen bezugsrelevanten Verhandlungen - eine entsprechende Ladung erfolgt sei. Die KurzparkzonenVO 2001 sei ohne weiteres Ermittlungsverfahren erlassen worden, da lediglich die Parkdauer für die in der KurzparkzonenVO 1995 definierten Bereiche von 90 Minuten auf 120 Minuten ausgedehnt worden sei. Die Definition "Altstadtzone" in der Verordnung, die den Rathausplatz umfasse, sei durch den Anschluss einer Plandarstellung an den Verordnungstext sehr wohl eindeutig, da dieser mit dem Verordnungstext kundgemacht und Aktenbestandteil sei. Die fehlende Verordnungsprüfung gemäß §88 NÖ GO 1973 mache die Kurzparkzonen-Verordnungen des Bürgermeisters von Scheibbs nicht gesetzwidrig.

4. Die Niederösterreichische Landesregierung hat beschlossen, zum Antrag des UVS auf Aufhebung der Kurzparkzonen-Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Scheibbs aus 1995 und 2001, keine Äußerung zu erstatten.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsverordnung 1960, BGBl. 159/1960 idF

BGBl. 209/1969 (für §94f), idF BGBl. 518/1994 (für §43), idF BGBl. I 92/1998 (für §§25 und 94d), idF BGBl. I 15/2005 (für §99), (im Folgenden: StVO), lauten auszugsweise:

"§25. Kurzparkzonen

(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes

das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.

(2) Verordnungen nach Abs1 sind durch die Zeichen

nach §52 Z13d und 13e kundzumachen; §44 Abs1 gilt hiefür sinngemäß. Zusätzlich können Kurzparkzonen mit Bodenmarkierungen in blauer Farbe auf der Fahrbahn oder auf dem Randstein sowie mit blauen Markierungsstreifen an den im Bereich einer Kurzparkzone vorhandenen Anbringungsvorrichtungen für Straßenverkehrszeichen, Beleuchtungsmasten oder dergleichen gekennzeichnet werden.

(3) Beim Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges in einer Kurzparkzone hat der Lenker das zur Überwachung der Kurzparkdauer bestimmte Hilfsmittel bestimmungsgemäß zu handhaben.

(4) Für Kurzparkzonen, die gebührenfrei benützt

werden dürfen, hat der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr durch Verordnung die Art der Überwachung der Kurzparkdauer und das hiefür notwendige Hilfsmittel zu bestimmen; er hat dabei auf den Zweck einer zeitlichen Parkbeschränkung sowie auf eine kostengünstige und einfache Handhabung des Hilfsmittels Bedacht zu nehmen.

(4a) Für Kurzparkzonen, in denen für das Abstellen eines mehrspurigen Fahrzeuges auf Grund abgabenrechtlicher Vorschriften eine Gebühr zu entrichten und für deren Überwachung in diesen Vorschriften das Anbringen eines Hilfsmittels am Fahrzeug vorgesehen ist, kann der Bundesminister für Wissenschaft und

Verkehr mit Verordnung bestimmen, daß dieses Hilfsmittel zugleich auch als Hilfsmittel für die Überwachung der Kurzparkdauer gilt. Wenn für die genannte Überwachung nicht Automaten als Hilfsmittel vorgesehen sind, kann der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr aus Gründen der Einheitlichkeit mit Verordnung auch die Art, das Aussehen und die Handhabung des Hilfsmittels bestimmen.

(5) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf den Zweck einer nach §43 Abs2a verordneten Regelung durch Verordnung das zur Kontrolle notwendige Hilfsmittel zu bestimmen.

[...]

§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise.

(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung

a) [...];

b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,

1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen, zu erlassen,

2. [...]

c - d [...]

(1a) - (11) [...].

[...]

§94d. Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

Sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll, sind folgende Angelegenheiten von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:

1. [...],

1a. [...],

1b. die Bestimmung von Kurzparkzonen (§25),

1c - 3a [...],

4. die Erlassung von Verordnungen nach §43, mit denen

a) Beschränkungen für das Halten und Parken,

b) - d) [...]

erlassen werden,

4a - 20. [...].

[...]

§94f. Mitwirkung

(1) Vor Erlassung einer Verordnung ist, außer bei

Gefahr im Verzuge, anzuhören:

a) [...]

b) von der Gemeinde (§94c und d):

1. [...]

2. wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe

berührt werden, die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe.

(2) - (3) [...].

[...]

§99. Strafbestimmungen.

(1) - (2c) [...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit

einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer

Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu

bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger,

als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist,

b) - j) [...]

(4) - (7) [...]."

2. Die §§38 und 88 NÖ GO 1973, LGBl. 1000 idF

LGBl. 1000-9 (für die KurzparkzonenVO 1995) bzw. idF

LGBl. 1000-10 (für die KurzparkzonenVO 2001), lauten auszugsweise:

"§38

Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich

(1) Im eigenen Wirkungsbereich obliegen dem Bürgermeister, soweit durch Gesetz nicht anderes bestimmt wird:

1. [...]

2. die Besorgung der behördlichen Aufgaben des

eigenen Wirkungsbereiches; [...];

3. - 8. [...]

(2) - (5) [...].

[...]

§88

Verordnungsprüfung

(1) Die Gemeinde hat die von ihr erlassenen

Verordnungen der Landesregierung unverzüglich mitzuteilen. Die Landesregierung hat gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Gemeinde durch Verordnung aufzuheben und die Gründe hiefür der Gemeinde gleichzeitig mitzuteilen.

(2) Die Aufhebungsverordnung ist vom Bürgermeister in gleicher Weise wie die aufgehobene Verordnung kundzumachen. Die Verordnung der Landesregierung tritt, soferne nicht anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Kundmachungstages in Kraft.

(3) Nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Einlangen der von der Gemeinde erlassenen Verordnung bei der Aufsichtsbehörde ist ihre Aufhebung nicht mehr zulässig."

3. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Scheibbs hat am 30. August 1995 eine Verordnung zur Errichtung einer Kurzparkzone, Z640-1, mit folgendem Inhalt erlassen:

"Verordnung

betreffend Verkehrsregelung in Scheibbs.

Auf Grund der Bestimmungen des §43 Abs1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. 159/1960 in letztgültiger Fassung, wird im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs angeordnet:

Errichtung einer zusammenhängenden Kurzparkzone im Stadtgebiet (Kerngebiet) mit den Begrenzungen

* Hauptstraße südlich B 29

* Bahnhofstraße östlich der Großen Erlauf

* Gamingerstraße/Hauptstraße nördlich der Zufahrt zum Objekt Hauptstraße 69

* Burgerhofstraße auf Höhe Zugang Rathausplatz 5 (Bezirkshauptmannschaft)

Die zeitliche Beschränkung gilt werktags Montag bis Freitag 7.00 bis 18.00 Uhr und samstags 7.00 - 13.00 Uhr bei einer Parkdauer von 90 Minuten.

Diese Regelung tritt mit 1. Oktober 1995 in Kraft.

Der Bürgermeister

[...]"

Die Anbringung der entsprechenden Verkehrszeichen erfolgte am 30. September 1995.

4. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Scheibbs hat diese Verordnung mit einer Verordnung zur Anhebung der Parkdauer in gegenständlicher Kurzparkzone vom 28. Juni 2001, Z640-1, novelliert und mit folgendem Inhalt erlassen:

"Verordnung

betreffend Verkehrsregelung in Scheibbs.

Auf Grund der Bestimmungen des §43 Abs1 litb Ziffer 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BFBl. 159 in letztgültiger Fassung, wird im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des sich bewegenden (oder ruhenden) Verkehrs angeordnet:

In folgenden Kurzparkzonen wird die Parkdauer auf

2 Std. angehoben:

* Altstadtzonenbereich

* Bahngasse, südlich des Bundesamtsgebäudes

* Erlafpromenade, von der Bahnhofstraße entlang der Einbahn bis zur Einmündung Bahngasse

* Parkplatz vor der Raiffeisenbank

* Parkplatz in der Feldgasse, nördlich der Raiffeisenbank

* Parkplatz vor dem Töpperpark

* Parkplatz am Kapuzinerplatz, nördlich des Objektes Kapuzinerplatz 6

* St. Georgner Straße, nördlich entlang des Objektes Kapuzinerplatz 3

Diese Verordnung tritt gemäß §44 Abs1 StVO mit der Anbringung der Verkehrszeichen in Kraft.

Der Bürgermeister

[...]"

5. Die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über die Überwachung der Einhaltung der Parkdauer in Kurzparkzonen

(Kurzparkzonen-Überwachungsverordnung), BGBl. 857/1994 idF BGBl. II 145/2008, lautet auszugsweise:

"Pflichten des Lenkers

§2. (1) Wird ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abgestellt, so hat der Lenker

1. das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit dem für die jeweilige Kurzparkzone entsprechenden Kurzparknachweis zu kennzeichnen und

2. dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug spätestens mit Ablauf der höchsten zulässigen Parkzeit entfernt wird.

(2) Parkscheibe, Parkschein oder Parkzeitgeräte sind bei Fahrzeugen mit einer Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese von außen gut lesbar, bei anderen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar und lesbar anzubringen; es dürfen an den genannten Stellen nur jene Kurzparknachweise sichtbar sein, die sich auf den jeweiligen Parkvorgang beziehen.

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer entgegen Abs1 Z2 durch Änderungen am oder des Kurzparknachweises die höchste zulässige Parkdauer zu überschreiten versucht.

(4) Wer ein mehrspuriges Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abstellt, hat als Kurzparknachweis eine Parkscheibe oder einen Parkschein zu verwenden, sofern für den betreffenden Haltevorgang keine Gebührenpflicht besteht."

III. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitäts-entscheidung den antragstellenden UVS an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden UVS im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).

1.2. Da der UVS bei seiner Entscheidung über die bei ihm anhängige Berufung auch die vorhin wiedergegebenen Verordnungen anzuwenden hat, ist der vom UVS gestellte Antrag gemäß Art139 Abs1 und Art129a Abs3 iVm Art89 Abs2 B-VG zulässig.

2. In der Sache:

2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Verfassungsgerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Normprüfungsverfahren an die im Antrag aufgeworfenen Bedenken gebunden, sodass er ausschließlich beurteilt, ob die angefochtenen Bestimmungen aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen gesetz- bzw. verfassungswidrig sind (vgl. VfSlg. 12.691/1991, 12.947/1991, 13.471/1993, 13.704/1994, 14.050/1995, 14.466/1996).

2.2. Gemäß §25 Abs1 StVO kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes - wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist - das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen. Gemäß §25 Abs1 und §43 Abs1 litb Z1 StVO iVm §94d Z1b und Z4 StVO fällt die Erlassung von Verordnungen zur Bestimmung einer Kurzparkzone in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, sofern diese nur für das Gebiet der Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen.

2.3. Aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Verordnungsakten ist ersichtlich, dass der Bürgermeister der Stadtgemeinde Scheibbs am 30. August 1995 die KurzparkzonenVO 1995 erließ, mit der eine zusammenhängende Kurzparkzone im Stadtgebiet von Scheibbs festgelegt wurde, die anhand ihrer Begrenzungen in der Verordnung beschrieben und auch graphisch dargestellt wurde ("Kernzone"). Mit Verordnung vom 28. Juni 2001 wurde diese Verordnung - unter derselben Geschäftszahl (Z640-1) - insofern geändert, als für die bereits bestehende Kurzparkzone die Anhebung der Parkdauer auf zwei Stunden beschlossen wurde, wobei die Straßen, Straßenstrecken bzw. Zonen im Verordnungstext von 2001, im Unterschied zu jenem von 1995, namentlich konkret bezeichnet werden (hingegen nicht ihre Begrenzungen); insofern unterscheidet sich der Verordnungstext, jedoch ist aus den den Verordnungen angeschlossenen Plänen klar ersichtlich, dass die Kurzparkzone dasselbe Gebiet von Scheibbs umfasst.

2.4. Die vom UVS vorgebrachten Bedenken haben sich aus folgenden Gründen als unzutreffend erwiesen:

2.4.1. Wenn der UVS vorbringt, das Verordnungserlassungsverfahren sei mangelhaft, ist dem entgegenzuhalten, dass am 23. August 1995 eine Verhandlung zur Erlassung der KurzparkzonenVO 1995 stattgefunden hat, an der zahlreiche Interessen- und Behördenvertreter teilgenommen und der Notwendigkeit der Erlassung einer solchen Verordnung zugestimmt haben; die fehlende Nachweisbarkeit der Ladung der Arbeiterkammer ändert nichts an der ordnungsgemäßen Durchführung des Ermittlungs- und Anhörungsverfahrens. Bei der KurzparkzonenVO 2001 handelt es sich lediglich um die zeitliche Adaptierung der seit 1995 im Stadtgebiet von Scheibbs bestehenden Kurzparkzonenverordnung, nicht aber um eine Veränderung des Gebietes der Kurzparkzone, weshalb sich die nochmalige Durchführung eines Ermittlungsverfahrens als nicht notwendig erweist (vgl. VfSlg. 18.299/2007).

2.4.2. Soweit der UVS vorbringt, die angefochtenen Verordnungen ließen nicht erkennen, "welchem Gemeindeorgan sie zuzuordnen" seien, ist ihm zu entgegnen, dass sich aus dem Wortlaut des §38 Abs1 Z2 NÖ GO 1973 ergibt, dass dem Bürgermeister im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde die Besorgung der behördlichen Aufgaben obliegt. Da diese Bestimmung den Begriff "behördliche Aufgaben" nicht einschränkt (wie z.B. die Salzburger Gemeindeordnung 1965 auf "behördliche Aufgaben in erster Instanz", vgl. dazu VfSlg. 7522/1975), umfasst der Begriff "behördliche Aufgaben" auch die Erlassung von Verordnungen.

2.4.3. Dem Vorbringen, dass "nicht davon gesprochen werden [kann], dass mit dieser Bezeichnung ["Altstadtzonenbereich"] mit ausreichender juristischer Klarheit zum Ausdruck kommt, dass damit auch der Rathausplatz gemeint ist", ist entgegenzuhalten, dass sich eindeutig ergibt, dass der Rathausplatz vom Text der Kurzparkzonen-Verordnungen 1995 und 2001 in Zusammenschau mit den jeweils dem Verordnungstext angeschlossenen Plandarstellungen, die gemeinsam mit dem Verordnungstext ordnungsgemäß kundgemacht wurden, umfasst ist (vgl. auch VwGH 9.10.1996, 96/03/0024, wonach es zulässig ist, den normativen Inhalt einer Verordnung unter Heranziehung eines ihr zugrundeliegenden Planes zu ermitteln).

2.4.4. Wenn der UVS die Gesetzwidrigkeit der Kurzparkzonen-Verordnungen mit der Nichtvorlage an die Landesregierung als Aufsichtsbehörde zu begründen versucht, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich erlassene Verordnungen gemäß Art119a Abs6 B-VG der Aufsichtsbehörde unverzüglich nach deren Erlassung mitzuteilen hat, die Verletzung der Mitteilungspflicht verfassungsrechtlich aber nicht sanktioniert ist (vgl. auch Kahl, Art119a B-VG, in Kneihs/Lienbacher (Hrsg.), Rill-Schäffer-Kommentar, 8. Lfg (2011) Rz 36). Die Tatsache, dass die Kurzparkzonen-Verordnungen des Bürgermeisters von Scheibbs von 1995 und 2001 der Niederösterreichischen Landesregierung als Aufsichtsbehörde gemäß Art119a Abs1 B-VG nicht ordnungsgemäß vorgelegt wurden, macht diese nicht gesetzwidrig.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Antrag, die Verordnungen des Bürgermeisters der Stadtgemeinde von Scheibbs vom 30. August 1995, Zl. 640-1, und vom 28. Juni 2001, Zl. 640-1, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben, war daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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