VfGG §85 Abs2 / Bankwesen
VfGG §85 Abs2 / Kreditwesen
VfGG §85 Abs2 / "Vollzug"
VfGG §85 Abs2 / Bankwesen
VfGG §85 Abs2 / Kreditwesen
Spruch:
Dem in der Beschwerdesache der R Z Ö AG, ..., vertreten durch die D S C Rechtsanwalts-Partnerschaft, ..., gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 28. August 2006, Zl. ..., gestellten Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 VfGG k e i n e F o l g e gegeben.
Begründung
Begründung
1. Mit Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 28. August 2006 wurde festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei R-L-H GmbH einschließlich ihrer Tochterunternehmen per 31. Dezember 2004 ein Finanzkonglomerat im Sinne des Finanzkonglomerategesetzes (in der Folge: FKG), BGBl. I Nr. 70/2004 bildet. Weiters wurde die Beschwerdeführerin als jenes Unternehmen bestimmt, dass der zusätzlichen Beaufsichtigung im Sinne des §5 Abs1 Z2 lita FKG unterliegt.
Das FKG wurde in Umsetzung der Richtlinie 2002/87/EG über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerates (in der Folge: Finanzkonglomerate-RL) erlassen, die bis 11. August 2004 umzusetzen und erstmalig für mit dem 1. Jänner 2005 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden war.
2. In der gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird unter anderem der Antrag gestellt ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass für die beschwerdeführende Gesellschaft mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Durch die Feststellung, dass ein Finanzkonglomerat vorliege und die Beschwerdeführerin zusätzlich beaufsichtigtes Unternehmen sei, entstünden der Beschwerdeführerin neue Pflichten, die ohne diese Feststellung nicht gegeben wären. So habe die Beschwerdeführerin für das gesamte Finanzkonglomerat eine angemessene Eigenkapitalausstattung, sowie interne Kontrollmechanismen und ein entsprechendes Risikomanagement sicher zustellen. Darüber hinaus sei die Feststellung, dass ein Finanzkonglomerat vorliege, Grundlage für weitere Bescheide. Insofern würde durch den bekämpften Bescheid die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin wesentlich geändert. Zwingende öffentliche Interessen stünden einer Bewilligung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Vor allem sei hervorzuheben, dass eine entsprechende Überwachung der Eigenmittelausstattung sowie ein angemessenes Risikomanagement und interne Kontrollmechanismen wegen des Fehlens der gesellschaftsrechtlichen Durchsetzbarkeit gar nicht erreichbar seien. Der vom Gesetz angestrebte Regelungszustand könne durch die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen gar nicht erreicht werden.
3. Die belangte Behörde erstattete eine Äußerung, in der sie dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegentrat. Die belangte Behörde wendet im Wesentlichen ein, dass der bekämpfte Bescheid einem Vollzug nicht zugänglich sei, da die Feststellung, dass ein Finanzkonglomerat vorliege, lediglich Basis für die Erlassung weiterer, die Rechtsfolgen konkretisierender, Bescheide sei. Insbesondere die Methode der Berechnung der Eigenmittel obliege nicht der Beschwerdeführerin, sondern sei von der belangten Behörde bescheidmäßig festzusetzen. Im Übrigen werde von der Beschwerdeführerin sogar zugestanden, dass in wesentlichen Fällen der Feststellungsbescheid nur die Grundlage für weitere Bescheide sei. Zum drohenden unwiederbringlichen Schaden durch die Installierung angemessener Risikomanagementsysteme und interner Kontrollmechanismen bringt die belangte Behörde vor:
"In den Bestimmungen des §11 FKG ist die Installierung angemessener Risikomanagementsysteme und interner Kontrollmechanismen zum Management der im Finanzkonglomerat vorhandenen Risiken vorgesehen. Da ungeachtet konkreter Melde- und Kontrollregelungen der §§6 bis 10 FKG, über die noch bescheidmäßig abzusprechen sein wird, ein sorgfältiger Geschäftsleiter insbesondere eines Kreditinstituts jedenfalls bestrebt sein wird (und muss), die in der von ihm geführten Unternehmensgruppe eingegangenen Risiken durch geeignete Vorkehrungen zu kennen, zu messen, zu bewerten und letztlich zu managen, um seiner Verpflichtung zu einer umsichtigen Führung der Geschäfte nachzukommen (§39 BWG), kann in der Anwendung dieser Bestimmungen für die Unternehmensgruppe kein Schaden erkannt werden. Abgesehen davon muss mit Inkrafttreten der BWG-Novelle zur Umsetzung von Basel II ab 1.1.2007 schon aufgrund der Branchenvorschriften ein dem §11 FKG nicht unähnliches kreditinstitutseigenes Verfahren zur Bewertung der Eigenkapitalausstattung auf Einzelkreditinstitutsebene und auf konsolidierter Basis (= Gruppe) vorhanden sein (§39a BWG).
Die Behauptung, dass die gesetzlichen Interessen, nämlich eine den Bestimmungen der §§6 und 11 FKG vollständig entsprechende Überwachung der Eigenmittelausstattung sowie ein angemessenes Risikomanagement und interne Kontrollmechanismen - gerade wegen des Fehlens der gesellschaftsrechtlichen Durchsetzbarkeit - gar nicht erreichbar sind, verkennt überdies die Regelungsweise der Bestimmung über die internen Kontrollmechanismen und das interne Risikomanagement:
So wird in den Erläuternden Bemerkungen zur RV, 456 der Beilagen, XXII GP, zu §11 FKG explizit festgehalten, dass sich die Verpflichtungen aus §11 FKG nur im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten ergeben können. Für die in Form einer Aktiengesellschaft geführte RZB ist diesbezüglich §82 AktG unmittelbar anwendbar: 'Der Vorstand hat dafür zu sorgen, dass ein Rechnungswesen und ein internes Kontrollsystem geführt werden, die den Anforderungen des Unternehmens entsprechen.' Diese Verantwortung umfasst die Einrichtung eines den gesamten Konzern unterhalb der Gesellschaft erfassenden Dokumentations- und Berichtswesens. Im Konzernbereich ist dafür durch entsprechende Richtlinien Vorsorge zu treffen, deren Beachtung zu überwachen ist (Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalls, Kommentar zum Aktiengesetz, §82 Rz 3).
Es mangelt daher keinesfalls - wie von der Beschwerdeführerin fälschlich behauptet - an der gesellschaftsrechtlichen Durchsetzbarkeit und mangelnden Feststellbarkeit der konkreten Reichweite der Pflichten gemäß §11 FKG. Die diesbezüglichen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, die im Übrigen auch schadenersatzrechtlich sanktioniert sind (OGH 23.10.2000, RdW 2001/82, 81f), sind eindeutig und klar. Die 'unerträgliche Rechtsunsicherheit' der RZB ist nicht nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang erwachsen der RZB auch keine über die gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten hinausgehenden Verpflichtungen. Die von der Beschwerdeführerin angeführte 'Risikoabsicherung auf Verdacht' ist somit nicht notwendig."
Zum öffentlichen Interesse bringt die belangte Behörde vor, dass eine finanzielle Schieflage eines Konglomerates zu wirtschaftlichen Folgeschäden der gesamten Finanzbranche sowie zu gravierenden volkswirtschaftlichen Schäden führen könne, die insbesondere durch die zusätzliche Aufsicht vermieden werden sollen.
4. Gemäß §85 Abs2 VfGG kann einer Beschwerde auf Antrag die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Grundvoraussetzung ist dabei jedenfalls, dass der Bescheid einem Vollzug überhaupt zugänglich ist. Dies ist insoweit der Fall, als mit der Feststellung, dass ein Finanzkonglomerat vorliegt, die Verpflichtung gem. §11 FKG verknüpft ist, ein - gesetzlich näher umschriebenes - angemessenes Risikomanagement und angemessene interne Kontrollmechanismen sowie eine ordnungsgemäße Verwaltung und ein ordnungsgemäßes Rechnungswesen einzurichten. Die übrigen behaupteten Folgen des Bescheides wie die Verpflichtung, zusätzliche Eigenmittel zu halten, ergeben sich nicht aus dem Bescheid selbst, sondern der bekämpfte Bescheid ist hier nur Grundlage für weitere Bescheide. Die Frage der aufschiebenden Wirkung würde sich erst bei Erlassung der Folgebescheide stellen.
Ein unverhältnismäßiger Nachteil ist nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides jedoch nicht verbunden. Es liegt im öffentlichen Interesse und im Interesse des Finanzplatzes Österreich, dass Finanzkonglomerate aufgrund der besonderen Risikolage einer zusätzlichen Aufsicht unterliegen. Des Weiteren liegt es im öffentlichen Interesse, dass die Finanzkonglomerate-RL pünktlich und korrekt umgesetzt wird. Demgegenüber steht das Interesse der Beschwerdeführerin, kein §11 FKG entsprechendes Risikomanagement und interne Kontrollmechanismen einzurichten. Wie nun die belangte Behörde zutreffend ausführt, liegt es jedenfalls ohnedies im Interesse einer sorgfältigen Geschäftsleitung, ein System zu unterhalten, mittels dessen sie über die spezifischen Risiken im Konglomerat auf dem Laufenden gehalten wird. Die Einrichtung von dem Geschäftsbetrieb und -umfang entsprechenden Kontrollmechanismen kann daher keinesfalls ein unverhältnismäßiger Nachteil sein, umso weniger, als §39a iVm §107 Abs53 Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993 idF BGBl. I Nr. 141/2006, ähnliche Aufsichtssysteme für den Bankbereich ab 1. Jänner 2007 vorschreibt und die Beschwerdeführerin ein entsprechendes Risikomanagement und interne Kontrollsysteme bereits aufgrund dieser Bestimmung einzurichten hat.
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