B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit EUR 2.142,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2001 als - mit Buchhaltungs- und Bilanzierungsfragen betrauter - Angestellter einer Steuerberatungskanzlei Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Zudem betrieb er in diesem Jahr das ordentliche Diplomstudium "Betriebswirtschaftslehre" an der Universität Wien.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Mai 2002 wurden die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 2001 geltend gemachten Aufwendungen für das genannte Diplomstudium nicht als steuerlich abzugsfähige Werbungskosten anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt, kraft §16 Abs1 Z10 EStG 1988 stellten Aufwendungen im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium keine abzugsfähigen Ausbildungskosten dar.
3. In der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung von Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich der Worte "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des §16 Abs1 Z10 EStG 1988, geltend gemacht und der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
4. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland legte als belangte Behörde im verfassungsgerichtlichen Verfahren die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde begehrt wird.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 5. Dezember 2003 gemäß Art140 Abs1 B-VG die Worte "oder im Zusammenhang mit einem ordentlichen Universitätsstudium" im letzten Satz des §16 Abs1 Z10 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung des SteuerreformG 2000, BGBl. I 1999/106, von Amts wegen zu prüfen.
2. Mit Erkenntnis vom 15. Juni 2004, G8-10/04, hob der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogene Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ein verfassungswidriges Gesetz angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass seine Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327,-- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von EUR 180,--.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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