Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
Krnt G LGBl 8/2010 ArtIV Abs4, Abs6
Krnt MindestsicherungsG §12 Abs4, §58 Abs2
Krnt MindeststandardV 2011
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
Krnt G LGBl 8/2010 ArtIV Abs4, Abs6
Krnt MindestsicherungsG §12 Abs4, §58 Abs2
Krnt MindeststandardV 2011
Spruch:
I. Der Antrag auf Aufhebung von ArtIV Abs6 des Gesetzes vom 26. November 2009, mit dem das Gesetz zur Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung (Kärntner Chancengleichheitsgesetz - K-ChG) erlassen sowie das Kärntner Grundversorgungsgesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl. für Kärnten Nr. 8/2010, wird abgewiesen.
II. 1. §12 Abs4 des Kärntner
Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 15/2007 idF LGBl. für Kärnten Nr. 8/2010, war bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010 verfassungswidrig.
2. §12 Abs4 des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 15/2007 idF LGBl. für Kärnten Nr. 8/2010 ist auch in den zu Zlen. KUVS-1331/4/2010, KUVS-1579/2/2010, KUVS-1416/8/2010, KUVS-1549/6/2010 und KUVS-1582/7/2010 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.
3. Der Landeshauptmann von Kärnten ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für Kärnten verpflichtet.
III. Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Mit den zu G56,57/11, G58,59/11 und G60,61/11 protokollierten Anträgen begehrt der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten gemäß Art140 Abs1 B-VG,
"1. ArtIV Abs6 des Gesetzes vom 26. November 2009, mit dem das Gesetz zur Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung (Kärntner Chancengleichheitsgesetz - K-ChG) erlassen sowie das Kärntner Grundversorgungsgesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung
in eventu
1. ArtIV Abs4, letzter Satz, des Gesetzes vom 26. November 2009, mit dem das Gesetz zur Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung (Kärntner Chancengleichheitsgesetz - K-ChG) erlassen sowie das Kärntner Grundversorgungsgesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung
in eventu
1. §12 Abs4 Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung
in eventu
1. §12 Abs4, 1. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung
in eventu
1. §12 Abs4, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung
in eventu
1. §12 Abs4, 1. und 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung
in eventu
1. §12 Abs4, letzter Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, und
2. §58 Abs2, 2. Satz, Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 in der Stammfassung"
als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Diesen Anträgen liegen Berufungsverfahren vor dem UVS für Kärnten zu Grunde, in denen die rechtswidrige, von den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden erlassene, Neubemessung von Leistungen nach dem Kärntner Mindestsicherungsgesetz (K-MSG) geltend gemacht wird. In allen Verfahren führte die Neubemessung zu einer Kürzung der gewährten Mittel.
3. Der UVS für Kärnten behauptet eine Verletzung des Gleichheitssatzes durch eine Novelle zum Kärntner Mindestsicherungsgesetz, mit der es auf Grund der angefochtenen Bestimmungen zu plötzlichen und intensiven Kürzungen der zu gewährenden Mittel kam. Darüber hinaus behauptet der UVS einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung von Berufungen gegen Bescheide, in denen Leistungen der sozialen Mindestsicherung zuerkannt wurden.
4. Die Kärntner Landesregierung legte eine Äußerung vor, in der sie den Behauptungen entgegentritt und die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Anträge beantragt.
II. Rechtslage
1. Bis zum Inkrafttreten der Novelle LGBl. 8/2010
waren folgende Bestimmungen des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes LGBl. 15/2007 idF 52/2008 in Kraft (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"§12
Soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt, Mindeststandards
(1) Soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt
umfasst den Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat und andere persönliche Bedürfnisse wie insbesondere die Teilhabe am kulturellen Leben sowie für den Wohnbedarf (§13).
(2) Der Lebensunterhalt ist zu decken durch einmalige Geldleistungen bei kurzdauernder Hilfsbedürftigkeit oder laufende monatliche Geldleistungen (§9 Abs3), sofern nicht persönliche Hilfe oder Sachleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes in Betracht kommen. Die Landesregierung hat im November eines jeden Kalenderjahres für das nächstfolgende Kalenderjahr den für die Deckung der regelmäßig gegebenen Bedürfnisse nach Abs1, ausgenommen für den Wohnbedarf (§13), erforderlichen Mindeststandard pro Monat für Personen, die nicht in Haushaltsgemeinschaft leben (Alleinstehende), durch Verordnung festzulegen unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Kärnten für durchschnittliche Lebensverhältnisse. Dieser Mindeststandard gilt auch für Alleinerzieher von mindestens einem mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden Kind.
(3) Der Mindeststandard für andere Personen beträgt:
a) für Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, 75 vH des nach Abs2 festgesetzten Betrages;
b) für Personen, für die eine Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder bezogen werden könnte,
1. soweit diese das 10. Lebensjahr vollendet haben:
40 vH
2. soweit diese das 10. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben: 30 vH
des nach Abs2 festgesetzten Betrages.
(4) Der Mindeststandard nach Abs2 bzw. Abs3 lita
erhöht sich um 10 vH des nach Abs2 festgesetzten Betrages bei Personen, von denen nicht bloß vorübergehend, mindestens aber für drei Monate, der Einsatz der Arbeitskraft nicht verlangt werden darf (§7 Abs2), sofern sie nicht nach §12a einen Erhöhungsbeitrag erhalten.
(5) Personen, die Dauerleistungen (§9 Abs3) beziehen, ist zusätzlich im März, Juni, September und Dezember eine Sonderzahlung in Höhe von 50 vH der jeweiligen Mindeststandards nach Abs2 bis 4 zu leisten.
(6) Die Zuerkennung von Leistungen nach Abs1 bis 5 schließt zusätzliche Leistungen zur sozialen Mindestsicherung bei außergewöhnlichem Bedarf im Einzelfall nicht aus.
(7) Soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt darf auch durch Übernahme von Kosten geleistet werden, die erforderlich sind, um der Hilfe suchenden Person Anspruch auf eine angemessene Alterssicherung zu verschaffen, wenn dadurch eine dauerhafte soziale Mindestsicherung erreicht werden kann."
"§13
Wohnbedarfsbeihilfe
(1) Der erforderliche Aufwand für Unterkunft einschließlich Betriebskosten und Strom ist durch eine monatliche Beihilfe zu decken, die höchstens bei einer Haushaltsgröße von
- a) einer Person 25 vH,
- b) zwei Personen 30 vH,
- c) drei Personen35 vH,
- d) vier Personen 40 vH,
- e) mehr als vier im gemeinsamen
Haushalt lebenden Personen 45 vH
des nach §12 Abs2 festgesetzten Mindeststandards beträgt.
(2) Die Erbringung zusätzlicher Leistungen zur Deckung des Unterkunfsbedarfes, um drohende soziale Notlagen hintanzuhalten, kann bei außergewöhnlichem Bedarf durch
a) Mietvorauszahlungen,
b) die Übernahme von Mietrückständen, oder
c) sonstige zur Beschaffung oder Beibehaltung von Wohnraum erforderliche Zahlungen erfolgen.
(3) Die Auszahlung der Wohnbedarfsbeihilfe kann an den Vermieter erfolgen, wenn sich dieser verpflichtet, die an ihn ausbezahlte Wohnbeihilfe auf die vorgeschriebene Miete einschließlich der Betriebskosten senkend zu verrechnen."
"§58
Berufungsverfahren
(1) Im Verfahren über die Zuerkennung von Leistungen sozialer Mindestsicherung darf ein Berufungsverzicht (§63 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) nicht wirksam abgegeben werden.
(2) Berufungen dürfen innerhalb von sechs Wochen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, eingebracht werden. Berufungen gegen Bescheide, in denen Leistungen der sozialen Mindestsicherung zuerkannt wurden, haben keine aufschiebende Wirkung."
2. Die Mindeststandard-Verordnung 2010 LGBl. 77/2009 legte gemäß §12 Abs2 Kärntner Mindestsicherungsgesetz fest:
"§1
Der Mindeststandard für die Deckung der regelmäßig gegebenen Bedürfnisse, ausgenommen für den Wohnbedarf, beträgt 506,00 Euro pro Monat für Personen, die nicht in Hausgemeinschaft leben (Alleinstehende)."
3. Aufgrund dieser Rechtslage betrug die Mindestsicherung zum Lebensunterhalt iSv §12 Abs1 K-MSG also EUR 506,- und jene für den erforderlichen Aufwand für Unterkunft iSv §13 Abs1 leg.cit. EUR 126,50. Die Mindestsicherung für den Gesamtaufwand einer Person in einem Einpersonenhaushalt für Lebensunterhalt und Wohnbedarf betrug EUR 632,50.
4. Nach der Novelle mit dem Gesetz vom 26. November 2009, mit dem das Gesetz zur Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung (Kärntner Chancengleichheitsgesetz - K-ChG) erlassen sowie das Kärntner Grundversorgungsgesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl. 8/2010, lauteten die hier maßgeblichen Bestimmungen wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"§12
Soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt, Mindeststandards
(1) Soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt gewährleistet die Deckung des Lebensbedarfs und des angemessenen Wohnbedarfs. Der Lebensbedarf umfasst den regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung, Strom und andere persönliche Bedürfnisse wie insbesondere die Teilhabe am kulturellen Leben. Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.
(2) Der Lebensunterhalt ist zu decken durch einmalige Geldleistungen bei kurzdauernder Hilfsbedürftigkeit oder laufende monatliche Geldleistungen (§9 Abs3), sofern nicht persönliche Hilfe oder Sachleistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes in Betracht kommen. Die Landesregierung hat im November eines jeden Kalenderjahres für das nächstfolgende Kalenderjahr den für die Deckung der regelmäßig gegebenen Bedürfnisse nach Abs1 erforderlichen Mindeststandard pro Monat für Personen, die nicht in Haushaltsgemeinschaft leben (Alleinstehende), durch Verordnung unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Kärnten für durchschnittliche Lebensverhältnisse festzulegen. Dieser Mindeststandard gilt auch für Alleinerzieher von mindestens einem mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden Kind.
(3) Der Mindeststandard für andere als in Abs2
genannte Personen beträgt:
a) für Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, 75 vH des nach Abs2 festgesetzten Betrages;
b) für unterhaltsberechtigte Personen, für die eine Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 bezogen wird oder bezogen werden könnte und die mit mindestens einer volljährigen Person im gemeinsamen Haushalt leben,
1. für die älteste und die zweitälteste Person:
18 vH,
2. ab der drittältesten Person: 15 vH
des nach Abs2 festgesetzten Betrages.
(4) Der angemessene Wohnbedarf im Sinne des Abs1 entspricht 25 vH des jeweiligen Mindeststandards nach Abs2 oder 3. Wird Wohnbeihilfe nach dem VIII. Abschnitt des Kärntner Wohnbauförderungsgesetzes 1997 gewährt, welche den angemessenen Wohnbedarf einer Hilfe suchenden Person deckt, so ist der jeweilige Mindeststandard einer Person um 25 vH zu reduzieren. Dient die Wohnbeihilfe zur Deckung eines dringenden Wohnbedürfnisses mehrerer Personen, ist zu prüfen, ob die Wohnbeihilfe den angemessenen Wohnbedarf dieser Personen, welcher der Summe aus 25 vH des jeweiligen für eine Person nach Abs2 oder 3 zu gewährenden Mindeststandards entspricht, deckt. Wird der angemessene Wohnbedarf gedeckt, ist der jeweilige Mindeststandard dieser Personen nach Abs2 oder 3 um 25 vH zu reduzieren. Liegt der angemessene Wohnbedarf einer Person oder mehrerer Personen über der jeweils gewährten Wohnbeihilfe, ist der Differenzbetrag den anspruchsberechtigten Hilfe suchenden Personen aliquot auszuzahlen.
(5) Die Zuerkennung von Leistungen nach Abs2 bis 4 schließt zusätzliche Leistungen zur sozialen Mindestsicherung bei außergewöhnlichem Bedarf im Einzelfall nicht aus.
(6) Soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt darf auch durch Übernahme von Kosten geleistet werden, die erforderlich sind, um der Hilfe suchenden Person Anspruch auf eine angemessene Alterssicherung zu verschaffen, wenn dadurch eine dauerhafte soziale Mindestsicherung erreicht werden kann.
(7) Hilfe Suchende, die soziale Mindestsicherung in einer stationären Einrichtung nach §11 erhalten, haben Anspruch auf ein Taschengeld in Höhe von 20 vH des Mindeststandards nach Abs2, soweit ihnen nicht nach §6 Abs6 ein Betrag ihres Einkommens verbleibt und wenn es sich nicht um die Unterbringung von Pflegekindern in Familien im Sinne des §13 des Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetzes handelt."
"§13
Soziale Mindestsicherung zum Wohnbedarf
(1) Die Erbringung zusätzlicher Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs, um drohende soziale Notlagen hintanzuhalten, kann bei außergewöhnlichem Bedarf durch
a) Mietvorauszahlungen,
b) die Übernahme von Mietrückständen,
c) sonstige zur Beschaffung oder Beibehaltung von Wohnraum erforderliche Zahlungen erfolgen.
(2) Die Auszahlung von Leistungen gemäß §12 Abs4 und dieser Bestimmung kann an den Vermieter erfolgen, wenn sich dieser verpflichtet, die an ihn ausbezahlten Leistungen auf die vorgeschriebene Miete einschließlich der Betriebskosten anzurechnen."
"Artikel IV
[...]
(4) Hilfe Suchende, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes nach dem 3. Abschnitt des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/2007, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 52/2008, Dauerleistungen oder unmittelbar vor Inkrafttreten (Abs1) dieses Gesetzes mehr als drei unmittelbar aufeinanderfolgende Monate Einmalleistungen erhalten haben, sind diese Leistungen weiterzugewähren, bis eine Neubemessung der Leistungen im Hinblick auf Artikel III erfolgt. Eine Neubemessung aller Dauerleistungen sowie jener Einmalleistungen, die unmittelbar vor Inkrafttreten dieses Gesetzes mehr als drei unmittelbar aufeinanderfolgende Monate geleistet wurden, hat innerhalb eines Monats nach Inkrafttreten dieses Gesetzes (Abs1) zu erfolgen. Ergibt die Neubemessung, dass nach diesem Gesetz geringere oder keine Kostenbeiträge einzuheben sind, so ist der nicht diesem Gesetz entsprechend bemessene Anteil des Kostenbeitrages zurückzuzahlen. Führt die Neubemessung zu einer Minderung der bisher erhaltenen Leistungen oder zu einer sonstigen Schlechterstellung eines Hilfesuchenden oder von Personen, die ihm gesetzlich zur Unterstützung oder zum Unterhalt verpflichtet sind, darf die Neubemessung frühestens an dem dem Inkrafttreten des Gesetzes (Abs1) folgenden vierten Monatsersten in Geltung gesetzt werden.
[...]
(6) Der Mindeststandard nach §12 Abs2 des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/2007, in der Fassung des Artikels III, beträgt ab Inkrafttreten dieses Gesetzes für das Jahr 2010 632,50 Euro."
5. Durch die Änderung der Rechtslage wurden die, bis zu diesem Zeitpunkt getrennten Ansprüche zur Deckung des Lebensunterhaltes und der Unterkunft zu einer einheitlichen Leistung zur Deckung des Lebensunterhaltes zusammengeführt. Der dafür vorgesehene Betrag wurde gemäß ArtIV Abs6 der Novelle LGBl. 8/2010 mit EUR 632,50 festgelegt und entsprach damit jenem Wert, der schon vor der Novelle zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedürfnisses vorgesehen war. Geändert hat sich hingegen jener Betrag, der für die Bestreitung des Lebensunterhaltes der Anspruchsberechtigten vorgesehen war. Vor der Novelle betrug dieser Mindeststandard EUR 506,-, während für den Wohnbedarf gemäß §13 Abs1 a) K-MSG zusätzlich ein Viertel dieses Betrages, nämlich EUR 126,50 vorgesehen war. Mit der Novelle wurde festgelegt, dass nunmehr 25 vH des Gesamtbetrages von EUR 632,50 zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfs heranzuziehen sind, und - sollte der Wohnbedarf durch andere (Sach- oder Geld-)Mittel gedeckt sein - auch eine entsprechende Kürzung bis zu diesem Anteil erfolgen darf, während 75 vH zur Bestreitung des Lebensunterhaltes verbleiben müssen. Der für die Bestreitung des Lebensunterhaltes reservierte Betrag lag also nach der Novelle bei etwa EUR 474,37, also um EUR 31,63 unter dem Betrag vor der Novelle. Weitere Änderungen der Rechtslage sind dadurch eingetreten, dass der neue Mindeststandard nur mehr 12 Mal jährlich ausbezahlt wird, statt wie bisher 14 Mal jährlich (vgl. §12 Abs5 K-MSG in der Fassung vor der Novelle) und dass "Heizung" und "Strom" nunmehr nicht mehr beim Wohnbedarf berücksichtigt werden, sondern in den Lebensunterhalt einbezogen wurden.
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die in
sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:
1. Prozessvoraussetzungen
1.1. Das Hauptbegehren und sämtliche Eventualbegehren enthalten einen Antrag auf Aufhebung des §58 Abs2 des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes, der die aufschiebende Wirkung von Berufungen gegen Bescheide ausschließt, mit denen Leistungen gemäß dem K-MSG zuerkannt werden.
1.1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht
berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung den antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenat an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieser Behörde in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist aber ein Antrag iSd Art140 B-VG bzw. des Art139 B-VG dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden unabhängigen Verwaltungssenates im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg. 14.464/1996, 15.293/1998, 16.632/2002, 16.925/2003).
1.1.2. Dies ist hier der Fall:
Der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten
beschreibt in seinen Anträgen zwar die Wirkung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung für Berufungen und weshalb er diesen Ausschluss für verfassungswidrig hält, vermag aber, wie auch schon in seinem mit Beschluss VfSlg. 19.317/2011 zurückgewiesenen früheren Antrag, erneut nicht darzutun, dass und inwiefern er die Bestimmung des §58 Abs2 K-MSG, die diesen Ausschluss anordnet, bei seiner Entscheidung anzuwenden hätte. Auch die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass im Verfahren vor dem UVS von den betroffenen Parteien Anträge auf aufschiebende Wirkung nicht gestellt worden waren, weshalb die Anträge hinsichtlich §58 Abs2 K-MSG mangels Präjudizialität nicht zulässig sind.
1.2. Im Rahmen seines ersten Eventualbegehrens
behauptet der Unabhängige Verwaltungssenat Kärnten die Gleichheitswidrigkeit des ArtIV Abs4 letzter Satz des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, der eine Mindestfrist von vier Monaten zwischen Inkrafttreten der novellierten Bestimmungen des K-MSG und der Geltung der auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Bescheide, mit denen es für die Bezieher von Leistungen zu Kürzungen kommt, vorsieht und beantragt deren Aufhebung. Folgte man diesem Antrag, so hätte dies jedoch zur Folge, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt wäre
(VfSlg. 17.101/2004, 17.255/2005, 17.681/2005). Vielmehr wäre die Übergangsfrist von mindestens vier Monaten dann gänzlich obsolet, was die Bedenken des Unabhängigen Verwaltungssenates daher nicht ausräumen, sondern noch verstärken müsste. Das vom UVS mit seinem Antrag verfolgte Ziel könnte also durch die Aufhebung des ArtIV Abs4 letzter Satz der Novelle LGBl. 8/2010 nicht erreicht werden (vgl. VfSlg. 17.255/2005). Der Antrag ist daher ebenfalls unzulässig.
1.3. Der Antrag auf Aufhebung des ArtIV Abs6 des Gesetzes vom 26. November 2009, mit dem das Gesetz zur Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung (Kärntner Chancengleichheitsgesetz - K-ChG) erlassen sowie das Kärntner Grundversorgungsgesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl. 8/2010, sowie die Anträge auf vollständige oder teilweise Aufhebung des §12 Abs4 Kärntner Mindestsicherungsgesetz, LGBl. 15/2007 idF LGBl. 8/2010, sind hingegen zulässig.
2. In der Sache
2.1. Der zulässige Teil des Hauptantrages des UVS ist auf Aufhebung der Bestimmung des ArtIV Abs6 des Gesetzes vom 26. November 2009, mit dem das Gesetz zur Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung (Kärntner Chancengleichheitsgesetz - K-ChG) erlassen sowie das Kärntner Grundversorgungsgesetz und das Kärntner Mindestsicherungsgesetz geändert werden, LGBl. 8/2010, gerichtet. Mit dieser Bestimmung wurde der Mindeststandard für das Jahr 2010 gemäß §12 Abs2 K-MSG mit dem Betrag von EUR 632,50 festgesetzt. Dieser Betrag entspricht - wie unter II. dargestellt wurde - exakt jenem Betrag, der auch für das Jahr 2009 als Mindeststandard für Lebensunterhalt und Unterkunft vorgesehen war. Hinsichtlich der Summe der Mindeststandards, die für die Bestreitung des Lebensunterhaltes und der Unterkunft vorgesehen sind, ist es also durch die Novelle nicht zu einer Herabsetzung gekommen.
2.2. Anders verhält es sich jedoch in Zusammenschau dieser Bestimmung mit §12 Abs4 K-MSG. Mit dieser Bestimmung wird der angemessene Wohnbedarf mit 25 vH des insgesamt für die Deckung des Lebens- und Wohnbedarfs vorgesehenen Mindeststandards festgelegt, was - wie schon bei der Darstellung der Rechtslage geschildert - drei miteinander zusammenhängende Folgen hat: die Geldleistung darf bis zu diesem Anteil reduziert werden, wenn die hilfesuchende Person Wohnbeihilfe nach dem Kärntner Wohnbauförderungsgesetz 1997 genießt, Wohnungsaufwand wird erst ab diesem Betrag durch zusätzliche Mittel gestützt, sodass (drittens) der für die Bestreitung des Lebensstandards vorgesehene Betrag nach der Novellierung des K-MSG mit LGBl. 8/2010, statt früher EUR 506,- nur noch EUR 474,37 beträgt. Gleichzeitig wurden in §12 Abs1 leg.cit. die Kosten für Heizung und für Stromverbrauch (also ein Teil des bisherigen Wohnbedarfs) in die Definition des Lebensunterhaltes mit einbezogen; diese Aufwendungen sind also von den Hilfesuchenden künftig zusätzlich aus dem nach Verbrauch für Wohnkosten verbleibenden Betrag von EUR 474,37 (das sind rund EUR 16,- täglich) zu bestreiten.
2.3. Der antragstellende UVS hält - auf das Wesentliche zusammengefasst - diese Folgen der Novelle zum K-MSG u.a. deshalb für unsachlich und wegen dieses Verstoßes gegen den Gleichheitssatz für verfassungswidrig, weil mit dem auf Grund der geänderten Rechtslage herabgesetzten Mindeststandard der durchschnittliche Lebensunterhalt im Sinne eines Lebens unter einfachen Bedingungen nicht mehr gedeckt werden könne.
2.4. Der Verfassungsgerichtshof hält dieses Bedenken des antragstellenden UVS im Ergebnis für begründet:
2.4.1. Bereits vor der Novelle umfasste die soziale Mindestsicherung zum Lebensunterhalt gemäß §12 Abs1 K-MSG den Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat und andere persönliche Bedürfnisse wie insbesondere die Teilhabe am kulturellen Leben. Zur Deckung des Wohnbedarfs verwies §12 Abs1 auf §13 leg.cit., der die Gewährung von zusätzlichen 25 vH des Grundbetrages (bei einer Person; in Mehrpersonenhaushalten gestaffelt bis 45 vH des Grundbetrages ansteigend) als Wohnbedarfsbeihilfe vorsah, wobei §13 Abs2 leg.cit. die Erbringung zusätzlicher Leistungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfes zur Vermeidung sozialer Notlagen vorgesehen hat. Durch die Gewährung dieser Leistungen sollte den zur Inanspruchnahme von derartigen Leistungen gezwungenen Personen ein menschenwürdiges Leben gewährleistet werden.
2.4.2. Der Bedarf für die Unterkunft war also nicht bereits von der Definition des Lebensunterhaltes gemäß §12 Abs2 K-MSG und daher auch nicht vom Richtsatz für Hauptunterstützte umfasst. Die Richtsätze bewirkten eine "Außerstreitstellung eines bestimmten Mindestbedarfs" (so Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 1989, 436) und indizierten aufgrund der Stellung der Sozialhilfe im gesamten Sozialsystem (vgl. etwa demgegenüber die Ausgleichszulagenrichtsätze im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung in den §§292 ff. ASVG und das pfändungsfreie Einkommen im Sinne des §291a EO) gleichzeitig das unterste sozialrechtliche Existenzminimum. Die Richtsätze zur Bemessung der Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes wurden in der Regel jährlich neu festgesetzt.
2.4.3. Von diesem System unterscheidet sich das neue System der Mindestsicherung nunmehr dadurch, dass die Mittel zur Bestreitung des Bedarfs für die Unterkunft nunmehr ausdrücklich in der Definition des Lebensbedarfs enthalten sind; das K-MSG sieht nunmehr vor, dass 25 vH des Richtsatzes für die Unterkunft dient, dh., dass die Kosten der Unterkunft bis zu einer Höhe von 25 vH des Richtsatzes nunmehr aus diesem zu bestreiten sind und erst ein allenfalls darüber hinausgehender Wohnbedarf - soweit er nicht durch die Wohnbeihilfe nach dem Kärntner Wohnbauförderungsgesetz abgedeckt ist - durch zusätzliche Leistungen gemäß §12 Abs4 letzter Satz K-MSG abgedeckt werden kann. Die Aufrechterhaltung des bisherigen Versorgungsniveaus auch unter dem Regime der Mindestsicherung setzt also voraus, dass der nach Abzug eines Anteils von 25 vH für den Wohnbedarf verbleibende Richtsatz zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in etwa jenem Richtsatz entspricht, der zuletzt unter der Geltung des Sozialhilfegesetzes bzw. des Mindestsicherungsgesetzes in seiner bisherigen Fassung als Richtsatz für Hauptunterstützte festgelegt worden ist.
2.4.4. Dies trifft aber im Falle der Kärntner Mindestsicherung nicht zu:
2.4.4.1. In den letzten Jahren galten in Kärnten folgende, für die 14 Mal jährlich gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt (ausgenommen für den Wohnbedarf) maßgebende Richtsätze für Alleinunterstützte:
2007: EUR 480,- (§87 Abs10 K-MSG, LGBl. 15/2007);
2008: EUR 490,- (§1 Mindeststandard-Verordnung 2008,
LGBl. 79/2007);
2009: EUR 506,- (§1 Mindeststandard-Verordnung 2009,
LGBl. 91/2008).
2.4.4.2. Gemäß ArtIV Abs6 des Kärntner
Mindestsicherungsgesetzes, K-MSG, LGBl. 15/2007 idF der Novelle LGBl. 8/2010 wurde der "Mindeststandard" ab dem Inkrafttreten des §12 Abs2 leg.cit. in der Fassung dieser Novelle für das Jahr 2010 mit EUR 632,50 festgelegt. Da gemäß dem gleichzeitig in Kraft getretenen §12 Abs4 K-MSG in der Fassung der genannten Novelle der angemessene Wohnbedarf nunmehr 25 vH hievon beträgt (also EUR 158,13), verbleibt als Richtsatz zur Bestreitung des sonstigen Lebensunterhalts gegenüber EUR 506,- im Jahre 2009 nur mehr EUR 474,37 im Jahre 2010. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Hilfe zum Lebensunterhalt im Ausmaß von zuletzt EUR 506,- 14 Mal jährlich geleistet wurde, nunmehr aber nur mehr 12 Mal geleistet wird, ergibt sich gegenüber der früheren Leistung von durchschnittlich monatlich EUR 590,33 eine Kürzung um rund EUR 116,- monatlich (also um rund ein Fünftel).
2.4.5. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, Leistungen der Mindestsicherung (bzw. der Sozialhilfe) in unbeschränkter Weise zu gewähren (vgl. VfSlg. 5972/1969). Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur zu steuerfinanzierten Transferleistungen zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber bei Verfolgung rechtspolitischer Ziele frei ist (vgl. VfSlg. 8541/1979). Der dem Gesetzgeber grundsätzlich zustehende Gestaltungsspielraum wird durch das Gleichheitsgebot nur insofern beschränkt, als es ihm verwehrt ist, Regelungen zu treffen, für die eine sachliche Rechtfertigung nicht besteht (vgl. zuletzt VfSlg. 19.411/2011 - Familienbeihilfe im Anschluss an VfSlg. 14.694/1996).
2.4.6. Ist in einem vom Gesetzgeber eingerichteten System der Sicherung zur Gewährung eines zu einem menschenwürdigen Leben erforderlichen Mindeststandards der Zweck, dem betroffenen Personenkreis das Existenzminimum zu gewähren, nicht mehr gewährleistet, dann verfehlt ein solches Sicherungssystem offensichtlich insoweit seine Aufgabenstellung. Ein solcher Fall liegt dann vor, wenn - wie hier - eine plötzliche Kürzung der Mindestsicherung um 20 vH vorgenommen wird; dafür bedarf es einer sachlichen Rechtfertigung.
2.4.7. Es kann hier unerörtert bleiben, in welchem Umfang der Landesgesetzgeber im Rahmen seines gewiss weiten Gestaltungsspielraums in diesem Zusammenhang Leistungen der Mindestsicherung verändern, wohl auch vermindern durfte, denn es ist im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof kein Grund für diese - oben beschriebenen - gesetzlichen Maßnahmen, die eine plötzliche Kürzung der gesetzlichen Mindestsicherung um rund ein Fünftel bewirken, hervorgekommen. Ein solcher Grund ist weder den Gesetzesmaterialien zu entnehmen, noch vermochte die Kärntner Landesregierung in ihrer schriftlichen Äußerung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof einen solchen Grund zu nennen.
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 9374/1982, 11.506/1987, 15.599/1999, 16.195/2001).
Die Grenzen der Aufhebung müssen aber auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg. 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003).
2. Die Kürzung des für den Lebensbedarf - ausgenommen den Wohnbedarf - vorgesehenen Mindeststandards des Jahres 2010 kann im Wesentlichen dadurch in ihren Wirkungen entschärft werden, dass die durch die angefochtene Bestimmung des §12 Abs4 K-MSG bewirkte zwingende Widmung von 25 vH dieses Mindeststandards für den Wohnaufwand und die sich daraus ergebende Kürzung der Mittel für den sonstigen Lebensunterhalt beseitigt wird. Eine Aufhebung des §12 Abs4 K-MSG in der Fassung der Novelle LGBl. 8/2010 erweist sich aber nicht als erforderlich, zumal die durch die Novelle LGBl. 8/2010 erfolgte Kürzung annähernd in ihrem gesamten Ausmaß durch die Erhöhung des Mindeststandards auf EUR 753,- für das Jahr 2011 (Kärntner Mindeststandardverordnung 2011, LGBl. 92/2010) rückgängig gemacht wurde, sodass jedenfalls den im vorliegenden Antrag geäußerten Bedenken des UVS in Hinblick auf den für das Jahr 2010 geltenden Mindeststandard gemäß ArtIV Abs2 K-MSG ab 1. Jänner 2011 der Boden entzogen ist.
Es genügt daher festzustellen, dass §12 Abs4 K-MSG bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010 verfassungswidrig war.
3. ArtIV Abs6 leg.cit. war hingegen nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
4. Die zu G159/10, G172/10, G107/11, G108/11 und
G109/11 beim Verfassungsgerichtshof gestellten weiteren Anträge des UVS für Kärnten, in denen ua. die als verfassungswidrig festgestellte Bestimmung im Zusammenhang mit ihrer Anwendung auf Personen, auf die das Kärntner Chancengleichheitsgesetz anzuwenden ist, angefochten wird, konnten in dieses Verfahren nicht einbezogen werden. Aus diesem Grund hat der Verfassungsgerichtshof von seiner Befugnis gemäß Art140 Abs7 B-VG Gebrauch gemacht, die Anlassfallwirkung auf die dazu beim UVS für Kärnten anhängigen Anlassverfahren zu erstrecken.
5. Die Verpflichtung des Landeshauptmannes zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B-VG und §64 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z6 des Kärntner Kundmachungsgesetzes - K-KMG, LGBl. Nr. 25/1986.
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