Normen
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten
Tir SozialhilfeG §2a
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten
Tir SozialhilfeG §2a
Spruch:
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Die Klage wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Der Kläger ist nach seinem Vorbringen aus Liberia nach Österreich geflüchtet, hat am 25. November 2002 einen Asylantrag gestellt und gegen die abweisende Entscheidung Berufung erhoben, über die der Unabhängige Bundesasylsenat noch nicht entschieden hat. Im Rahmen einer Grundversorgungsvereinbarung mit dem Land Tirol sei er in einem Heim untergebracht gewesen, nunmehr bewohne er aber im Rahmen einer Wohngemeinschaft ein Zimmer, das ihm monatlich 210 €
koste, wogegen er vom Land Tirol (seit Juni 2005) unter dem Titel "Miete" nur 110 € erhalte. Um die Leistungen (für Verpflegung, Bekleidung und Miete) zu erhalten, habe er mit dem Land eine Vereinbarung schließen müssen, worin er unter anderem zur Kenntnis nehmen musste, dass darauf kein Rechtsanspruch bestehe. Er hätte nach einschlägiger Ausbildung und einem Volontariat auch mehrere Arbeitsplätze gefunden, erhalte aber nach Auskunft des Arbeitsmarktservice wegen des Vorzuges anderer Arbeitsloser keine Beschäftigungsbewilligung.
Nach der Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten, die bis zum 6. Februar 2005 umzusetzen gewesen wäre, habe er das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt (Art11), auf materielle Aufnahmebedingungen, die einem Lebensstandard entsprechen, der die Gesundheit und den Lebensunterhalt des Asylwerbers gewährleistet (Art13), und auf Rechtsmittel (und in letzter Instanz auf Zugang zu einem Gericht) gegen abschlägige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Zuwendungen gemäß der Richtlinie (Art21).
Weder die Republik (gemeint der Bund) noch das Land Tirol hätten diese Richtlinie umgesetzt. Es seien keine Kriterien festgelegt, wie ein Asylwerber dem Arbeitsmarkt zugeführt werde, und das Sozialhilferecht sehe zwar vor, dass auch anderen Personen als Österreichern und ihnen Gleichgestellten Hilfe gewährt werden könne, es bestehe darauf aber kein Rechtsanspruch. Die Leistungen würden auch nicht im erforderlichen Ausmaß gewährt. Der Kläger begehrt daher vom Bund die Differenz zwischen den geleisteten Unterstützungen und dem angenommenen Mindestverdienst auf den gefundenen Arbeitsplätzen für die Zeit von Februar bis Mai 2005 (in Höhe von zusammen 2.840 €) und vom Land Tirol die Differenz der geleisteten Unterstützungen zu den Sätzen der Tiroler Sozialhilfeverordnung (insgesamt 1.704,50 €) und zwar, soweit sich diese Beträge decken, solidarisch.
II. Der Verfassungsgerichtshof ist zur Entscheidung über die Klage nicht zuständig.
Geltend gemacht ist offenkundig ein aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteter Staatshaftungsanspruch wegen Säumnis der Gesetzgeber. Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlg. 16.107/2001 und 17.002/2003 dargetan hat, ist er zur Entscheidung über solche Ansprüche nur zuständig, wenn der die Haftung auslösende Akt unmittelbar dem Gesetzgeber zuzurechnen ist. Knüpft der behauptete Schaden an ein - wenn auch durch ein Fehlverhalten des Gesetzgebers vorherbestimmtes - verwaltungsbehördliches oder gerichtliches Handeln an, bleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auch für eine gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung.
Soweit nun der Kläger seinen Schadenersatzanspruch aus dem Umstand ableitet, dass er keine Arbeit aufnehmen darf, wäre eine Verwaltungsbehörde zuständig, Beschäftigungsbewilligungen - auch für den Kläger - zu erteilen oder zu versagen (weshalb auch der Kläger selbst Bezug auf deren Verhalten nimmt). Soweit es aber um die Höhe der Sozialhilfeleistungen geht, werden solche Leistungen Fremden vom Land Tirol als Träger von Privatrechten gewährt (§2a Tiroler Sozialhilfegesetz idF LGBl. 27/2004); ein behaupteter Anspruch wäre daher vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen, an deren Zuständigkeit auch der Umstand nichts ändert, dass der Gesetzgeber einen Rechtsanspruch ausgeschlossen hat (zweiter Satz der genannten Gesetzesstelle).
Die Klage ist daher ohne weiteres Verfahren wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lita VfGG).
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe ist wegen offenkundiger Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung abzuweisen.
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