VfGH B330/00 ua

VfGHB330/00 ua9.10.2001

Anlassfallwirkung der Aufhebung des §2 und §3 Abs2 der Wr NationalparkV sowie von Teilen der Anlage (Plan) mit E v 09.10.01, V26/01 ua.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zu B330/00 und B2141/00 zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit je S 29.500,- bestimmten Prozesskosten bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1.1. Zu B330/00:

Der Berufungssenat der Stadt Wien wies aufgrund eines Devolutionsantrags mit Bescheid vom 16. Dezember 1999 im Spruchpunkt I gemäß §7 Abs3 des Gesetzes über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz), LGBl. für Wien Nr. 37/1996 idF LGBl. für Wien Nr. 45/1998, den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft auf Erteilung einer bis zur Beendigung der Erntearbeiten 1998 befristeten Bewilligung für die Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke (darunter die Grundstücke Nr. 1/8 und 1/9) ab. Im Spruchpunkt II versagte der Berufungssenat der Stadt Wien gemäß §7 Abs3 Wiener Nationalparkgesetz die Erteilung einer bis zur Beendigung der Erntearbeiten 1999 befristeten Bewilligung für die Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke (darunter die Grundstücke Nr. 1/8 und 1/9), soweit diese in der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996, nicht als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind. Im Spruchpunkt III erteilte der Berufungssenat gemäß §7 Abs1 Wiener Nationalparkgesetz die Bewilligung zur Bewirtschaftung in der im Schreiben vom 22. Oktober 1998 beantragten Weise auf jenen Flächen näher bezeichneter Grundstücke (darunter ebenfalls die Grundstücke Nr. 1/8 und 1/9), soweit diese in der Wiener Nationalparkverordnung als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind, für das Erntejahr 1999. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die nunmehr beschwerdeführende Gesellschaft eine konventionelle Landwirtschaft betreibe. Die belangte Behörde holte Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz, Landschaftsschutz und Nationalparkfragen, für Wasserbau und Agrartechnik ein.

Sie stellte fest, dass bis zum Inkrafttreten der Naturraum- und Managementpläne (§5 Abs5 und 7 Wiener Nationalparkgesetz) gemäß §6 Abs3 Wiener Nationalparkgesetz in "Naturzonen" und "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" nur Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, die den Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes oder der jeweiligen Zone nicht zuwider laufen. In "Naturzonen" (§5 Abs3 leg. cit.) sei somit jede wirtschaftliche Nutzung verboten, somit sowohl der konventionelle als auch der ökologische Landbau. Auf Liegenschaften, die sich in "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" (§5 Abs6 leg. cit.) befinden, stimme die beantragte (ökologische oder konventionelle) landwirtschaftliche Nutzung nicht mit dem Ziel dieser Zonen (§5 Abs6 leg. cit., Erhaltung und Förderung artenreicher Wiesenflächen sowie Waldflächen) und auch nicht mit den in den Managementplänen festzulegenden Zielen (§5 Abs7 leg. cit., ua. Dünge- und Pestizidverzicht) überein, weshalb eine Gefährdung der Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes (§1 leg. cit.) und der Zone gegeben sei. Daher war die Bewilligung der Maßnahmen diesbezüglich gemäß §7 Abs3 leg. cit. zu versagen. In den "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" könne ökologischem Landbau - unter Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden und aufgrund eines modifizierten Antrages - zugestimmt werden und die Bewilligung erteilt werden.

1.2. Zu B2141/00:

Der Berufungssenat der Stadt Wien versagte mit Bescheid vom 6. September 2000 gemäß §7 Abs3 Wiener Nationalparkgesetz aufgrund eines Devolutionsantrages nach Einholung von Gutachten und Stellungnahmen die Bewilligung einer für den Zeitraum 2000 bis 2004 befristeten konventionell-ackerbaulichen Bewirtschaftung näher bezeichneter Grundstücke mit einer dem Bescheid vom 16. Dezember 1999 im Wesentlichen entsprechenden Begründung. Die beabsichtigten Maßnahmen würden bereits die allgemeinen Zielsetzungen des Nationalparks gemäß §1 Abs1 Wiener Nationalparkgesetz gefährden. Es wurden auch die Maßnahmen in den "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" aufgrund des geplanten Einsatzes von Pestiziden versagt.

2. In den auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden behauptet die beschwerdeführende Gesellschaft, die Pächterin der bescheidgegenständlichen, im Eigentum der Stadt Wien stehenden Flächen ist, die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (Wiener Nationalparkgesetz, LGBl. für Wien Nr. 37/1996 idF LGBl. für Wien Nr. 45/1998; Wiener Nationalparkverordnung, LGBl. für Wien Nr. 50/1996).

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete je eine Gegenschrift, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge erkennen, dass die beschwerdeführende Gesellschaft weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden sei.

4. Das Amt der Wiener Landesregierung legte über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes die Verordnungsakten vor.

II. Aus Anlass dieser in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG 1953 zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen gemäß Art139 Abs1 B-VG mit Beschluss vom 7. März 2001 ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §2 und des §3 Abs2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festlegung und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl. für Wien Nr. 50/1996, sowie des eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plans, soweit in diesem Flächen durch dunkle Grünfärbung als "Naturzonen", durch helle Grünfärbung als "Naturzonen mit Managementmaßnahmen" und durch Braunfärbung als "Außenzonen-Sonderbereich Ackerflächen" ausgewiesen sind, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, V26-27/01, hat der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogenen Verordnungsstellen und Teile des eine Anlage der Verordnung bildenden Plans aufgehoben.

Die angefochtenen Bescheide stützen sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig war.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist je Umsatzsteuer in der Höhe von S 4.500,-

und eine Eingabengebühr von je S 2.500,- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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