VfGH G144/05

VfGHG144/053.3.2006

Keine Verletzung der Einheit des Wirtschaftsgebietes und der Erwerbsausübungsfreiheit durch das Verbot der Lagerung außerhalb Oberösterreichs angefallener Abfälle in diesem Bundesland und der diesbezüglichen Ausnahmeregelung; geeignetes, adäquates und aus umweltpolitischen Gründen erforderliches Mittel zur Vermeidung unnötiger Umweltbelastungen durch vermeidbare Mülltransporte

Normen

B-VG Art4
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Oö AbfallwirtschaftsG 1997 §33
B-VG Art4
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Oö AbfallwirtschaftsG 1997 §33

 

Spruch:

§33 Abs1 und 2 des Landesgesetzes vom 7. Mai 1997 über die Abfallwirtschaft im Land Oberösterreich, LGBl. für Oberösterreich Nr. 86/1997, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B359/04 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zu Grunde liegt:

1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft des Anlassbeschwerdeverfahrens betreibt auf bestimmten oberösterreichischen Grundstücken eine abfallrechtlich genehmigte Reststoffdeponie. Noch vor Fertigstellung der Anlage beantragte sie gemäß §33 Abs2 OÖ Abfallwirtschaftsgesetz 1997, LGBl. 86/1997, (im Folgenden: OÖ AWG) die Gewährung einer Ausnahmegenehmigung für die Ablagerung von außerhalb Oberösterreichs, nämlich im Bundesland Salzburg, angefallenem Altlastenmaterial auf ihrer Deponie.

1.2. Der Antrag wurde mit Bescheid der oberösterreichischen Landesregierung abgewiesen. Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, dass die Bewilligung einer Ausnahme vom Gebot des §33 Abs1 OÖ AWG (Ablagerung von ausschließlich im Land Oberösterreich angefallenem Abfall) nach Abs2 leg. cit. (iVm dessen §41) die Eignung der Anlage für die genehmigte Behandlung (Ablagerung) voraussetze; eine Prüfung des Vorliegens dieses Erfordernisses könne jedoch erst nach Abschluss der Bauausführung der Deponie - und nicht schon in der (zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung aktuell gewesenen) Bauphase - vorgenommen werden.

1.3. Dagegen erhob die betroffene Gesellschaft eine auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der sie ua. die Verletzung in Rechten durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §33 Abs1 und 2 OÖ AWG, behauptet.

2. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. Oktober 2005 von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §33 Abs1 und 2 OÖ AWG ein.

Der Verfassungsgerichtshof ist im Einleitungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass die Beschwerde zulässig ist, die belangte Behörde bei Erlassung des im Anlassverfahren angefochtenen Bescheides die in Prüfung gezogenen (aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses in einem untrennbaren Sachzusammenhang stehenden) Gesetzesbestimmungen des §33 Abs1 und 2 OÖ AWG angewendet hat und der Gerichtshof diese bei der Beschwerdebehandlung ebenfalls anzuwenden hätte.

II. Zur Rechtslage:

1. Die für den vorliegenden Fall bedeutsamen (auszugsweise wiedergegebenen) Vorschriften des OÖ AWG lauten (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"§1

Geltungsbereich

(1) Dieses Landesgesetz regelt die möglichst umweltgerechte und wirtschaftliche Vermeidung, Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung von Abfällen im Land Oberösterreich.

(2) Jedermann ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Abfall zu vermeiden bzw. einer Verwertung zuzuführen.

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht

1. für gefährliche Abfälle gemäß §2 Abs5 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 434/1996;

2. für nicht von Z. 1 erfaßte Abfälle, soweit auf diese gemäß §3 Abs2 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 434/1996, bundesrechtliche Vorschriften anzuwenden sind;

3. - 4. ...

(4) Soweit unbeschadet von Abs3 durch Bestimmungen dieses Landesgesetzes der Zuständigkeitsbereich des Bundes berührt wird, sind sie so auszulegen, daß sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergibt.

§2

Begriffsbestimmungen

(1) Abfälle im Sinn dieses Landesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder

2. deren geordnete Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§§3 und 4) geboten ist.

Die geordnete Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(2) Eine geordnete Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung im Sinn dieses Landesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§§3 und 4) geboten,

1. als eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2. solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht oder

3. solange die Sache nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw. der Anstalt, des Betriebes oder der sonstigen Arbeitsstelle auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet wird.

Die Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§§3 und 4) geboten, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anfallen und im unmittelbaren Bereich dieses land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

(3) Als Abfälle im Sinn des Abs1 gelten Hausabfälle (Abs4 Z. 3), sperrige Abfälle (Abs4 Z. 4), sonstige Abfälle (Abs4 Z. 5), biogene Abfälle (Abs4 Z. 6) und Altstoffe (Abs5).

(4) Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

1. Sammlung (Erfassung): das Abholen (Abfuhr) oder das Entgegennehmen von Abfällen;

2. Behandlung:

a) stoffliche Verwertung: der Einsatz von Abfällen als Ersatz für Rohstoffe oder Vormaterialien in Produktionsprozessen, allenfalls nach einer Vorbehandlung;

b) Kompostierung: ...

c) thermische Verwertung: ...

d) Ablagerung: die Lagerung von Abfällen über den Zeitraum von mehr als einem Jahr;

e) sonstige Behandlung: das Überführen von Abfällen in einen möglichst reaktionsarmen und konditionierten Zustand durch Einsatz von biologischen, thermischen, chemischen oder physikalischen Methoden, auch wenn dabei stofflich nutzbare oder verwendbare Produkte oder Energie anfallen;

3. - 9. ...

§3

Ziele

Ziele dieses Landesgesetzes sind:

1. die Abfallmengen und deren Schadstoffgehalt zum Schutz der Umwelt (Art9 O.ö. Landes-Verfassungsgesetz 1991), zur Schonung der Rohstoff- und Energiereserven sowie zur Einsparung von Deponievolumen so gering wie möglich zu halten (Abfallvermeidung);

2. nicht vermeidbare Abfälle zu verwerten, soweit dies ökologisch vorteilhaft und technisch möglich ist, die dabei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu anderen Verfahren der Abfallbehandlung nicht unverhältnismäßig sind und ein Markt für die gewonnenen Stoffe vorhanden ist oder geschaffen werden kann (Abfallverwertung);

3. nicht verwertbare Abfälle, soweit notwendig, durch biologische, physikalische, chemische und thermische Verfahren zu behandeln, um feste Rückstände möglichst reaktionsarm und geordnet abzulagern, wobei das nach Art der Abfälle zur Wahrung der Grundsätze des §4 geeignetste Behandlungsverfahren zu wählen und eine langfristige Entsorgungssicherheit anzustreben ist (Abfallentsorgung).

§4

Allgemeine Grundsätze

Unter Beachtung der Ziele des §3 sind Abfälle nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Technik so lange zu lagern, zu sammeln und abzuführen, zu befördern oder zu behandeln, daß insbesondere

1. das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet werden,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen nicht verursacht werden,

3. die Umwelt (Boden, Luft und Wasser) über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht verunreinigt wird,

4. - 8. ...

§33

Beschränkungen der Abfallbehandlung

(1) In Oberösterreich dürfen nur Abfälle abgelagert werden, die in Oberösterreich angefallen sind.

(2) Die Landesregierung hat nach Anhörung des Bezirksabfallverbandes, innerhalb dessen Verbandsbereich die Ablagerung stattfinden soll, der Landesregierung des Bundeslandes, in dem der Abfall angefallen ist, sowie des zuständigen Bundesministers im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen vom Grundsatz des Abs1 zu bewilligen, wenn dies mit den Leitlinien des Abfallwirtschaftsplans (§41) für eine geordnete Abfallwirtschaft in Oberösterreich vereinbar oder aus zwingenden volkswirtschaftlichen Gründen geboten ist. Die Ausnahme ist auf höchstens vier Jahre zu beschränken. Verlängerungen der Ausnahme - für jeweils höchstens vier Jahre - sind zulässig; hiefür gelten die Anhörungserfordernisse des ersten Satzes sinngemäß.

(3) Die Ablagerung oder sonstige Behandlung von Abfällen (§2 Abs4 Z. 2 litd und e) hat in einer der zum Ort des Abfallanfalles nächstgelegenen, geeigneten und verfügbaren Abfallbehandlungsanlagen zu erfolgen (Prinzip der Nähe).

§41

Abfallwirtschaftsplan

(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung zur Erreichung der Ziele (§3) und unter Beachtung der Grundsätze (§4) nach Anhörung der Bezirksabfallverbände, allfälliger Zweckverbände, der O.ö. Umweltanwaltschaft, des zuständigen Bundesministers, der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich, der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich und der Kammer für Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft für Oberösterreich einen Abfallwirtschaftsplan zu erlassen und zu veröffentlichen. Der Abfallwirtschaftsplan ist längstens alle fünf Jahre zu überprüfen und bei Bedarf nach Anhörung der genannten Einrichtungen den abfallwirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen.

(2) Der Abfallwirtschaftsplan hat mindestens zu enthalten:

1. die Ziele der Abfallwirtschaft in Oberösterreich;

2. eine Bestandsaufnahme der abfallwirtschaftlichen Gegebenheiten in Oberösterreich (Abfallbilanz) einschließlich einer Darstellung bestehender Abfallbehandlungsanlagen und ihrer Standorte;

3. eine Beschreibung des Bedarfs an regionalen oder überregionalen Abfallbehandlungsanlagen sowie die Darstellung der Entsorgungsregionen für diese Anlagen;

4. die Festsetzung überregionaler (über einen Bezirksabfallverband oder eine Stadt mit eigenem Statut hinausgehender) Maßnahmen, sofern die Einhaltung der festgelegten Ziele durch Maßnahmen der Bezirksabfallverbände, der Städte mit eigenem Statut bzw. der übergeordneten Abfallverbände nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erreicht werden kann;

5. eine Darstellung der anzustrebenden Organisation der Sammlung, der Abfuhr und Behandlung der Abfälle, insbesondere der Altstoffe und der biogenen Abfälle.

Der Abfallwirtschaftsplan ist für das gesamte Landesgebiet zu erlassen.

(3) Die Gemeinden und die Bezirksabfallverbände haben der Landesregierung für die Erstellung und Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans die erforderlichen Angaben und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

(4) Die Landesregierung hat dem Landtag jedenfalls alle fünf Jahre anläßlich der Veröffentlichung des Abfallwirtschaftsplans bzw. seiner Überprüfung über die auf Grund des Abfallwirtschaftsplans getroffenen Maßnahmen zu berichten (Landesabfallbericht)."

2. Im Bericht des Ausschusses für Umweltangelegenheiten betreffend das OÖ AWG (Beilage 1033/1997 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ Landtages, XXIV. GP) finden sich zu §33 folgende Erläuterungen:

"Zu §33:

Die Bestimmung entspricht weitgehend den Deponierungsbeschränkungen des bisherigen §34 O.ö. AWG (1990) und wurde lediglich insofern geändert, als nunmehr unabhängig von konkreten Ablagerungsplätzen generell festgehalten wird, daß in Oberösterreich nur Abfälle abgelagert werden dürfen, die in Oberösterreich angefallen sind. Diese Beschränkung betrifft nur die Ablagerung, nicht etwa die thermische Behandlung.

Neu hinzugekommen ist die generell zu berücksichtigende Zielbestimmung des Prinzips der Nähe, wonach Abfälle zu einer der nächstgelegenen geeigneten Abfallbehandlungsanlagen zu verbringen sind (Abs3)."

3. Die angeführte Vorgängerbestimmung, §34 OÖ AWG 1990, lautete:

"§34

Deponierungsbeschränkungen

(1) In Abfallbehandlungsanlagen gemäß §20 Abs1 Z. 4 dürfen nur Abfälle, die in Oberösterreich angefallen sind, abgelagert werden.

(2) Die Landesregierung hat nach Anhörung des Bezirksabfallverbandes, innerhalb dessen Verbandsbereich die Ablagerung stattfinden soll, der Landesregierung des Bundeslandes, in dem der Abfall angefallen ist, sowie des zuständigen Bundesministers im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen vom Grundsatz des Abs1 zu bewilligen, wenn dies mit den Leitlinien des Abfallwirtschaftsplans (§41) für eine geordnete Abfallwirtschaft in Oberösterreich vereinbar oder aus zwingenden volkswirtschaftlichen Gründen geboten ist. Die Ausnahme ist auf höchstens vier Jahre zu beschränken. Verlängerungen der Ausnahme - für jeweils höchstens vier Jahre - sind zulässig; hiefür gelten die Anhörungserfordernisse des ersten Satzes sinngemäß."

Im Bericht des Ausschusses für Umwelt-, Bau- und Straßenangelegenheiten (Beilage 411/1990 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ Landtages, XXIII. GP) wird hiezu ausgeführt:

"Zu §34:

Die Ablagerung von Abfällen, die nicht in Oberösterreich angefallen sind, verringert nicht nur das zur Verfügung stehende Deponievolumen, sondern hat auch die unnötige Beförderung von Abfällen und damit verbundene Umweltbelastungen zur Folge. Die Probleme sind, wie die Erfahrungen zeigen, vor allem im Bereich der Deponierung von Hausabfällen und sperrigen Abfällen bereits so drängend, daß der Landesabfallwirtschaftsgesetzgeber aufgerufen ist, zum Schutz akut eingeengter Ablagerungskapazitäten und zur Abwehr damit zusammenhängender Folgegefahren für die Umwelt im gebotenen Mindestausmaß regulierend einzugreifen. Ausdrücklich ist festzuhalten, daß die gesetzliche Deponierungsbeschränkung weder Altstoffe noch Kompostierabfälle erfaßt und somit Strategien der Abfallverwertung nicht berührt. Die (endgültige) Ablagerung soll daher grundsätzlich auf deponiefähige Abfälle, die in Oberösterreich angefallen sind, beschränkt werden (Abs1): nur soweit reicht nämlich die Landeskompetenz.

Abs2 berücksichtigt, daß in Einzelfällen, beispielsweise im Falle der Gegenseitigkeit, die Übernahme von Abfällen aus anderen Bundesländern im Interesse der Abfallwirtschaft gelegen ist. Im Ausnahmebewilligungsverfahren zwingend vorgesehen ist auch die Anhörung der Landesregierung des Herkunftsbundeslandes. Das Anhörungserfordernis ist schon deswegen naheliegend, um die wünschenswerte Abstimmung abfallwirtschaftlicher Strategien über die Bundesländergrenzen hinweg zu ermöglichen. Das gleiche gilt für das Anhörungsrecht des Bundes: der Bund ist zwar für die Beseitigung des hier ausschließlich in Betracht kommenden sog. nicht gefährlichen Abfalls (Hausmüll) nicht zuständig, doch kann es - vor allem vorübergehende - volkswirtschaftliche Gründe geben, die unabhängig von reinen Gesichtspunkten einer funktionierenden oberösterreichischen Hausmüll-Abfallbewirtschaftung Ausnahmen vom Deponierungsverbot nach Abs1 rechtfertigen bzw. sogar zwingend erscheinen lassen. Insgesamt ist der Landesregierung bei der Ausnahmebewilligungsentscheidung nach Abs1 kein Ermessen eingeräumt, vielmehr besteht in Übereinstimmung etwa mit Art6 StGG ein Rechtsanspruch auf diese Bewilligung, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Diese Absicherung der abfallwirtschaftlichen Entscheidungsgrundlage auf höchster Landesvollzugsebene in diesem Sinn gebietet geradezu das Einbeziehen bundesstaatlicher und volkswirtschaftlicher, somit gesamtstaatlicher Aspekte einer im öffentlichen Interesse gelegenen Bewirtschaftung knapper Deponiekapazitäten. Dieser, der Ausnahmeregelung zugrundeliegende Gesichtspunkt wird tendenziell vor allem auch in den Abfallwirtschaftsplan (§41) einfließen müssen. Wenn danach eine beantragte Ausnahme mit den Leitlinien des Abfallwirtschaftsplans vereinbar ist, besteht regelmäßig bereits ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Bewilligung der Ausnahme.

Die Höchstdauer der Ausnahmebewilligung von vier Jahren und die grundsätzliche Verlängerbarkeit um jeweils weitere vier Jahre bietet der Abfallwirtschaft ausreichende Möglichkeiten zur Disposition und Reaktion auf kurz- und mittelfristige Entwicklungen.

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der so geregelten Deponierungsbeschränkungen wird weiters bemerkt: Es werden keine (unmittelbaren) Verkehrsbeschränkungen für den Verkehr mit Abfall normiert, da durch die Deponierungsbeschränkungen für ganz bestimmte Abfallarten der Abfallfluß über die Grenzen des Bundeslandes generell nicht beschränkt, verboten oder gehindert wird. Im Grunde bedeutet die Regelung eine inhaltliche Determinierung der Ablagerung als (Teil-)Zielbegriff der Abfallwirtschaft. Ein dem Grunde nach verwandtes Konzept gibt es seit langem in den Baurechtsvorschriften der Länder durch jene Reglementierungen, die die Verwendung von Baustoffen im eigenen Land jeweils nur gestatten, wenn sie behördlich zugelassen sind. Auch in diesen Fällen steht die materienspezifische Gefahrenabwehr im Vordergrund und nicht der wirtschaftslenkende Ordnungsgedanke für marktgängige Güter. Insgesamt also widersprechen die Deponierungsbeschränkungen nicht dem Gebot der Wirtschaftseinheit gemäß Art4 B-VG (vgl. in diesem Sinne Barfuß, ÖJZ 1966, S. 144; Walter, Bundesverfassungsrecht, S. 133; Verfassungsgerichtshof Erkenntnisse Slg. 4649/1963, 4940/1964, 6400/1970, 7304/1974 und andere; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 1988, RZ 181 f).

Soweit diese Deponierungsbeschränkungen auch Einschränkungen der Erwerbsfreiheit mit sich bringen, ist darauf zu verweisen, daß einerseits diese Beschränkungen im Sinne der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes im öffentlichen Interesse geboten sind und ein geeignetes, adäquates und auch sonst sachlich gerechtfertigtes Mittel zur Zielerreichung darstellen: Es steht nach den Staatszielbestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 491/1984 sowie nach Art7a L-VG 1971 außer Zweifel, daß der Umweltschutz im öffentlichen Interesse gelegen ist. Auch von nicht gefährlichen Abfällen gehen Umweltbelastungen aus.

Mitzuberücksichtigen wäre auch, daß durch das vermehrte Anfahren (überwiegend wohl mit LKW) zu zentralen und dezentralen Deponien in Oberösterreich die Belastungen durch Lärm und Luftverunreinigung sowie Verkehrsgefahren gesteigert werden. Überdies führen erhöhte technische und ökologische Anforderungen zu einer Reduktion der Kapazitäten für die Abfallablagerung in Oberösterreich. Es muß daher gerade im Interesse des Umweltschutzes sparsam mit den noch verfügbaren Ablagerungskapazitäten umgegangen werden, um nicht vor einem nicht mehr zu bewältigbaren Abfallberg zu stehen. Eine quantitative Reduzierung der Hausabfälle und sperrigen Abfälle in Deponien ist ein Mittel, um den Gefahren und Belästigungen, die durch derartige Anlagen entstehen, entgegenzuwirken. Es ist ferner davon auszugehen, daß Abfälle auch in Zukunft anfallen werden. Daß dabei - trotz Abfallvermeidung - auch weiterhin die Notwendigkeit nach Minimierung der Abfallmengen und somit der potentiellen Umweltbelästigung gegeben ist, steht außer Zweifel. Es ist daher auch sachlich gerechtfertigt, daß der Landesgesetzgeber jene Abfälle, deren Bewirtschaftung er nach der Kompetenzverteilung zu regeln hat, zu minimieren sucht; die vorgesehene Maßnahme ist hiezu auch ein adäquates Mittel. Schließlich besteht aber auch - wie erwähnt - ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung. Insgesamt also beschreitet der Gesetzentwurf einen Weg, der vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur das Grundrecht der Erwerbsausübung gemäß Art6 StGG 1867 nicht verletzt."

4. Aufgrund des (oben wiedergegebenen) §41 (iVm §46 Abs12) des OÖ AWG wurde mit der Verordnung der oberösterreichischen Landesregierung, LGBl. 104/1999, der OÖ Abfallwirtschaftsplan 1999 erlassen. Dieser regelt in seinem §1 Abs1 "die Maßnahmen zur Erreichung der Ziele (§3 OÖ AWG 1997) der Abfallwirtschaft in Oberösterreich unter Beachtung der Grundsätze für die Lagerung, Sammlung, Abfuhr, Beförderung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen (§4 OÖ AWG 1997)". Neben anderen Zielen wird das Ziel der Abfallvermeidung "durch größtmögliche Verringerung der jährlichen Gesamtmenge und der Schadstoffinhalte der anfallenden Abfälle durch Mitwirkung von jedermann angestrebt" (§3 - "quantitative und qualitative Abfallvermeidung").

III. 1. Gegen die Verfassungsmäßigkeit des §33 Abs1 und 2 OÖ AWG äußerte der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss folgende Bedenken:

"... [D]ie in §33 Abs1 OÖ AWG vorgesehene Ablagerungsbeschränkung auf nur in Oberösterreich angefallenen Abfall [dürfte] insofern eine dem Art4 B-VG zuwiderlaufende Durchbrechung der räumlichen Einheit des Bundesgebietes als Wirtschaftsgebiet bewirken ..., als sie verbietet, das Wirtschaftsgut Abfall in Oberösterreich abzulagern, soweit es nicht in Oberösterreich, sondern in einem anderen Bundesland anfällt.

... Art4 B-VG enthält ein Verbot territorialer Behinderungen des Wirtschaftsverkehrs, dh. des Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs und gewährleistet somit (im Bereich des Wirtschaftsrechts) einen einheitlichen österreichischen Binnenmarkt (Schwarzer, Art4 B-VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht, Rz 20 ff.[2001]; Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 110 swN; Korinek, Grenzen für die Begründung einer Landeskompetenz zur administrativen Beschränkung des Grundverkehrs mit Baugrundstücken, ImmZ 1991, 230 f.; Weber, Wirtschaftseinheit und Bundesstaat. Bemerkungen zur Interpretation des Art4 B-VG, ZÖR 1988, Suppl. 10, 141 ff.). Nun dürfte die Binnenmarktgarantie des Art4 B-VG nicht mehr als eine spezielle - auf das Territorium umgelegte - Ausformung des Gleichheitssatzes beinhalten (Korinek/Holoubek aaO FN 277 mH auf Azizi, Zum Verfassungsgebot der Wirtschaftsgebietseinheit und zu seiner wirtschaftspolitischen Tragweite, ÖJZ 1985, 97 ff., 134 ff.); die Einheitlichkeit des Binnenmarktes einschränkende Regelungen dürften daher - auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - nicht per se, sondern nur dann verfassungswidrig sein, wenn ihnen eine sachliche Rechtfertigung fehlt (vgl. etwa VfSlg. 4243/1962 zu Verkehrsbeschränkungen nach der StVO; VfSlg. 8086/1977, 11.493/1987, 12.485/1990 und 17.059/2003 zum LKW-Nachtfahrverbot). Art4 B-VG verbietet demnach (als bundesstaatliche Homogenitätsbestimmung [Weber, aaO 159]) nicht, aus sachlich gerechtfertigten Gründen regional (etwa länder- oder gemeindeweise) differenzierte Regelungen zu treffen. Eine dem Gebot der Einheitlichkeit des geschlossenen nationalen Wirtschaftsraumes und damit dem Schutz des ungehinderten Güterflusses widersprechende Verkehrsbeschränkung liegt somit erst dann vor, wenn ein Teil des Bundesgebietes gegenüber einem anderen diskriminiert wird (zB VfSlg. 5275/1966, 11.979/1989, 12.939/1991) oder wenn die Regelung eines Landes dieses gegenüber den anderen Bundesländern gezielt privilegiert.

... Das in §33 Abs1 OÖ AWG normierte Verbot der Ablagerung anderer als in Oberösterreich angefallener Abfälle scheint nach den vorläufigen Annahmen des Gerichtshofes den Effekt einer der Garantie des Art4 B-VG zuwiderlaufenden (vgl. VfSlg. 17.059/2003 S 900; Schwarzer, aaO), der sachlichen Begründung entbehrenden Gebietsabsperrung in Bezug auf eine bestimmte Warengattung - nämlich Abfall als Gegenstand des Wirtschaftskreislaufes - nach sich zu ziehen. Die Regelung unterbindet in anscheinend verfassungswidriger Weise die Ablagerung von im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit außerhalb Oberösterreichs angefallenem Abfall auf oberösterreichischen Deponien. Damit dürfte das Land Oberösterreich für die betreffende wirtschaftliche Aktivität der Abfalldeponierung - ohne ausreichende sachliche Rechtfertigung (...) - aus dem einheitlichen Wirtschaftsgebiet ausscheiden, mithin insoweit einen dem Gebot des Art4 B-VG entgegenstehenden - in eine Richtung geschlossenen - Wirtschaftsraum bilden.

... Dieses - gegen §33 Abs1 OÖ AWG gerichtete - Bedenken wird nach den vorläufigen Annahmen des Verfassungsgerichtshofes auch durch die (mit Abs1 leg. cit. im Zusammenhang zu lesende) Ausnahmeregelung des §33 Abs2 leg. cit. nicht zerstreut, weil die darin vorgesehenen Genehmigungsmöglichkeiten die Eingriffsintensität des in Rede stehenden - anscheinend auf eine einseitige Marktabschottung des Landes hinauslaufenden - Importverbotes nicht angemessen reduzieren dürften. Denn die vorgesehene Ausnahmebewilligung (die nach Maßgabe nur vage definierter Leitlinien eines Abfallwirtschaftplanes oder aus zwingenden öffentlichen Interessen zu erteilen ist) dürfte das Importverbot für Abfälle anderer Bundesländer nach Oberösterreich zwar möglicherweise abschwächen, ohne es jedoch im Grundsatz anzutasten.

Der Verfassungsgerichtshof übersieht nicht, dass die Regelung schon wegen des in Abs3 des §33 OÖ AWG festgelegten Prinzips der Nähe und im Zusammenhalt mit den in den §§3 und 4 OÖ AWG sowie im OÖ Abfallwirtschaftsplan dargelegten Zielen und Grundsätzen auch dem zweifellos im öffentlichen Interesse gelegenen Umweltschutz dienen soll (vgl. das BVG über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. 491/1984). Das durch §33 Abs1 OÖ AWG festgeschriebene, prinzipielle Verbot der Abfallablagerung in Oberösterreich für anderen als oberösterreichischen Abfall dürfte jedoch auch durch das in Abs3 des §33 OÖ AWG verankerte Prinzip der Nähe der Abfallentsorgung nicht durchbrochen worden sein: gilt das geschilderte Verbot doch - so nimmt der Verfassungsgerichtshof mangels einer gegenteiligen Regelung vorläufig an - auch für die Ablagerung von Abfällen, die zwar nächst einer oberösterreichischen Deponie, aber in einem anderen Bundesland anfallen, zumal die Entsorgungsnähe auch keinen vom Gesetzgeber vorgesehenen Grund für eine Ausnahmebewilligung bildet. Das dem Ausschussbericht (vgl. Beilage 411/1990 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ Landtages, XXIII. GP - oben ...) zum ursprünglichen §34 OÖ AWG, dem Vorläufer des heutigen §33 OÖ AWG zu entnehmende, eigentliche Motiv des Landesgesetzgebers für die Erlassung des Abfallimportverbots nach Oberösterreich dürfte vielmehr in der Schonung der knappen Ablagerungsressourcen im Land durch Bevorzugung des in Oberösterreich angefallenen Abfalls gelegen sein.

Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Gerichthof die Rechtmäßigkeit des Grundsatzes der vorrangigen Bekämpfung von Umweltbeeinträchtigungen an ihrem Ursprung ("Prinzip der Nähe") - auch mit Blick auf das Gemeinschaftsrecht (vgl. Art174 Abs2 EGV sowie das [in Bezug auf die insoweit gleich lautende Vorgängerbestimmung Art130r Abs2 EWG-Vertrag] Urteil des EuGH vom 9. Juli 1992, C-2/90 , Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien, Rz 34) - keineswegs in Frage stellt. Das anscheinend erreichte hohe Ausmaß an Deponiekapazitäten im Bundesland Oberösterreich dürfte der gegenständlichen Regelung aber zwischenzeitig die Eignung genommen haben, dem ursprünglichen Anliegen des Gesetzgebers (Schonung der knappen Deponieressourcen - vgl. den ... zitierten Ausschussbericht, Beilage 411/1990 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ Landtages, XIII. GP) Rechnung zu tragen, weshalb die historisch begründete sachliche Rechtfertigung für die Deponierungsbeschränkung weggefallen zu sein scheint. Einen anderen Grund für eine Rechtfertigung der in Rede stehenden Beschränkung vermag der Gerichtshof vorderhand nicht zu erkennen.

In diesem Zusammenhang sei überdies bemerkt, dass die abfallwirtschaftsrechtlichen Regelungen der anderen Bundesländer - mit Ausnahme von Salzburg (vgl. §7 Salzburger Abfallwirtschaftsgesetz 1998, LGBl. Nr. 35/1999) - keine der Anordnung des §33 Abs1 OÖ AWG vergleichbaren Einschränkungen enthalten.

... Der Verfassungsgerichtshof hegt ferner das weitere Bedenken, dass die in Prüfung gezogene Regelung der Abs1 und 2 des §33 OÖ AWG auch dem das verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit garantierenden Art6 StGG widerspricht:

Nach der ständigen Judikatur des Gerichtshofes (s. zB VfSlg. 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001 und 16.734/2002) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind. In der Literatur wird ebenfalls die Auffassung vertreten, dass wirtschaftseinengende Maßnahmen mit umweltpolitischem Hintergrund - wie hier - (ungeachtet des verfassungsrechtlich garantierten Stellenwertes umweltrelevanter Zielsetzungen) zur Zielerreichung geeignet, notwendig und angemessen sein müssen (geringstmögliche Einschränkung der räumlichen Marktausdehnung bei gleicher Zieladäquanz), um eine sachliche Rechtfertigung für sich beanspruchen zu können (Gutknecht/Holoubek/Schwarzer, Umweltverfassungsrecht als Grundlage und Schranke der Umweltpolitik, ZfV 1990, 553 ff.).

Die in Prüfung gezogene Regelung dürfte Abfalllieferanten und -übernehmer im Hinblick auf die Möglichkeit der Marktteilnahme in Oberösterreich herkunftsbezogen diskriminieren und daher weit über die aus Gründen des Umweltschutzes im öffentlichen Interesse gelegene Vermeidung des Mülltourismus hinausgreifen. Die angeordnete Ablagerungsbeschränkung auf im Land Oberösterreich angefallenen Abfall dürfte einen Eingriff in die Abfallwirtschaft bedeuten, der in seiner Intensität durch das öffentliche Interesse am Umweltschutz allein (vgl. daneben die primäre Motivation des historischen Gesetzgebers, nämlich Schonung des Deponievolumens des Landes - oben ...) nicht (mehr) gerechtfertigt werden kann.

Die Regelungen der Abs1 und 2 des §33 OÖ AWG dürften auch - entgegen der Auffassung der oberösterreichischen Landesregierung - nicht als nähere Ausführung des in der Vorschrift des §33 Abs3 OÖ AWG festgelegten "Prinzips der Nähe" verfassungskonform restriktiv zu deuten sein, weil die gesetzlichen Kriterien für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen in Abs2 des §33 OÖ AWG gerade daran nicht orientiert sind."

2. Die oberösterreichische Landesregierung erstattete im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie die Verfassungsmäßigkeit der in Prüfung stehenden Bestimmungen vor allem als besondere Ausformung des auch gemeinschaftsrechtlich verankerten und im öffentlichen Interesse gelegenen Prinzips der Nähe verteidigt.

2.1. Bei dem in §33 Abs3 OÖ AWG ausdrücklich normierten Prinzip der Nähe handle es sich um einen allgemeinen (nicht nur auf die "Ablagerung", sondern auch auf die "sonstige Behandlung" von nicht gefährlichen Abfällen iSd §2 Abs4 Z2 lite OÖ AWG bezogenen) Behandlungsgrundsatz, der vom oberösterreichischen Landesgesetzgeber des Jahres 1997 aus pragmatischen Gründen im Anlagenrecht verankert worden sei.

Dieses - gemeinschaftsrechtlich in Art5 der "Abfallrahmenrichtlinie" 75/442/EWG festgelegte - Prinzip sei auch für jene Maßnahmen der Ablagerung oder der sonstigen Behandlung relevant, die als "Beseitigung" iSd "Abfallrahmenrichtlinie" anzusehen seien. Die (zusätzlichen) Regelungen des §33 Abs1 und 2 OÖ AWG (Genehmigungsregime bei der Abfallablagerung) sollen das Prinzip der Nähe wirksam durchsetzbar machen: Abs3 des §33 OÖ AWG stelle "gewissermaßen eine Rechtfertigung für die plakative Programmaussage des Abs1 und eine weitere Determinierung für den diese Programmaussage wiederum erheblich relativierenden Abs2 dieses Paragraphen dar".

Der Grund für die Aufrechterhaltung des besonderen Genehmigungsregimes für die Ablagerung von Abfällen im OÖ AWG 1997 (ungeachtet der zwischenzeitig bundesweit bestehenden Deponieüberkapazitäten) liege in der abfallrechtlich unverändert gebliebenen potentiellen Gefahr erhöhter Umweltbelastungen, die mit unerwünschten Transporten nicht verwertbarer Abfälle zu (allenfalls entfernt gelegenen, aber kostengünstigen) Deponien einhergehe (wobei Deponien im Vergleich zu Verbrennungsanlagen aus betriebswirtschaftlicher Sicht weniger große Einzugsgebiete erfordern).

Indem §33 Abs3 OÖ AWG inhaltlich einen allgemeinen Behandlungsgrundsatz aufstelle (Teilaspekte desselben fänden sich auch in den einzelnen allgemeinen Grundsätzen des §4 leg. cit.), der im gesamten landesrechtlichen Abfallrecht Geltung habe, sei die Beachtlichkeit des Prinzips der Nähe bei Anwendung der Bestimmungen des §33 Abs1 und 2 OÖ AWG im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation (insbesondere im Hinblick auf das BVG über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. 491/1984) "geradezu zwingend".

2.2. §33 OÖ AWG sei ferner als Regelung der innerstaatlichen Verbringung nicht gefährlicher Abfälle im Sinne einer kompetenzkonformen Interpretation auch nicht auf Sachverhalte mit Auslandsbezug (Kompetenzbereich des Bundes) anwendbar und enthalte demnach auch keine Vorgaben, die mit der "EG-Verbringungsverordnung" in Konflikt geraten würden.

2.3. Die Sachlichkeit der zeitlichen Befristung der Ablagerungsgenehmigung mit vier Jahren (samt Verlängerungsmöglichkeit) ergebe sich daraus, dass der öffentlichen Hand die Möglichkeit gewahrt bleiben müsse, auf von vornherein nicht absehbare Entwicklungen in der Abfallwirtschaft angemessen reagieren zu können.

2.4. Zu den vorläufigen Bedenken, dass die in §33 Abs1 OÖ AWG vorgesehene Ablagerungsbeschränkung auf nur in Oberösterreich angefallenen Abfall eine dem Art4 B-VG zuwiderlaufende Durchbrechung der räumlichen Einheit des Bundesgebietes als Wirtschaftgebiet bewirke, führt die oberösterreichische Landesregierung überdies aus, dass die Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß §33 Abs2 OÖ AWG nicht vom Vorliegen "besonderer positiv formulierter Rechtfertigungsgründe" abhinge, sondern "schon nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes eine Genehmigung nur dann versagt werden" dürfe, "wenn es allfällige ausdrücklich verankerte Unvereinbarkeiten mit den Leitlinien des Abfallwirtschaftsplans" gebe "oder wenn die Versagung aus" (in der Praxis kaum mehr relevanten) "zwingenden volkswirtschaftlichen Gründen geboten wäre". Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation - vor allem mit Blick auf die Beachtung des Verfassungsgebotes der Wirtschaftsgebietseinheit (Art4 B-VG) und des Grundrechts auf Ausübung der Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) - seien Genehmigungen grundsätzlich zu erteilen (Regelfall) und dürften nur in jenen Fällen verweigert werden, in denen die Erteilung der Ausnahmebewilligung mit den konkreten Leitlinien des Abfallwirtschaftsplanes unvereinbar sei. Da bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Gewährung von Ausnahmegenehmigungen bestehe, habe die in Rede stehende Vorschrift nicht den Effekt einer gegen Art4 B-VG verstoßenden Gebietsabsperrung. Für diese Annahme spreche auch der aus dem oberösterreichischen Abfallplan des Jahres 2004 hervorgehende Anteil deponierter Abfälle aus anderen Bundesländern von 22 %.

2.5. Den Bedenken, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen auch dem das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit garantierenden Art6 StGG widersprächen, hält die oberösterreichische Landesregierung ferner entgegen, dass die Gefahr einer Verletzung des Prinzips der Nähe in Bezug auf mögliche Transporte zur Ablagerung von nicht verwertbaren Abfällen besonders groß sei, weshalb nähere Regelungen zur Sicherstellung der Gewährleistung dieses Prinzips im öffentlichen Interesse lägen. Der Grund für ein derartiges spezifisches Genehmigungsregime sei nach wie vor die (va durch den Preiswettbewerb bei den Deponiebetreibern entstandene) Gefahr abfallwirtschaftlich unerwünschter Transporte (Mülltourismus), die aus Gründen des Umweltschutzes vermieden werden müssten. Das Genehmigungsregime des §33 Abs2 OÖ AWG sei mit Blick auf den Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers geeignet und adäquat, die größten Gefährdungen des Prinzips der Nähe ohne unnötigen bürokratischen Aufwand zu vermeiden.

Zum möglichen Einwand einer Unsachlichkeit der Regelung im Vergleich zur uneingeschränkten Zulässigkeit von Abfallverbringungen aus dem oberösterreichischen Markt in andere Bundesländer verweist die Landesregierung darauf, dass auch derartigen Ablagerungen Schranken gesetzt seien, weil Verträge der Bezirksabfallverbände über Abfalltransporte betreffend oberösterreichischen Müll in ein anderes Bundesgebiet einer Genehmigung der Landesregierung bedürften (§16 Abs12 OÖ AWG), die ihrerseits an die Beachtung der Kriterien des Prinzips der Nähe gebunden sei.

IV. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Gesetzesprüfungsverfahren ist zulässig. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerde und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen sprechen würden.

2. Im Verfahren wurden jedoch die im Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken zerstreut:

2.1. Der Gerichtshof bleibt bei der im Prüfungsbeschluss wiedergegebenen (in ständiger Judikatur vertretenen) Auffassung, wonach wirtschafts- und/oder erwerbsfreiheitsbeschränkende Maßnahmen sowohl mit Blick auf das in Art4 B-VG enthaltene Verbot territorialer Behinderungen des Wirtschaftsverkehrs (vgl. zB VfSlg. 4243/1962, 5275/1966, 8086/1977, 11.493/1987, 11.979/1989, 12.485/1990, 12.939/1991 und 17.059/2003) als auch unter dem Aspekt des in Art6 StGG verbrieften Rechts auf Erwerbs(ausübungs)freiheit (vgl. zB VfSlg. 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001 und 16.734/2002) nur dann zulässig seien, wenn diese Maßnahmen eine sachliche Rechtfertigung für sich in Anspruch nehmen können. Bei regional differenzierten, die Erwerbs(ausübungs)freiheit einengenden Regelungen sind nicht nur die Position der von der Maßnahme betroffenen Marktteilnehmer und die Intensität des Eingriffs zu berücksichtigen, sondern auch Zweck und Inhalt der Regelung sowie öffentliche Interessen.

2.2. Vor diesem Hintergrund erweist sich die in Prüfung gezogene Regelung aber - im Zusammenhang betrachtet - nicht als verfassungswidrig.

2.2.1. Die Anordnung des §33 Abs1 OÖ AWG geht davon aus, dass grundsätzlich das Land Oberösterreich die Verantwortung für den eigenen (ungefährlichen) Abfall trägt. Zwar ist der ursprünglich in der Schonung knapper Deponieressourcen gelegene Grund für die sachliche Rechtfertigung der gleichartigen Deponierungsbeschränkung in der Vorgängerbestimmung des §34 Abs1 OÖ AWG 1990 (wie auch die oberösterreichische Landesregierung einräumt) angesichts der zwischenzeitig erreichten hohen Deponiekapazitäten in Oberösterreich weggefallen. Folgende (andere) Gründe vermögen aber die Regelung des §33 Abs1 OÖ AWG - weiterhin - zu rechtfertigen:

Zum einen hat der Gesetzgeber im OÖ AWG das (im OÖ AWG 1990 noch nicht enthalten gewesene) Prinzip der Nähe ausdrücklich verankert (§33 Abs3). Der Gerichtshof teilt den Standpunkt der oberösterreichischen Landesregierung, dass mit diesem Prinzip - gegen das der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gehegt hat - ein allgemeiner Grundsatz aufgestellt wird, der im gesamten landesrechtlichen Abfallrecht umfassende Geltung hat und der daher zur verfassungskonformen Auslegung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen herangezogen werden kann: Mit Blick darauf ist das Prinzip der Entsorgungsnähe sowohl bei abfallrechtlichen Maßnahmen innerhalb des Landesgebietes als auch bei Beurteilung der Kriterien für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Ausnahmebewilligung nach §33 Abs2 OÖ AWG - und somit auch im Zusammenhang mit der Ablagerung von Abfällen, die zwar nächst einer oberösterreichischen Deponie, aber in einem anderen Bundesland anfallen - zu beachten. Dieser Grundsatz nimmt auf die Tatsache Bedacht, dass auch nicht verwertbare ungefährliche Abfälle Umweltbelastungen bewirken können und daher unnötig weite Transportwege (in der Regel mittels LKW und damit einhergehende zusätzliche potentielle Beeinträchtigungen der Umwelt) zu vom Ort des Entstehens des Abfalls entfernt gelegenen (allenfalls aus Konkurrenzgründen gewählten) Deponien vermieden werden sollen.

Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, dass nach §33 Abs2 OÖ AWG ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Erteilung einer (ebenfalls dem umweltpolitischen Prinzip der Nähe folgenden) Ausnahmebewilligung vom Gebot des Abs1 leg. cit. bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (Schutz von Mensch und Umwelt als [entgegen der im Prüfungsbeschluss formulierten Bedenken hinlänglich definiertes] maßgebliches Ziel des ua. gleichermaßen an verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben orientierten Abfallwirtschaftsplanes - §41 iVm §4 OÖ AWG) besteht.

2.2.2. Dem Landesgesetzgeber kann daher aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn er auf einem relativ schmalen Wirtschaftssektor, nämlich im Bereich des Deponierens von aus einem anderen Bundesland als Oberösterreich stammenden (ungefährlichen) Abfall aufgrund öffentlicher Interessen eine durch (sachlich gerechtfertigte, für den Einzelnen in einem verhältnismäßig unkomplizierten Verfahren durchsetzbare) Ausnahmetatbestände relativierte (und daher schonende) einschränkende Regelung vorsieht.

2.2.3. Damit wird aber das Bedenken des Gerichtshofs, dass die in Rede stehende Ausnahmeregelung nicht geeignet sei, das prinzipielle Verbot der Ablagerung für anderen als in Oberösterreich angefallenen Abfall angemessen und auch sonst sachlich zu reduzieren, zerstreut: Jenem (vom Verbot des §33 Abs1 OÖ AWG erfassten) Kreis der Unternehmer, der im Rahmen wirtschaftlicher Tätigkeit nicht in Oberösterreich, aber nahe einer oberösterreichischen Deponie im Bundesgebiet angefallenen Abfall auf einer oberösterreichischen Deponie ablagern will, kann (bzw. muss) im Einzelfall mit dem (bezogen auf eine Durchschnittsbetrachtung angemessenen) Instrument der Ausnahmebewilligung - auf deren Gewährung bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht - abgeholfen werden. Nach der Konzeption des OÖ AWG in Verbindung mit dem OÖ Abfallwirtschaftsplan 1997 soll die Ausnahmebewilligung bei Vorliegen der diesbezüglichen (mit Rücksicht auf die Vorgaben des Abfallwirtschaftsplanes als sachlich einzustufenden) Erfordernisse grundsätzlich erteilt und nur im Fall der Unvereinbarkeit mit den Vorgaben des Abfallwirtschaftsplanes verweigert werden dürfen. Die Ausnahmegewährung soll also den Regelfall darstellen (was auch der praktischen Umsetzung der in Rede stehenden Regelung jedenfalls iJ 2004 entspricht, wie die Daten des Abfallwirtschaftsberichts des genannten Jahres veranschaulichen).

2.2.4. Im Ergebnis konnte der Landesgesetzgeber bei einer gebotenen Gesamtbetrachtung der Regelung daher mit Grund davon ausgehen, dass die getroffenen Vorkehrungen ein (im Regelfall) geeignetes, adäquates und aus umweltpolitischen Gründen auch erforderliches Mittel darstellen, um der Gefahr unnötiger Umweltbelastungen durch abfallwirtschaftlich vermeidbare Mülltransporte zu begegnen.

2.2.5. Der Gerichtshof berücksichtigt hiebei auch, dass die in §33 Abs2 dritter Satz OÖ AWG vorgesehene Zulässigkeit der Verlängerung der (in Abs2 zweiter Satz festgelegten) Befristung der Ausnahme (auf höchstens vier Jahre) in verfassungskonformer Weise dahin auszulegen ist, dass dem Antragsteller eine derartige Verlängerung zu gewähren ist, wenn er (weiterhin) die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung erfüllt, weshalb die Regelung auch aus dieser Sicht auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken stößt.

2.2.6. Ferner schließt sich der Gerichtshof der Auffassung der oberösterreichischen Landesregierung an, dass die Möglichkeit der Verbringung oberösterreichischen Abfalls in andere Bundesländer ebenfalls insoweit (sachlich gerechtfertigten) Schranken unterliegt, als sowohl die Bezirksabfallverbände bei Erfüllung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit der Ablagerung von Hausmüll (§15 Abs2 Z3 OÖ AWG) als auch die Landesregierung bei Genehmigung der von Dritten mit den Abfallverbänden abgeschlossenen Verträgen zur Übernahme dieser Verpflichtung (§16 Abs12 OÖ AWG) an die Beachtung des Prinzips der Nähe gebunden sind; in dieser Hinsicht bewegt sich das in Prüfung gezogene Instrumentarium ebenfalls innerhalb der verfassungsrechtlich gezogenen Schranken.

2.2.7. Die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten mithin im Prüfungsverfahren zur Gänze zerstreut werden; es war daher auszusprechen, dass §33 Abs1 und 2 OÖ AWG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird.

V. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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