VfGH B137/02

VfGHB137/0225.2.2003

Keine willkürliche Versetzung eines Gendarmeriebeamten wegen eines wichtigen dienstlichen Interesses

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EMRK Art6 Abs1 / Allg
BDG 1979 §38
BDG 1979 §40
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EMRK Art6 Abs1 / Allg
BDG 1979 §38
BDG 1979 §40

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich vom 16.7.2001 wurde der Beschwerdeführer - als Abteilungsinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehend - gemäß §38 Abs2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 1979/333, (BDG 1979) mit Wirksamkeit vom 1.8.2001 von Amts wegen vom Gendarmerieposten Pottendorf - er übte dort die Funktion des Kommandanten aus - zum Gendarmerieposten Seibersdorf, Bezirk Baden, versetzt. Nach dem Spruch des Bescheides sei er dort als Sachbearbeiter in Verwendung zu nehmen und hätte im Übrigen die Gründe für den Arbeitsplatzwechsel selbst zu vertreten.

1.2.1.1. Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport mit Bescheid vom 11.12.2001 keine Folge.

1.2.1.2. Die Berufungskommission begründet ihren Bescheid wörtlich ua. wie folgt:

"Mit den ... vier Tatbeständen des §38 Abs3 BDG hat der Gesetzgeber die wichtigen dienstlichen Interessen lediglich demonstrativ aufgezählt (vergleiche Germ, Der Schutz vor Versetzungen und bestimmten Verwendungsänderungen im Dienstrecht der Bundesbeamten, ÖJZ 1995, 59).

Folgende in höchstgerichtlichen Erkenntnissen enthaltenen Leitsätze werden auch der Entscheidung der Berufungskommission zugrunde gelegt:

Verfassungsgerichtshof vom 11.12.1978, VfSlg. 8450: Ob eine Versetzung mit wichtigen dienstlichen Interessen begründet werden kann, ist unabhängig von der Frage, ob das hiefür maßgebliche Verhalten eines Beamten auch disziplinarrechtlichen Sanktionen unterliegt.

Verwaltungsgerichtshof vom 13.12.1982, Z82/12/0088, Slg. 10922/A:

Das wichtige dienstliche Interesse im Sinne des §38 Abs2 BDG, das eine Versetzung zulässig macht, ist ausschließlich nach objektiven Merkmalen und nicht danach zu beurteilen, inwieweit der Beamte diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat.

Auch ein disziplinär nicht zu ahndendes Verhalten eines Beamten kann ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung begründen.

Verwaltungsgerichtshof vom 18.03.1992, Z91/12/0073: Ein wichtiges dienstliches Interesse wird jedenfalls dann berührt, wenn eingetretene, objektiv festgestellte Tatsachen den Schluss rechtfertigen, dass der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeigten Aufgabe nicht oder nicht mehr gegeben sind.

Verwaltungsgerichtshof vom 13.02.1984, Z83/12/0056 und vom 07.10.1985, Z84/12/0218: Das Bestehen eines dienstlichen Spannungsverhältnisses vermag bereits ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung zu begründen. Dieses Interesse ist ausschließlich nach objektiven Merkmalen und nicht danach zu beurteilen, inwieweit der Beamte dieses schuldhaft herbeiführte.

Diesen Leitsätzen ist zu entnehmen, dass es auch andere Gründe bzw. Tatbestände gibt, die das wichtige dienstliche Interesse für eine Versetzung begründen. Ob aber eine Versetzung mit wichtigen dienstlichen Interessen begründet werden kann, ist unabhängig von der Frage, ob das hiefür maßgebliche Verhalten eines Beamten auch disziplinarrechtlichen Sanktionen unterliegt (siehe VfGH vom 11.12.1978, VfSlg. 8450). Außerdem ist es der die Versetzung verfügenden Dienstbehörde keineswegs verwehrt, die Frage, ob eine die Versetzung rechtfertigende schwere Dienstpflichtverletzung vorliegt oder nicht, selbständig zu prüfen. Insbesondere liegt ein solcher Fall dann vor, wenn der Beamte die Vorwürfe eines schwerwiegenden Fehlverhaltens mit offenkundig nicht stichhaltigen Gegenbehauptungen zu entkräften sucht...

Im Lichte der obigen Ausführungen ist daher festzuhalten, dass ein im Rahmen eines strafgerichtlichen Verfahrens gefällter Freispruch für ein Versetzungsverfahren zwar hinsichtlich des Faktums, dass den BW [= Beschwerdeführer] keine disziplinäre Verantwortlichkeit trifft, bindend [ist], nicht aber für die Beurteilung, ob nicht dennoch ein versetzungs- oder verwendungsänderungsrelevanter Sachverhalt vorliegt, entscheidend, weil diese Frage ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des wichtigen dienstlichen Interesses zu beurteilen ist...

Selbst einer ausgezeichneten Dienstleistung - der BW verweist auf seine in disziplinärer Hinsicht untadeligen Leistungen - kommt bei Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses, welches darin begründet ist, dass dem Beamten nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens die Fähigkeit zur Erfüllung der ihm übertragenen Leitungsfunktion [fehlt,] keine Bedeutung zu...

Die - seitens des BW beantragte - Einsichtnahme in den Strafakt des Landesgerichtes Wiener Neustadt hat Folgendes ergeben:

Das Bezirksgendarmeriekommando Baden hat gegen den BW bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt unter anderem deswegen Anzeige erstattet, weil er verdächtig sei seit drei Jahren in Pottendorf und zum Teil in benachbarten Gemeinden [sich] unter Ausnützung seiner A[mts]stellung unrechtmäßig bereichert bzw. fortlaufend - wenn auch im Einzelfall relativ gering - Einnahmequellen verschafft zu haben.

Zu diesem geäußerten Verdacht hat das Bezirksgendarmeriekommando Baden mehrere Personen zeugenschaftlich zu folgendem Ergebnis vernommen:

Der Besitzer des A... Kaufhauses ... habe von Lieferanten

gehört, der BW habe von ihnen im Zuge ihrer Liefertouren Waren 'abgenötigt'.

Der Betreiber der O... Tankstelle (...) bezeugte, dass der

BW in Uniform mit einem Zivilfahrzeug gekommen sei, um diesen Wagen mit der Bemerkung zu waschen, es handle sich um einen Zivilwagen des Gendarmeriepostens. Auch habe er bei den Waschvorgängen Bier getrunken, ohne dieses zu zahlen.

Der Besitzer der Pizzeria A... (...) gab an, dass er keine Vereinbarung mit dem BW darüber getroffen hätte, dass dieser kostenlos sein Essen bekommen habe.

Zwei Verkaufsfahrer (...) bestätigten, der BW habe sie regelmäßig vor dem zu beliefernden Geschäft 'abgepasst' und Waren für seine 'Mannschaft' gefordert.

Diese Verhaltensweisen - Waren und Leistungen ohne Bezahlung zu erhalten - wurden auch von Angehörigen des Gendarmeriepostens Pottendorf bestätigt.

Der Gendarmeriebeamte ... A... gab an, der BW habe sich wie

ein 'extremer Schnorrer' allen Kollegen des Gendarmeriepostens

gegenüber verhalten, zumal er ausschließlich Lebensmittel, die die

Kollegen des Gendarmeriepostens mitgebracht und i[m] Kühlschrank

verwahrt haben, heimlich gegessen hätte. Er unterstrich diese Aussage

mit dem Vorfall, dass die Firma A... für die Postenmannschaft

monatlich eine Kiste Cola mit kleinen Flaschen zur Verfügung stellte.

Seit der BW auf dem Gendarmerieposten Pottendorf Dienst verrichtet

habe, habe die Firma A... eine Kiste Cola mit großen Flaschen zur

Verfügung gestellt, allerdings habe er die Kiste - begründet damit, dass er diese von einem Ex-Arbeitskollegen bekommen hätte - selbst mit nach Hause genommen. Außerdem sei er bereits von verschiedenen Hühnerbratern darauf angesprochen worden, dass der BW niemals bezahle.

Der Stellvertreter des Postenkommandanten ... B...

bestätigte, dass er vom Kaufhausbesitzer des A...-Marktes in

Pottendorf konkret darauf angesprochen wurde, dass sich die

Lieferanten über das Verhalten des BW - er habe sie angehalten und

verschiedene Waren 'geschnorrt' - beschwert hätten. Über dieses

Verhalten des BW sei ... B... auch seitens der Bevölkerung schon

mehrmals angesprochen worden.

Der Gendarmeriebeamte ... D... bestätigte den Vorfall mit

den Hühnerbratern ebenso wie den Umstand, dass der BW bei der

Pizzeria A... die mit der Gendarmerie vereinbarten ÖS 50,- nie

bezahlte. Auch habe er seitens der Bevölkerung Andeutungen darüber vernommen, dass der BW Lieferanten angehalten habe und verschiedene Lebensmittel von ihnen verlangt haben soll. Das Verhalten des BW - nämlich Speisen und Leistungen 'so penetrant zu erschnorren' - habe ihn fast dazu veranlasst, sich in eine andere Dienststelle versetzen zu lassen. Der Außendienst in Pottendorf sei für ihn nicht gerade leicht, da bereits seitens von Teilen der Bevölkerung mehrfach Andeutungen auf die 'Schnorrerei' des BW gemacht wurden und darunter das Ansehen der gesamten Gendarmerie leide.

Der Gendarmeriebeamte ... H... bestätigte einerseits den

bereits oben angesprochenen Vorfall mit den Hühnerbratern und

andererseits die Nichtbezahlung gegenüber der Pizzeria A.... Auch

sei[en] bereits von der Bevölkerung über die 'Schnorrerei' des BW

Hinweise gekommen. Zum Klima in der Mannschaft befragt, gab ... H...

an, dass der BW abwechselnd einige Beamte besonders lobte, andere hingegen genau kontrollierte. Dies wechselte aber, ohne dass es eine sachliche Rechtfertigung gegeben hätte.

Der Gendarmeriebeamte ... T... bestätigte, dass er, nachdem der BW Postenkommandant am Gendarmerieposten Pottendorf wurde, in der Anfangszeit öfters mit ihm in Lokale essen ging, wobei auch hier der BW den Umstand - nämlich Leistungen und Waren nicht zu bezahlen - offensichtlich ausgenützt hätte. Auch die Vorfälle mit den Hühnerbratern bzw. Pizzeria A... wurden bestätigt, ebenso dass der BW abwechselnd Kollegen als 'Freunde' bezeichnete und andere nicht so gut behandelte.

Der Hinweis auf den Freispruch im Rahmen des strafgerichtlichen Verfahrens vermag das Verhalten des BW im gegenständlichen Berufungsverfahren - ob also ein versetzungs- oder verwendungs[änderungs]relevanter Sachverhalt vorliegt - keineswegs in ein[em] für ihn günstigeren Licht erscheinen [zu lassen], zumal - abgesehen davon, dass hier ohnehin keine Bindungswirkung besteht - das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt ausschließlich die strafrechtliche Seite des Verhaltens des BW beleuchtet.

§45 Abs1 und 2 BDG weisen einem Vorgesetzten besondere mit seiner Funktion untrennbar auf Dauer verbundene Aufgaben als Dienstpflichten zu. Damit ist aber zweifellos auch die Erwartung verbunden, dass nur jene Beamten mit dieser Funktion von der Dienstbehörde betraut werden und in ihr belassen werden, von denen auf Grund ihrer bisherigen Amtsführung erwartet werden kann, dass sie dem Anforderungsprofil entsprechen und imstande sein werden, ihre Führungsaufgaben zu erfüllen. Werden diese Erwartungen nicht oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr hinreichend erfüllt und führt gerade dieser Mangel an Führungsqualität zu einem erheblichen Spannungsverhältnis innerhalb der Dienststelle, so ist die Versetzung des Vorgesetzten unbeschadet seiner disziplinären Ahndung eine zulässige Personalmaßnahme, um diesen Konflikt zu lösen... Die Behörde ist dabei nicht gehalten, positive Leistungen, Eigenschaften, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Kenntnisse u. dgl. mehr des zu versetzenden Beamten gegen zu seinem Nachteil sprechende Aspekte abzuwägen und, je nach dem, 'auf welcher Seite sich die Waagschale senkt', den Beamten zu versetzen oder von einer solchen Maßnahme Abstand zu nehmen; vielmehr kommt es einzig und allein darauf an, ob in einem ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahren festgestellte und hinreichend konkrete Tatsachen vorliegen, die ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung des Beamten begründen. Bei Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses, welches darin begründet ist, dass dem Beamten der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der ihm übertragenen Leitungsfunktion fehlt, kommt einer ausgezeichneten Dienstbeschreibung keine Bedeutung zu...

Im vorliegenden Fall wurde sowohl im Zuge der Vorerhebungen des strafgerichtlichen Verfahrens als auch im gegenständlichen Versetzungs- und Verwendungsänderungsverfahren aufgezeigt, dass der BW über mehrere Jahre hinweg seine Funktion als Postenkommandant dadurch ausgenützt hat, indem er von verschiedenen Firmenangehörigen Leistungen bzw. Waren ohne Bezahlung in Anspruch genommen hat. Die dem BW zur Last gelegten Vorwürfe eines schwerwiegenden Fehlverhaltens vermochte dieser nicht mit stichhaltigen Gegenbehauptungen und Argumenten zu entkräften. Er versuchte dieses Fehlverhalten lediglich in ein für ihn scheinbar günstigeres Licht zu rücken, wie z.B. er sei 'eingeladen' worden oder er 'habe ohnehin nie etwas bezahlen müssen' oder er habe - weil es sich um eine private Angelegenheit handle - 'Waren geschenkt erhalten oder es seien ohnehin keine Anzeigen gegen ihn erstattet' worden.

Die Funktion eines Postenkommandanten erfordert bestimmte Fähigkeiten und persönliche Kompetenzen wie z.B. Verantwortungsbewusstsein, Vorbildfunktion, Belastbarkeit und Managementqualitäten in vergleichsweise überdurchschnittlichem Ausmaß. Auch wenn das festgestellte Verhalten des BW nicht ausgereicht hat, um einen strafrechtlichen Tatbestand zu erfüllen, wiegen gerade diese Verhaltensweisen als einem in der mittleren Führungsebene verwendeten Vorgesetzten im Lichte dieser obigen Anforderungen besonders schwer; es kommt ihnen somit jener Grad von Art und Schwere zu, der zur Versetzung im dienstlichen Interesse berechtigt.

Zusammenfassend und abschließend ist daher festzustellen, dass durch das Fehlverhalten des BW ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung des BW im Sinne des §38 BDG vorliegt."

1.2.2.1. Gegen diesen Bescheid der Berufungskommission wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.

1.2.2.2. In der Beschwerdeschrift heißt es wörtlich wie folgt:

"Mit dem angefochtenen Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport ... wurde der Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für NÖ vom 16. Juli 2001 gemäß §66 Abs4 AVG bestätigt, womit der Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom 1.8.2001 von Amts wegen vom GP Pottendorf zum GP Seibersdorf, Bezirk Baden versetzt und als Sachbearbeiter in Verwendung genommen wird. Die Versetzung und Verwendungsänderung bedeutet für den Beschwerdeführer eine einschneidende Veränderung im dienstlichen wie auch im privaten Lebensbereich.

Die Behörde begründet in dem angefochtenen Bescheid die Versetzung und Verwendungsänderung damit, dass dem Beschwerdeführer verschiedene Handlungen zur Last gelegt werden, die bei der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt zur Anzeige gebracht wurden:

a) Der Großteil der im Bescheid angeführten Fakten ... wurde gemäß §90 StPO eingestellt.

b) Hinsichtlich [bestimmter] Fakten wurde ein Strafantrag eingebracht; mittlerweile hat das Landesgericht Wr. Neustadt den Beschwerdeführer gemäß §259 Z3 StPO auch hinsichtlich dieser Fakten freigesprochen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

c) Die weiteren Fakten ... sind Behauptungen, die jeder Grundlage entbehren.

Selbst wenn man das rechtskräftige Urteil des LG Wr. Neustadt, mit dem der Beschwerdeführer freigesprochen wurde, ignoriert und den zur Anklage gebrachten Gesamtschaden, der nicht einmal S 10.000,00 beträgt, heranzieht, ergibt sich zu den über den Beschwerdeführer bereits verhängten Maßnahmen ein extremes Missverhältnis. Der dem Beschwerdeführer durch Bezugskürzungen bis dato angelaufene Entgang beträgt ca. S 250.000,00, dazu kommen die persönlichen und gesellschaftlichen Probleme, die ihm durch die nicht gerechtfertigte Vorgangsweise der Behörde entstanden sind.

Da sich keine sachliche Rechtfertigung für das Vorgehen der Behörde findet, liegt - jedenfalls objektive - Willkür vor.

Nach Art6 MRK wird bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet, dass der wegen einer Strafhandlung Angeklagte unschuldig ist. Auch aus dieser Bestimmung ergibt sich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, da der Beschwerdeführer von Anfang an so behandelt wurde, als hätte er die ihm zur Last gelegten Handlungen tatsächlich begangen, und wird er auch nach rechtskräftigem Freispruch weiterhin so behandelt.

Weiters begründet die belangte Behörde die Versetzung und Verwendungsänderung damit, dass nur jene Beamten mit einer vorgesetzten Funktion betraut und in ihr belassen werden, von denen aufgrund ihrer bisherigen Amtsführung erwartet werden kann, dass sie dem Anforderungsprofil entsprechen und im Stande sein werden, ihre Führungsaufgaben zu erfüllen. Werden diese Erwartungen nicht oder ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr hinreichend erfüllt, so ist die Versetzung des Vorgesetzten unbeschadet seiner disziplinären Ahndung eine zulässige Personalmaßnahme. Objektiv festgestellte Tatsachen, die diesen Schluss rechtfertigen, nennt die belangte Behörde nicht, auch nicht, aus welchem Grund diese Erwartungen nicht mehr hinreichend erfüllt sein sollen.

Dazu ist auszuführen, dass dies einem Vertrauensentzug gleichzuhalten ist, der jedoch ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung nicht begründen kann, wenn es an Feststellungen, dass der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgaben nicht oder nicht mehr gegeben sind, fehl[t]. Andernfalls wäre nämlich der Beamte Entschlüssen, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen seiner Vorgesetzten in der Frage seiner Versetzung ausgeliefert, selbst wenn diese Entschlüsse, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen durch nur in der subjektiven Sphäre der Vorgesetzten eingetretene und daher der Rechtskontrolle unzugängliche Momente bewirkt wären...

Dem Beschwerdeführer fehlt weder der Wille noch die Fähigkeit zur Erfüllung der ihm übertragenen Leitungsfunktion, und kann daher ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung und Verwendungsänderung auch aus diesem Grund nicht begründet werden.

Die Versetzung und Verwendungsänderung des Beschwerdeführers gründet sich allein auf Vorwürfe, die keinesfalls nachgewiesen werden konnten.

Das von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall angenommene 'wichtige dienstliche Interesse', das die Versetzung und Verwendungsänderung des Beschwerdeführers rechtfertigen soll, basiert nicht auf objektiven Kriterien und ist somit jedenfalls willkürlich erfolgt."

1.3. Die belangte Behörde legte über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

2.1. Die hier in erster Linie maßgebende Bestimmung des §38 BDG 1979 (idF BGBl. I 1998/123) lautet - auszugsweise - wie folgt:

"Versetzung

§38 (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder

2. bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerber vorhanden sind, wenn der Beamte die für diesen Arbeitsplatz erforderliche Ausbildung und Eignung aufweist, oder

3. wenn der Beamte nach §81 Abs1 Z3 den zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder

4. wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs3 Z3 und 4 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs3 Z4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

(5) ...

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.

(8) Im Fall der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Beamten eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren."

2.2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.

2.2.2. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (so insbesondere gegen §38 BDG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt (vgl. VfSlg. 14.573/1996, S 52; ferner VfSlg. 14.658/1996, 14.854/1997 uva.) und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass die Berufungskommission dem BDG 1979 einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hätte, könnte der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn der Berufungskommission Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.

Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtspr.; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1992, 14.814/1997).

2.2.2.1. Keiner dieser Mängel liegt jedoch hier vor. Weder hat sich für den Verfassungsgerichtshof ergeben, dass das Ermittlungsverfahren an einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel leide, noch kann von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage oder gar von denkunmöglicher Gesetzesanwendung die Rede sein.

Im Wesentlichen wirft der Beschwerdeführer der Berufungskommission vor, ihre Entscheidung (objektiv) willkürlich getroffen zu haben. Sie stütze die Rechtmäßigkeit seiner Versetzung (und Verwendungsänderung) auf "verschiedene Handlungen", die dem Beschwerdeführer zur Last gelegt und bei der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt zur Anzeige gebracht worden seien. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass hinsichtlich des Großteils der Fakten eine Einstellung gemäß §90 StPO erfolgt und er hinsichtlich zweier weiterer Fakten gemäß §259 Z3 StPO mit rechtskräftigem Urteil frei gesprochen worden sei; die weiteren Fakten beruhten auf Behauptungen, die jeder Grundlage entbehrten. Die Behörde nenne in ihrem Bescheid insbesondere auch keine objektiv nachvollziehbaren Gründe, warum der Beschwerdeführer die mit einer Vorgesetztenfunktion verbundene Erwartungshaltung nicht (mehr) erfülle. Es werde vielmehr eine Art "Vertrauensentzug" betrieben. Somit sei insgesamt für das Vorgehen der Behörde eine sachliche Rechtfertigung nicht zu erkennen.

Dieser Vorwurf ist nach Dafürhalten des Verfassungsgerichtshofes aus den folgenden Gründen nicht gerechtfertigt:

Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Judikatur die Rechtsauffassung, dass die Frage, ob eine Versetzung mit wichtigen dienstlichen Interessen begründet werden kann, unabhängig von der weiteren Frage zu sehen ist, ob das hiefür maßgebliche Verhalten des Beamten auch disziplinarrechtlichen Sanktionen unterliegt (s. VfSlg. 8450/1978, 14.806/1997, 15.722/2000; VfGH 25.9.2001 B245/01, 26.11.2002 B1524/01; vgl. VfSlg. 15.827/2000, 15.833/2000). Ausgehend von dieser Rechtsprechung kann die Rechtsmeinung der Berufungskommission keinesfalls als unvertretbar gewertet werden, dass ein im Rahmen eines strafgerichtlichen Verfahrens gefällter Freispruch für die Beurteilung, ob nicht dennoch ein versetzungs- oder verwendungsänderungsrelevanter Sachverhalt vorliege, schon deshalb nicht entscheidend sei, weil diese Frage ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der wichtigen dienstlichen Interessen zu beurteilen sei.

Die Berufungskommission gelangte - in nachvollziehbarer Weise - zum Ergebnis, dass sowohl im Zug der Vorerhebungen des strafgerichtlichen Verfahrens als auch im Administrativverfahren aufgezeigt worden sei, dass der Beschwerdeführer über mehrere Jahre hinweg seine Funktion als Postenkommandant insofern ausgenützt habe, als er "von verschiedenen Firmenangehörigen Leistungen oder Waren ohne Bezahlung in Anspruch genommen habe". Wenn die Berufungskommission schließlich - nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit Sinn und Inhalt der Bestimmung des §45 BDG 1979 über die Dienstpflichten des Vorgesetzten (und des Dienststellenleiters) sowie mit dem Inhalt des Begriffs "wichtiges dienstliches Interesse" (§38 Abs2 BDG 1979) - zur abschließenden Feststellung gelangte, dass durch das (Fehl)Verhalten des Beschwerdeführers ein wichtiges dienstliches Interesse an seiner Versetzung iSd §38 BDG 1979 vorliege, so kann darin keinesfalls eine Willkür indizierende Vorgehensweise der Behörde erblickt werden.

2.2.2.2. Eine Verletzung des Beschwerdeführers im geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor Gesetz durch den bekämpften Bescheid hat somit nicht stattgefunden.

2.3. Da Zweck eines Versetzungsverfahrens nicht die Ahndung rechtswidrigen Verhaltens ist, unterliegt ein solches Verfahren auch nicht den in Art6 EMRK aufgestellten Anforderungen an ein Strafverfahren, mag eine Versetzungsentscheidung vom Betroffenen auch als belastend empfunden werden. Damit geht jedoch auch der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, die belangte Behörde habe Art6 Abs2 EMRK missachtet, ins Leere (VfGH 25.9.2001 B245/01). Inwiefern - wie vom Beschwerdeführer behauptet - sich aus Art6 EMRK "die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz" ergeben soll, wird in der Beschwerdeschrift nicht näher dargelegt und ist für den Verfassungsgerichtshof auch nicht ersichtlich.

2.4. Die getroffene behördliche Entscheidung weist somit keine in die Verfassungssphäre reichenden Mängel auf. Ob der bekämpften Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zu Grunde liegt, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in einem - wie hier vorliegenden - Fall, in dem eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 14.807/1997 uva.).

2.5.1. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

2.5.2. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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