B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit EUR 2.142,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin ist die Witwe nach einem am 1. Dezember 2001 verstorbenen Bundesbeamten. Dieser war mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 14. Dezember 1999 mit Ablauf des 29. Februar 2000 - gemäß §14 Abs1 Beamten-DienstrechtsG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit - in den Ruhestand versetzt worden.
Mit Eingaben an das Bundespensionsamt vom 25. Jänner und vom 19. April 2002 begehrte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung eines Sterbekostenzuschusses bzw. eines Todesfallbeitrages, hilfsweise eines Bestattungs- bzw. Pflegekostenbeitrages. Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 30. April 2002 stellte dieses fest, dass der Beschwerdeführerin keine dieser Leistungen gebühre. Begründend führte die Behörde aus, dass sich der am 1. Dezember 2001 verstorbene Ehegatte seit 1. März 2000 im Ruhestand befunden habe. Gemäß den §§42 Abs1, 44 Abs1 und 45 Abs1 iVm 62b Abs7 PensionsG 1965, idF des BudgetbegleitG 2001, BGBl. I 2000/142, die mit 1. Jänner 2001 in Kraft getreten seien, bestehe nämlich ein Anspruch auf Todesfall-, Bestattungs- oder Pflegekostenbeitrag nur mehr im Falle des Todes eines Beamten im Dienststand.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung an den Bundesminister für Finanzen gab dieser mit Bescheid vom 6. Juni 2002 keine Folge.
2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in Rechten wegen der Anwendung der oben genannten, als verfassungswidrig erachteten Bestimmungen des PensionsG geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
3. Der Bundesminister für Finanzen legte als belangte Behörde die Verwaltungsakten vor.
4. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst erstattete auf Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Äußerung, in der es dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die oben genannten Bestimmungen des PensionsG seien verfassungswidrig, entgegentritt.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 5. Dezember 2003 gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Worte "des Dienstandes" in §42 Abs1, §44 Abs1 und §45 Abs1 sowie des §62b Abs7 des PensionsG, idF des BudgetbegleitG 2001, BGBl. I 2000/142, von Amts wegen zu prüfen.
2. Mit Erkenntnis vom 29. September 2004 G25/04, hob der Verfassungsgerichtshof die Worte "des Dienststandes" in §42 Abs1, §44 Abs1 und §45 Abs1 des PensionsG, idF des BudgetbegleitG 2001, als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass §62b Abs7 des PensionsG, idF des BudgetbegleitG 2001, verfassungswidrig war.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides verfassungswidrige bundesgesetzliche Bestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung von verfassungswidrigen Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Der zugesprochene Betrag enthält Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327,-- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von EUR 180,--.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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