VfGH A1/06

VfGHA1/061.12.2006

Abweisung einer Klage des Landes Kärnten gegen den Bund auf Refundierung der Ruhebezüge eines ehemaligen Landeshauptmannes mangels eines gesetzlichen Anspruches infolge Anhebung des Pensionsanfallsalters; keine Ersatzpflicht des Bundes aufgrund der bescheidmäßigen Feststellung der Anwartschaft bzw der darauf beruhenden Auszahlung trotz Änderung der Rechtslage

Normen

B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
BezügeG 1972 §35, §39, §49k Abs6
Krnt BezügeG 1992 §98
B-VG Art137 / Klage zw Gebietsk
BezügeG 1972 §35, §39, §49k Abs6
Krnt BezügeG 1992 §98

 

Spruch:

Die Klage wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit der vorliegenden, auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund (Bundeskanzleramt) begehrt das Land Kärnten die Fällung des folgenden Erkenntnisses:

"1. die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von € 250.603,42 samt 4 % Zinsen aus

€ 10.804,13 vom 01.07.2004 bis 31.07.2004, aus

€ 21.608,26 vom 01.08.2004 bis 31.08.2004, aus

€ 37.868,46 vom 01.09.2004 bis 30.09.2004, aus

€ 48.672,59 vom 01.10.2004 bis 31.10.2004, aus

€ 59.476,72 vom 01.11.2004 bis 30.11.2004, aus

€ 75.736,92 vom 01.12.2004 bis 31.12.2004, aus

€ 86.541,05 vom 01.01.2005 bis 31.01.2005, aus

€ 97.345,18 vom 01.02.2005 bis 28.02.2005, aus

€ 113.605,38 vom 01.03.2005 bis 31.03.2005, aus

€ 124.409,51 vom 01.04.2005 bis 30.04.2005, aus

€ 135.213,64 vom 01.05.2005 bis 31.05.2005, aus

€ 151.473,84 vom 01.06.2005 bis 30.06.2005, aus

€ 162.476,57 vom 01.07.2005 bis 31.07.2005, aus

€ 173.479,30 vom 01.08.2005 bis 31.08.2005, aus

€ 189.983,40 vom 01.09.2005 bis 30.09.2005, aus

€ 200.986,13 vom 01.10.2005 bis 31.10.2005, aus

€ 211.988,86 vom 01.11.2005 bis 30.11.2005, aus

€ 228.492,96 vom 01.12.2005 bis 31.12.2005, aus

€ 239.495,69 vom 01.01.2006 bis 31.01.2006 und aus

€ 250.498,42 ab 01.02.2006

binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

2. Es wird mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei die von ihr auf Grund des Bescheides des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 22.07.1999, Zahl Pers-31497/8/99 an Dr. Christof Zernatto geleisteten Ruhebezüge rückzuersetzen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die Kosten dieses Rechtsstreites binnen 14 Tagen bei sonstiger [Exekution] zu bezahlen."

2. In der Klage wird wörtlich Folgendes vorgebracht:

"In der Zeit vom 25.06.1991 bis 08.04.1999 hat der am 11.06.1949 geborene Dr. Christof Zernatto die Funktion des Landeshauptmann[s] für das Land Kärnten ausgeübt.

Auf Grund eines am 09.06.1999 von Genanntem gestellten Antrages zwecks Zuerkennung eines Ruhebezuges hat die klagende Partei am 22.07.1999 zu Zl.: Pers-31497/8/99 einen Bescheid des Inhaltes erlassen, wonach Dr. Christof Zernatto als ehemaligen Landeshauptmann von Kärnten gemäß den Bestimmungen des Kärntner Bezügereformgesetz[es], LGBl. Nr. 130/1997 in Verbindung mit §98 des Kärntner Bezügegesetzes 1992, LGBl. Nr. 99 und gemäß den Bestimmungen des Bezügebegrenzungsgesetzes, LGBl. Nr. 64/1997 in Verbindung mit den Bestimmungen des Bezügegesetzes des Bundes, BGBl. Nr. 273/1972, beginnend ab 01.07.2004 ein Ruhebezug als Landeshauptmann gebührt, wobei jeweils auf die geltenden Fassungen der angeführten Gesetze zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung verwiesen wurde.

Unter einem wurde festgestellt, dass sich in Bezug auf den Antragsteller eine ruhebezugsfähige Gesamtzeit von 10 Jahren, 6 Monaten und 10 Tagen ergibt, sodass sich gemäß §37 des Bezügegesetzes des Bundes ein Ruhebezugsanspruch im Ausmaß von 80% der Bemessungsgrundlage ermittelt, wobei die Ermittlung der Bemessungsgrundlage auch dargelegt wurde.

Die betragsmäßige Ermittlung des Bruttoruhebezuges zum 01.07.2004 ist einer gesonderten Erledigung zum gegebenen Zeitpunkt vorbehalten worden.

Hierzu ist anzumerken, dass mit der Änderung des Bezügesetzes BGBl. Nr. 273/1972 durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 19/1995, also zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung, das Pensionsanspruchsalter zwar grundsätzlich von der Vollendung des 55. auf die Vollendung des 60. Lebensjahres erhöht wurde, nach der Bestimmung des §39 Abs3 der Bezügegesetznovelle für den Antragsteller ein Anspruch auf Ruhebezug jedoch mit dem auf die Vollendung des 55. Lebensjahres folgenden Monatsersten insofern gegeben gewesen ist, als er zum Stichtag (01.01.1996) bereits eine Funktionsdauer von mindestens 4 Jahren aufgewiesen hat.

Nach der Bestimmung des §49k Abs6 des Bundesbezügegesetzes BGBl. Nr. 273/1972 in der Fassung BGBl. I Nr. 64/1997 ist der Bund unter anderem verpflichtet dem jeweiligen Land monatlich im vorhinein den Aufwand für den Ruhebezug des Landeshauptmannes in der vom Land zu leistenden Höhe zu ersetzen.

Mit LGBl. Nr. 54/2003 wurde das Kärntner-Bezügegesetz novelliert und damit wesentliche Teile der Bezügegesetz-Novelle BGBl. I Nr. 38/2003 in das Landesrecht übernommen.

Insbesondere wurde das Pensionsanfallsalter mit Übergangsbestimmungen auf das 65. Lebensjahr angehoben. Dementsprechend wurde der Einleitungssatz des §98 K-BG dahingehend geändert, dass für Personen, die die Funktion des Landeshauptmann[s] am 01.07.1998 ausüben oder vor dem 01.07.1998 ausgeübt haben, und die am 01.07.1998 keinen Anspruch auf Ruhebezug aus dieser Funktion haben, (§49k Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, idF BGBl. I Nr. 38/2003) und die damit keine Ansprüche gegenüber dem Bund geltend machen können (§49k Bezügegesetz) ab 01.07.1998 die Bestimmungen des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972, idF BGBl. I Nr. 38/2003, nach sinngemäßer Maßgabe der §§49e bis 49h, 49j und 49l dieses Bundesgesetzes und nach Maßgabe der dann angeführten Bestimmungen gelten.

Mit Schreiben vom 18.03.2004 wurde Dr. Christof Zernatto unter Bezugnahme auf den rechtskräftigen Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 22.07.1999, Zahl Pers-31497/8/99 mitgeteilt, dass ab 01.07.2004 ein Ruhebezug in der Höhe von monatlich € 10.732,80 brutto zur Anweisung gebracht werden wird.

Unter einem wurde die beklagte Partei in Entsprechung der Rechtslage zum Zeitpunkt der oben angeführten Bescheiderlassung nämlich gem. §49k Abs6 Bundesbezügegesetzes BGBl. Nr. 273/1972 in der Fassung BGBl. I Nr. 64/1997 von der klagenden Partei aufgefordert, dieser die an Dr. Christof Zernatto geleisteten bzw. zu leistenden Ruhebzüge zu refundieren.

Eine Ruhebezugsrefundierung der von der klagenden Partei im Zeitraum 01.07.2004 bis 31.12.2008 an Dr. Christof Zernatto geleisteten bzw. zu leistenden Ruhebezüge wurde jedoch von der beklagten Partei mit der Begründung abgelehnt, dass nach der Bestimmung des §98 des Kärntner Bezügegesetzes LGBl. Nr. 99/1992 in der Fassung von LGBl. Nr. 54/2003 iVm mit §49l Abs2 - Dr. Christof Zernatto hat seinen 678. Lebensmonat im Dezember 2005 vollendet - Genanntem nunmehr der Ruhebezug frühestens mit dem auf den 714. Lebensmonat folgenden Monatsersten zukomme. Da somit für Dr. Christof Zernatto ein Ruhebezugsanspruch erst mit 01.01.2009 gegeben sei, komme auch der Rückersatzforderung des Ruhebezuges mangels eines gesetzlichen Anspruches auf Bezug eines solchen keine Berechtigung zu."

Die klagende Partei listet sodann die im Zeitraum 1.7.2004 bis 1.2.2006 ausbezahlten Ruhebezüge (im Gesamtbetrag von € 250.498,42) auf und fährt anschließend fort:

"Der Ablehnung der beklagten Partei in Bezug auf den Rückersatz der von der klagenden Partei an Dr. Christof Zernatto zu leistenden Ruhebezüge kommt keine Berechtigung zu.

Die Novelle des Kärntner Bezügegesetzes 1992, LGBl. Nr. 54/2003 enthält keine Bestimmung, wonach die Behörde in bereits rechtskräftige Bescheide einzugreifen hat oder wonach sich ein Eingriff in rechtskräftige Bescheide unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergibt. Die Bestimmung des §45 Kärntner Bezügegesetzes, wonach künftige Änderungen der Abschnitte 8 bis 13 auch für Personen gelten, die Anspruch auf Leistungen nach diesen Abschnitten haben, wurde mit der Novelle ersatzlos aufgehoben.

Auf Grund der mit dem rechtsstaatlichen Prinzip gebotenen verfassungskonformen Auslegung des Kärntner Bezügegesetzes besteht der Ruhebezugsanspruch, der mit rechtskräftigen Bescheid aus 1999 festgestellt wurde, sowie die Auszahlungsverpflichtung des Landes und die Refundierungspflicht des Bundes unverändert ab 01.07.2004, weil der Gesetzgeber in LGBl. Nr. 54/2003 mit keinem Wort angedeutet hat, dass in den durch individuellen Verwaltungsakt begründeten Rechtsanspruch schon unmittelbar Kraft Gesetzes oder durch die Vollzugsbehörde eingegriffen werden soll.

Daraus ergibt sich, dass Dr. Christof Zernatto ab 01.07.2004 ein Anspruch auf Ruhebezug zusteht, der vom Bund nach §49k Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972 zu refundieren ist, weil Genanntem mit rechtskräftigen Bescheid vom 22.07.1999 dieser Ruhebezug auf Grund der damals geltenden Rechtslage des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972 in der Fassung vom BGBl. I Nr. 64/1997, zugesprochen worden ist.

2. KLAGSLEGITIMATION:

Da es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch der klagenden Partei handelt, der gem. §49k Bundesbezügegesetzes BGBl. Nr. 273/1972 an den Bund gerichtet ist und somit im öffentlichen Recht gründet, und für diesen Aufwandersatz weder die Zuständigkeit der ordentliche Gerichte gegeben noch ein durch Bescheid zu erledigendes Verfahren einer Verwaltungsbehörde vorgesehen ist, ist die gegenständliche Klagsführung zulässig.

3. KLAGSTITEL:

Wie bereits oben ausgeführt, gründet der Anspruch der klagenden Partei in der Bestimmung des §49k Bundesbezügegesetzes BGBl. Nr. 273/1972.

Im übrigen kommt der klagenden Partei auch ein Feststellungsinteresse gem. §38 VfGG insofern zu, als die beklagte Partei eine ihre im §49k Bundesbezügesetz BGBl. Nr. 273/1972 normierte Rückersatzverpflichtung in Bezug auf die an Dr. Christof Zernatto geleisteten Ruhebezüge bis einschließlich Dezember 2008 verneint. Die klagende Partei hat daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, ihr die auf Grund des Bescheides des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 22.07.1999, Zahl Pers-31497/8/99 an Dr. Christof Zernatto zu leistenden Ruhebezüge rückzuersetzen.

Das Feststellungsinteresse wird von der klagenden Partei mit 3 Ruhebezüge[n], sohin mit dem Betrag von € 33.008,19 beziffert."

3. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Sachverhaltsdarstellung der klagenden Partei nicht bestreitet, der Klage jedoch in rechtlicher Hinsicht Folgendes entgegnet:

"Die klagende Partei behauptet, dass aufgrund des rechtskräftigen Bescheides der Kärntner Landesregierung vom 22. Juli 1999 Landeshauptmann a.D. Dr. Zernatto mit Vollendung des 55. Lebensjahres ein Rechtsanspruch auf Ruhebezug zukomme. Dies gelte aufgrund der Rechtskraftwirkung des Bescheides ungeachtet der Tatsache, dass die maßgebliche Rechtslage sich seither geändert habe. Daher sei der Bund gemäß §49k Abs6 Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, verpflichtet, der klagenden Partei den sich daraus ergebenden Aufwand zu ersetzen.

Diese Forderung ist nicht berechtigt: Nach §49k Abs6 Bezügegesetz hat der Bund dem jeweiligen Land den Aufwand für den Ruhebezug des Landeshauptmannes in der vom Land zu leistenden Höhe zu ersetzen. Diese Bestimmung kann nur so verstanden werden, dass der Bund denjenigen Aufwand zu refundieren hat, den das Land zu tragen hat, wenn alle beteiligten Organe des Landes (also Gesetzgebung und Verwaltung) rechtskonform gehandelt haben.

§49k Bezügegesetz wurde durch eine Novelle zum Bezügegesetz, BGBl. I Nr. 64/1997, eingefügt, und war Teil einer umfassenden Reform des Bezügerechts, nämlich des Bezügebegrenzungsgesetzes. Zweck dieser Neuordnung des Bezügerechts war u.a. die Harmonisierung der bezügerechtlichen Bestimmungen des Bundes und der Länder und die (bis auf Übergangsregelungen) vollständige Abschaffung von so genannten 'Politikerpensionen' (vgl. die Erläuterungen zum Bezügebegrenzungsgesetz, IA 453/A, 20. GP). Unter Einem wurde auch das BezügeBegrBVG geschaffen, das die bis dahin bestehende legislative Autonomie der Länder im Bereich des Bezügerechts drastisch einschränkte. Unter Anderem wurde auch mit §2 Abs3 BezBegrBVG den Ländern untersagt, andere Ruhebezugsregelungen vorzusehen, als solche Übergangsregelungen für Ruhebezüge, wie sie denjenigen des Bundes entsprechen.

Mit der Novelle LGBl. Nr. 54/2003, die das Pensionsantrittsalter auf 65 Jahre (mit entsprechenden Übergangsbestimmungen) anhob, kam das Land daher lediglich seiner sich aus der genannten Bestimmung ergebenden bundesverfassungsrechtlichen Verpflichtung nach.

Auch im Bereich der Vollziehung ist das Land im Rahmen seiner rechtlichen Möglichkeiten verpflichtet, die Rechtslage so anzupassen, dass sie den landesrechtlichen Bestimmungen des Bezügerechts und damit mittelbar den verfassungsrechtlichen Bestimmungen des BezügeBegrBVG entsprechen. Kommt das Land diesen Verpflichtungen nicht nach, so leistet es mehr, als es im Sinne von §49k Abs6 Bezügegesetz zu leisten hätte. Dieser Mehraufwand, der vom Land nicht zu leisten ist, ist vom Bund nicht zu refundieren.

Bereits die Erlassung des Bescheides vom 22. Juli 1999 war rechtswidrig: Landeshauptmann a.D. Dr. Zernatto stellte am 9. Juni 1999 einen Antrag auf Zuerkennung eines Ruhebezuges. Da er aber zum damaligen Zeitpunkt das gesetzliche Erfordernis der Vollendung des 55. Lebensjahres nicht erfüllte, hätte dieser Antrag abgewiesen werden müssen. Stattdessen erließ die Behörde den Bescheid vom 22. Juli 1999, mit dem sie feststellte, dass der Ruhebezug ab 1. Juli 2004 gebühren würde.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 8. Auflage, RZ 406f. und die dort wiedergegebene Judikatur) ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides für den Fall, dass eine solche nicht gesetzlich besonders geregelt ist, dann zulässig, wenn die bescheidmäßige Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist; dies freilich nur als subsidiärer Rechtsbehelf.

Ein solches Interesse ist im gegenständlichen Fall nicht erkennbar. Ein rechtliches Interesse des Ruhebezugbeziehers ist schon deswegen zu verneinen, weil ohnehin über seinen Antrag mit (abweisendem) Bescheid abgesprochen hätte werden müssen, ihm somit ein Mittel zur Rechtsdurchsetzung offen gestanden wäre. Außerdem ist für die Zuerkennung des Ruhebezuges die Erlassung eines Bescheides aufgrund eines Antrages (§35 Abs1 Bezügegesetz iVm §98 Kärntner Bezügegesetz 1992, LGBl. Nr. 99) zum Zeitpunkt des beabsichtigten Antrittes des Ruhestandes vorgesehen, in dem über Grund und Höhe des Anspruches zu entscheiden ist (vgl. auch für das dem gegenständlichen Fall vergleichbare Beamtenpensionsrecht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 2000, 2000/12/0015).

Es hätte aber nach Änderung der maßgeblichen Rechtslage durch LG LGBl. Nr. 54/2003 die Möglichkeit bestanden, den Bescheid der nunmehrigen Rechtslage anzupassen. Die klagende Partei ist zwar grundsätzlich im Recht, wenn sie behauptet, dass der gegenständliche Bescheid vom 22. Juli 1999 rechtskräftig geworden ist. Jedoch liegt 'entschiedene Sache' im Sinne von §68 Abs1 AVG nicht vor, wenn sich die maßgebliche Rechtslage nach Erlassung des Bescheides geändert hat. Eine maßgebliche Änderung der Rechtslage liegt dabei dann vor, wenn die Behörde, hätte die geänderte Rechtslage bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides bestanden, anders entscheiden hätte müssen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, S. 995 ff. zu §68 Abs1 AVG).

Bei Anlegen der Maßstäbe dieser Judikatur an den gegenständlichen Fall ist unzweifelhaft, dass die Novelle LGBl. Nr. 54/2003 eine maßgebliche Änderung der Rechtslage bewirkte, die die Behörde ermächtigte bzw. verpflichtete, einen neuen Bescheid unter Beachtung der nunmehr geltenden Rechtslage zu erlassen. Wie ausgeführt benötigt sie dafür keine eigene gesetzliche Bestimmung, dies ergibt sich bereits aus §68 Abs1 AVG und der dazu ergangenen Judikatur. Es kann also keine Rede davon sein, dass das Land den nunmehr eingeklagten Aufwand im Sinne von §49k Abs6 Bezügegesetz zu tragen hatte.

Aus Sicht des Ruhebezugsbeziehers ist dazu auch noch darauf hinzuweisen, dass er zum Zeitpunkt der Änderung der Rechtslage lediglich eine Anwartschaft und noch keinen Anspruch auf Ruhebezug hatte.

Die gegenständliche Klage ist daher unbegründet."

4. Rechtslage:

Einem Landeshauptmann gebühren gem. §35 Abs1 des BezügeG des Bundes auf Antrag monatliche Ruhebezüge, sofern die Funktion mindestens vier Jahre ausgeübt wurde. §39 Abs1 BezügeG, BGBl. 273/1972, hatte das Pensionsantrittsalter für oberste Organe, zu denen gem. §35 leg.cit. auch der Landeshauptmann zählt, ursprünglich mit Vollendung des 55. Lebensjahres festgesetzt. Mit BGBl. 19/1995 wurde §39 Abs1 leg.cit. mit Wirksamkeit ab 1.1.1996 insofern novelliert, als sich das Pensionsantrittsalter auf 60 Jahre erhöhte, wobei gem. §39 Abs3 Z1 leg.cit. für oberste Organe, die am 1.1.1996 eine Funktionsdauer von mindestens vier Jahren aufweisen, die Vollendung des 55. Lebensjahres genügen sollte. Eine weitere Änderung der Rechtslage trat mit BGBl. I 97/2000 ab 1.10.2000 in Kraft, indem in §39 leg.cit. die Vollendung des 60. Lebensjahres als Anspruchsvoraussetzung des Ruhebezuges durch die Vollendung des 738. Lebensmonats (= 61,5 Lebensjahre) ersetzt wurde. Auch in diesem Fall sah die Novelle eine Übergangsbestimmung vor: In §39 Abs3 Z1 BezügeG idF BGBl. I 97/2000 wurde das Pensionsantrittsalter für die in §35 Abs1 leg.cit. genannten obersten Organe, die am 1.1.1996 eine Funktionsdauer von mindestens vier Jahren aufwiesen, von der Vollendung des 55. Lebensjahres auf die Vollendung des 678. Lebensmonats (= 56,5 Lebensjahre) angehoben. Schließlich erfolgte mit BGBl. I 38/2003 (§39 Abs1 und Abs3 Z1 leg.cit.) die Anhebung des Pensionsalters auf 65 Lebensjahre. §49l BezügeG idF BGBl. I 38/2003 sieht nach Alter gestaffelte Übergangsregelungen vor.

§49k BezügeG, BGBl. 273/1972 idF BGBl. 64/1997, regelt für Landeshauptmänner Folgendes:

"§49k. (1) Für Landeshauptmänner und deren Hinterbliebene gelten anstelle der §§49e bis 49j die nachstehenden Abs2 bis 5.

(2) Abschnitt I und die darauf Bezug nehmenden Bestimmungen des Abschnittes III sind ab dem Zeitpunkt nach Abs6 auf Landeshauptmänner nicht mehr anzuwenden.

(3) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Ruhebezüge für Landeshauptmänner sind ab dem Zeitpunkt nach Abs6 nur mehr in den Fällen anzuwenden, in denen zu diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf einen solchen Ruhebezug bestanden hat.

(4) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die Versorgungsbezüge nach einem Landeshauptmann sind ab dem Zeitpunkt nach Abs6 nur mehr in den Fällen anzuwenden, in denen zu diesem Zeitpunkt

1. ein Anspruch auf einen solchen Versorgungsbezug oder

2. ein Anspruch auf den diesem Versorgungsbezug zugrunde liegenden Ruhebezug bestanden hat.

(5) Für Landeshauptmänner, bei denen zum Zeitpunkt des Abs6 kein Anspruch auf Ruhebezug bestanden hat, hat der Bund innerhalb von drei Monaten den einzelnen Ländern einen Überweisungsbetrag zu leisten. Die Höhe des Überweisungsbetrages bestimmt sich nach den gemäß den §§12, 19a oder 23g geleisteten Pensionsbeiträgen.

(6) Der Bund ersetzt ab dem Zeitpunkt, in dem für das betreffende Land §32 des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920, in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925, außer Kraft tritt, dem jeweiligen Land monatlich im vorhinein den Aufwand für den Bezug und allfälligen Ruhebezug des Landeshauptmannes und einen allfälligen Versorgungsbezug nach dem Landeshauptmann sowie den Bezug für einen (den ersten) Stellvertreter des Landeshauptmannes in der vom Land zu leistenden Höhe."

§98 Kärntner BezügeG 1992, LGBl. 99 idF LGBl. 130/1997, lautet wie folgt:

"§98

Ruhe- und Versorgungsbezug des Landeshauptmannes

Für Personen, die die Funktion des Landeshauptmannes am 1. Juli 1998 ausüben oder vor dem 1. Juli 1998 ausgeübt haben, und die am 1. Juli 1998 keinen Anspruch auf Ruhebezug aus dieser Funktion haben (§49k Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1973, idF BGBl. I Nr. 64/1997) und die damit keine Ansprüche gegenüber dem Bund geltend machen können (§49k Bezügegesetz), gelten ab 1. Juli 1998 die Bestimmungen des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1973, idF BGBl. I Nr. 64/1997, nach sinngemäßer Maßgabe der §§49e bis 49h und 49j dieses Bundesgesetzes und nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) in den §§49e bis 49h und 49j werden jeweils der Stichtag '31. Juli 1997' durch den Stichtag '30. Juni 1998', der Stichtag '31. Dezember 1997' durch den Stichtag '30. November 1998', der Stichtag '1. August 1997' durch den Stichtag '1. Juli 1998', der Stichtag '31. Juli 1997' durch den Stichtag '30. Juni 1998', der Stichtag '31. März 1998' durch den Stichtag '28. Februar 1999' ersetzt;

b) in §49f Abs2 wird auch die Betrauung mit einer Funktion nach den bezügerechtlichen Regelungen des Landes nach dem Stichtag erfaßt;

c) Verweise auf das Bundesbezügegesetz gelten als sinngemäße Verweise auf das Kärntner Bezügegesetz 1997;

d) mit der Vollziehung dieser Bestimmungen ist die Landesregierung betraut."

Der erste Satz dieser Bestimmung erhielt durch LGBl. 54/2003 folgende Fassung (die durch diese Novelle eingefügten Änderungen sind unterstrichen):

"§98

Ruhe- und Versorgungsbezug des Landeshauptmannes

Für Personen, die die Funktion des Landeshauptmannes am 1. Juli 1998 ausüben oder vor dem 1. Juli 1998 ausgeübt haben, und die am 1. Juli 1998 keinen Anspruch auf Ruhebezug aus dieser Funktion haben (§49k Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, idF BGBl. I Nr. 38/2003)und die damit keine Ansprüche gegenüber dem Bund geltend machen können (§49k Bezügegesetz), gelten ab 1. Juli 1998 die Bestimmungen des Bezügegesetzes, BGBl. Nr. 273/1972, idF BGBl. I Nr. 38/2003, nach sinngemäßer Maßgabe der §§49e bis 49h, 49j und 49l dieses Bundesgesetzes und nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

..."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §49k Abs6 BezügeG ersetzt der Bund "... den Aufwand

für den Bezug und allfälligen Ruhebezug des Landeshauptmannes ... in

der vom Land zu leistenden Höhe". Daraus ergibt sich einerseits eine Verpflichtung des Bundes zur Refundierung des Ruhebezuges, andererseits eine Begrenzung derart, dass der Bund nur das zu ersetzen hat, was das Land seinerseits zu leisten hat. Es ist daher von streitentscheidender Bedeutung, ob das Land Kärnten von Gesetzes wegen verpflichtet war, die von ihm seit 1.7.2004 ausbezahlten Ruhebezüge zu leisten.

Aus dem Zusammenspiel des §98 Ktn. Bezügegesetz mit dem Bezügegesetz des Bundes ergibt sich Folgendes: Bis 31.12.2003 war das BezügeG des Bundes idF BGBl. I 64/1997 anzuwenden; gemäß dessen §39 Abs3 Z1 war Voraussetzung für den Anspruch auf Ruhebezüge die Vollendung des 55. Lebensjahres; Dr. Zernatto hätte nach dieser Rechtslage einen Anspruch ab 1.7.2004 gehabt. Ab 1.1.2004 war jedoch das BezügeG idF BGBl. I 38/2003 anwendbar; danach gebührt Dr. Zernatto ein Ruhebezug erst ab 1.1.2009. Ob durch BGBl. I 142/2004 dieser Zeitpunkt noch weiter hinausgeschoben wurde, ist für die Beurteilung der Klage nicht von Bedeutung.

Nach der geschilderten Rechtslage, über deren Interpretation die Prozessparteien einig sind, hat Dr. Zernatto im Hinblick auf sein Lebensalter und die mehrfach vom Gesetzgeber vorgenommenen Anhebungen des Pensionsanfallsalters bisher keinen Anspruch auf Auszahlung des Ruhebezuges erlangt. (Dass gegen die Anhebungen des Pensionsanfallsalters verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, wird von der klagenden Partei nicht behauptet und ist - im Hinblick auf die jeweils mit beschlossenen Übergangsvorschriften - auch dem Gerichtshof nicht ersichtlich.) Soweit somit (seit 1.7.2004) ein Ruhebezug ausbezahlt wird, entspricht dies nicht der Rechtslage. Eine Ersatzpflicht des Bundes ist nach dieser Gesetzeslage zu verneinen.

Fraglich ist somit lediglich, ob - wie die klagende Partei geltend macht - der von der Kärntner Landesregierung - und nicht etwa (wie in der Klage ausgeführt) vom Amt der Kärntner Landesregierung - am 22.7.1999 erlassene Bescheid, wonach Dr. Zernatto ab 1.7.2004 ein Ruhebezug als Landeshauptmann gebührt, oder allenfalls das Schreiben vom 18.3.2004, wonach der Ruhebezug ab 1.7.2004 zur Anweisung gebracht wird, hinsichtlich der Ersatzpflicht des Bundes zu einer anderen Beurteilung führen.

Mit Schreiben vom 9.7.1999 hatte Dr. Zernatto an das Amt der Landesregierung ein Schreiben folgenden Inhaltes gerichtet:

"Mit 8. April 1999 habe ich die Funktion als Landeshauptmann von Kärnten beendet. Gemäß den Bestimmungen des Kärntner Bezügereformgesetzes in Verbindung mit den Bestimmungen des Bezügebegrenzungsgesetzes des Bundes beantrage ich die Zuerkennung eines Ruhebezuges als Landeshauptmann."

Im Zeitpunkt dieses Antrages und auch im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 22.7.1999 hatte Dr. Zernatto mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen keinen Anspruch, sondern lediglich eine Anwartschaft auf einen Ruhebezug. Demgemäß konnte der von der Kärntner Landesregierung am 22.7.1999 erlassene Bescheid nicht (positiv) über einen bestehenden Pensionsanspruch absprechen, sondern lediglich feststellen, dass eine Anwartschaft besteht und zu welchem Zeitpunkt - auf dem Boden der damals geltenden Rechtslage - der Anspruch auf Ruhebezug entstehen wird. Ein solcher Feststellungsbescheid ist im Gesetz nicht vorgesehen. Ob nach den von Judikatur und Lehre entwickelten Kriterien (vgl. dazu z.B. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz. 406 f.; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht³, S. 196 ff. mwH) ein solcher Feststellungsbescheid überhaupt zulässig war oder ob der Antrag auf Bescheiderlassung vielmehr abzuweisen gewesen wäre, kann im vorliegenden Verfahren jedoch dahingestellt bleiben. Ebenso kann hier dahingestellt bleiben, ob Dr. Zernatto aus diesem Bescheid irgendwelche Rechte erwachsen sind.

Die Wirkungen des Bescheides vom 22.7.1999 können sich nämlich jedenfalls nur auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides beziehen. Haben sich die für den Bescheid maßgeblichen Rechtsgrundlagen derart geändert, dass, hätten sie bereits früher bestanden, ein anders lautender Bescheid zu erlassen gewesen wäre, dann steht die Rechtskraft des Bescheides seiner Abänderung nicht entgegen (Walter/Mayer, aaO, Rz. 481 ff.; Thienel, aaO, S. 221 f.; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht, Rz. 561). Eine solche Änderung der Rechtslage ist im vorliegenden Fall bereits vor dem im Bescheid vom 22.7.1999 genannten Zeitpunkt des Entstehens des Pensionsanspruches (1.7.2004) eingetreten. Die Kärntner Landesregierung hätte daher - nach Änderung der Rechtslage - jedenfalls die Möglichkeit gehabt, einen neuen Bescheid zu erlassen. Wenn statt dessen mit Schreiben vom 18.3.2004 Herrn Dr. Zernatto unter Berufung (nicht etwa auf die nunmehr geltende Rechtslage, sondern) "auf den rechtskräftigen Bescheid ... vom 22. Juli 1999" mitgeteilt wurde, dass ab 1.7.2004 ein Ruhebezug in bestimmter Höhe zur Anweisung gebracht werden wird, dann erfolgt diese Leistung nicht auf Grund einer nach der Gesetzeslage bestehenden Verpflichtung, die Ersatzforderungen des Landes gegenüber dem Bund nach §49k BezügeG begründen könnte.

Aus dem Gesagten folgt, dass weder der mehrfach erwähnte Bescheid vom 22.7.1999 noch das Schreiben vom 18.3.2004 (dessen Rechtsqualität dahingestellt bleiben kann) Rechtsgrundlagen darstellen, auf deren Basis der Bund die Ruhebezüge des ehemaligen Landeshauptmannes Dr. Zernatto zu ersetzen hat.

Das Klagebegehren erweist sich somit schon deshalb insgesamt als unbegründet. Die Klage war daher abzuweisen. Kostenersatz hat der beklagte Bund nicht begehrt.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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