VfGH B1629/01

VfGHB1629/0113.3.2003

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, hat im Jahr 1996 Beteiligungen, Aktien und festverzinsliche Wertpapiere veräußert und die dabei aufgedeckten stillen Reserven gemäß §12 EStG 1988 (idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201) auf die Anschaffungskosten von Bundesdarlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren übertragen.

2. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 8. Oktober 2001 wurde dem Beschwerdeführer die steuerliche Anerkennung der Übertragung der stillen Reserven versagt, da nach §12 Abs3 EStG 1988, idF des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. 797, die Übertragung von stillen Reserven auf Finanzanlagen ab dem Jahr 1996 nicht mehr zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der der Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt.

4. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor und verzichtete förmlich auf die Erstattung einer Gegenschrift. Der zur Stellungnahme eingeladene Bundesminister für Finanzen nahm von einer Äußerung Abstand.

II. Die Beschwerde ist begründet:

1. Der Verfassungsgerichtshof leitete aus Anlaß dieser Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 2002 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "und von Finanzanlagen" in §12 Abs3 EStG 1988, BGBl. 400, idF BGBl. 797/1996, ein und hob diese Bestimmung mit dem am heutigen Tag gefällten Erkenntnis G334/02 auf.

2. Die belangte Behörde wendete bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß diese Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr iHv € 181,68 und Umsatzsteuer iHv € 327,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.

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