VfGH V69/99 ua

VfGHV69/99 ua25.9.2001

Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung einer bereits außer Kraft getretenen Verordnung mangels Betroffenheit der Antragsteller; trotz gleichlautenden Inhaltes der nunmehr geltenden Bestimmungen keine gesetzliche Handhabe für einen Austausch des Prüfungsgegenstandes

Normen

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
VfGG §57 Abs1
Wr BetriebsO für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 1994
Wr BetriebsO für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 2000
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
VfGG §57 Abs1
Wr BetriebsO für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 1994
Wr BetriebsO für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 2000

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Die zwei antragstellenden Parteien verfügen jeweils über mehrere Konzessionen des Magistrates der Stadt Wien zur Ausübung des mit Pferden betriebenen Platzfuhrwerks-Gewerbes (Fiakergewerbe). Mit den auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten, am 24. August 1999 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Individualanträgen begehren sie, die "Verordnung der Wiener Landesregierung, mit der die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen (Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 1994) geändert wird", zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die angefochtene Verordnung, LGBl. für Wien Nr. 33/1999, hat folgenden Wortlaut:

"Auf Grund des §19 Abs5 Z2 des Wiener Veranstaltungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der Fassung der Wiener Veranstaltungsgesetznovelle 1993, LGBl. für Wien Nr. 26/1994, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. für Wien Nr. 15/1999, wird verordnet:

Die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen (Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 1994), LGBl. für Wien Nr. 36/1994, wird wie folgt geändert:

Artikel I

Im §7 werden nach Abs1 folgende Abs1a und 1b eingefügt:

'(1a) Die im 1. Wiener Gemeindebezirk befindlichen Standplätze Stephansplatz (linksseitig), Heldenplatz (vor dem Erzherzog-Karl-Denkmal), Augustinerstraße (gegenüber ONr. 1), Josef-Meinrad-Platz (zwischen Volksgarten und Burgtheater), Jungferngasse 2 (linksseitig) dürfen

1. in einer Kalenderwoche mit ungerader Zahl (1. Kalenderwoche, 3. Kalenderwoche, 5. Kalenderwoche usw. bis 51. Kalenderwoche eines Jahres)

  1. a) an einem Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag nur mit Fahrzeugen bezogen werden, die mit einer ungeraden Fahrzeugnummer versehen sind,

  1. b) an einem Dienstag, Donnerstag und Samstag nur mit Fahrzeugen bezogen werden, die mit einer geraden Fahrzeugnummer versehen sind;

  1. 2. in einer Kalenderwoche mit gerader Zahl (2. Kalenderwoche, 4. Kalenderwoche, 6. Kalenderwoche usw. bis 52. Kalenderwoche eines Jahres)

  1. a) an einem Montag, Mittwoch, Freitag und Sonntag nur mit Fahrzeugen bezogen werden, die mit einer geraden Fahrzeugnummer versehen sind,

  1. b) an einem Dienstag, Donnerstag und Samstag nur mit Fahrzeugen bezogen werden, die mit einer ungeraden Fahrzeugnummer versehen sind.

(1b) Ab einer Anzahl von 120 erteilten Fiakerkonzessionen, welche Zahl von der Behörde im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen ist, gelten für den Bereich des 1. Wiener Gemeindebezirkes folgende Betriebsbedingungen für Fiaker:

1. Die Benützung der Standplätze ist nur denjenigen gestattet, die im Besitz einer Platzkarte für den jeweiligen Zeitraum und den jeweiligen Standplatz sind. Platzkarten sind nicht übertragbar.

2. Die Platzkarten werden von der Behörde nach Vorlage des Nachweises einer aufrechten Konzession und eines amtlichen Lichtbildausweises an den Inhaber der Fiakerkonzession vergeben.

3. Die Platzkartenvergabe hat nach Maßgabe der im 1. Wiener Gemeindebezirk vorhandenen Standplätze für Fiaker (§6) zu erfolgen und darf die pro Standplatz festgelegte Höchstzahl von Fahrzeugen nicht überschreiten. Bei Erreichen der Höchstzahl dürfen für den jeweiligen Fiakerstandplatz keine weiteren Platzkarten ausgegeben werden.

4. Für den gleichen Standplatz dürfen pro Woche maximal zwei Platzkarten an den gleichen Fiakerunternehmer vergeben werden.

5. Die Platzkarten sind derart sichtbar mitzuführen, daß deren Besitz von den Überwachungsorganen (§25 Wiener Veranstaltungsgesetz) jederzeit überprüft werden kann. Auf Verlangen sind diesen die Platzkarten auszuhändigen.

Artikel II

Die Verordnung tritt an dem der Kundmachung zweitfolgenden Monatsersten in Kraft.

Der Landeshauptmann:

Häupl"

Die Verordnung ist am 1. August 1999 in Kraft getreten.

3. Zur Antragslegitimation führt die Antragstellerin zu V69/99 aus, daß sie Inhaberin von zwölf Fahrzeugnummern - drei ungeraden und neun geraden - sei (14, 18, 22, 24, 30, 32, 47, 48, 49, 50, 51, 52). Der Antragsteller zu V70/99 verweist darauf, daß er über 19 Fahrzeugnummern verfüge, davon 13 ungerade und sechs gerade (11, 17, 19, 21, 27, 31, 33, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 95, 96, 97, 98, 99, 100).

a) Hinsichtlich §7 Abs1a der Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 1994 in der Fassung LGBl. 33/1999 (im folgenden kurz: Wr. Fiaker-BO 1994) sei die angefochtene Verordnung für die Antragsteller ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden, weil sie durch die Verordnung "gehindert" seien,

bzw.

die im §7 Abs1a Wr. Fiaker-BO 1994 angeführten Standplätze im ersten Wiener Gemeindebezirk anzufahren.

Dadurch sei es den antragstellenden Parteien an den genannten Tagen unmöglich gemacht worden, mit ihren Gespannen die Gewerbeberechtigung auszuüben. Fahrgäste für Fiaker könnten - wie hinlänglich bekannt sei - nur im ersten Wiener Gemeindebezirk gefunden werden.

Ausnahmebestimmungen seien nicht normiert. Auch die Erlassung eines Bescheides sei nicht vorgesehen.

Es sei weiters nicht zumutbar, sich im Zuge von Verstößen gegen die angefochtene Verordnung wegen mangelnder Verläßlichkeit gemäß §17 Abs2 Z3 iVm §20 Wiener Veranstaltungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 12/1971, in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 15/99, die Konzession entziehen und bestrafen zu lassen, um die behauptete Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit der Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

b) Auch in Zusammenhang mit §7 Abs1b Wr. Fiaker-BO 1994 wird mit näherer Begründung die Antragslegitimation als gegeben erachtet.

4. Gegen die angefochtene Verordnung werden zusammengefaßt folgende verfassungsrechtliche Bedenken erhoben:

a) Da die Verordnung die Betriebs- und Beförderungsbedingungen nicht regle, sondern die Ausübung des Fiakergewerbes für bestimmte Tage und bei Fehlen einer Platzkarte gänzlich verbiete, entspreche sie nicht der Verordnungsermächtigung des §19 Abs5 Z2 Wr. VeranstaltungsG und sei daher gesetzwidrig.

b) Sie verletze das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit; ein die normierten Beschränkungen rechtfertigendes öffentliches Interesse bestehe nicht.

c) Die Regelung über die Platzkarten verletze überdies den Gleichheitsgrundsatz sowie das Legalitätsprinzip.

5. Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes erstattete die Wiener Landesregierung mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 eine Äußerung. In dieser wird die Zurückweisung der Individualanträge, soweit sie auf die Aufhebung des §7 Abs1b Wr. Fiaker-BO 1994 gerichtet sind, im übrigen (der Sache nach) ihre Abweisung begehrt.

6.a) Mit Wiener LGBl. 57/2000 (ausgegeben am 19. Oktober 2000) erging das "Gesetz über den Betrieb von Fiakerunternehmen und mit Pferden betriebenen Mietwagenunternehmen (Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz)". Die Übergangsbestimmung des §17 Abs1 dieses Gesetzes normiert auszugsweise:

"§17. (1) Bis zu einer Neuregelung bleiben folgende Verordnungen als Gesetze solange in Geltung, bis durch auf dieses Gesetz gegründete Verordnungen eine Neuregelung erfolgt ist:

1. Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen (Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 1994), LGBl. für Wien Nr. 36/1994, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 33/1999,

2. ..."

Die angefochtene Verordnung stand demnach (weiterhin)von 20. Oktober 2000 bis 17. Jänner 2001 (siehe dazu die folgende litb) in Kraft.

b) Am 18. Jänner 2001 trat die "Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen (Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 2000)", LGBl. für Wien Nr. 4/2001, in Kraft. Gemäß §13 Abs2 leg.cit. trat die Wr. Fiaker-BO 1994 in der Fassung des LGBl. für Wien Nr. 33/1999 gleichzeitig außer Kraft.

§8 Abs1a der Betriebsordnung für Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmen 2000 normiert eine Auffahrordnung für die Standplätze, die jener des §7 Abs1a der Wr. Fiaker-BO 1994 gleicht.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

Die Anträge erweisen sich als nicht zulässig.

Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darlegt (vgl. VfSlg. 9868/1983, 11.365/1987, 12.182/1989, 12.413/1990, 12.999/1992, 14.033/1995 und 15.116/1998 sowie das Erkenntnis VfGH 15.3.2001, V8/00), entfaltet eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtshofes bereits außer Kraft getretene Norm für die Rechtssphäre des Antragstellers regelmäßig nicht mehr die eine Antragstellung rechtfertigende unmittelbare Wirkung. Das Ziel eines Verfahrens nach dem letzten Satz der ersten Absätze in Art139 und 140 B-VG, die rechtswidrige Norm ohne Verzug mit genereller Wirkung aus dem Rechtsbestand zu entfernen, ist mit ihrem Außerkrafttreten fortgefallen.

Den Antragstellern fehlt demnach insoweit die - nicht bloß im Zeitpunkt der Einbringung des Individualantrages, sondern auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs hierüber - erforderliche Betroffenheit durch diese bereits außer Kraft getretenen Vorschriften und damit die Legitimation zu deren Anfechtung (vgl. VfSlg. 13.057/1992, 13.794/1994 und 14.313/1995).

Trotz des der angefochtenen Verordnung gleichlautenden Inhaltes der Bestimmung der Wiener Fiakerbetriebsordnung 2000 besteht für einen Austausch des Prüfungsgegenstandes keinerlei gesetzliche Handhabe, da der Prüfungsgegenstand durch das (ursprüngliche) Antragsbegehren im Sinne des §57 Abs1 VerfGG ("bestimmte Stellen der Verordnung") festgelegt wird (vgl. VfSlg. 13.794/1994, 15.021/1997).

Die Anträge waren daher zurückzuweisen, was gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündlicher Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte