VfGH B34/04

VfGHB34/0421.6.2004

Kein Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung eines Antrags auf Abänderung einer bereits rechtskräftigen Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtserwerbs; kein Vorliegen eines Wiederaufnahme- oder Wiedereinsetzungsgrundes

Normen

B-VG Art83 Abs2
AVG §68, §69, §71
B-VG Art83 Abs2
AVG §68, §69, §71

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Kaufvertrag vom 8./11. März 1991 verkaufte A S dem nunmehrigen Beschwerdeführer die Liegenschaft EZ 150 GB P; die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung als Berufungsbehörde versagte diesem Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Am 20. Juli 1992 erstellte A S ein Testament, in dem er den Beschwerdeführer als Erbe der Liegenschaft EZ 150 GB P einsetzte. Die Töchter des A S verzichteten auf ihren Pflichtteil. Am 4. August 1992 räumte A S dem Beschwerdeführer an der Liegenschaft das Vorkaufsrecht gemäß §1072 ABGB ein; es wurde eine Darlehens- und Pfandbestellungsurkunde über den Betrag von S 2,3 Mio. errichtet, wobei A S als Darlehensschuldner bzw. Pfandbesteller und der Beschwerdeführer als Gläubiger bzw. Pfandnehmer aufscheint. Das Darlehen wurde auf unbestimmte Zeit gewährt; der Beschwerdeführer konnte dieses laut Vertrag frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach dem Todestage des Schuldners zur Rückzahlung fällig stellen. Am 21. November 1993 verstarb A S.

Mit Schriftsatz vom 22. Juni 1995 beantragte der Beschwerdeführer bei der Grundverkehrsbehörde P die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des testamentarischen Rechtserwerbs an der Liegenschaft in EZ 150 GB P bzw. die Feststellung, dass eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erforderlich sei. Mit Bescheid der Höfekommission P als Grundverkehrsbehörde erster Instanz hinsichtlich land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vom 29. August 1995 wurde die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt, gegen die der Landesgrundverkehrsreferent fristgerecht Berufung erhob. Mit Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission vom 10. Oktober 1996 wurde der erstinstanzliche Bescheid behoben und die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung versagt bzw. der Antrag auf Feststellung, dass eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erforderlich sei, zurückgewiesen. Dies mit der Begründung, dass der zur grundverkehrsbehördlichen Entscheidung anstehende Rechtsvorgang einen Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 Tiroler GVG nicht zu bewirken vermag, da ein nichtiges Umgehungsgeschäft im Sinne des §879 ABGB vorliege. Diese Entscheidung wurde rechtskräftig.

Am 7. Oktober 2003 stellte der Beschwerdeführer die Anträge an die Landes-Grundverkehrskommission

"a) auf Abänderung des Bescheides der Landes-Grundverkehrskommission vom 10. Oktober 1996 dahingehend, dass festgestellt werde, dass der Rechtserwerb an der Liegenschaft in EZ 150 GB P aufgrund des Testamtens vom 20. Juli 1992 keiner Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, oder auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, in eventu

b) auf Feststellung, dass der Rechtserwerb an der Liegenschaft EZ 150 GB P aufgrund des Testaments vom 20. Juli 1992 keiner Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, oder auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung."

Der Beschwerdeführer führte aus, es habe sich durch das Urteil EuGH 23.9.2003, Rs. C-452/01 , Ospelt, sowohl die Rechtslage, als auch der maßgebliche Sachverhalt geändert, da er sich in seinem Antrag ausdrücklich verpflichtet, die landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft in EZ 150 GB P beizubehalten.

Diese Anträge wies die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 24. November 2003 unter Berufung auf §68 Abs1 AVG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurück. Es liege weder ein Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens (§69 AVG) oder der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§71 AVG) vor noch bestehe zu einer Verfügung gemäß §68 Abs2, 3 oder 4 AVG Anlass. Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts oder der maßgeblichen Rechtslage sei nicht gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unverletzlichkeit des Eigentums, auf Freiheit des Kapitalverkehrs sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Gemäß §82 Abs1 VfGG muss die Beschwerde gegen einen Bescheid (Art144 Abs1 B-VG) nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des letztinstanzlichen Bescheides erhoben werden. Der Bescheid wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 26. November 2003 zugestellt, die Beschwerdefrist von sechs Wochen endet somit am 7. Jänner 2004. Da gemäß §35 Abs2 VfGG die Tage des Postenlaufes nicht in Fristen eingerechnet werden, ist die am 7. Jänner 2004 zur Post gegebene Beschwerde rechtzeitig. Die Beschwerde ist - da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen - zulässig.

2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde unter anderem verletzt, wenn die Behörde in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9996/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10374/85, 11160/86).

2.1. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen:

Nach §68 Abs1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer in den Fällen der §§69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß §68 Abs2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung hat mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 den seinerseits gestellten Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bzw. auf Feststellung, dass eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht erforderlich ist die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt und den Antrag auf Feststellung zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde rechtkräftig.

Die neuerlichen Anträge des Beschwerdeführers vom 7. Oktober 2003 auf Abänderung des Bescheides der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 10. Oktober 1996, in eventu auf Feststellung, dass der Rechtserwerb der Liegenschaft in EZ 150 GB P aufgrund des Testaments vom 20. Juli 1992 keiner Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, oder auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wurden wegen entschiedener Sache gemäß §68 Abs1 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Es liegt weder ein Fall der Wiederaufnahme des Verfahrens (§69 AVG) oder der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§71 AVG) vor noch besteht zu einer Verfügung gemäß §68 Abs2, 3 oder 4 AVG Anlass, zumal die entsprechenden Voraussetzungen (worauf die belangte Behörde zu Recht verweist) nicht gegeben sind.

Daran ändert auch die Entscheidung Ospelt nichts. Ob diese allenfalls eine Wiederaufnahme rechtfertigen würde, kann schon in Hinblick darauf, dass die Dreijahresfrist des §69 Abs2 AVG verstrichen ist, unerörtert bleiben.

Die Landes-Grundverkehrskommission hat demnach nicht zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert.

2.2. Der Beschwerdeführer wurde sohin nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

3. Da der angefochtene - einen Antrag zurückweisende, somit verfahrensrechtliche - Bescheid im Ergebnis dem (verfassungsrechtlich unbedenklichen) Gesetz entsprach, ist der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder in einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden (vgl. etwa VfSlg. 7555/1975, 93288/1982, 11951/1989).

4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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