Normen
B-VG Art4
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
ImmissionsschutzG-Luft §14
Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, BGBl II 278/2003, betreffend verkehrsbeschränkende Maßnahmen auf der A 12 Inntalautobahn (2) LKW-NachtfahrverbotsV.
B-VG Art4
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
ImmissionsschutzG-Luft §14
Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, BGBl II 278/2003, betreffend verkehrsbeschränkende Maßnahmen auf der A 12 Inntalautobahn (2) LKW-NachtfahrverbotsV.
Spruch:
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Der angefochtene Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol weist die Berufung der beschwerdeführenden Gesellschaft gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaften Schwaz und Kufstein vom 23. Juni 2003 ab, der die beantragte Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von dem mit Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, BGBl. II 278/2003 (ausgegeben am 27. Mai 2003), ab 1. Juni 2003 verfügten Verbot, die A 12 Inntalautobahn zwischen Kundl und Ampass in der Zeit von 22.00 Uhr (an Sonn- und Feiertagen 23.00 Uhr) bis 5.00 Uhr mit Lastkraftwagen (Sattelkraftfahrzeugen) mit einer höchst zulässigen Gesamtmasse von mehr als 7,5 t zu befahren (kurz: 2. LKW-NachtfahrverbotsVO), versagt, weil die geltend gemachten Interessen des Transportunternehmens das öffentliche Interesse an der Luftreinhaltung nicht überwögen. Bloß wirtschaftliche Interessen seien nach §14 Abs3 des Immissionsschutzgesetzes-Luft, BGBl. I 115/1997, unbeachtlich, die behauptete Gefahr des Verlustes von zwei Arbeitsplätzen stelle kein überwiegendes öffentliches Interesse dar, auf den (guten) technischen Stand des Fahrzeuges komme es ebenso wenig an wie auf die beschränkte Zeit der Nutzung der begehrten Ausnahme, und selbst wenn in anderen vergleichbaren Fällen Genehmigungen erteilt worden wären (was mangels konkreter Angaben nicht nachprüfbar sei), könne die beschwerdeführende Gesellschaft daraus für sich nichts ableiten.
Die dagegen erhobene, am 26. November 2003 eingelangte Beschwerde rügt ausschließlich die Gesetzwidrigkeit des durch die Ausnahmegenehmigung zu überwindenden Nachtfahrverbotes. Das Verbot sei nicht erforderlich, zur Erreichung des ihm zugedachten Effektes nicht geeignet, verletze (durch unsachliche Benachteiligung des Güterverkehrs) den Grundsatz der "Opfersymmetrie" und sei auf unzureichenden Entscheidungsgrundlagen erlassen worden; es verletze daher die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung, Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz sowie die Einheit des Wirtschaftsgebietes (Art4 B-VG); geeigneter wären Geschwindigkeitsbeschränkungen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge, eine nach der Emissionsintensität unterscheidende Bemautung - auch emissionsarme Fahrzeuge seien vom Verbot nicht ausgenommen - oder bauliche Maßnahmen, wie die Dammlage der Autobahn oder (Lärmschutz-)Wände.
Diese Ausführungen belegt die Beschwerde mit einem im Auftrag der Wirtschaftskammer Tirol erstatteten Gutachten der Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik mbH in Graz (im Schriftverkehr kurz FVT) vom 3. und 5. September 2003 (Teil I: Emissionen, Teil II: Immissionen).
Die belangte Behörde beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der zu einer Stellungnahme aufgeforderte Landeshauptmann von Tirol verteidigt die Gesetzmäßigkeit der Verordnung unter Hinweis darauf, dass nicht die einmalige Überschreitung des NO2-Halbstundenmittelwerts (Anfang Dezember 1999), sondern jene des Jahresmittelwertes für 2002 (die nicht etwa aufgrund außergewöhnlicher meteorologischer Verhältnisse zustandegekommen sei) die Maßnahme ausgelöst habe, und legt zwei seinerseits "zur Abklärung der Widersprüche der vorgelegten Studien der TU Graz mit den fachlichen Grundlagen zur Erlassung des Maßnahmenkataloges" eingeholte Stellungnahmen von Dr. J T, Ökoscience AG, Chur, und von Mag. Dr. M B, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Regionalstelle für Tirol und Vorarlberg, beide vom Dezember 2003, worin die Schlüssigkeit des Grazer Gutachtens bezweifelt, eine leichte Verbesserung im Jahresmittel durch das Nachtfahrverbot festgestellt und darauf hingewiesen wird, dass der Güterverkehr mit knapp 20% der Verkehrsteilnehmer knapp 60% der NOx-Emissionen verursache, weshalb man "[m]it jedem eingesparten Schweren Gütertransporter ... die 6- bis 10-fache Wirkung ... [erziele] als mit jedem eingesparten PKW". Dass auch andere Maßnahmen möglich wären, den Effekt zu verstärken, mache das Nachtfahrverbot nicht unzulässig.
Damit fielen auch die Prämissen der behaupteten Grundrechtsverletzungen; Art4 B-VG, wie er nach VfSlg. 8086/1977 zu verstehen sei, werde nicht verletzt.
Am 12. Oktober 2004 replizierte die beschwerdeführende Gesellschaft unter Anschluss einer ausführlichen Erwiderung der Grazer Forschungsgesellschaft auf die vom Landeshauptmann eingeholten Stellungnahmen Bauer und Thudium, die das Gutachten vom September 2003 gegen deren Zweifel und Einwände verteidigt und mit folgender Bemerkung abschließt (S. 29 f.):
"Es wurde bereits eingangs erwähnt, dass angesichts der unterschiedlichen Methoden, die von der Fa. Ökoscience bzw. der FVT angewendet wurden, um das NFV zu beurteilen, die Differenzen als gering eingestuft werden können. Beide Methoden sind mit mehr oder weniger großen Unsicherheiten behaftet und es erscheint aufgrund der relativ geringen Differenz der Ergebnisse eher eine akademische Frage, welche Methode im gegebenen Fall die genauere ist. Die Eignung der von FVT verwendeten Methoden wurde ausführlich beschrieben. Die von FVT ... auf Basis der gemessenen Schadstoffkonzentrationen an der Messstelle Vomp durchgeführten Auswertungen deuten darauf hin, dass die Wirkung des bestehenden NFV messtechnisch für den untersuchten Zeitraum nicht nachweisbar sind. Diese Aussage gilt für mittlere NOx-Konzentrationen; bezüglich NO2 wurde zwischen 2003 und 2002 messtechnisch sogar eine Erhöhung um ca. 10 % festgestellt, was aber zumindest teilweise auf die außergewöhnliche Witterung im Jahr 2003 zurückzuführen sein kann und nicht auf das bestehende NFV. Dies wurde auch in der Stellungnahme der Fa. Ökoscience dargelegt.
Es soll angemerkt werden, dass die Methode der Fa. Ökoscience für eine rasche und einfache Abschätzung der Wirkung von verkehrlichen Maßnahmen auf jeden Fall seine Berechtigung hat. Modellrechnungen wie sie von FVT ... durchgeführt wurden, sind sehr aufwändig und haben im Unterschied zur Methode von Ökoscience zum Ziel, eine flächenhafte Bewertung der Auswirkungen zu liefern. So werden im konkreten Fall Gebiete ausgewiesen, in denen durch das NFV Verbesserungen auftreten, aber auch Gebiete mit Verschlechterungen. In jedem Fall sind aber die errechneten Veränderungen sehr klein."
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Da die Beschwerde sich in den näher bezeichneten Grundrechten ausschließlich wegen Anwendung der als gesetzwidrig gerügten Verordnung verletzt erachtet, kann der Verfassungsgerichtshof sich in bezug auf die Vollziehung des Gesetzes auf die Feststellung beschränken, dass auch er dem belangten Unabhängigen Verwaltungssenat keinen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler anlasten kann.
2. Es sind aber auch gegen die Gesetzmäßigkeit des verordneten Nachfahrverbotes keine Bedenken entstanden.
Die Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"Verordnung des Landeshauptmannes, mit der in Tirol verkehrsbeschränkende Maßnahmen erlassen werden
Auf Grund der §§10, 11 und 14 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. Nr. 115/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 102/2002, wird verordnet:
Zielbestimmung
§1. Das Ziel dieser Verordnung ist, die durch den Menschen beeinflussten Emissionen, die zu einer Immissions-Grenzwertüberschreitung geführt haben, zu verringern und somit die Luftqualität zu verbessern. Diese Verbesserung dient dem dauerhaften Schutz der Gesundheit des Menschen, des Tier- und Pflanzenbestands, ihrer Lebensgemeinschaften, Lebensräume und deren Wechselbeziehungen sowie der Kultur- und Sachgüter vor schädlichen Luftschafstoffen sowie dem Schutz der Menschen vor unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen.
Sanierungsgebiet
§2. Als Sanierungsgebiet im Sinne des §2 Abs8 IG-L wird der Abschnitt der A 12 Inntalautobahn zwischen km 20,359 im Gemeindegebiet von Kundl und km 66,780 im Gemeindegebiet von Ampass festgelegt.
Verbot
§3. In dem nach §2 festgelegten Sanierungsgebiet ist an Werktagen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen in der Zeit von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr das Fahren mit Lastkraftwagen oder Sattelkraftfahrzeugen mit einer höchsten zulässigen Gesamtmasse von mehr als 7,5 t und Lastkraftwagen mit Anhängern, bei denen die Summe der höchsten zulässigen Gesamtmassen beider Fahrzeuge mehr als 7,5 t beträgt, verboten.
Einer bescheidmäßigen Anordnung einer Behörde bedarf es nicht, das Verbot wirkt direkt.
Ausnahmen
§4. Vom Verbot des §3 sind über die Ausnahmen nach §14 Abs2 IG-L hinaus ausgenommen:
1. Fahrten zum überwiegenden Transport leicht verderblicher Lebensmittel mit einer Haltbarkeit von nur wenigen Tagen oder zum ausschließlichen Transport von periodischen Druckwerken;
2. Fahrten zur Aufrechterhaltung dringender medizinischer Versorgung;
3. Lebendtiertransporte, die aus Gründen des Tierschutzes nur in den Nachtstunden durchgeführt werden können;
4. Fahrten, die den Straßenbauvorhaben auf der A 12 oder A 13 oder dem Ausbau der Zulaufstrecke Nord der Eisenbahnachse Brenner-München-Verona dienen;
5. Fahrten des Abschleppdienstes oder der Pannenhilfe;
6. unaufschiebbare Fahrten des Bundesheeres oder der UNPROFOR, SFOR oder KFOR oder Fahrten von Hilfstransporten anerkannter Hilfsorganisationen.
Schlussbestimmung
§5. Diese Verordnung tritt mit 1. Juni 2003 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung BGBl. II Nr. 349/2002 in der Fassung BGBl. II Nr. 192/2003 außer Kraft.
van Staa"
a) Vorauszuschicken ist, dass der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis zu B251-265/03 ua. vom 27. November 2003 (also einen Tag nach Einlangen der vorliegenden Beschwerde) Beschwerden wegen Versagung einer Ausnahmebewilligung gegen das mit Verordnung des Landeshauptmannes Tirol, BGBl. II 349/2002 verfügte Nachtfahrverbot (1. LKW-NachtfahrverbotsVO) als unbegründet abgewiesen hat. Das Nachtfahrverbot hatte damals nur für die Winterzeit (vom 1. Oktober bis zunächst 31. März, seit der Novelle BGBl. II 192/2003 bis 31. Mai)gegolten und war mit Wirkung vom 1. Juni 2003 durch das der vorliegend bekämpften Beschwerde zugrundeliegende ganzjährige Nachtfahrverbot abgelöst worden.
Für die jedenfalls in den maßgeblichen Teilen unveränderte Rechtslage und deren verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit, für die Vorgeschichte der 2. LKW-NachtfahrverbotsVO und für die schon dort behandelten Vorwürfe und Fragen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen dieses Erkenntnisses verwiesen. Der Verfassungsgerichtshof hielt darin die Annahme des Landeshauptmannes, dass ein Nachtfahrverbot für schwere LKW ein geeignetes, erforderliches und auch maßhaltendes Mittel darstellt, weitere Grenzwertüberschreitungen für NO2-Emissionen im Sanierungsgebiet zu vermeiden, durch die vorgenommenen fachkundigen Erhebungen begründet sei und stellte abschließend fest:
"Es ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen (und bildet demnach kein Prozessthema), ob und inwieweit für nachfolgende (LKW-Fahrverbots-)Verordnungen den von den Beschwerdeführern bzw. beschwerdeführenden Gesellschaften vorgelegten neuen Expertisen (der Forschungsgesellschaft für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik mbH mit dem Titel 'A12 Inntalautobahn, Beurteilung der Luftschadstoffbelastung durch die A12 im Bereich Vomp, Teil I:
Emissionen' vom 3.9.2003 sowie 'Teil II: Immissionen' vom 5.9.2003) neben und zusätzlich zu den dem Landeshauptmann von Tirol vorliegenden amtssachverständigen Gutachten, (Evaluierungs-)Berichten und Erhebungen Bedeutung im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit zukommt. Im vorliegenden Verfahren ergab sich jedenfalls kein Anhaltspunkt, dass sich die Entscheidungsgrundlagen für die zuständige Behörde schon vor dem Außer-Kraft-Treten der
1. LKW-Nachtfahrverbotsverordnung wesentlich geändert hätten."
b) Es liegt auf der Hand, dass das zitierte (Grazer) Gutachten vom September 2003 eine Änderung der Entscheidungsgrundlagen für die Erlassung des
2. LKW-Nachtfahrverbotes im Frühsommer 2003 noch nicht bewirkt haben konnte. Allenfalls könnte der von den Abteilungen Umweltschutz, Gesamtverkehrsplanung und Waldschutz der Landesregierung sowie der Zentralanstalt (Regionalstelle) erarbeitete 1. Evaluierungsbericht zum Nachtfahrverbot im Tiroler Unterinntal (überarbeitete Version) vom 5. März 2003 Zweifel am Zutreffen in der bisherigen Annahme geweckt haben. Dort wird nämlich im meteorologischen Teil (Kapitel 5) Folgendes bemerkt:
"Durch die Umschichtung des Schwerverkehrs hat die Emission nun in einem Zeitraum stark zugenommen, der meteorologisch besonders ungünstig ist, nämlich in den Morgen- bzw. frühen Vormittagsstunden. In der gemittelten tageszeitlichen Verteilung der Schadstoffbelastung wird somit durch das Nachtfahrverbot in den Morgenstunden eine neue Immissionsspitze produziert, die höher ist als vor dessen Gültigkeit (auch die Grenzwertüberschreitungen im Februar 2003 traten während dieser Immissionsspitze auf!). Der morgendliche Überschuss an Schadstoffen wird in den Wintermonaten mit dem Abbau eventueller Inversionen und der Zunahme der Windgeschwindigkeit nur langsam verringert. Nächtliche Vorteile des Nachtfahrverbotes wurden dadurch tagsüber großteils kompensiert.
Nicht eindeutig zu beurteilen ist dabei die Auswirkung des Nachtfahrverbotes auf die bisherige Spitzenbelastung in den späten Nachmittags- bzw. Abendstunden.
Ebenso ist die Auswirkung auf das Tages- und in der Folge auf das Jahresmittel aus dem vorliegenden Datenmaterial (und angesichts des kurzen Untersuchungszeitraumes) nicht eindeutig."
und später in den Schlussfolgerungen:
"Das Ende des Nachtfahrverbotes ist - zumindest in den Herbst- bis Frühjahrsmonaten - zu einem meteorologischen ungünstigen Zeitpunkt. Da die Verkehrsdichte in den Morgenstunden stark zugenommen hat (deutlich stärker als in den Modellierungen von Thudium betreffend der Szenarien zur zukünftigen Entwicklung des schweren Güterverkehrs ... erwartet), schlägt sich dies auch in einer starken Spitze der NO2-Belastung in den Morgen- und frühen Vormittagsstunden nieder. Diese Spitze ist deutlich höher als vor der Einführung des LKW-Nachtfahrverbotes und hat das Potential, im Falle anhaltend stabiler Wetterlagen eine Grenzwertüberschreitung in der Kurzzeitbelastung zu ermöglichen.
Dieses Belastungsplus in den Morgen- und frühen Vormittagsstunden wird vor allem in den Spätherbst- und Wintermonaten nur sehr langsam abgebaut, da die meteorologischen Verhältnisse mit zunehmendem Tiefstand der Sonne ungünstiger werden. Die Auswirkungen des Nachtfahrverbotes auf die zweite Belastungsspitze, nämlich in den Abendstunden, ist nicht eindeutig abzuleiten.
Das Einsetzen des Nachtfahrverbotes bewirkt gegen 22 Uhr einen Knick der Schadstoffkurven nach unten zu schwächerer Belastung, dieser Knick fällt geringer aus als der Knick nach oben in den Morgenstunden.
Die Auswirkung des Nachtfahrverbotes auf das Tagesmittel und somit auch das Jahresmittel der NO2-Konzentration sind nicht eindeutig ersichtlich. Da sie sich (für den autobahnnahen Bereich!) auch theoretisch höchstens im kleinen Prozentbereich bewegen, ist dies wohl auch nicht zu erwarten.
Die obigen Interpretationen basieren auf der Auswertung von Monatsmittelwerten und den NO2-Messungen der autobahnnahen Station Vomp. Einige eindeutige Schlüsse können gezogen werden. Bestimmte Details der Kurvenverläufe bleiben ungeklärt, ebenso die Auswirkungen auf andere Stationen. Es bleibt also noch Raum für Fragen:
Das Nachtfahrverbot sollte umso wirksamer sein, je weiter man sich von der Emissionsquelle entfernt. Lassen sich positive Wirkungen des Nachtfahrverbotes für etwas weiter von der Autobahn entfernte Messstellen beobachten?
Führt ein leichtes Plus an Emissionen (z.B. vom September 2001 auf 2002) zu einem linearen Ansteigen der Immission oder wächst die Belastung nichtlinear (Grenze der Depositionsfähigkeit?)? Oder spielt die Chemie in diesem Monat eine wesentliche Rolle?
Lässt sich die Rolle der Windrichtung heraus arbeiten (die Station liegt - je nach Windrichtung - im Luv oder im Lee der Autobahn)? War dieser Leeeffekt (häufiger Taleinwind?) 2002 häufiger als 2001?
Um Auswirkungen bestimmter Maßnahmen auf das Jahresmittel der Schadstoffbelastung zu untersuchen, ist die Betrachtung von Monatsmitteln eine geeignete Vorgangsweise. Um die Bedeutung auf die Kurzzeit-Spitzenbelastung heraus zu arbeiten, müßte man wohl noch detaillierter in spezielle Wetterlagen eingehen.
Wie sehen diese Kurven aus, wenn man sie nach ihren Wochentagen trennt?
Wie sehen Simulationen der zu erwartenden Auswirkungen eines Nachtfahrverbotes aus, wenn man die nun bekannte geänderte Verkehrsdichte beachtet? Zeigen die Modelle dann eine erhöhte NO2-Spitzenbelastung? Und wird das Tagesmittel bzw. Jahresmittel im unmittelbaren Nahbereich zur Autobahn überhaupt verbessert?"
(Es werden sodann Vorschläge für weitere meteorologische Untersuchungen gemacht.)
Andererseits kommt jedoch eine am 6. März 2003 der Abteilung Umweltschutz der Tiroler Landesregierung vorgelegte Ergänzung frührer Studien der Ökoscience AG ("Szenarien der Entwicklung des Schweren Güterverkehrs 2002 bis 2012 Auswirkungen des Nachtfahrverbotes auf der A 12 Oktober 2002 - Januar 2003") zum Fazit:
"Um bis zum Jahre 2012 die Grenzwerte für das NO2-Jahresmittel an der Messstelle Vomp einhalten zu können, muss der prognostizierte ungesteuerte Schwere Güterverkehr gemäß 'Szenarium 0n' deutlich reduziert werden. Ohne Nachtfahrverbot kann der Schwere Güterverkehr um das Jahr 2012 noch ein DTV von etwa 4'800 nach dem 'EU'-Grenzwert aufweisen, verglichen mit etwa 7'300 im Jahre 2001. Mit Nachtfahrverbot kann der Schwere Güterverkehr um das Jahr 2012 noch ein DTV von gut 5'500 nach dem 'EU'-Grenzwert aufweisen. Das Nachtfahrverbot wirkt also deutlich immissionsmindernd und würde trotz des nächtlichen Verbots insgesamt mehr Schweren Güterverkehr zulassen als ein Verzicht auf dieses Instrument.
Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass nächtlicher Lärm ebenfalls störender empfunden wird als Lärm tagsüber, und dass die nachts verstärkte Rückhaltung von Immissionen nicht nur die Stickoxide betrifft, sondern auch die übrigen Luftschadstoffe wie Stäube, Feinpartikel, Russ und Kohlenwasserstoffe.
Es ist schwierig voraus zu sagen, wie sich der Anteil NO2 am gesamten Stickoxid NOx in den nächsten Jahren entwickeln wird. Für die vorliegenden Prognosen wurde eine Mittelung vorgenommen, die dem Durchschnitt der Verhältnisse an verschiedenen Messstellen in Alpentransittälern entspricht. Die Entwicklung muss beobachtet, und die Szenarien müssen allenfalls angepasst werden. Allerdings sind Entwicklungen über eine bestimmte Bandbreite hinaus nicht denkbar, und eine allfällige Zunahme an Schwerem Güterverkehr wird sich mit der Einhaltung der NO2-Grenzwerte nicht vereinbaren lassen, solange sich die Emissionsfaktoren im vorgezeichneten Rahmen bewegen."
Die Erläuternden Bemerkungen zu dem am 19. März 2003 versendeten Verordnungsentwurf beziehen sich unter anderem auf diese Studie und übernehmen aus dem Evaluierungsbericht den Vorschlag, das Verbot um eine Stunde in den Morgen zu verlängern. Aufgrund der Bedenken der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos, dass der etwa 6.30 Uhr einsetzende Frühverkehr ("Pendlerverkehr") sich mit dem kolonnenartig einsetzenden Schwerverkehr vermischen würde, was der Verkehrssicherheit abträglich wäre, wurde dieser Vorschlag allerdings nicht verwirklicht.
c) In Anbetracht der Vorgeschichte des Nachtfahrverbotes und der ergänzenden Studie des schon länger mit der Angelegenheit befassten Gutachters zwangen die im Evaluierungsbericht geäußerten Zweifel und offen gebliebenen - durch weitere Untersuchungen unter den Bedingungen des Nachtfahrverbotes allenfalls zu klärenden - Fragen den Landeshauptmann noch nicht, die bisher eingeschlagene Linie zu verlassen und nach Ablauf der Geltungsdauer der
1. LKW-NachtfahrverbotsVO von einem Nachtfahrverbot überhaupt abzusehen. Da vorliegende Gutachten es noch immer rechtfertigten, ist das 2. LKW-Nachtfahrverbot nicht gesetzwidrig erlassen worden. Auch das im Herbst 2003 bekannt gewordene Grazer Gutachten musste für sich allein nur Anlass sein, die Frage der Eignung und Wirksamkeit des Nachtfahrverbots weiterhin im Auge zu behalten. Die noch im selben Jahr eingeholten Stellungnahmen der darin angegriffenen Gutachter ließen diese Frage noch in Schwebe. Auch eine ernsthaft in Betracht zu ziehende Möglichkeit, das die getroffene Maßnahme stützende Urteil des zurate gezogenen Experten könne sich aufgrund der praktischen Erfahrungen und vertieften Erkenntnisse als unrichtig erweisen, darf nämlich gegen die möglichen Nachteile einer vorzeitigen Aufgabe des zulässigerweise verfolgten Zieles abgewogen werden und macht die einmal rechtmäßig getroffene Maßnahme nicht sofort rechtswidrig. Sie verpflichtet freilich zur sorgfältigen Prüfung, ob die Regelung in allfälliger Abwägung gegen andere Möglichkeiten weiter aufrechterhalten werden kann.
Ob diese Prüfung in zureichendem Maße erfolgt ist, kann also nicht mehr im Hinblick auf die in Rede stehende Verordnung beurteilt werden. Denn diese ist durch In-Kraft-Treten einer neuen
(3.) LKW-NachtfahrverbotsVO mit 1. November 2004 außer Kraft getreten. Folglich muss in diesem Verfahren abermals dahinstehen, ob die Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse und ein möglicher Umschwung in der fachkundigen Beurteilung der Auswirkung eines Nachtfahrverbotes unter den konkreten Bedingungen (in Richtung auf die im Verfahren vorgelegten Überlegungen des Grazer Gutachtens) die weitere Aufrechterhaltung des Verbotes über diesen Zeitpunkt hinaus gerechtfertigt hätten. Bedenken, dass die Verordnung noch vor ihrem Außer-Kraft-Treten durch die nach ihrer Erlassung bekannt gewordenen Expertisen gesetzwidrig geworden wäre, sind im Gerichtshof nicht entstanden.
Eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ist demgemäß ebenso wenig feststellbar wie eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm. Die Beschwerde ist folglich abzuweisen, was in nichtöffentlicher Sitzung geschehen kann (§19 Abs4 erster Satz VfGG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)