VfGH B717/08

VfGHB717/0815.6.2009

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere der Meinungsäußerungsfreiheit, durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Arzt wegen Verstoß gegen die Werbebeschränkung für Ärzte durch herabsetzende Äußerungen ("Verstümmelungschirurgie") in einer Zeitungs-Reportage über auch vom Beschwerdeführer durchgeführte Brustverkleinerungen

Normen

StGG Art17
EMRK Art10
ÄrzteG 1998 §53, §136
Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" der Österreichischen Ärztekammer Art3, Art5
StGG Art17
EMRK Art10
ÄrzteG 1998 §53, §136
Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" der Österreichischen Ärztekammer Art3, Art5

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Chirurgie in

Vorarlberg und führt regelmäßig Brustverkleinerungen nach einer speziellen Operationsmethode durch.

Im Mai 2005 wurde in einer in Vorarlberg erscheinenden Gratis-Wochenzeitschrift eine Reportage veröffentlicht, in der auf Basis eines Interviews mit dem nunmehrigen Beschwerdeführer dessen Operationsmethode im Vergleich mit "herkömmlichen" Brustverkleinerungen dargestellt wurde und der Beschwerdeführer mit den Worten "Ich bin gegen eine Verstümmelungschirurgie" zitiert wurde.

Mit Bescheid des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Vorarlberg, vom 16. November 2005 wurde der Beschwerdeführer des Disziplinarvergehens der Berufspflichtverletzung gemäß §136 Abs1 Z2 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998) iVm §53 ÄrzteG 1998 und Art3 lita der Werberichtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" für schuldig erkannt, ihm ein schriftlicher Verweis erteilt und der Ersatz der mit € 400,- bestimmten Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt.

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Disziplinarsenates der Österreichischen Ärztekammer beim Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend vom 23. April 2007 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht Folge gegeben.

Der Disziplinarsenat wiederholte im Wesentlichen die Sachverhaltsdarstellung der ersten Instanz und führt zur rechtlichen Beurteilung wörtlich Folgendes aus:

"Schwerpunktmäßig richtet sich die Rechtsmittelargumentation gegen die rechtliche Beurteilung des dem Disziplinarbeschuldigten angelasteten Fehlverhaltens, indem mangelnde subjektive Vorwerfbarkeit des gebrauchten Ausdrucks 'Verstümmelungschirurgie' auf der Basis des Rechts auf Meinungsfreiheit und weiters geltend gemacht wird, dass im hier aktuellen Bereich sogenannter 'Neulandmedizin' gar nicht von einem festen, allgemein anerkannten medizinischen Regelbestand ausgegangen werden könne, den der Disziplinarbeschuldigte mit der Einstufung als 'Verstümmelungschirurgie' beleidigt hätte.

Dem ist mit der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses entgegenzuhalten, dass die vorliegend inkriminierte Gesprächseinlassung des Disziplinarbeschuldigten nach der Bedeutung der gebrauchten Wortwahl sowohl isoliert als auch (und vor allem) im Sinnzusammenhang durchaus geeignet ist, das durchschnittliche Leserverständnis in Richtung abwertender Differenzierung der herkömmlich verbreiteten gegenüber der selbst praktizierten Operationsmethode auszulösen. So gesehen haftet dem angefochtenen Erkenntnis jedoch kein Rechtsirrtum an, wenn das Interviewverhalten des Disziplinarbeschuldigten als Tatbestandsverwirklichung nach Art3 lita der Werberichtlinie 'Arzt und Öffentlichkeit' beurteilt wurde.

Der Berufungswerber ist letztlich auch nicht im Recht, wenn er nach Lage des Falles das Fehlen jedweder Verpflichtung zur Inhaltskontrolle des Artikels vor seiner Publikation geltend macht. Dass es sich bei der Problematisierung weitgehend etablierter ärztlicher Behandlungspraktiken wie auch bei der werbewirksamen Befürwortung entsprechender Alternativmethoden um einen standesrechtlich hochsensiblen Bereich handelt, war dem Disziplinarbeschuldigten nicht nur nach dem ihm abzufordernden Fachverständnis, sondern insbesondere auch aufgrund seiner disziplinarrechtlichen Vorerfahrungen im Verfahren zu AZ VDK 1/2002 der Disziplinarkommission für Vorarlberg bewusst. Ein Arzt, der das Wirken von Kollegen in einem Zeitungsinterview mit (auch objektiv) harter Wortwahl kritisiert, hat dem Berufungsstandpunkt zuwider sehr wohl die Vorausverpflichtung, sich von der Wortwahl und dem Sinngehalt der anstehenden Publikation zu überzeugen, um solcherart die Einhaltung der standesrechtlichen Vorgaben zu gewährleisten. Das dem Disziplinarbeschuldigten vorliegend unterlaufene entsprechende Versäumnis ist daher durchaus geeignet, den bekämpften Schuldspruch mitzutragen.

Der insgesamt nicht berechtigten Berufung des Disziplinarbeschuldigten war daher der Erfolg zu versagen."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung sowie im Recht auf Freiheit der Wissenschaft behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Wörtlich werden in der Beschwerde zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung sowie die angefochtene Entscheidung wie folgt zusammengefasst:

"Tatsache sei, dass der Beschwerdeführer über Anfrage einer lokalen Journalistin die von ihm angewendete neue Methode der Brustverkleinerung erklärt habe.

Weiters habe die Zeugin im Verfahren erster Instanz darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer niemals erwähnt habe, dass die 'Schulmedizin' für ihn eine 'Verstümmelungsmedizin' sei! Eine subjektive Vorwerfbarkeit sei au[s] diesem Grund nicht gegeben.

Ebenfalls sei es eine Tatsache, dass medizinische Behandlungsnormen nicht so exakt zu definieren seien, wie etwa juristische Normen.

Der Disziplinarsenat der Österreichischen Ärztekammer beim Bundesministerium für Gesundheit und Familie und Jugend wies die Berufung mit der Begründung ab, dass ein Arzt, der das Wirken von Kollegen in einem Zeitungsinterview mit (auch objektiv) harter Wortwahl kritisiert, die Vorausverpflichtung habe, sich von der Wortwahl und dem Sinngehalt der anstehenden Publikation zu überzeugen. Die vom Beschwerdeführer gebrauchte Wortwahl sei sowohl isoliert als auch (und vor allem) im Sinnzusammenhang durchaus geeignet, das durchschnittliche Leserverständnis in Richtung abwertender Differenzierung der 'herkömmlichen' verbreiteten gegenüber der selbst praktizierten Operationsmethode auszulösen. Es sei dem Beschwerdeführer daher die Tatbestandverwirklichung nach Artikel 3 lita der Werberichtlinie 'Arzt und Öffentlichkeit' vorzuwerfen."

Zur behaupteten Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wird in der Beschwerde Folgendes ausgeführt:

"1. Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit und Meinungsäußerung (Artikel 10 EMRK).

Nach Artikel 10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang der Mitteilung und Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen erfasst. Artikel 10 EMRK schützt auch die wissenschaftliche Meinungsäußerung, die nicht nur die wissenschaftliche Publikation, sondern auch die wissenschaftliche Lehre umfasst. Für die Reichweite des Schutzes ist unerheblich, ob es sich um eine Minderheitmeinung in der Wissenschaft handelt. Es ist in einer demokratischen Gesellschaft zwar notwendig, abwertende, den Grundsatz der Kollegialität verletzende und die Erstellung von Berufskollegen in der Öffentlichkeit benachteiligende Meinungsäußerungen im Wege standesrechtlich vorgesehener Disziplinarmaßnahmen zu ahnden, sofern diese Meinungsäußerung in der Art ihrer Formulierung oder in ihrem Inhalt eine unsachliche Kritik in sich bergen (vgl. VfSlg 13.6[9]4/1994). Es ist daher bemerkenswert, dass sich die belangte Behörde mit der Sachlichkeit der Kritik des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt hat. Schon alleine aus diesem Grund unterstellt die belangte Behörde der Vorschrift[,] auf welche sie sich beruft, einen verfassungswidrigen Inhalt. Aufgrund dieser Tatsache wendet die belangte Behörde das Gesetz auch denkunmöglich an. Weder der Grundsatz der Kollegialität, geschweige denn die Achtung der Ehre und Würde des Standes 'kann daher einen Angehörigen eines Berufes vor einer sachlichen, in der gebotenen Form geäußerten Kritik durch einen anderen Standesangehörigen schützen[']. Insgesamt verlangt das Grundrecht der Meinungsfreiheit besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen. Es mag zwar zutreffen, dass die Ausdrucksweise der 'Verstümmelungschirurgie' etwas polemisch erscheint, jedoch nicht über das zulässige Maß hinaus. Vergleicht man die im Akt erliegenden Lichtbilder der Zeitungsartikel miteinander, ist ein derartiger Vergleich durchaus gerechtfertigt und als sachlich anzusehen.

2. Verletzung des verfassungsgerichtlichen gesetzlichen gewährleisteten Rechtes der Freiheit der Wissenschaft (Artikel 17 StGG).

Bei den Äußerungen des Beschwerdeführers handelt es sich um solche im Rahmen der Freiheit der Wissenschaft. Die in Artikel 17 StGG normierten Rechte stehen jedermann zu. Es stand sohin auch dem Beschwerdeführer zu, im Rahmen der Forschung zu zwei verschiedenen Möglichkeiten und Methoden der Brustverkleinerung Stellung zu nehmen. Der angefochtene Bescheid verhindert und beschränkt das vorerwähnte Grundrecht. Die Wissenschaft kann auch Eingriffe Dritter rechtfertigen (OGH, SSt 51/47). Dabei haben die Gerichte die einander widersprechen Rechtsgüter der Wissenschaftsfreiheit einerseits und die Interessen Dritter anderseits in ihre[m] jeweiligen konkreten Gewicht zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen (vgl. MR 1992, 17 [18 F]). Der Beschwerdeführer hat im inkriminierten Zeitungsartikel lediglich die durch seine Forschung zu Tage getretenen Möglichkeiten aufgezeigt. Er wollte dadurch in keinster Weise die 'Schulmedizin' herabsetzen. Vielmehr hat er das Wort 'Verstümmelungschirurgie' zur Veranschaulichung des grundsätzlichen Problemes bei Brustvergrößerungen herangezogen.

Die belangte Behörde hat nicht die erforderliche Abwägung zwischen dieser Freiheit und jenem Rechtgut, zu dessen Schutz der Eingriff erfolgte, vorgenommen. Grundsätzlich muss zudem angemerkt werden, dass der Ausdruck der 'Verstümmelungsmedizin' keinesfalls geeignet war[,] die Gemeinschaft der Ärzte herabzusetzen, zumal es jenem Arzt freisteht, den Patienten über die Möglichkeiten einer Brustverkleinerung aufzuklären und nach Abwägung der [...] Vor- und Nachteile den Patienten selbst entscheiden zu lassen. Vielmehr sollte der Patient selbst entscheiden können, nach welchen Standards er sich chirurgischen Eingriffen unterzieht. Der Beschwerdeführer sieht es geradezu als seine Pflicht an, über die gravierenden Unterschiede der verschiedenen Operationsmethoden aufzuklären, auch wenn dies in härterer Wortwahl geschieht."

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.

II. Zur Rechtslage:

1. §53 ÄrzteG 1998, BGBl. I 169 idF BGBl. I 110/2001 lautet auszugsweise:

"Werbebeschränkung und Provisionsverbot

§53. (1) Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.

...

(4) Die Österreichische Ärztekammer kann nähere Vorschriften über die Art und Form der im Abs1 genannten Informationen erlassen."

2. §136 ÄrzteG 1998, BGBl. I 169 idF BGBl. I 156/2005 lautet auszugsweise:

"2. Abschnitt

Disziplinarvergehen

§136. (1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland

1. das Ansehen der in Österreich tätigen Ärzteschaft durch ihr Verhalten der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen gegenüber beeinträchtigen oder

2. die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung sie sich anläßlich der Promotion zum Doctor medicinae universae verpflichtet haben oder zu deren Einhaltung sie nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.

..."

3. §139 ÄrzteG 1998, BGBl. I 169 idF BGBl. I 110/2001 lautet auszugsweise:

"4. Abschnitt

Disziplinarstrafen

§139. (1) Disziplinarstrafen sind

  1. 1. der schriftliche Verweis,
  2. 2. die Geldstrafe bis zum Betrag von 36 340 Euro,
  3. 3. die befristete Untersagung der Berufsausübung,
  4. 4. die Streichung aus der Ärzteliste.

(2) Die Strafe gemäß Abs1 Z3 darf im Falle eines Disziplinarvergehens gemäß §136 Abs2 höchstens auf die Zeit von drei Jahren verhängt werden. In den übrigen Fällen darf die Strafe gemäß Abs1 Z3 höchstens für die Dauer eines Jahres, das erste Mal höchstens für die Dauer von drei Monaten verhängt werden. Die Untersagung der Berufsausübung gemäß Abs1 Z3 bezieht sich auf die Ausübung des ärztlichen Berufes im Inland mit Ausnahme der ärztlichen Berufsausübung im Zusammenhang mit den Dienstpflichten von Ärzten, die ihren Beruf im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei einer Gebietskörperschaft oder einer anderen Körperschaft öffentlichen Rechts mit eigenem Disziplinarrecht ausüben.

..."

4. Gemäß §53 Abs4 ÄrzteG 1998 hat die Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am 12. Dezember 2003 im Rahmen des

108. Österreichischen Ärztekammertages die Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" beschlossen, kundgemacht in der Österreichischen Ärztezeitung Nr. 5/2004 vom 10. März 2004, welche wie folgt lautet:

"Artikel 1

Dem Arzt ist jede unsachliche, unwahre oder das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information untersagt.

...

Artikel 3

Eine das Ansehen der Ärzteschaft beeinträchtigende Information liegt vor bei

a) herabsetzenden Äußerungen über ÄrztInnen, ihre Tätigkeit und ihre medizinischen Methoden;

b) Darstellen einer wahrheitswidrigen medizinischen Exklusivität;

c) Selbstanpreisung der eigenen Person oder Leistungen durch aufdringliche bzw. marktschreierische Darstellung;

d) Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreiber.

Artikel 4

Im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes sind dem Arzt - unter Beachtung der Art1 bis 3 - insbesondere gestattet:

a) die Information über die eigenen medizinischen Tätigkeitsgebiete, die der Arzt aufgrund seiner Aus- und Fortbildung beherrscht;

b) die Einladung eigener Patienten zu Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen, Impfungen und dergleichen (Recall-System);

c) die Information über die Ordinationsnachfolge;

d) die Einrichtung einer eigenen Homepage oder die Beteiligung an einer fremden Homepage.

Artikel 5

a) Der Arzt hat in zumutbarer Weise dafür zu sorgen, dass standeswidrige Information gemäß Artikel 1 durch Dritte, insbesondere durch Medien, unterbleibt.

b) Die Erwähnung des Namens des Arztes und der nach dem Ärztegesetz zulässigen Bezeichnungen ist erlaubt, hingegen bleibt die wiederholte betonte, auffällige und reklamehafte Nennung des Namens in Verbindung mit einem gleichzeitig geschalteten Inserat im selben Medium untersagt.

c) Auf Anfrage in Medien abgegebene individuelle Diagnosestellungen und Therapieanweisungen (Fernbehandlung) sind unzulässig.

d) Veröffentlichungen mit Namen und/oder Bildern von bzw. mit Patienten sind nur mit deren gegenüber dem Arzt erklärten Zustimmung zulässig."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. In der Beschwerde wird eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht der Freiheit der Meinungsäußerung im Wesentlichen darin gesehen, als der angefochtene Bescheid das Disziplinarvergehen schon darin erblickt, dass der Beschwerdeführer seiner "Vorausverpflichtung, sich von der Wortwahl und dem Sinngehalt der anstehenden Publikation zu überzeugen" nicht nachgekommen sei, und somit in Kauf genommen habe, dass der Leser oder die Leserin der Gratiszeitschrift die Darstellung anderer Operationsmethoden als "Verstümmelungschirurgie" als Herabwürdigung verstehen könnte.

2.1. Nach Art10 Abs1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art10 Abs2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.

Ein verfassungsrechtlich zulässiger Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ausgesprochen hat (zB EGMR 26.4.1979, Fall Sunday Times, Appl. 6538/74, EuGRZ 1979, 390; 25.3.1985, Fall Barthold, Appl. 8734/79, EuGRZ 1985, 173), gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art10 Abs2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein (vgl. VfSlg. 17.960/2006 mwH). Bei Beschränkungen von Äußerungen im Bereich kommerzieller Werbung hat der Gesetzgeber einen größeren Beurteilungsspielraum im Hinblick darauf, dass es sich hierbei um einen komplexen und sich rasch ändernden Bereich handelt (EGMR 20.11.1989, Fall markt intern Verlag GmbH und Klaus Beermann, Appl. 10.572/83, EuGRZ 1996, 302 (Z33); 23.6.1994, Fall Jacubowski, Appl. 15.088/89, EuGRZ 1996, 306 (Z26); vgl. VfSlg. 18.278/2007).

2.2. Es kann im öffentlichen Interesse gerechtfertigt sein, Werbung von bestimmten Berufsgruppen zur Wahrung der Standesinteressen Beschränkungen zu unterwerfen. So ist auch das Verbot unsachlicher oder marktschreierischer Werbung für ärztliche Leistungen als im öffentlichen Interesse gelegen beurteilt worden (vgl. VfSlg. 15.480/1999, 15.481/1999; VfGH 29.9.2008, B1797/07).

Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Vorschriften des Art3 und Art5 der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" sind beim Verfassungsgerichtshof nicht entstanden (vgl. zur diesbezüglichen Vorgängerbestimmung VfSlg. 17.382/2004 mwH).

2.3. Der angefochtene Bescheid ist auch sonst nicht mit Verfassungswidrigkeit belastet.

Ein Eingriff in das durch Art10 EMRK verfassungsgesetzlich garantierte - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Recht wäre im gegebenen Zusammenhang nur dann verfassungswidrig, wenn der Bescheid ohne Rechtsgrundlage ergangen wäre, auf einer dem Art10 EMRK widersprechenden Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte.

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung erfordert besondere Zurückhaltung bei der Beurteilung einer Äußerung als strafbares Disziplinarvergehen. Geäußerte Kritik muss jedenfalls für einen "einigermaßen aufmerksamen Leser" verständlich sein können (vgl. VfSlg. 13.694/1994 sowie zuletzt VfGH 22.09.2008, B53/07); es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht aber dem Disziplinarsenat nicht entgegenzutreten, wenn er zur Auffassung gelangt, dass im Falle eines Interviews mit einer (Gratis-)Zeitung, bei einer vergleichenden und bewertenden Darstellung unterschiedlicher Operationsmethoden eine Sorgfalt während oder nach dem Interview anzuwenden ist, um nicht beim laienhaften Leser durch Formulierungen eine Herabwürdigung anderer als der eigenen Operationsmethoden potentiell in Kauf zu nehmen.

3. Dem weiteren Vorwurf der Beschwerde, das Vergehen der Disziplinarbehörde stelle einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Wissenschaft und Lehre dar, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht Folgendes zu erwidern:

Die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre - ein Sonderfall des Rechts der Freiheit der Meinungsäußerung - umfasst das Recht der unbehinderten wissenschaftlichen Forschung und das Recht der unbehinderten Lehre der Wissenschaft. Jedermann, der wissenschaftlich forscht und lehrt, darf hierbei vom Staat keinen spezifischen, intentional auf die Einengung dieser Freiheit gerichteten Beschränkungen unterworfen werden (VfSlg. 13.978/1994, VfGH 29.9.2008, B1797/07). Da die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen einer durch die Sorglosigkeit seiner Wortwahl gegenüber einer Zeitung im Ergebnis die Kollegenschaft in der Öffentlichkeit herabwürdigenden Formulierung erfolgt, und nicht etwa wegen eines wissenschaftlichen Diskurses, geht dieses Vorbringen ins Leere.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass er in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall (vgl. §181 Abs1 ÄrzteG 1998) - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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