Normen
VfGG §33
ZPO §45 Abs2, §148 Abs3
VfGG §33
ZPO §45 Abs2, §148 Abs3
Spruch:
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. In der ersten Juli-Hälfte 1960 richtete die Tiroler Landesregierung unter dem Betreff "Regulierung des Gemeindegutes" zu Ib-Zl.-55/29 folgendes undatiertes Schreiben an die Gemeinde Neustift:
"Herrn
Bürgermeister A D
Neustift i.St.
Die Mehrheit der Nutzungsberechtigten am Gemeindegut der Gemeinde Neustift hat bei der Agrarbehörde die Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte an diesem Gemeindegut beantragt.
Für dieses Verfahren werden Sie gemäß §110 des Flurverfassungs-Landesgesetzes vom 16.7.1952, LGBl. Nr. 32, zum Vertreter der Gemeinde Neustift bestellt.
Sie haben in diesem Verfahren die Interessen der Gemeinde nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten.
Für die Landesregierung: Dr. K"
Eine Abschrift ist der Agrarbehörde zu ZI Ib1-710/3 v. 21.3.1960 zugegangen.
In weiterer Folge wurden unter anderem mit Bescheiden der Agrarbehörde vom 30. April 1963 die Anteilsrechte der Gemeinde Neustift am Regulierungsgebiet des Gemeindegutes mit 15 % verzeichnet und festgestellt, dass die Grundstücke im Eigentum der Agrargemeinschaft Neustift stehen, an der die jeweiligen Eigentümer der in einer Liste der Parteien aufgezählten Liegenschaften und die politische Gemeinde Neustift anteilsberechtigt seien. Beide Bescheide stützen sich auf einen mit der Verzeichnung des Anteils zugleich genehmigten Vergleich (Übereinkommen mit dem bestellten Gemeindevertreter).
Das Regulierungsverfahren ist noch anhängig.
Unter anderem gegen die zuletzt genannten Bescheide der Agrarbehörde hat die Gemeinde Neustift im März 2005 Berufung erhoben. Der diese Berufung zurückweisende Bescheid des Landesagrarsenates ist beim Verfassungsgerichtshof zu B949/05 bekämpft. Aus diesem Bescheid ergibt sich, dass A D im April 1962 als Bürgermeister von J P, als Gemeindevertreter im Regulierungsverfahren aber erst 1965 von H G abgelöst wurde, und aufgrund des Feststellungsbescheides aus 1963 an den betroffenen Liegenschaften im Jahre 1964 das Eigentumsrecht der Agrargemeinschaft Neustift einverleibt wurde.
Richtigstellungsanträge vom April 2005 mit dem Begehren, wiederum das Eigentumsrecht der Gemeinde einzuverleiben, wurden mit einem vom Landesgericht Innsbruck bestätigten Beschluss des Grundbuchsgerichtes abgewiesen.
Mit dem vorliegenden Antrag begehrt die Gemeinde Neustift die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung der Beschwerde gegen das eingangs genannte, als Bescheid gewertete Schreiben der Tiroler Landesregierung und erhebt zugleich Beschwerde wegen Verletzung des dieser Gemeinde verfassungsgesetzlich zustehenden Rechts, ihre Organe selbst bestellen zu dürfen und dies durch Wahlen zu tun.
Als Wiedereinsetzungsgrund wird das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung und der Umstand geltend gemacht, dass A D nicht in der Lage gewesen sei, die Rechtswirkungen und Tragweite der Vertreterbestellung zu erkennen. Die im Verfahren getroffene Entscheidung (der Bescheid aus 1963) habe der Gemeinde ein Vermögen im Wert von mehreren Millionen Euro arglistig entzogen.
Dazu legt die beschwerdeführende Gemeinde die Niederschrift einer die Regelung des Gemeindegutes betreffenden Besprechung vom 29. September 1964 vor, an der seitens der Gemeinde neben dem Bürgermeister P und dem Vizebürgermeister acht Gemeinderäte, der Gemeindevertreter A D und für die Agrarbehörde I. Instanz ORR Dr. B teilgenommen hatten; dabei hatte Dr. B eine Darstellung des Verwaltungsgeschehens gegeben, deren Schluss wie folgt protokolliert ist:
"11. 23.4.1963 Parteienübereinkommen mit dem Gemeindevertreter A D auf 15 %
gemäß Verhandlungsschrift.
Übereinkommen:
a) der pol. Gemeinde Neustift kommt an den Holznutzungen des Gemeinschaftsgebietes ein Anteilrecht von 15 % zu.
b) die zu bildende Agrargemeinschaft Neustift kommt darüber hinaus noch zur Gänze für das bei Katastrophenfällen an Brücken und Wegen zur Sicherung dieser Anlagen und zur Wiederherstellung derselben erforderlichen Holz nach den tatsächlichen Holzbedarf auf.
c) Weiters wird vereinbart, daß eine Agrargemeinschaft Neustift körperschaftl. mit Wirkung vom 1.1.64 eingerichtet werden soll.
Der Vertreter der Agrarbehörde, ORR. Dr. B ist der Meinung, daß die Besitzverhältnisse durch die Bildung der Agrargemeinschaft allgemein klargestellt sind, zumal alle Gemeinden des Stubeitales gleich durchgeführt wurden.
Der Gemeindevertreter D erklärte hiezu, daß am 23.4.63 über die Besitzverhältnisse nicht gesprochen wurde. Dr. B konnte am 29.9.64 nicht mehr unbedingt sagen, ob am 23.4.1963 über das Eigentumsrecht gesprochen wurde.
12. 30.4.63 Regulierungsbescheid erlassen
durch Agrarbehörde Übertragung
des Eigentums auf die
Agrargemeinschaft Neustift.
Einspruchsmöglichkeit vom
13.5.63 - 10.6.63
13. 29.9.64 Gde.Vertreter A D betont, daß er am
23.4.63 an den Vertreter der
Agrarbehörde (Dr. B) folgende Frage
zur körperschaftl. Einrichtung richtete:
Wollen die Eingeforsteten den Nichteingeforsteten etwas wegnehmen
oder umgekehrt?
Antwort d. Dr. B:
Niemanden wird etwas weggenommen.
Damit war der Gemeindevertreter D der Auffassung, daß die Grundstücke in Eigentum der Gemeinde bleiben."
Eine Ergänzung zum (vorstehend nicht wiedergegebenen) ersten Punkt des Verfahrensablaufes (Antragstellung) mündet in die Wiedergabe folgenden Wortwechsels:
"H: Herr Bürgermeister, welche Behörde hat Dir den Rat gegeben, daß unsere Anträge nicht auf die Tagesordnung kamen?
H: Warum Herr Bürgermeister und Vertreter der Gemeinde hast Du bis heute es noch nie gewagt, die Gemeinde als solche bei der Agrarbehörde zu vertreten.
Bürgermeister P:
Weil ich laut Auskunft der Gde.-Aufsichtsbehörde der Meinung war, daß Altbürgermeister D bis zum Abschluß des Regulierungsverfahrens alleiniger Vertreter der Gemeinde Neustift ist.
Dr. B: Vertreter der Gemeinde ist Altbürgermeister D bis das Verfahren abgeschlossen ist.
H: an Dr. B:
Dr. M gab uns am 30. Juli 1964 nach langen Verlangen den Bürgermeister als Vertreter der Gemeinde bekannt.
Altbgm. D: Wenn man bei der Verhandlung über den Grund auch verhandeln hätte wollen, wäre es nie so weit gekommen.
Vizebgm. S: Vizebgm. S fragt GR. S ob er wirklich gewußt hat, daß der Grund an die Agrargem. übergeht.
S A GR: Das haben sie schon gewußt, daß der Grund auch mitgeht. Altbgm. D sagt, dort dürfte er nichts mehr glauben, wenn es so ist, sonst würde ich mich vor der Verantwortung fürchten.
Bgm. P fragt Dr. B:
Wieso die Aufsichtsbehörde nichts dagegen unternahm, kann ich nicht
verstehen, wo es doch um Millionenbeträge ging.
Dr. B gab hiezu keine Erklärung ab.
H: R A und R J haben am 30.7.1964 vor dem Gemeinderat und Dr. M erklärt, daß über Grund bei der Verhandlung nicht gesprochen wurde.
H: Also Herr Dr. B hat man es doch bewußt gemacht, daß man der Gemeinde den Grund enteignen kann, weil niemand aufgeklärt wurde. Verweis von Dr. B."
Daraus folgert der Wiedereinsetzungsantrag, dass A D nicht gewusst habe, dass mit den einzelnen Teilbescheiden des Regulierungsverfahrens der Gemeinde Neustift das Recht auf die Substanz entzogen werden sollte bzw. entzogen wurde, und dass er es nur aus diesem Grund unterlassen hat, die Bescheide anzufechten:
"Weder Herrn Bürgermeister A D noch den nachfolgenden Bürgermeistern kann es zum Vorwurf gemacht werden, dass sie den Beamten der Tiroler Landesregierung vertraut haben. Die Bürgermeister der Tiroler Landgemeinden sind von wenigen Ausnahmefällen abgesehen selbst nicht juristisch ausgebildet. Die bescheidenen Finanzmittel der Gemeinden lassen es auch nicht zu, ständig einen Juristen zu beschäftigen oder in allen auftauchenden Fragen Rechtsanwälte kontaktieren. Es ist daher auch heute noch absolut üblich, dass sich die Bürgermeister der Tiroler Landgemeinden bei den in der Gemeinde auftauchenden Rechtsfragen von den Beamten der Bezirkshauptmannschaften und der Landesregierung beraten lassen. Sie sind darauf angewiesen, dass diese ihnen das Richtige sagen.
Darauf dürfen die Organe der Gemeinden auch vertrauen: Nach der Verfassung hat das Land gegenüber den Gemeinden die Stellung einer Aufsichtsbehörde. Daraus resultieren für das Land Tirol nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Ähnlich wie Eltern ihrem Kind gegenüber und ähnlich wie ein Vormund gegenüber dem Mündel verpflichtet sind, bei der Ausübung ihrer 'Leitungsfunktion' die Interessen des Kindes besonders wahrzunehmen, ergibt sich dieselbe Verpflichtung auch für die Beamten der Tiroler Landesregierung aus der verfassungsmäßigen Stellung des Landes Tirol als Aufsichtsbehörde der Gemeinden. Die Beamten des Landes Tirol wären daher von Rechts wegen verpflichtet gewesen, sich in ganz besonderem Maße um das Wohl der ihnen zur Aufsicht anbefohlenen Gemeinden zu kümmern. Aufgrund der Bestimmung des §89 Abs4 FLG, wonach die Agrarbehörde jene Normen anzuwenden hatte, die auch sonst für die von ihr entschiedenen Angelegenheiten galten, wäre sie verpflichtet gewesen, auch die Funktion der Gemeindeaufsichtsbehörde wahrzunehmen.
Wenn überhaupt ließe sich der in §96 FLG normierte Wegfall der aufsichtsbehördlichen Genehmigungspflicht für die in einem Agrarverfahren abgegebenen Erklärungen und abgeschlossenen Vergleiche nur damit rechtfertigen, dass im Agrarverfahren eben die Agrarbehörde die Aufgaben der Gemeindeaufsichtsbehörde wahrnehmen muss und daher verpflichtet wäre, darauf zu achten, dass die von einer Gemeinde abgegebenen Erklärungen und abgeschlossenen Vergleiche nicht die Interessen der Gemeinde verletzen.
Weder Altbürgermeister A D noch seinen Rechtsnachfolgern kann daher die Tatsache, dass sie den Beamten des Landes Tirol vertrauten, als Verschulden angelastet werden.
Man mag sich vielleicht fragen, worin genau der Rechtsirrtum der Gemeindevertreter bestanden haben soll, doch muss man diese Frage ganzheitlich betrachten: Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. Nr. 9336 richtig aufzeigte, geht es letztlich darum, dass der Gemeinde das Recht auf die Substanz des Gemeindevermögens nicht entzogen werden hätte dürfen. Inhaltlich wurde zum damaligen Zeitpunkt dieses Recht auf die Substanz des Gemeindegutes durch das komplexe Zusammenwirken verschiedenster Rechtsvorschriften ausgestaltet.
Um diese Zusammenhänge zu verstehen, hätten die Bürgermeister der Gemeinde Neustift zunächst wissen müssen, dass aus dem Umstand, dass ein Grundstück ein agrargemeinschaftliches Grundstück im Sinne des §36 TFLG idF LGBl. Nr. 32/1952 darstellt, noch keineswegs folgt, dass die Agrargemeinschaft zugleich auch Eigentümerin dieses Grundstückes sein muss.
Dies ergibt sich daraus, dass gemäß §36 Abs2 litd FLG die zum Gemeindegut gehörigen Grundflächen jedenfalls als agrargemeinschaftliche Grundstücke zu gelten hatten, dass aber das Gemeindegut regelmäßig im Eigentum der Gemeinde stand (vgl. §51 Abs2 FLG idF LGBl. Nr. 32/1952 und §73 TGO idF LGBl. Nr. 24/1949).
Um den Inhalt und den Umfang des der Gemeinde vorbehaltenen Rechtes an der Substanz des Gemeindegutes beurteilen zu können, hätten die Bürgermeister daher das Nebeneinander des Grundeigentums der Gemeinden mit den Vorschriften der Flurverfassungsgesetze betreffend die Agrargemeinschaften verstehen müssen, was vollkommen unmöglich war, da aufgrund der nur unvollständigen gesetzlichen Ausgestaltung die damit zusammenhängenden Fragen auch heute noch von keinem Juristen erschöpfend und verlässlich beantwortet werden können.
Aus dem Akt ergibt sich, dass die einzelnen Besprechungen vor allem die Holznutzung zum Thema hatten. Für die Beteiligung der Gemeinde an der Holznutzung spielte es keine wesentliche Rolle, ob der Gemeinde Neustift ihr Anteil an der Holznutzung in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin des Gemeindegutes oder als Anteilsberechtigte an der Agrargemeinschaft Neustift zugute kam.
Dass allerdings beispielsweise das Recht zur Aufhebung von Nutzungsrechten im Sinne des verloren gehen könnte, wenn die Gemeinde nicht mehr Eigentümerin des Gemeindegutes wäre, hätte schon qualifizierterer Überlegungen bedurft. Schließlich hat ja niemals jemand bestritten, dass das gegenständliche Gebiet (bzw. zumindest der allergrößte Teil davon) das Gemeindegut von Neustift darstellt, und ist - zumindest nach dem unmittelbaren Gesetzeswortlaut - die Ausübung der in §81 TGO idF LGBl. Nr. 24/1949 genannten Befugnisse nicht davon abhängig, dass die Gemeinde auch im Grundbuch als Eigentümerin des Gemeindegutes aufscheint. Tatsächlich stellt sich nach den im Regulierungsverfahren ergangenen Bescheiden freilich die Frage, ob das gegenständliche Gebiet überhaupt noch als Gemeindegut der Gemeinde Neustift anzusehen ist und wenn ja, was die Folge einer Aufhebung von Nutzungsrechten gemäß §81 TGO LGBl. Nr. 24/1949 bzw. gemäß §73 TGO 2001 sein soll.
Es ist klar, dass ein juristisch nicht gebildeter Bürgermeister diese komplexen Zusammenhänge ohne entsprechende Aufklärung nicht verstehen kann. Anstatt den damaligen Bürgermeister aufzuklären, hat ihm die Agrarbehörde I. Instanz jedoch vorgemacht, bei den erlassenen Bescheiden handle es sich um reine Formsache, es würde sich nichts ändern. Dies ergibt sich nicht nur aus den Darstellungen von Altbürgermeister A D in der Niederschrift vom 29.9.1964, sondern beispielsweise auch aus der Begründung des Bescheides vom 30.4.1963, GZl. IIIb 1-1019/159, mit dem festgestellt wurde, dass die zum Gemeindegut Neustift gehörigen Grundflächen im Eigentum der Agrargemeinschaft Neustift stehen würden. In der Begründung dieses Bescheides wurde behauptet, die im Spruch dieses Bescheides genannten Rechtsverhältnisse seien ohnehin bereits durch frühere Bescheide der Agrarbehörde entschieden worden, bzw. es werde nur eine getroffene Vereinbarung bescheidmäßig beurkundet, was beides in keinster Weise der Wahrheit entsprach.
Da überdies laut Niederschrift vom 29.9.1964 der damalige Leiter der Agrarbehörde der Behauptung von Altbürgermeister D und der Gemeinderäte A R und des Herrn J R nicht widersprochen hat, wonach bei den Regulierungsverhandlungen über die Eigentumsfrage nicht geredet worden sei, steht auch objektiv fest, dass die damaligen Gemeindevertreter teils durch unterlassene Aufklärung und teils dadurch, dass ihnen die Unwahrheit gesagt wurde, außerstande gesetzt wurden, die Rechte der Gemeinde Neustift so zu vertreten, wie es deren gesetzliche Pflicht gewesen wäre.
Als die Gemeindevertreter schließlich im September 1964 merkten, was geschehen war, wurde Ihnen erklärt, jetzt sei es zu spät, Rechtsmittel seien nicht erhoben worden, man könne nichts mehr machen (vgl. Amtsvermerk vom 31.7.1964 und Niederschrift vom 29.9.1964).
Als sie dann dem damaligen Leiter der Agrarbehörde I. Instanz vorwarfen, dass er die Gemeinde 'bewusst enteignet' und deshalb niemand aufgeklärt habe, erhielten sie einen scharfen Verweis (vgl. Niederschrift vom 29.9.1964) und haben sich dadurch einschüchtern lassen und den Eindruck gewonnen, sie seien der Behörde machtlos ausgeliefert. Dadurch ist die Sache schließlich auch offensichtlich in Vergessenheit geraten. Spätere Bürgermeister haben gar nichts mehr von der hier angesprochenen Problematik gewusst. Dadurch war die Gemeinde Neustift bis heute verhindert, gegen den Einleitungsbescheid Beschwerde zu erheben.
Erst jetzt durch die Einsichtnahme ihres Rechtsanwaltes am 10.03.2005 und am 18.03.2005 hat der gefertigte Vertreter der Gemeinde Neustift Kenntnis vom geschilderten Sachverhalt erlangt und erkannt, dass Rechtsmittel gegen die in diesem Schriftsatz angefochtenen Bescheide in Verbindung mit Anträgen auf Wiedereinsetzung möglich sind, sowie dass diese Bescheide rechtswidrig sind, und welche Tragweite sie für die Gemeinde Neustift hatten und noch haben."
II. Der Wiedereinsetzungsantrag ist verspätet.
Gegenstand des Wiedereinsetzungsantrages ist ausschließlich die Bestellung des A D zum Vertreter der Gemeinde Neustift in dem 1960 eingeleiteten Regulierungsverfahren. A D war damals Bürgermeister dieser Gemeinde. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, dass er die Bedeutung dieser Bestellung nicht verstanden haben sollte. Wovon ihn oder die Gemeinde die fehlende Rechtsmittelbelehrung unter diesen Umständen abgehalten haben soll, ist gleichfalls unerfindlich. Ein Irrtum über die Bedeutung dieses Aktes konnte erst entstanden sein, als allmählich klar wurde, welche Folgen das Verfahren für die Gemeinde haben sollte. Im Übrigen ist der Hinweis auf die Möglichkeit der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof keine Rechtsmittelbelehrung und sein Fehlen als solches kein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund
(VfSlg. 10.813/1986, 14.120/1995, 14.229/1995).
Dass das Eigentum am Gemeindegrund der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde Neustift nur ein Anteil von 15 % zugesprochen wurde, musste den Vertretern der Gemeinde seit Erlassung der Bescheide vom 30. April 1963 klar sein, weil diese Bescheide es wörtlich aussprechen. Spätestens zugleich mit diesen Bescheiden hätte auch - mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung verbunden - die Bestellung des Gemeindevertreters angefochten werden müssen. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass auch die neu bestellten Gemeindeorgane nicht verstanden haben, dass die Rechtslage früher anders gewesen war, war die Bedeutung des Geschehens nach bücherlicher Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft mit Zustellung des Beschlusses des Grundbuchgerichtes klar und lag bei der Besprechung am 29. September 1964 offen zutage: Das mögliche Missverständnis A D kam zur Sprache, der Vertreter der Agrarbehörde hatte selbst von einer "Übertragung des Eigentums auf die Agrargemeinschaft" gesprochen und er hatte auf die (versäumte) "Einspruchsmöglichkeit" hingewiesen. Es musste zu diesem Zeitpunkt auch klar sein, dass A D die am Schluss des Protokolls wiedergegebene Antwort des Dr. B am 23. April (dem Tag des Parteiübereinkommens) missverstanden haben musste.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die damaligen Gemeindeorgane - sei es durch den Bürgermeister, sei es durch A D, der ja nur Vertreter der Gemeinde und daher Beschlüssen der zuständigen Gemeindeorgane unterworfen war -, angesichts der Bedeutung der Angelegenheit die Möglichkeit des Ergreifens von Rechtsmitteln überlegen müssen und mangels Rechtskenntnis einen Fachmann zuziehen können. Dass eine rechtsunkundige Partei den Fehler der Behörde nicht erkennt und die Möglichkeit, einen Rechtsbehelf zu ergreifen, falsch einschätzt, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass das Mitglied der Agrarbehörde deren - hier nicht zu beurteilenden - Bescheide verteidigt und auf deren Unangreifbarkeit wegen Versäumung einer Rechtsmittelfrist hingewiesen hat.
Das behauptete Hindernis, das der Erhebung der Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen die Bestellung des A D als Gemeindevertreter allenfalls im Wege gestanden ist, war daher spätestens seit 29. September 1964 weggefallen. Ob es einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund gebildet hätte, kann daher dahingestellt bleiben. Die mit diesem Tag begonnene Frist des §45 Abs2 ZPO ist ungenützt verstrichen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist daher als verspätet zurückzuweisen (§33 VfGG iVm §148 Abs3 ZPO und §35 Abs1 VfGG).
III. Infolgedessen ist auch die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen (§82 Abs1 VfGG).
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