VfGH B1858/08

VfGHB1858/0812.3.2009

Verletzung im Recht auf Versammlungsfreiheit durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe über die Leiterin einer gegen Pelzhandel gerichteten Versammlung infolge Unterlassung notwendiger Feststellungen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem UVS in Abwesenheit der Beschwerdeführerin

Normen

StGG Art12 / Versammlungsrecht
EMRK Art11
VersammlungsG §11, §19
VStG §41 Abs3, §51f Abs2
ZustG §7
StGG Art12 / Versammlungsrecht
EMRK Art11
VersammlungsG §11, §19
VStG §41 Abs3, §51f Abs2
ZustG §7

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.340,-

bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Eingabe vom 8. März 2007 wurde der

Bundespolizeidirektion Wien die beabsichtigte Abhaltung von zwei Versammlungen am 9. März 2007 und am 10. März 2007 zum Thema "Kundgebungen gegen den Pelzhandel bei Kleider Bauer" angezeigt. Die Versammlungsanzeige lautet auszugsweise wie folgt:

"Zweck/Thema der Versammlung:

Kundgebungen gegen den Pelzhandel bei Kleider Bauer

Kundgebung 1: Freitag 09.03.2007 von 13:00 bis 20:30 Uhr

Kundgebung 2: Samstag 10.03.2007 von 10:00 bis 19:30 Uhr

Ort jeweils: Mariahilfer Str. 111/Ecke Webg. 45,

1060 Wien

die Zu-, Durch und Abgänge werden freigehalten

Erwartete Teilnehmerzahl: ca. 10 Personen

Verwendete Mittel:

Infostand (Zelt mit Tischen), Videobeamer, Leinwand, Plakatständer, Transparente, Flugblätter, Megafon, Fotoausstellung (Fotos auf einer Schnur aufgehängt) 1 Auto (...).

KundgebungsleiterIn: wird vor Ort genannt

..."

2. Diese - von der Behörde nicht untersagten - Versammlungen wurden am 9. März 2007 und am 10. März 2007 am angegebenen Kundgebungsort abgehalten.

3. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 29. Jänner 2008 wurden über die Beschwerdeführerin gemäß §11 Abs1 und 2 iVm §19 Versammlungsgesetz 1953 (im Weiteren: VersG) zwei Geldstrafen in Höhe von je € 56,- sowie Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von je 40 Stunden verhängt. Der Spruch des Straferkenntnisses lautet (auszugsweise) wie folgt:

"Sie haben es als Leiterin der Versammlung, welche am 10.3.2007 von 10.00 bis 19.30 Uhr in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 111/Ecke Webgasse 45, zum Thema 'Kundgebung gegen den Pelzhandel bei Kleider Bauer' stattfand, 1.) unterlassen, für die Wahrung des Gesetzes Sorge zu tragen, da während dieser Versammlung von den angezeigten Modalitäten der Versammlung abgewichen wurde, weil zwischen 12.55 und 13.35 Uhr die Zu-, Durch- und Abgänge zu der dortigen Filiale des Geschäfts 'Kleider Bauer' nicht freigehalten wurden, da in der Mitte des Eingangs eine braune Holzstange in einem Sonnenschirmständer befestigt war, auf welcher ein schwarzer Pelzmantel samt Faschingsmaske mit der Aufschrift 'Kleider Bauer, Willkommen am Friedhof der Kuscheltiere' aufgestellt wurde und im Eingangsbereich der Filiale von 'Kleider Bauer' zwei Versammlungsteilnehmer Flugblätter verteilten, 2.) haben Sie es als Leiterin der Versammlung, welche am 10.3.2007 von 10.00 bis 19.30 Uhr in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 111/Ecke Webgasse 45, zum Thema 'Kundgebung gegen den Pelzhandel bei Kleider Bauer' stattfand, unterlassen, diesen gesetzwidrigen Handlungen sofort entgegenzutreten."

Dadurch habe die Beschwerdeführerin die Rechtsvorschriften des §11 Abs1 und 2 iVm §19 VersG verletzt.

4.1. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (UVS). Gemäß §51e Abs1 VStG wurde zunächst für den 2. Juni 2008 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Aufgrund der Verhinderung von zwei geladenen Zeugen wurde diese Verhandlung jedoch wieder abberaumt.

Mit Bescheiden vom 11. Juli 2008 wurden die Beschwerdeführerin (als Beschuldigte) sowie drei Zeugen neuerlich zur Verhandlung am 28. August 2008 geladen. Die Beschwerdeführerin wurde im Ladungsbescheid u.a. darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Nichterscheinen einer Partei gemäß §51f Abs2 VStG trotz ordnungsgemäßer Ladung weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses hindert. Aus dem RSb-Rückschein ergibt sich, dass dieser Bescheid am 16. Juli 2008 beim Postamt hinterlegt wurde.

Mit Schriftsatz vom 20. August 2008 - beim UVS eingelangt am 25. August 2008 - wurde bekannt gegeben, dass Mag. T mit der Vertretung der Beschwerdeführerin beauftragt wurde. Aufgrund "anderer unverschiebbarer Termine" ersuchte der - nicht ausgewiesene - Vertreter darum, den Verhandlungstermin zu verlegen. Dies wurde vom UVS aus organisatorischen Gründen abgelehnt. Dem UVS wurde daraufhin telefonisch mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin nicht ohne Vertreter an der Verhandlung teilnehmen wolle. Daraufhin wurde Mag. T vom UVS auf die Bestimmung des §51f Abs2 VStG hingewiesen. Dieser kündigte an, einen Antrag auf Parteieneinvernahme zu stellen. Mit Telefaxeingabe vom 27. August 2008 wurde die Behörde neuerlich darum ersucht, den Verhandlungstermin zu verschieben; die Beschwerdeführerin wolle ihr Recht, in eigener Person mit ihrem Vertreter zur Verhandlung zu erscheinen und auszusagen sowie ihr Fragerecht in Anspruch nehmen; mit einer Verhandlung in ihrer Abwesenheit könne im Lichte des Art6 EMRK daher nicht das Auslangen gefunden werden.

Am 28. August 2008 fand die öffentliche mündliche Verhandlung in Abwesenheit der Beschuldigten und ihres Vertreters statt.

4.2. Mit Bescheid des UVS vom 3. September 2008 wurde der von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gemäß §66 Abs4 AVG keine Folge gegeben. Dies wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

"Die vor Ort durchgeführte Demonstration ist dem von der Bw vertretenen Verein (VGT) zuzurechnen. Dies wurde inhaltlich nicht bestritten. Dieser Verein hält regelmäßig Versammlungen vor der verfahrensggstdl. Filiale in 1060 Wien, Mariahilfer Str. 111/Ecke Webgasse 45 (Fa. Kleider Bauer), ab. Zum verfahrensggstdl. Zeitpunkt wurde der dem Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten angezeigte Zweck und Thema der Versammlung insoweit überschritten, als durch Aufhängen eines Pelzmantels mit Faschingsmaske auf einer Holzstange in der Mitte des Eingangs die Zu-, Durch- und Abgänge der dortigen Filiale nicht freigehalten worden waren. Ebenso wurde durch Verteilen von Flugblättern unmittelbar im Eingangsbereich eine Behinderung der Passanten hervorgerufen. Die Verantwortliche des Vereines (Bw) hat keine Maßnahmen gesetzt, um diese Überschreitungen des Genehmigungsrahmens der angezeigten Versammlung abzustellen bzw. unmittelbar entgegenzutreten.

...

Festzuhalten ist, dass sich die Bw, welche - mit Ausnahme drei Tage vor der Verhandlung - im gesamten Verfahren unvertreten war, auf die Behauptung zurückführt [gemeint wohl: zurückzieht], die vorgelegenen Tathandlungen wären nicht gesetzt worden und habe sie sich innerhalb des genehmigten Rahmens der Versammlung verhalten und deshalb auch keine Unterlassungshandlungen setzen müssen. Dieser (im übrigen) rechtlichen Position stehen jedoch die vom Filialleiter als auch von den einschreitenden Organen wahrgenommenen und zur Anzeige gebrachten Tathandlungen iS des vorliegenden Schuldspruches gegenüber. Die unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen, an welche weder von der Bw noch vom Rechtsvertreter Fragen gestellt wurden, haben unter Wahrheitspflicht die im Straferkenntnis umschriebenen Verstöße vor der erkennenden Behörde glaubwürdig und schlüssig dargelegt. Insbesondere wurde auch auf das ständige Überschreiten des Themas und Zweck der Versammlung hingewiesen, in Form von Behinderung von Fußgänger- und Kundenverkehr, und würden dagegen keinerlei Maßnahmen durch die Verantwortliche des Vereins zur Eindämmung der Rechtsübertretung gesetzt. Damit ist jedoch mit der für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit der festgestellte Sachverhalt als erwiesen anzusehen.

...

Die im Straferkenntnis umschriebenen Tathandlungen sind als Verstöße unter die anzuwendenden verletzten Rechtsnormen des Versammlungsgesetzes zu subsumieren. Die Verantwortliche des Vereins (Bw) hat einerseits die durch ihre Mitwirkung gesetzten Tathandlungen zu verantworten und andererseits nicht dafür Sorge getragen, den gesetzmäßigen Zustand unmittelbar wieder herzustellen. Somit wurden die beiden im Spruch genannten Verwaltungsübertretungen gesetzt, welche beide in den Verantwortungsbereich der Bw fallen. Sie hat vor der erkennenden Behörde keinerlei Kontrollsystem oder sonstige Maßnahmen dargelegt, inwieweit sie gegen derartige Überschreitungen des Genehmigungsrahmens der angezeigten Versammlung einschreiten oder diese zumindest kontrollieren wollte. Dass es Handlungen zum Abstellen der Gesetzwidrigkeiten gegeben habe, wurde nicht einmal behauptet. Darin erschöpfen sich jedoch die Berufungsausführungen, weshalb die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet abzuweisen war."

5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Versammlungsfreiheit, auf Meinungsäußerungsfreiheit, auf ein faires Verfahren sowie des Gleichbehandlungsgebots behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

Begründend wird in der Beschwerde u.a. Folgendes ausgeführt:

"Gegenständlich hätte die Behörde die Versammlungsanzeige nur wörtlich nehmen müssen. Es wurde nicht ausgeführt, dass im gesamten Eingangsbereich (was immer dies sein mag) keinerlei Versammlungsaktivitäten stattfinden würden - im Gegenteil. Bereits die Ortsangabe weist darauf hin, dass die Versammlung auch vor den Eingängen des Kleider Bauer stattfinden soll. Dass die Zu- Durch- und Abgänge freigehalten werden, wie in der Versammlungsanzeige formuliert, bedeutet eben, dass Passanten durch die Versammlung nicht gehindert werden, das Geschäft zu betreten oder zu passieren. Durch zwei im Eingangsbereich Flugzettel verteilende Personen können Kunden am Betreten eines Geschäftes mit zwei je fünf Meter breiten Eingängen nicht gehindert, ja nicht einmal leicht behindert, werden. Dass die Flugzettelverteiler sich Kunden oder Passanten in den Weg gestellt hätten, wurde weder von der BPD noch vom UVS festgestellt. Es stünde auch deren Verteilungstechnik entgegen, die darin besteht, dem Passanten die Möglichkeit zu geben, ein Flugblatt zu ergreifen, ohne dass er seinen Schritt verlangsamen oder seinen Weg ändern muss.

Die zwischen zwei Eingangstoren befindliche Stange mit Pelz konnte Passanten oder Kunden ebenso wenig behindern, da es diesen ja nicht darauf ankam, sich vom Gehsteig zwischen die Tore, sondern durch die Tore hindurch zu bewegen. Es wurden also, wie in der Versammlungsanzeige versprochen, die Zu- Durch- und Abgänge freigehalten.

...

Die Frage, ob durch die inkriminierten Handlungen eine Behinderung des Fußgängerverkehrs massiv, ganz geringfügig oder gar nicht vorhanden war, ist gegenständlich eine Rechtsfrage, die nur durch genaue Tatsachenfeststellungen (Örtlichkeiten, genaue Position des Kleiderständers mit Pelz, Breite des Gehsteiges, der Eingangstore, Abstand zwischen den Eingangstoren, Fußgängerverkehrsaufkommen etc.) [...]. Der UVS überlässt die Beantwortung dieser Rechtsfrage aber den einvernommen[en] Polizisten und dem Filialleiter.

...

Selbst wenn der UVS der Auffassung war, man könne die Verhandlung und die Einvernahme der Zeugen nicht verschieben, so hätte er zumindest gem §51h Abs1 VStG eine weitere Verhandlung festsetzen müssen, um der Beschwerdeführerin und ihrem Vertreter die Gelegenheit zum rechtlichen Gehör, sowie die Möglichkeit zu geben, Zeugen stellig zu machen und Beweismittel vorzubringen. Aufgrund der widersprüchlichen Angaben der einvernommenen Zeugen und der Beschuldigten wäre dies absolut notwendig iSd leg cit gewesen.

Dies hätte immerhin die Verkürzung des rechtlichen Gehörs gemildert. (Die Verletzung der Waffengleichheit und des Rechts, Belastungszeugen zu befragen [vgl auch §51g Abs2 VStG] wäre dadurch freilich dennoch erfolgt.)

Besonders bedenklich ist die Auffassung des UVS, die Beschwerdeführerin hätte ja ohne ihren Vertreter erscheinen können. Dass der Beschuldigte gezwungen ist, auf sein Recht, einen Vertreter beizuziehen zu verzichten, will Art6 MRK gerade vermeiden. Das Recht auf Beiziehung und Präsenz des selbst gewählten Vertreters ist nicht bloß ein aus dem eigenen Verteidigungsrecht abgeleitetes, sondern besteht nach dem Konzept von Art6 MRK selbstständig.

...

Wie bereits erwähnt wurde der ursprünglich festgesetzte Verhandlungstermin vertagt, da die als Zeugen geladenen Polizeibeamten keine Zeit hatten. Dies wurde der Beschwerdeführerin allerdings gar nicht mitgeteilt. Erst als sie sicherheitshalber etwa drei Tage vor dem Verhandlungstermin beim UVS anrief, erfuhr sie von der Vertagung. Der neue Verhandlungstermin stand damals noch nicht fest.

Der Vertagungsbitte der Beschwerdeführerin bzw. ihres Vertreters wurde hingegen nicht entsprochen.

Diese Vorgehensweise des UVS widerspricht nicht nur dem Grundsatz des fairen Verfahrens, sondern auch dem Gleichbehandlungsgebot."

6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige -

Beschwerde erwogen:

1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. dazu zB VfSlg. 14.365/1995, 14.773/1997, 15.680/1999) kann auch eine Bestrafung wegen Übertretung des VersG in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingreifen. Jede Verletzung des VersG, die unmittelbar die Ausübung des Versammlungsrechtes betrifft und damit in die Versammlungsfreiheit eingreift, ist als Verletzung des durch Art12 StGG und Art11 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes zu werten (zB VfSlg. 12.257/1990 und die dort zitierte Vorjudikatur, VfSlg. 15.170/1998, 16.842/2003).

1.2. Auch Verfahrensmängel können dieses Recht verletzen. Auf die Einhaltung des im VersG, im AVG und sonst in der Rechtsordnung geregelten Verfahrens besteht ein verfassungsgesetzlich gewährleisteter Anspruch, der unter Berufung auf die Versammlungsfreiheit geltend gemacht werden kann, sofern sich der unterlaufene Mangel als wesentlich darstellt, wenn also die Behörde bei Beachtung der Verfahrensnormen zu einem anderen Spruch hätte kommen können (vgl. zB VfSlg. 14.365/1995, 14.772/1997, 14.773/1997, 14.869/1997, 15.680/1999).

2.1. Wie dargelegt fand die öffentliche mündliche Verhandlung am 28. August 2008 in Abwesenheit der Beschwerdeführerin und ihres Vertreters statt. Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies nach §51f Abs2 VStG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Die trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Partei verliert damit ihre prozessualen Mitwirkungsrechte in der Verhandlung. Da §51f Abs2 VStG ausdrücklich auf die ordnungsgemäße Ladung abstellt, ist die Verhandlung in Abwesenheit der betreffenden Partei nur zulässig, wenn die Ladung fehlerfrei erfolgt ist; das heißt, jeglicher Mangel der Ladung hindert die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit der Partei und führt zur Verpflichtung, die Verhandlung zu vertagen (vgl. dazu etwa VwGH 26.3.2004, 2004/02/0032 mwH; 25.4.2005, 2005/17/0004; s. auch Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, 2003, Rz 932/9; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3, 2004, 498 f).

2.2. Die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Ladung sind in §19 AVG (iVm §24 VStG), für den Beschuldigten zusätzlich in §41 VStG geregelt. §51e Abs6 VStG betrifft die Rechtzeitigkeit der Ladung.

Gemäß §41 Abs3 VStG kann die Ladung auch die Androhung enthalten, dass das Strafverfahren, wenn der Beschuldigte der Ladung keine Folge leistet, ohne seine Anhörung durchgeführt werden kann. Allerdings sieht der zweite Satz dieser Bestimmung vor, dass diese Rechtsfolge nur dann eintreten kann, wenn sie in der Ladung angedroht und wenn die Ladung dem Beschuldigten zu eigenen Handen zugestellt worden ist (vgl. dazu auch VwGH 4.9.2006, 2003/09/0088).

2.3. Die - zu diesem Zeitpunkt noch nicht (anwaltlich) vertretene - Beschwerdeführerin wurde im Ladungsbescheid vom 11. Juli 2008 zwar darauf hingewiesen, dass das Nichterscheinen einer Partei gemäß §51f Abs2 VStG trotz ordnungsgemäßer Ladung weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses hindert; der UVS hat jedoch - entgegen der ausdrücklichen Anordnung in §41 Abs3 VStG - keine eigenhändige Zustellung des Ladungsbescheides verfügt. Der an die Beschwerdeführerin gerichtete Ladungsbescheid wurde am 16. Juli 2008 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt.

Da es angesichts dessen entscheidend ist (s. §7 ZustG), ob der Ladungsbescheid der Beschwerdeführerin tatsächlich zugekommen ist und sie nicht etwa nur von seinem Inhalt Kenntnis erlangt hat (vgl. dazu etwa VwGH 27.8.1996, 96/05/0055; 26.5.2000, 99/02/0112 mwN; 24.8.2006, 2005/17/0281), hätte der UVS, um beurteilen zu können, ob eine "ordnungsgemäße Ladung" iSd §51f Abs2 VStG vorlag, Ermittlungen über den Verlauf des - nicht zu eigenen Handen verfügten - Zustellvorganges anstellen müssen.

Dadurch, dass der UVS die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit der Beschwerdeführerin notwendigen Feststellungen unterlassen hat, wurde diese im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Versammlungsfreiheit verletzt.

3. Der Bescheid war daher aufzuheben.

Damit erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer sowie der Ersatz der Eingabengebühr im verzeichneten Ausmaß enthalten.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte