Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EuRAG 2000 §1, §24, §27, §28, §29, §30, §31
Richtlinie 89/48/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.12.88 über eine allgemeine Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen idF der Richtlinie 2001/19/EG Art1, Art4
Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.98 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat Art1 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EuRAG 2000 §1, §24, §27, §28, §29, §30, §31
Richtlinie 89/48/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21.12.88 über eine allgemeine Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen idF der Richtlinie 2001/19/EG Art1, Art4
Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.98 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat Art1 Abs2
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.340,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein österreichischer
Staatsangehöriger, hat an der Karl-Franzens-Universität Graz studiert und nach drei Diplomprüfungen mit Sponsionsbescheid vom 25. November 2002 den akademischen Grad "Magister der Rechtswissenschaften" erworben.
Nach positiver Absolvierung von Ergänzungsprüfungen wurde die Anerkennung seines Diploms "Magister der Rechtswissenschaften" mit Bescheid des spanischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft vom 10. November 2004 als gleichwertig mit dem spanischen Diplom "Licenciado en Derecho" bestätigt, und der Beschwerdeführer erhielt das Recht, den Titel "Licenciado en Derecho" zu führen. Nach Anmeldung bei der Rechtsanwaltskammer Madrid hat der Beschwerdeführer am 14. März 2005 die Berechtigung zur Verwendung der Berufsbezeichnung "Abogado" (Rechtsanwalt) erworben.
2. Mit Schriftsatz vom 5. April 2005 beantragte der Beschwerdeführer bei der Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Graz die Zulassung zur Eignungsprüfung nach §28 des Bundesgesetzes über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG) sowie über die Änderungen der Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: EuRAG). Zugleich beantragte er - unter Berufung auf §29 EuRAG - "die Erlassung dieser Prüfung und der in ihr beinhalteten Prüfungsfächer, sowohl in Bezug auf die Pflichtfächer als auch die Wahlfächer".
Dem Antrag waren folgende Unterlagen angeschlossen:
Diplomprüfungszeugnisse über die bestandene erste, zweite, und dritte Diplomprüfung sowie der Sponsionsbescheid, jeweils der Karl-Franzens-Universität Graz; ein Staatsbürgerschaftsnachweis; eine Anerkennungsurkunde des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft des Königreiches Spanien (mit beglaubigter Übersetzung) über die Nostrifizierung des rechtswissenschaftlichen Studiums verbunden mit der Berechtigung, den (gleichwertigen spanischen) Titel "Licenciado en Derecho" zu führen; eine Bescheinigung des Sekretariats der Rechtsanwaltskammer von Madrid (mit beglaubigter Übersetzung), dass der Beschwerdeführer seit der mit 14. März 2005 erfolgten Anmeldung (unverändert) Mitglied dieser Kammer sei, sowie ein Beleg über die Einzahlung der Prüfungsgebühr iHv. € 618,-.
3. Mit Bescheid des Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Graz vom 11. August 2005 wurde der Antrag vom 5. April 2005 auf Zulassung zur Eignungsprüfung gemäß §27 EuRAG abgewiesen (Spruchpunkt 1.) und der Beschwerdeführer im Hinblick auf den Antrag auf Erlassung der (gesamten) Eignungsprüfung nach §29 EuRAG auf Spruchpunkt 1. des Bescheides verwiesen (Spruchpunkt 2.).
4. In der dagegen erhobenen Berufung stellte der Beschwerdeführer folgende Anträge:
"Den Bescheid, insbesondere die bekämpften Feststellungen und Beschlüsse der Behörde I. Instanz, auf Grund der weiter unten ausgeführten Begründungen aufzuheben und iSd des ursprünglichen Antrags des Bf neu zu erlassen oder in eventu in diesem Sinne abzuändern, sodaß der Spruch des neu durch die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter ... zu erlassenden Bescheides dem ursprünglichen Vorbringen des Bf entspricht, d.h. die Zulassung des Bf zur Eignungsprüfung gem des 3. Hauptstücks des EuRAG (§27 iVm §28 EuRAG) zulässt und die Prüfung und der in ihr beinhalteten Prüfungsfächer, sowohl in Bezug auf die Pflichtfächer als auch auf die Wahlfächer, gem desselben Hauptstücks (§29 EuRAG) dem Bf erläßt.
... hilfsweise [wird] vorgebracht, den Bf zur Prüfung gem des
3. Hauptstücks des EuRAG zuzulassen, die vorgelegten Diplome und Zeugnisse vergleichend mit den Anforderungen nach §§30 und 31 EuRAG zu prüfen und dem Bf es zu ermöglichen, die vermeintlichen Ausbildungsunterschiede durch Ablegen der in den erwähnten Bestimmungen vorgesehenen Eignungsprüfung zu beseitigen."
5. Mit Bescheid der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: OBDK) vom 31. Jänner 2006 wurde der Berufung keine Folge gegeben (Spruchpunkt I.1.). In Spruchpunkt I.2. wurde der "hilfsweise gestellte Berufungsantrag, den Berufungswerber 'zur Eignungsprüfung gemäß dem 3. Hauptstück des EuRAG zuzulassen, die vorgelegten Diplome und Zeugnisse mit den Anforderungen nach §§30 und 31 EuRAG vergleichend zu prüfen und es ihm zu ermöglichen, die vermeintlichen Ausbildungsunterschiede durch Ablegen der Eignungsprüfung zu beseitigen'", zurückgewiesen. Weiters wurde der Antrag auf Erlassung der Eignungsprüfung und "der in ihr beinhaltenden Prüfungsfächer (sowohl in Bezug auf die Pflichtfächer, als auch auf die Wahlfächer)" in Spruchpunkt II. abgewiesen.
Zu Spruchpunkt I.1. wird auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass im Unterschied zur österreichischen Rechtslage nach spanischem Recht für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes das Erfordernis der praktischen Verwendung (vgl. §2 Rechtsanwaltsordnung) fehle. Die Vorgehensweise des Beschwerdeführers verfolge den Zweck, die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes in Österreich gesetzlich gebotene 5-jährige praktische Verwendung missbräuchlich zu umgehen. Weiters sei das Ansuchen um Zulassung zur Eignungsprüfung nur zum Schein gestellt, da der Beschwerdeführer unter Berufung auf sein österreichisches Diplom die Befreiung von allen Prüfungsgegenständen beantrage. Im Hinblick auf den berufsbezogenen Charakter der Eignungsprüfung würden die Prüfungsfächer der "rechtstheoretischen Diplomprüfungen" des Studiums der Rechtswissenschaften die Prüfungsfächer der Eignungsprüfung, bei der praktische Fälle auszuarbeiten sind, nicht abdecken. Solche schriftlichen Pflichtfächer (oder Wahlfächer) gäbe es bei den Diplomprüfungen des juristischen Universitätsstudiums ebensowenig wie ein Prüfungsfach über anwaltliches Berufs-, Standes- und Kostenrecht. Darüber hinaus berufe sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf das in Spanien erhaltene Diplom "Licenciado en Derecho" und seine Eintragung als "Abogado" bei der Rechtsanwaltskammer in Madrid, womit er die Berechtigung erworben habe, den Rechtsanwaltsberuf in Spanien auszuüben. Dies reiche für ihn für die Zulassung zur Eignungsprüfung gemäß dem 3. Hauptstück des EuRAG im Gegensatz zu einem spanischen Staatsbürger nicht aus. Art1 lita 2. Unterabsatz der Richtlinie 89/48/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Dezember 1988, ABl. 1989 L 19, S 16, über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, idF der Richtlinie 2001/19/EG vom 14. Mai 2001, ABl. 2001 L 206, S 1, (im Folgenden: RL 89/48/EWG ) unterscheide zwischen der Absolvierung eines mindestens 3-jährigen Studiums und gegebenenfalls der über das Studium hinaus erforderlichen beruflichen Ausbildung. Es sei daher davon auszugehen, dass die Eignungsprüfung des EuRAG ausschließlich eine Prüfung zur Beurteilung der beruflichen Kenntnisse des Beschwerdeführers betreffend dessen Fähigkeit zur Ausübung eines reglementierten Berufes in diesem Mitgliedstaat sei. Da der Beschwerdeführer über keine beruflichen Kenntnisse verfüge, könne er nicht zur Eignungsprüfung zugelassen werden.
6. Gegen diesen Bescheid der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
6.1. Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, um in Spanien die Zulassungsbedingungen zum Rechtsanwaltsberuf zu erfüllen, sei ein Studienabschluss der Rechtswissenschaften in Spanien notwendig oder ein solcher der auf Grund der Anrechnung demselben entspricht. Auf Grund des Studienabschlusses in Spanien und der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen sei er über Antrag seit 14. März 2005 in die Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer Madrid eingetragen und auch als Anwalt tätig. Da sich seine persönlichen Lebensumstände geändert hätten, habe er in Anbetracht einer eventuellen Rückkehr nach Österreich die Zulassung zur Eignungsprüfung für die Niederlassung europäischer Rechtsanwälte beantragt.
Auf Grund seines Diplomstudiums in Österreich habe er als gesondertes Gesuch gemäß §29 EuRAG unter Hinweis auf dieses Studium beantragt, ihm die Prüfungsfächer zu erlassen. Gemäß der angeführten Gesetzesstelle habe der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission auf Antrag Prüfungsfächer zu erlassen, wenn der Bewerber nachweist, dass er in seiner bisherigen Ausbildung oder seiner bisherigen Berufstätigkeit in einem Prüfungsfach die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes in Österreich erforderlichen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Kenntnisse im österreichischen Recht erworben habe. Er sei der Überzeugung, dass er diese Kenntnisse sowohl durch die Absolvierung des Diplomstudiums in Österreich und Spanien als auch durch die Praxis als in Madrid tätiger Rechtsanwalt hinreichend erworben habe. Auf Grund dieser Rechtsansicht habe er als Konkretisierung die Erlassung aller Prüfungsfächer beantragt. Gleichzeitig habe er die Rechtsanwaltskammer Steiermark (im Folgenden: RAK Stmk.) von seiner Absicht benachrichtigt, als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt in Österreich tätig zu werden und zu diesem Zweck eine Kanzlei in Graz zu unterhalten (§§4 iVm 8 EuRAG).
Seine Absicht war es, in Österreich bis zur positiven Erledigung seines Antrages als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt tätig zu sein, um dann als österreichischer Rechtsanwalt, der weder einen Einvernehmensrechtsanwalt noch einen Zustellungsbevollmächtigten benötige, tätig zu werden. Da sein Antrag nicht positiv erledigt worden sei, habe er mit Schreiben vom 23. Juni 2006 der RAK Stmk. einen Einvernehmensrechtsanwalt und einen Zustellungsbevollmächtigten genannt.
6.2. Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz erachtet sich der Beschwerdeführer verletzt, weil die belangte Behörde davon ausgehe, dass die Berechtigung, die der Beschwerdeführer in Spanien nach einem innerstaatlichen Verfahren erlangt habe, nicht ausreiche, um ihn zur Eignungsprüfung zuzulassen. Die belangte Behörde sehe das vom Beschwerdeführer erlangte Diplom nur als akademischen Titel an, das zur Führung des Beruftitels berechtige.
Weiters nehme die belangte Behörde an, dass die in Österreich für den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf für Sachverhalte ohne Gemeinschaftsrechtsbezug anwendbaren Regeln auf ihn zur Anwendung kämen.
Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass ein spanischer Staatsbürger nach Absolvierung von Schul- und Universitätsstudium in Spanien und Erhalt des Diploms "Licenciado en Derecho" in Österreich durch Bestehen einer schriftlichen und mündlichen Eignungsprüfung seine beruflichen Kenntnisse und damit seine Fähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwaltes in Österreich auszuüben, nachweise und ohne praktische Verwendung in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragen werden könnte. Hingegen sei ein österreichischer Staatsbürger, der das Studium der Rechtswissenschaften mit dem Diplom "Magister der Rechtswissenschaften" in Österreich abgeschlossen habe und anders als besagter spanischer Staatsbürger eine mehrjährige praktische Verwendung als Rechtsanwaltsanwärter nachweisen müsse, gegenüber einem spanischen "Abogado", der die Eignungsprüfung bestanden habe, strengeren Voraussetzungen unterworfen, weil für ihn nach österreichischem Recht die praktische Verwendung in der derzeitigen Dauer von fünf Jahren für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte erforderlich sei. Ein 2 1/2-jähriges Studium der Rechtswissenschaften eines österreichischen Studienabsolventen in Spanien könne ihm zwar nützliche Kenntnisse des spanischen Rechts zur Ausübung des dortigen Rechtsanwaltsberufes vermitteln, nicht aber die in Österreich geforderte 5-jährige praktische Verwendung als Rechtsanwaltsanwärter ersetzen.
Die belangte Behörde verletze den Beschwerdeführer hiedurch auf zweifache Weise im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Zum einen werde er mit österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, die keine Berufsberechtigung durch eine zusätzliche Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erlangt hätten, zum anderen werde er unsachlich gegenüber anderen "EU-Ausländern" diskriminiert, die denselben Ausbildungsweg durchlaufen hätten, jedoch, weil sie nicht österreichische Staatsbürger sind, Zugang zur Eignungsprüfung erhielten.
Der Beschwerdeführer erfülle die gleichen Voraussetzungen wie ein spanischer Staatsbürger, der den gleichen Ausbildungsweg durchlaufen habe. Im Gegensatz zum spanischen Staatsangehörigen verwehre ihm die belangte Behörde den Zugang zur Eignungsprüfung.
Als spanischer Rechtsanwalt sei er "EU-Ausländer", er werde jedoch wegen seiner österreichischen Staatsbürgerschaft gegenüber einem spanischen Staatsangehörigen diskriminiert und sowohl im Hinblick auf Art7 Abs1 B-VG als auch in Bezug auf ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, schlechter gestellt. Dieser verfassungswidrige Inhalt könne weder dem EuRAG noch der RL 89/48/EWG unterstellt werden.
7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Bedenken des Beschwerdeführers entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
8. Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag erstattete auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Stellungnahme.
II. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des EuRAG, BGBl. I 27/2000, idF BGBl. I 59/2004, lauten:
"1. Teil
Anwendungsbereich
§1. Dieses Bundesgesetz regelt die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Niederlassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die berechtigt sind, als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Bezeichnungen beruflich tätig zu sein (europäische Rechtsanwälte).
...
3. Hauptstück
Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nach Ablegungeiner Eignungsprüfung
Voraussetzungen
§24. (1) Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die ein Diplom erlangt haben, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den unmittelbaren Zugang zu einem in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Beruf erforderlich sind, sind auf Antrag in die Liste der Rechtsanwälte (§1 Abs1 der Rechtsanwaltsordnung) einzutragen, wenn sie mit Erfolg eine Eignungsprüfung abgelegt haben.
(2) Diplome im Sinn des Abs1 sind Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise im Sinn der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. Nr. L 19 vom 24. 1. 1989, S 16). Ein Diplom auf Grund einer Ausbildung, die nicht überwiegend in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum stattgefunden hat, berechtigt zur Niederlassung im Sinn des Abs1, wenn der Inhaber einen in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Beruf tatsächlich und rechtmäßig mindestens drei Jahre ausgeübt hat und dies vom Mitgliedstaat der Europäischen Union oder vom Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum bescheinigt wird, der das Diplom ausgestellt oder anerkannt hat.
Zweck der Eignungsprüfung
§25. Die Eignungsprüfung ist eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Bewerbers betreffende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwalts in Österreich auszuüben, beurteilt werden soll. Die Eignungsprüfung muß dem Umstand Rechnung tragen, dass der Bewerber in einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung eines Anwaltsberufs verfügt.
Prüfungskommission
§26. (1) Die Eignungsprüfung ist vor einem Senat der Rechtsanwaltsprüfungskommission (§3 des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes - RAPG, BGBl. Nr. 556/1985) abzulegen.
(2) Die Zuständigkeit der Rechtsanwaltsprüfungskommission richtet sich nach dem Herkunftsstaat des Bewerbers. Danach sind zuständig:
1. ...
2. die Rechtsanwaltsprüfungskommission beim Oberlandesgericht Graz für Bewerber aus der Griechischen Republik, aus der Italienischen Republik, aus der Republik Malta, aus der Portugiesischen Republik, aus der Republik Slowenien, aus dem Königreich Spanien und aus der Republik Zypern;
3. - 4. ...
Zulassung zur Eignungsprüfung
§27. Über die Zulassung zur Eignungsprüfung entscheidet auf Antrag des Bewerbers der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission im Einvernehmen mit der Rechtsanwaltskammer am Sitz des Oberlandesgerichts spätestens vier Monate nach Vorlage der vollständigen Unterlagen durch den Bewerber.
Antrag
§28. (1) Dem Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung sind anzuschließen
1. die Diplome, Prüfungszeugnisse oder Befähigungsnachweise nach §24 Abs2;
2. ein Nachweis, dass der Bewerber mehr als die Hälfte der Mindestausbildungszeit in einem Staat, der Mitglied der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, abgeleistet hat, oder eine Bescheinigung über eine mindestens dreijährige Berufsausübung in einem derartigen Staat;
3. ein Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum;
4. die Bestimmung der Wahlfächer;
5. der Beleg über die Einzahlung der Prüfungsgebühr;
6. allfällige Prüfungszeugnisse nach §29.
(2) ...
Erlassung von Prüfungsfächern
§29. Der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission hat im Einvernehmen mit der nach §26 zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag Prüfungsfächer zu erlassen, wenn der Bewerber nachweist, dass er in seiner bisherigen Ausbildung oder seiner bisherigen Berufstätigkeit in einem Prüfungsfach die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in Österreich erforderlichen materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Kenntnisse im österreichischen Recht erworben hat.
...
Schriftliche Prüfung
§31. (1) Die schriftliche Prüfung umfasst zwei Arbeiten.
(2) Eine Arbeit ist zwingend auf dem Gebiet des Zivilrechts abzulegen. Dabei hat der Prüfungswerber entweder an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz oder auf Grund einer schriftlichen Information Klage, Klagebeantwortung und Entscheidung auszuarbeiten.
(3) Die andere Arbeit ist nach Wahl des Bewerbers entweder auf dem Gebiet des Strafrechts oder auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts abzulegen. Bei Wahl des Gebietes Strafrecht ist an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz, bei Wahl des Gebietes Verwaltungsrecht auf Grund eines Bescheides eine Rechtsmittelschrift oder eine Beschwerde an den Verfassungs- oder an den Verwaltungsgerichtshof auszuarbeiten.
Mündliche Prüfung
§32. (1) Gegenstand der mündlichen Prüfung sind zwingend
1. bürgerliches Recht sowie Grundzüge des Arbeitsrechts und des Sozialrechts;
2. Handelsrecht;
3. Berufs- und Standesrecht der Rechtsanwälte sowie rechtsanwaltliches Kostenrecht.
(2) Außerdem hat der Bewerber ein Wahlfach aus den folgenden Gebieten auszuwählen:
1. Strafrecht;
2. Verfassungs- und Verwaltungsrecht;
3. Abgabenrecht.
(3) Der Bewerber darf nicht dasselbe Wahlfach für die schriftliche und die mündliche Prüfung wählen. Hat der Bewerber keine schriftliche Prüfung auf dem Gebiet des Strafrechts abgelegt, so muss er dieses Fach für die mündliche Prüfung wählen.
(4) Gegenstand der Prüfungsfächer ist auch das jeweils zugehörige Verfahrensrecht.
...
Sinngemäße Anwendung des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes
§34. Im Übrigen ist auf die Eignungsprüfung das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz sinngemäß anzuwenden.
Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte
§35. (1) Nach erfolgreicher Ablegung der Eignungsprüfung hat der Bewerber, wenn er sich zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich niederlassen will, beim Ausschuss der Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel er seinen Kanzleisitz nimmt, die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (§1 Abs1 der Rechtsanwaltsordnung) zu erwirken. Für die Entscheidung des Ausschusses und die Rechtsmittelbefugnis des Bewerbers gelten die §§5 und 5a der Rechtsanwaltsordnung.
(2) ..."
2. §8 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1985, BGBl. 556, mit dem Bestimmungen über die Rechtsanwaltsprüfung und über sonstige Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft getroffen werden (Rechtsanwaltsprüfungsgesetze - RAPG), idF BGBl. I 21/1993, lautet:
"§8. Gegen die Nichtzulassung zur Rechtsanwaltsprüfung steht dem Prüfungswerber das Recht auf Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission zu. §5a der Rechtsanwaltsordnung ist sinngemäß anzuwenden."
3. Art1 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998, ABl. 1998 L 77, S 36, zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (im Folgenden: RL 98/5/EG ) lautet:
"Gegenstand, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
(1) ...
(2) Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet
a) 'Rechtsanwalt' jede Person, die Angehörige eines Mitgliedstaats ist und ihre beruflichen Tätigkeiten unter einer der folgenden Berufsbezeichnungen auszuüben berechtigt ist:
Belgien: Avocat/Advocaat/Rechtsanwalt
Dänemark: Advokat
Deutschland: Rechtsanwalt
Griechenland: ... [Dikigóros]
Spanien: Abogado/Advocat/Avogado/Abokatu
Frankreich: Avocat
Irland: Barrister/Solicitor
Italien: Avvocato
Luxemburg: Avocat
Niederlande: Advocaat
Österreich: Rechtsanwalt
Portugal: Advogado
Finnland: Asianajaja/Advokat
Schweden: Advokat
Vereinigtes Königreich: Advocate/Barrister/Solicitor;
b) 'Herkunftsstaat' den Mitgliedstaat, in dem der Rechtsanwalt vor Ausübung der Anwaltstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat das Recht erworben hat, eine der unter Buchstabe a) genannten Berufsbezeichnungen zu führen;
c) 'Aufnahmestaat' den Mitgliedstaat, in dem der Rechtsanwalt seinen Beruf gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie ausübt;
d - f) ...
(3) - (4) ..."
Die Berufsbezeichnungen des Art1 Abs2 lita RL 98/5/EG wurden mit dem BG, mit dem das Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich geändert wird, BGBl. I 59/2004, in der "Anlage zu §1" des EuRAG umgesetzt.
4. Im Zusammenhang mit der im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtslage ist darauf hinzuweisen, dass mit ArtV des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008, BGBl. I 111/2007, u.a. auch das EuRAG geändert wurde. Der nunmehrige Titel lautet: "Bundesgesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie die Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch international tätige Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Österreich (EuRAG)". Gemäß den Erläuterungen (RV 303 BlgNR 23. GP ) wurde mit diesem Bundesgesetz die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. 2005 L 255, S 22, umgesetzt. Gemäß ArtXVII des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008 sind die - novellierten - §§24, 26, 31, 32 und 37 EuRAG mit 29. Dezember 2007 in Kraft getreten. §32 EuRAG ist auf Anträge anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2008 bei der Rechtsanwaltsprüfungskommission eingebracht werden.
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Da die Beschwerde von einem Einvernehmensrechtsanwalt (§5 EuRAG) unterfertigt wurde, ist weder auf das Vorbringen des Beschwerdeführers noch der belangten Behörde im Hinblick auf die (Un-)Zulässigkeit der Einbringung einer Beschwerde ausschließlich durch den Beschwerdeführer als dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt, weil in eigener Sache einschreitend, einzugehen.
Die Beschwerde ist, weil auch alle übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Der Beschwerdeführer behauptet unter anderem eine Verletzung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
2.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes auch dann vor, wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat. Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).
Dieser Vorwurf ist der belangten Behörde aus folgenden Gründen zu machen:
2.3.1. Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung auf das von ihm erworbene Diplom "Licenciado en Derecho" und seine Mitgliedschaft bei der Rechtsanwaltskammer Madrid berufe, er aber die über das "Studium hinaus erforderliche berufliche Ausbildung" nicht absolviert habe und infolgedessen die Voraussetzungen für die Zulassung zur Eignungsprüfung gemäß dem 3. Hauptstück des EuRAG bzw. der RL 89/48/EWG nicht vorlägen.
2.3.2. Der Beschwerdeführer hat eine Bescheinigung der Rechtsanwaltskammer Madrid vorgelegt, die bestätigt, dass er Mitglied dieser Rechtsanwaltskammer ist und seinen Beruf als "Abogado" (Rechtsanwalt) derzeit ausübt.
2.3.3. Die belangte Behörde stellt außer Streit, dass der Beschwerdeführer ein im Königreich Spanien zugelassener Rechtsanwalt (Abogado) ist, weil die Nostrifikation des österreichischen Sponsionsbescheides "Magister der Rechtswissenschaften" auf Grund der Gleichwertigkeit mit dem Diplom eines "Licenciado en Derecho" die Anmeldung bei einer spanischen Rechtsanwaltskammer und damit die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes in Spanien ermöglicht.
2.3.4. Das EuRAG ist in Umsetzung der RL 89/48/EWG ergangen.
§1 EuRAG regelt die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Niederlassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum, die berechtigt sind, als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Bezeichnung beruflich tätig zu sein (europäische Rechtsanwälte). In dieser Anlage ist zu Spanien u.a. die Bezeichnung "Abogado" vermerkt.
Der persönliche Anwendungsbereich des EuRAG erstreckt sich auch auf österreichische Staatsbürger als Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die qualifiziert sind, als Rechtsanwalt unter einer der in der Anlage zu diesem Gesetz angeführten Bezeichnung beruflich tätig zu sein (RV 59 BlgNR 21. GP ).
2.3.5. Wie den Regelungen des 3. Hauptstückes des EuRAG entnommen werden kann, hat die Republik Österreich bei der Umsetzung der RL 89/48/EWG von der in Art4 Abs1 litb leg.cit. eröffneten Möglichkeit der Ablegung einer Eignungsprüfung Gebrauch gemacht. Voraussetzung für die - nach Einbringung eines Antrages mögliche - Eintragung eines Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie der Schweizerischen Eidgenossenschaft in die Liste der Rechtsanwälte in Österreich ist daher die Ablegung der Eignungsprüfung gemäß den Vorschriften des 3. Hauptstückes des EuRAG.
2.3.6. §24 Abs1 EuRAG normiert, dass u.a. Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die ein Diplom erlangt haben, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den unmittelbaren Zugang zu einem in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Beruf erforderlich sind, auf Antrag in die Liste der Rechtsanwälte einzutragen sind, wenn sie mit Erfolg eine Eignungsprüfung abgelegt haben. Diplome iSd Abs1 sind laut Abs2 leg.cit. Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise iSd RL 89/48/EWG , die eine mindestens 3-jährige Berufsausbildung abschließen.
Der Beschwerdeführer beruft sich in seinem Antrag ausdrücklich auf sein spanisches Diplom "Licenciado en Derecho", mit dem die 4-jährige Ausbildung in Österreich nach positiver Absolvierung der Ergänzungsprüfungen als gleichwertig anerkannt wurde, und das den Abschluss einer zumindest 4-jährigen akademischen Ausbildung nach spanischem Recht substituiert und weiters auf seine Zulassung als "Abogado" (Rechtsanwalt) in Spanien.
Vor diesem Hintergrund kann ihm die Zulassung zur Eignungsprüfung nicht mit der Begründung verwehrt werden, dass er eine über das Studium hinaus erforderliche berufliche Ausbildung - die eben in Spanien nicht vorgesehen ist - nicht abgeschlossen habe.
2.3.7. Die Eignungsprüfung gemäß §25 EuRAG ist eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Bewerbers betreffende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, den Beruf eines Rechtsanwaltes in Österreich auszuüben, beurteilt werden soll und hat dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Bewerber in einem Staat, der u. a. Mitglied der Europäischen Union ist, über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung eines Anwaltsberufes verfügt. In den Erläuterungen zum EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992 (RV 777 BlgNR 18. GP ) ist zu §9 leg.cit., dem §25 EuRAG inhaltlich entspricht, ausgeführt:
"... Wesentlich ist, daß die Eignungsprüfung dem Umstand
Rechnung tragen muß, daß der Antragsteller in einem EWR-Staat bereits über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung des Anwaltsberufs verfügt (Art1 litg Unterabsatz 3 erster Satz der Richtlinie). Der Prüfungswerber darf daher mit der Eignungsprüfung nicht der gleichen Prüfung unterworfen werden, die für den Erwerb der Rechtsanwaltschaft auf Grund innerstaatlicher Ausbildung erforderlich ist. Auf diesen (eingeschränkten) Zweck der Eignungsprüfung muß auch bei Prüfung der in den §§15 und 16 geregelten Prüfungsgegenstände Bedacht genommen werden."
Den §§15 und 16 EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992 entsprechen die §§31 und 32 EuRAG.
Sinn und Zweck der Eignungsprüfung ist - wie sich aus den §§31 und 32 EuRAG ergibt - der Nachweis, dass das österreichische Recht in seiner für den Beruf des Rechtsanwaltes erforderlichen praktischen Anwendung auf dem Niveau des österreichischen Standards beherrscht wird; weiters sind Kenntnisse des Berufs- und Standesrechts der Rechtsanwälte sowie des rechtsanwaltlichen Kostenrechts nachzuweisen.
2.3.8. Aus den vorstehenden Ausführungen und mit Bedachtnahme darauf, dass der Beschwerdeführer den Beruf des "Abogado" (Rechtsanwaltes) ausübt, ergibt sich - wie auch aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bescheinigung der Rechtsanwaltskammer Madrid hervorgeht -, dass es völlig verfehlt ist, den Beschwerdeführer einen Missbrauch vorzuwerfen.
2.3.9. Am Ende ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde wohl zur Verdeutlichung ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides aus:
"Es ist unbestritten, dass er [Beschwerdeführer] das Studium der Rechtswissenschaften in Österreich absolviert und erfolgreich mit dem Grad 'Magister der Rechtswissenschaften' abgeschlossen hat und dass er nach spanischer Ergänzungsprüfung auch die Homologisierung dieses österreichischen akademischen Titels als spanischer 'Licenciado en Derecho' erhalten hat. Damit hat er die ausreichenden Nachweise für die Erlangung der Rechtsanwaltschaft in Österreich - u. a. vorbehaltlich der bestandenen Eignungsprüfung vorgelegt; dieses weitere Erfordernis (vgl. §25 EuRAG) erweist den Zweck der Eignungsprüfung als Anliegen des Gesetzgebers, wonach sinngemäß nicht die Schul- und Universitätsbildung und amtliche Anerkennung der absolvierten Studien und Titel das Auslangen gefunden wird, sondern 'ausschließlich' (!) die beruflichen Fähigkeiten des Bewerbers in einer Eignungsprüfung festgestellt werden müssen. Das Zitat, dass zur bisherigen Ausbildung 'frühere Diplomprüfungszeugnisse nicht genügen', so die angefochtene OBDK-Entscheidung, ist unvollständig zitiert, weil die OBDK auf jene in den §§31 und 32 EuRAG angeführten schriftlichen und mündlichen Pflichtfächer der Ergänzungsprüfung verwiesen hatten, die keinesfalls vollständig erlassen werden können."
Die belangte Behörde ist also der Auffassung, dass es den Abspruch über die Zulassung zur Eignungsprüfung hindere, wenn der Beschwerdeführer unter einem verbunden mit dem Antrag auf Zulassung zur Eignungsprüfung unter Bekanntgabe der schriftlichen und mündlichen Wahlfächer gestützt auf §29 EuRAG unter Hinweis auf sein österreichisches Diplom beantragt, ihm die Ablegung der schriftlichen und mündlichen Prüfungsfächer zu erlassen. Damit hat sie verkannt, dass ein zweiteiliger Antrag vorliegt und zunächst über die Zulassung zur Eignungsprüfung abzusprechen sein wird. Der Verfassungsgerichtshof tritt der belangten Behörde nicht entgegen, wenn sie im Hinblick auf die dargelegten Ziele der Eignungsprüfung davon ausgeht, dass die Diplomprüfungszeugnisse des Beschwerdeführers nicht genügen, um die Prüfung in den vorgesehenen Fächern gänzlich zu erlassen.
3. Die belangte Behörde hat die Rechtslage insgesamt grundlegend verkannt, ihren Bescheid daher mit Willkür behaftet und damit den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-
enthalten.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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