VfGH B1402/99

VfGHB1402/993.12.2001

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Vorschreibung von Anzeigenabgaben auch für nicht in Wien verbreitete Medienwerke; keine Bedenken gegen die Anknüpfung der Abgabepflicht im Wiener Anzeigenabgabegesetz an den Erscheinungsort aufgrund der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der rückwirkenden finanzausgleichsgesetzlichen Ermächtigung zur Erhebung von Landes(Gemeinde)abgaben nach dem Studioprinzip; keine kompetenzwidrige Lenkungsmaßnahme durch die Vorschreibung eines Steuersatzes von 40 Prozent auf "Pornoanzeigen"; keine unsachliche Einschränkung des Besteuerungsanspruches auf das Inland

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
FAG 1997 §15a
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §1
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §2 lita
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §4 Abs3
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
FAG 1997 §15a
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §1
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §2 lita
Wr AnzeigenabgabeG 1983 §4 Abs3

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft (deren sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten inzwischen auf ihre bisherige persönlich haftende Gesellschafterin als Gesamtrechtsnachfolgerin übergegangen sind) ist Medieninhaberin (Verlegerin) einer größeren Zahl von Medienwerken (Neue Kronen Zeitung, Kurier), wobei das Medienwerk "Neue Kronen Zeitung - Vorarlberger Krone" nur in Vorarlberg vertrieben wird, während der "Kurier - Bundesländer Ausgabe" in mehreren Bundesländern erscheint. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission Wien wurde die von der beschwerdeführenden Partei zu leistende Anzeigenabgabe für den Zeitraum August 1995 bis Juli 1997 in bestimmter Höhe festgesetzt.

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde - im wesentlichen - aus, daß gemäß §1 Abs1 Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, LGBl. 22, idF LGBl. 1/1995, im folgenden: Wiener AnzeigenabgabeG, für Anzeigen, die in die in Wien erscheinenden Medienwerke gegen Entgelt aufgenommen oder mit solchen ausgesendet oder verbreitet werden, eine Abgabe zu entrichten sei und tritt mit ins Einzelne gehender Begründung den in der Berufung vorgebrachten Bedenken entgegen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes gerügt und der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

2.1.1. Unter Verweis auf das hg. Beschwerdeverfahren B1027/97 und unter weitgehender Wiederholung des in der dort zugrundliegenden Beschwerde bereits Dargelegten vertritt die Beschwerde - mit näherer Begründung - die Auffassung, daß die Anzeigenabgabe (§14 Abs1 Z7 FAG 1993) eine mit der Umsatzsteuer gleichartige Abgabe sei, werde sie doch vom selben Besteuerungsgegenstand ("Anzeigeneinschaltung") erhoben. Ihre Legitimation als Landesabgabe neben der gleichartigen Umsatzsteuer hätte die Anzeigenabgabe ausschließlich dadurch erhalten, daß sie durch die Ermächtigung des §14 Abs1 Z7 FAG 1993 - sohin durch ein Bundesgesetz - für zulässig erklärt worden sei. Diese Berechtigung bestehe aber nur innerhalb der Grenzen des §14 Abs1 Z7 FAG 1993, also lediglich hinsichtlich der Abgaben von Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken. Das jeweilige Bundesland sei jedenfalls nicht berechtigt, den "Außerortkonsum" der Anzeigeninhalte zu besteuern.

2.1.2. Außerdem müsse im Hinblick auf die "Anzeige" bzw. die "Zeitung oder das Druckwerk" ein entsprechender örtlicher Bezug auf das jeweilige Bundesland, das dann das Gesetz erlasse, vorliegen. Der örtliche Bezug, den Wien im AnzeigenabgabeG herstelle, um die Zuständigkeit zur landesgesetzlichen Regelung zu begründen, sei derart exzessiv, daß er im Anzeigenbegriff keine Deckung finde. Unter Verweis auf die Absätze 1 und 2 des §1 Wiener AnzeigenabgabeG vertritt die Beschwerde die Auffassung, daß es aus verfassungsrechtlicher Sicht unzulässig sei, allein auf den Erscheinungsort des Druckwerkes abzustellen und diesen - wie dies der Wiener Landesgesetzgeber getan habe - so zu definieren, daß nicht nur die erstmalige Verbreitung von Wien aus entscheidend sei, sondern gleichwertig der Umstand, daß der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien habe bzw. daß allein die verwaltende Tätigkeit vorwiegend in Wien ausgeübt werde. Unzulässigerweise würde Wien auch Anzeigen besteuern, "die zwar in einem von Wien aus verbreiteten Medienwerk enthalten sind bzw. von einem Medieninhaber, der in Wien seinen Standort hat oder seine verwaltende Tätigkeit ausübt, vertrieben werden, die aber nicht (im vorliegenden Fall ausschließlich nicht) das Wiener Landesgebiet ansprechen".

Wörtlich wird hiezu überdies folgendes ausgeführt:

"Daß der Gesetzgeber des WrAnzAbgG 1983 sehr wohl nach Maßgabe der Belastungskonzeption dieser Abgabe dem Ort des tatsächlichen (nicht auch des fingierten) Erscheinens und der Verbreitung nach zu unterscheiden wußte, ergibt sich aus §1 Abs1 leg.cit., wonach er Anzeigen in Medien, die zur ausschließlichen Verbreitung im Ausland bestimmt sind, von der Anzeigenabgabe ausgenommen hat.

Staats- und Landesgrenzen sind aber nun bei einer Landesabgabe gleichermaßen zu berücksichtigen."

Wien bewege sich nicht im Rahmen seiner Abgabenhoheit, wenn es Anzeigenabgabe für Anzeigen in Medienwerke erhebe, die in Wien überhaupt nicht zur Verbreitung gelangten. Dies sei letztlich aus dem ("versteinert" zu interpretierenden) Begriff der Anzeige selbst abzuleiten.

2.1.3. Die Beschwerde vertritt überdies die Auffassung, daß die Aufnahme von Anzeigen umsatzsteuerrechtlich nicht eine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung sei und führt hiezu (u.a.) wörtlich folgendes aus:

"Der Ort der sonstigen Leistung 'Anzeigeneinschaltung' und damit des Gegenstands der Abgabe liegt gemäß der umsatzsteuerrechtlich einheitlichen Festlegung durch die Mehrwertsteuerrichtlinien der EG dort, wo die bezügliche Werbebotschaft wahrgenommen werden kann.

Erhebt eine andere Gebietskörperschaft Anspruch darauf, von diesem Gegenstand für sich Abgaben zu erheben, verletzt sie damit die territoriale Abgabenhoheit jener Gebietskörperschaft, in deren örtlichem Bereich dieser Tatbestand verwirklicht wird."

Da das Wiener AnzeigenabgabeG drei verschiedene Tatbestände vorsehe, an die die Abgabepflicht geknüpft sei, käme es zu einer (nicht nur finanzverfassungsrechtlich) bedenklichen Doppel- oder Mehrfachbesteuerung.

Wäre die Abgabepflicht für Anzeigen auf einen einzigen Tatbestand abgestellt, z.B. darauf, wo die Werbebotschaft wahrgenommen und die Leistung erbracht werde, "könnte sich das hier strittige Problem gar nicht stellen, weil die im Verfahren strittigen Anzeigen in Medienwerken erscheinen, deren Verbreitungsgebiet ausschließlich im Bundesland Vorarlberg liegt. ... Die Besteuerung von Anzeigen, deren Werbebotschaft auf Wiener Territorium gar nicht wahrgenommen werden kann, weil die Medienwerke, in welche sie aufgenommen werden, hier nicht erscheinen, ist von besonderer Unsachlichkeit geprägt."

2.2. Die Vorschreibung eines Steuersatzes von 40 vH (§4 Abs1 Satz 2 Wiener AnzeigenabgabeG) auf Anzeigen, mit denen Tätigkeiten angeboten werden, die als Prostitution oder Beischlaf etc. anzusehen sind, sei überdies eine unzulässige Lenkungsmaßnahme, stehe es dem Wiener Gesetzgeber doch nicht zu, die allein dem Vorarlberger Landtag obliegende Kompetenz zur Wahrung vermeintlicher oder tatsächlicher Gesundheits-(Schutz-)interessen der Vorarlberger Bevölkerung an sich zu ziehen und daraus allein Abgabenvorteile für Wien zu ziehen.

"Die Kompetenzfrage stellt sich trotzdem aber auch hier, zumal einerseits für die Anzeigenabgabe nur eine beschränkte Kompetenz gegeben ist und anderseits hinsichtlich der Prostitution die für jedes Landesgesetz hinsichtlich seines örtlichen Wirkungsbereichs geltenden Grenzen zu beachten sind, die jedenfalls bewirken, daß der Wiener Landesgesetzgeber unzuständig ist, die Prostitution im Land Vorarlberg - in welcher Weise auch immer, und sei es nur durch eine Lenkungsmaßnahme - zu regeln. Dies führt aber auch dazu, daß die Regelungen im WrAnzAbgG 1983, soweit sie in Wahrheit eine Regelung der Materie 'Gesundheitswesen' darstellen, zwar grundsätzlich in die Landeskompetenz fallen, jedoch insoweit verfassungswidrig sind, als sie einen Eingriff in die Kompetenz eines anderen Landesgesetzgebers darstellen. Der Wiener Landesgesetzgeber kann die verfassungsrechtliche räumliche Grenze für das Wiener ProstitutionsG nicht dadurch unterlaufen, daß er hinsichtlich des Teilbereichs einschlägiger Anzeigen 'in das Kleid einer Abgabennorm schlüpft'.

...

Daß das WrAnzAbgG 1983 dennoch durch das Zusammenwirken der Bestimmungen seiner §§1 und 4 uU eine Besteuerung von Anzeigen in Vorarlberger Medienwerken (dh ausschließlich in Vorarlberg verbreiteten Zeitungen) zum erhöhten Steuersatz von 40 vH vorsieht und für eine Vermeidung dieser Nebenwirkung keine andere Handhabe bietet, als lediglich die durch §4 Abs3 leg.cit. ermöglichte Reduktion des Abgabensatzes auf 37,5 vH oder 35 vH, läßt die Verfassungswidrigkeit der grundlegenden Bestimmungen des WrAnzAbgG 1983 noch deutlicher als beim Normalsteuersatz zutage treten."

2.3. §1 des Wiener AnzeigenabgabeG sei außerdem deshalb verfassungswidrig, weil sich im Gesetz keine Bestimmungen fänden, durch die sichergestellt werde, "daß nicht auch außerhalb des Geltungsgebietes des Bundeslandes Wien verwirklichte 'Anzeigentatbestände' im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs und damit im Begriffsumfang der Ermächtigung des §14 Abs1 Z7 FAG 1993 getroffen werden". Durch §1 Abs2 Wiener AnzeigenabgabeG hätte der Wiener Gesetzgeber aber geradezu den gegenteiligen Weg eingeschlagen; wörtlich führt die Beschwerde hiezu folgendes aus:

"Durch §1 Abs2 leg.cit. wird das im Abs1 des WrAnzAbgG 1983 normierte Tatbestands-Merkmal '... in Wien erscheinend ...', also der 'Erscheinungsort' im Wege einer praesumptio iuris et de iure auch auf selbständig wirksame (Ersatz-)Tatbestände ausgedehnt, die mit dem eigentlichen Zweck der Abgabe, nämlich der Belastung der 'Anzeige' ('Aufnahme oder Aussendung oder Verbreitung von Anzeigen in bzw. mit Medienwerken') in Wien und damit mit dem Umfang der Ermächtigung nach FAG 1993 in keinem sachlich gerechtfertigten Zusammenhang mehr stehen.

Es sind dies folgende, rein auf die Person des die Verbreitung besorgenden Medieninhabers (Verlegers) abgestellte - vom Erscheinungsort naturgemäß verschiedene - Anknüpfungsmerkmale:

Diese dem Erscheinungsort im Sinne der Erstverbreitung gleichgesetzten Anknüpfungsmerkmale kommen auch zur Geltung, wenn sich die Aufnahme von Anzeigen auf Medienwerke bezieht, deren Verbreitung ausschließlich außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs des WrAnzAbgG 1983 erfolgt, dh wenn die Verwirklichung des eigentlichen Abgabentatbestandes zur Gänze im Hoheitsbereich anderer österreichischer Gebietskörperschaften stattfindet.

Das, was der Gesetzgeber hinsichtlich 'Ausland' ('außerösterreichisches' Territorium) erkannt und berücksichtigt hat, fehlt hinsichtlich des wenngleich 'innerösterreichischen', so doch 'außerwiener' Territoriums."

Unter Bedachtnahme auf Territorialitätsaspekte seien sohin jene Sachverhalte aus der Steuerpflicht auszunehmen, deren (ausschließliche) Verbreitung außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs des Wiener AnzeigenabgabeG stattfinde.

Die vom Wiener Gesetzgeber verfügte Ausnahme hinsichtlich der zur ausschließlichen Verbreitung im Ausland bestimmten Medienwerke von der (vermeintlichen) Abgabepflicht in Wien hätte aber richtigerweise, um der durch das F-VG 1948 verfügten Einschränkung der Abgabenerhebungs-Kompetenz der Länder (Gemeinden) zu entsprechen, (auch) auf Medienwerke gerichtet werden müssen, deren Verbreitung zwar im Bundesgebiet, jedoch (ausschließlich) außerhalb des Geltungsbereichs des Wiener AnzeigenabgabeG erfolge.

Der Abgabenanspruch Wiens könne auch nicht auf §14 Abs1 Z7 FAG 1993 gestützt werden, weil das dort genannte "Steuergut" weder im "Unterhalten des Unternehmensstandorts" noch der "Ausübung der überwiegenden Teile der Verwaltung", sondern in der Verbreitung von "Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken" bestehe.

Die Heranziehung der für die in Vorarlberg vertriebenen Medienwerke vereinnahmten Anzeigenentgelte zur Festsetzung von Anzeigenabgabe durch die Stadt Wien stelle nur mehr dem äußeren Anschein nach eine Besteuerung von Anzeigen iSd §14 Abs1 Z7 FAG 1993 dar; in Wirklichkeit dienten diese Entgelte bloß der Bemessung einer verfassungsrechtlich nicht gedeckten "Standort-(Kopf-)steuer".

2.4. Die Beschwerde führt weiters aus, daß die Bestimmungen über die Verwirklichung des Abgabentatbestandes der Anzeigenabgabe in den jeweiligen Landesgesetzen so gefaßt werden müßten, daß eine gleichzeitig im Geltungsgebiet der Anzeigenabgaben mehrerer Bundesländer stattfindende (also gehäufte) Tatbestandsverwirklichung hinsichtlich ein und desselben Sachverhaltes gar nicht möglich sei. Das Wiener AnzeigenabgabeG reklamiere aber in verfassungswidriger Weise einen Wien nicht gebührenden Abgabenanspruch und nehme nur eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht entsprechende Bruchteilsermittlung vor. Wörtlich wird weiters folgendes dargelegt:

"Das führt vorerst dazu, daß im Verhältnis gegenüber jenen Bundesländern, in welchen keine Anzeigenabgabegesetze erlassen worden sind, das sind Tirol und das Burgenland bzw. im Verhältnis zu jenen Gemeinden, für die wie im Land Salzburg, wo das nur für das Gebiet der Stadt Salzburg geltende Landesgesetz nicht gilt, bzw. im Verhältnis zu jenen Gemeinden in NÖ oder OÖ, die von ihrem Beschlußrecht auf Festsetzung von Anzeigenabgabe keinen Gebrauch gemacht haben, die Gemeinde Wien bei Zutreffen auch nur eines einzigen der im WrAnzAbgG 1983 vorgesehenen Anknüpfungsmerkmale Anzeigenabgabe nach Maßgabe der ungekürzt zur Anwendung gebrachten Wiener Steuersätze für sich reklamiert (dies wie gesagt auch dann, wenn das Anknüpfungsmerkmal lediglich der 'Standort' oder die 'überwiegend ausgeübte verwaltende Tätigkeit' in Wien ist).

Dadurch greift Wien in eklatant unzulässiger Weise in die Abgabenhoheit anderer Gebietskörperschaften ein, wobei der Umstand, daß zB Tirol oder das Burgenland von der diesen Bundesländern zustehenden Abgabenerhebungskompetenz keinen Gebrauch machen, nicht zur Rechtfertigung dafür dienen kann, Sachverhalte, die ausschließlich im Hoheitsbereich einer anderen Gebietskörperschaft verwirklicht werden, in einer den Umfang der eigenen Abgabenhoheit |bersteigenden Weise zu besteuern; das Geltungsgebiet des Wiener Anzeigenabgabegesetzes endet an der Gemeindegrenze Wiens."

Die nachträgliche "Abgabenminderung" durch die sog. Bruchteilsfestsetzung stelle dabei nur einen willkürlichen und den tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise Rechnung tragenden Ausgleich dar, der den aufgezeigten Verstoß nicht sanieren könne.

2.5. Durch die Doppel- bzw. Mehrfachbesteuerung von Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken (§14 Abs1 Z7 FAG 1993), wie sie aufgrund des angefochtenen Bescheides erwiesen sei, käme es außerdem - so die beschwerdeführende Gesellschaft weiter - zu einer schwerwiegenden Verzerrung der Konkurrenzlage im Vergleich mit Verlagsprodukten von in Vorarlberg ansässigen Medieninhabern (Verlegern). Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung "aufs schwerste beeinträchtigt", weil für die verfahrensgegenständlichen Anzeigen Anzeigenabgabe iHv insgesamt 12,5 vH bzw. 42,5 vH zu entrichten sei, während vergleichbare Leistungen der Vorarlberger Konkurrenzunternehmen mit einem einheitlichen Abgabensatz von 5 vH belastet würden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß von der an sich gemäß §3 Abs3 Wiener AnzeigenabgabeG vorgesehenen Möglichkeit der Überwälzung der Abgabe auf den Veranlasser nicht generell Gebrauch gemacht werden könne, weil Vorarlberger Anzeigenkunden davon ausgingen, daß ihnen für die Einschaltung von Anzeigen in ein ausschließlich in Vorarlberg zur Verbreitung gelangendes Medienwerk Anzeigenabgabe lediglich iHv 5 vH in Rechnung gestellt werde. Auch aus Konkurrenzgründen sei eine Überwälzung nicht möglich.

Eine ähnliche Wettbewerbsverzerrung ergebe sich auch im Verhältnis zu jenen Ländern (Gemeinden), die - im Unterschied zu Wien - keine Anzeigenabgabe erheben; wörtlich führt die beschwerdeführende Gesellschaft hiezu folgendes aus:

"Unsere Konkurrenzlage gegenüber zB den in Tirol ansässigen Verlagsunternehmen ist bezüglich des Anzeigengeschäfts dadurch gekennzeichnet, daß wir im Vergleich mit diesen von Haus aus einen finanziellen Nachteil im Ausmaß der voll zu unseren eigenen Lasten gehenden Wiener Anzeigenabgabe von 10 v.H. bzw. 40 v.H. in Kauf zu nehmen haben. Mangels Existenz eines eigenen Tiroler Anzeigenabgabegesetzes ist es nämlich nicht möglich, einem Tiroler Anzeigenkunden Anzeigenabgabe für Anzeigen in einem nur in diesem Land zur Verbreitung gelangenden Medienwerk in Rechnung zu stellen."

Sowohl aus dem Blickwinkel der Wahrung des Gleichheitssatzes als auch in Anbetracht der Freiheit der Erwerbsausübung bzw. des Grundsatzes der Unverletzlichkeit des Eigentums sei es verfassungsrechtlich unvertretbar, wenn Entgelte für die Aufnahme von Anzeigen in ausschließlich zur Verbreitung in Tirol bestimmten Medienwerken solcherart unterschiedlich behandelt würden. Je nachdem, ob nämlich das ausführende Unternehmen seinen Standort in Tirol oder Wien habe, würden die Anzeigenentgelte im einen Fall steuerfrei bleiben, im anderen Fall wäre aber eine Anzeigenabgabe zu entrichten. "Diese Unterschiede im Tatsächlichen können diese Differenzierung nicht rechtfertigen, und zwar unabhängig davon, daß es jede Landeskompetenz der Natur der Sache nach mit sich bringt, daß in den einzelnen Bundesländern (auch) unterschiedliche Regelungen gelten können."

2.6. Nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei ist auch die Befreiungsbestimmung des §2 lita Wiener AnzeigenabgabeG (von der Anzeigenabgabe befreit sind Anzeigen, die von Ämtern des Bundes oder der Stadt Wien in amtlichen Blättern "erlassen werden") gleichheitswidrig, weil Anzeigen des Landes Wien von dieser Bestimmung ebensowenig erfaßt seien wie Anzeigen anderer Länder oder Gemeinden; eine verfassungswidrige Befreiungsbestimmung höhle in verfassungswidriger Weise den Grundtatbestand aus und mache diesen selbst verfassungswidrig. Im vorliegenden Fall führe die Befreiung dazu, daß in der in Vorarlberg erscheinenden Zeitung Anzeigen des Landes Vorarlberg besteuert würden.

2.7. Die Beschwerde weist überdies - mit ausführlicher Begründung - darauf hin, daß die jüngere Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu den Ankündigungsabgaben (VfSlg. 15.395/1998) auf die Anzeigenabgaben übertragbar sei und auch dort dazu führen müsse, daß die erhebungsberechtigten Gebietskörperschaften nur eine Besteuerung nach Maßgabe des Reklamewertes der Anzeigen vornehmen dürften, habe doch der Verfassungsgerichtshof in dieser Entscheidung ausgesprochen, daß der in territorialer Hinsicht maßgebende hinreichende Bezug aus dem Zweck der Abgabe erschlossen werden könne. Der Zweck der Ankündigungsabgabe liege - so die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - in der Besteuerung des erzielten Reklamewerts. Es sei kein Grund zu erkennen, warum nicht derselbe Gedankengang auf die Anzeigenabgaben übertragen werden könne. Der einzige Bezug der beschwerdeführenden Partei zu Wien liege darin, daß sie ihren Standort in Wien habe; dies sei aber - so die beschwerdeführende Partei - nicht "hinreichend" im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes.

2.8. Wörtlich führt die Beschwerde außerdem noch folgendes aus:

"Keine Abgabepflicht nach §1 WrAnzAbgG 1983 idgF ist dann gegeben, 'sofern die Verbreitung ausschließlich im Ausland erfolgt'. Die Verbreitung der Vorarlberg-Ausgabe erfolgt ausschließlich in Vorarlberg (oder jedenfalls ausschließlich außerhalb der Wiener Landesgrenzen). Aus völkerrechtlicher Sicht ist Vorarlberg nicht 'Ausland' ... Vorarlberg ist aber von Wien weiter entfernt als zB München oder Triest, die beide in einem Mitgliedstaat und demzufolge im Ausland liegen. Ausschließliche Verbreitung in Vorarlberg wird daher unter Zugrundelegung der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht schlechter gestellt als ausschließliche Verbreitung in Wien näher gelegenen ausländischen Gebieten. Diese Inländerdiskriminierung entbehrt jedweder sachlichen Rechtfertigung."

3. Die belangte Behörde legte innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und der Sache nach beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

3.1. Dem Beschwerdevorbringen, die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1998, VfSlg. 15.395/1998, zur Ankündigungsabgabe enthaltenen Ausführungen seien auch auf die Anzeigenabgabe zu übertragen, hält die belangte Behörde folgendes entgegen:

Leite man die jeweiligen Begriffsinhalte - wie der Verfassungsgerichtshof dies im Erkenntnis VfSlg. 14.269/1995 getan habe - aus jener Bedeutung her, die bereits der Finanzausgleichsgesetzgeber im Jahr 1948 vorgefunden habe, so zeige ein Vergleich des dafür signifikanten Wiener Ankündigungsabgabegesetzes aus dem Jahr 1921, LGBl. 142, und des Wiener Anzeigenabgabegesetzes aus dem Jahr 1923, LGBl. 11/1924, daß - unbeschadet des Umstandes, daß es sich bei einer Anzeige in einem Druckwerk zweifellos um einen speziellen Fall einer Ankündigung (als Synonym von Bekanntmachung) handle - aus finanzausgleichsrechtlicher Sicht im Charakter und Besteuerungsgegenstand der Abgaben wesentliche Unterschiede bestünden:

Während nämlich bei Ankündigungen (in Schrift oder Bild, welche an öffentlichen Straßen und Plätzen oder in öffentlichen Räumen angebracht, ausgestellt oder vorgenommen werden) die Entstehung des Werbenutzens zwingend unmittelbar mit dem Ort der Verbreitung der Ankündigung verknüpft sei, sei die Entstehung des Reklamewertes bei Anzeigen in einem Druckwerk vom Ort der Verbreitung des Druckwerkes völlig unabhängig.

Daraus ergebe sich aber, daß der Reklamewert bei der Anzeigenabgabe im Gegensatz zur Ankündigungsabgabe keinen tauglichen Bezug zum räumlichen Geltungsbereich der Abgabe bilde. Der Charakter und Besteuerungsgegenstand der Anzeigenabgabe erfordere daher einen der Art nach vom Reklamewert verschiedenen territorialen Bezugspunkt. Einen solchen habe der Finanzausgleichsgesetzgeber des Jahres 1948 auch vorgefunden und akzeptiert: "Gemäß §1 des oben genannten Anzeigenabgabegesetzes unterliegen der Besteuerung die in der einhebenden Gebietskörperschaft erscheinenden Druckwerke. Diese Regelung entspricht inhaltlich dem §1 Abs1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983."

3.2. Der vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 15.395/1998 angesprochenen Verantwortung (auch) der Länder für die Vermeidung von Doppelbesteuerungen werde für den Bereich des Landes Wien durch die im §4 Abs3 Wiener AnzeigenabgabeG vorgesehene Bruchteilsfestsetzung Rechnung getragen.

3.3. Auch der Umstand, daß im Falle ausschließlicher Verbreitung im Ausland keine Anzeigenabgabe anfällt, stelle - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht - keine unsachliche Inländerdiskriminierung dar, "handelt es sich hiebei doch um eine, wenn auch finanzverfassungsrechtlich nicht notwendige, so doch zulässige Einschränkung der Steuerpflicht, die zur Förderung der Wiener Wirtschaft und zur Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen inländischer Unternehmen im Ausland dient".

4.1. Mit Schriftsatz vom 15. November 1999 erstattete die beschwerdeführende Partei eine Replik zur Gegenschrift, in der sie mit ins Einzelne gehender Begründung den Argumenten der belangten Behörde entgegentritt.

4.2. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2000 wurde von der beschwerdeführenden Partei ein ergänzendes Vorbringen erstattet, in dem sie die Auffassung vertritt, daß der Verfassungsgesetzgeber des §15a FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, die Erwartungshaltung zum Ausdruck bringe, daß der Verfassungsgerichtshof seine Judikatur zum örtlichen Reklamewert (VfSlg. 15.395/1998) von Ankündigungsabgaben auch auf Anzeigenabgaben ausdehnen werde. Den Materialien zu diesem Gesetz (AB 102 BlgNR, 21. GP) sei zu entnehmen, daß auch für Anzeigenabgaben in der Vergangenheit nur der lokale Reklamewert die Bemessungsgrundlage gewesen sei.

Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei sei aber §15a Abs1 FAG 1997 als solcher für das vorliegende Beschwerdeverfahren irrelevant, weil für die nachprüfende Kontrolle der Höchstgerichte allein die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Rechtslage maßgeblich sei und nicht eine gegebenenfalls rückwirkend (auch den Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide umfassend) geänderte Rechtslage.

4.3. Mit Schriftsatz vom 2. November 2001 erstattete die beschwerdeführende Partei ein weiteres ergänzendes Vorbringen, in dem sie - mit ausführlicher Begründung - zur Frage der Übertragbarkeit der in VfSlg. 15.395/1998 zur Ankündigungsabgabe getroffenen Aussagen auf die Anzeigenabgabe Stellung nimmt, die praktischen Erfahrungen mit der Vermeidung von Doppelbesteuerungen im Bereich der Anzeigenabgaben darlegt und noch einmal begründet, warum §15a FAG 1997 - ihrer Meinung nach - für den Beschwerdefall im Ergebnis ohne Bedeutung sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Soweit die Beschwerde rügt, die Regelung des §1 Abs2 des Wiener AnzeigenabgabeG sei hinsichtlich der örtlichen Anknüpfung exzessiv, einen Verfassungsverstoß darin erblickt, daß der Wiener Landesgesetzgeber eine Anzeigenabgabepflicht für Anzeigen in Medienwerke vorsehe, die in Wien überhaupt nicht zur Verbreitung gelangen, und die Meinung vertritt, dieser (behauptete) Verfassungsverstoß sei auch nicht durch die Verfassungsbestimmung des §15a FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, saniert worden, ist ihr folgendes entgegenzuhalten:

1.1. Das Wiener AnzeigenabgabeG knüpft die Anzeigenabgabepflicht daran, daß die Anzeigen in Medienwerke aufgenommen werden, die in Wien erscheinen. Als Erscheinungsort des Medienwerkes gilt Wien nicht nur dann, wenn die Verbreitung des Medienwerkes erstmals von hier aus erfolgt, sondern auch dann, wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat bzw. wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird (§1 Abs2 leg.cit.).

1.2. In seinem die Wiener Ankündigungsabgabe-Verordnung betreffenden Erkenntnis VfSlg. 15.395/1998 hat der Verfassungsgerichtshof - unter Übertragung von zum internationalen Steuerrecht vertretenen Lehrmeinungen - die Auffassung vertreten, Zuweisungen von Besteuerungsrechten an Länder oder Gemeinden im Rahmen der Finanzverfassung müßten stets so verstanden werden, daß die betreffende Gebietskörperschaft bei der Inanspruchnahme der erteilten Ermächtigung, das heißt bei Formulierung des Steuertatbestandes, einen hinreichenden inhaltlichen Bezug zum räumlichen Geltungsbereich der Abgabe zu wahren habe. Im Zusammenhang mit der Besteuerung der Rundfunkwerbung nach dem sog. Studioprinzip hat der Gerichtshof dort die Auffassung vertreten, bei einer Gemeindeabgabe, deren Zweck die Besteuerung des Reklamewertes einer Ankündigung sei, sei kein hinreichender Grund ersichtlich, der die Gemeinde berechtigen könnte, Ankündigungen schlechthin nur deswegen zu besteuern, weil sie vom Gebiet der betreffenden Gemeinde ihren Ausgang nehmen, ohne Rücksicht darauf, wo sich der mit der Ankündigung verbundene Reklamewert bilde.

1.3. Ob dieser Gedanke - wie die beschwerdeführende Gesellschaft vermeint - auch auf die Anzeigenabgaben übertragbar ist (weil Anzeigen nur einen Sonderfall von Ankündigungen bilden; vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, B1459/99, mwN) und ob er zur Folge hat, daß die Anknüpfung des §1 Abs2 des Wiener AnzeigenabgabeG als verfassungswidrig anzusehen ist, oder ob bei Anzeigenabgaben - etwa wegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift aufgezeigten Unterschiede zwischen Ankündigungen und Anzeigen, wegen der unterschiedlichen einfachgesetzlichen Situation im Jahre 1948, wegen der bei Anzeigenabgaben seit jeher vorgesehenen Bruchteilsfestsetzung oder aus anderen Gründen - die Reichweite der Besteuerungskompetenz der Länder oder Gemeinden nach anderen Gesichtspunkten zu bestimmen ist, kann aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles aus folgenden Gründen letztlich unbeantwortet bleiben:

Gemäß §15a Abs1 FAG 1997, idF der Novelle BGBl. I 30/2000, umfaßt die Ermächtigung der Länder (Gemeinden) zur Erhebung von Abgaben von Anzeigen in Zeitungen oder sonstigen Druckwerken in §14 Abs1 Z6 bzw. 7 FAG 1989, 1993 und 1997 "auch Abgaben von Anzeigen, die am Erscheinungsort der Zeitung oder des sonstigen Druckwerkes erhoben werden". Im Bericht des Finanzausschusses (102 BlgNR, 21. GP) wird dazu - nach Wiedergabe der durch das hg. Erkenntnis VfSlg. 15.395/1998 geschaffenen Rechtslage im Bereich der Ankündigungsabgaben - folgendes ausgeführt:

"Im Bereich der Anzeigenabgaben gibt es eine zum Studioprinzip vergleichbare Problematik, weil hier in den landesgesetzlichen Regelungen regelmäßig der Erscheinungsort der Zeitung oder des sonstigen Druckwerks zur Abgrenzung der Besteuerungsrechte normiert wird, unabhängig davon, wo der Reklamewert tatsächlich entsteht. So gilt etwa gemäß §1 Abs1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983 Wien dann als Erscheinungsort, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird. Vergleichbare Regelungen enthalten auch die anderen Anzeigenabgabegesetze von Kärnten, Niederösterreich, Salzburg, Steiermark und Vorarlberg. Auch wenn diesbezüglich noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vorliegt, kann die Auffassung vertreten werden, dass die vom Verfassungsgerichtshof für die Ankündigungsabgaben ausgesprochenen Kriterien auch bei den Anzeigenabgaben anzuwenden sind.

Um zu verhindern, dass an die Länder und Gemeinden bei allen bisher noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Rückforderungsansprüche gestellt werden, soll bis zum Inkrafttreten der Neuregelung die bisherige Kompetenzverteilung bei diesen Landes- und Gemeindeabgaben auf verfassungsrechtlicher Basis festgeschrieben werden. ..."

Der Verfassungsgerichtshof pflichtet der beschwerdeführenden Gesellschaft grundsätzlich darin bei, daß gegen die Vorschrift des §15a FAG 1997 Bedenken aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen. Er hat sich allerdings mit diesen Bedenken unter dem Aspekt des Art44 Abs3 B-VG bereits in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2000, G19/00 u. a. Zlen., VfSlg. 15.887/2000, befaßt und dort letztlich die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift - vor allem im Hinblick auf ihren Zweck, einen praktikablen Übergang zu einer neuen Rechtslage zu ermöglichen - bejaht. Der Gerichtshof schließt auch nicht aus, daß gegen das (bisherige) System der Besteuerung von Anzeigen berechtigte verfassungsrechtliche Bedenken erhoben werden konnten. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob bzw. wie weit allfälligen Bedenken durch die im Verfassungsrang stehende Norm des §15a FAG 1997 der Boden entzogen wird und die Bestimmungen damit unangreifbar werden.

§15a FAG 1997, idF der Novelle BGBl. I 30/2000, verwendet mit seiner Ermächtigung zur Erhebung von "Anzeigen, die am Erscheinungsort der Zeitung oder des sonstigen Druckwerks erhoben werden" eine Diktion, die dem Sprachgebrauch der im Jahre 2000 in Geltung stehenden Anzeigenabgabegesetze der Bundesländer entnommen ist. Nach diesen Gesetzen galt als Erscheinungsort aber durchwegs jener Ort, von dem aus das Druckwerk erstmalig verbreitet wird, bzw. jener, an dem der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort hat oder jener, an dem die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers ausgeübt wird (vgl. neben dem Wiener AnzeigenabgabeG

§1 Abs4 Kärntner AnzeigenabgabeG, LGBl. 19/1997; §2 Abs2 Niederösterreichisches AnzeigenabgabeG, LGBl. 3705; §2 Abs3 Oberösterreichisches AnzeigenabgabeG, LGBl. 17/1952; §1 Abs2 Salzburger AnzeigenabgabeG, LGBl. 102/1964; §1 Abs2 Steiermärkisches AnzeigenabgabeG, LGBl. 56/1980; §1 Abs1 Vorarlberger AnzeigenabgabeG, sowohl in der für den vorliegenden Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. 30/1990 als auch idF LGBl. 60/1998). Die aus der Mehrfachanknüpfung häufig resultierende Kumulierung von Besteuerungsansprüchen verschiedener Gebietskörperschaften wird in den genannten Landesgesetzen durchwegs (vgl. neben §4 Abs3 Wiener AnzeigenabgabeG §4 Abs4 Kärntner AnzeigenabgabeG, LGBl. 19/1997; §5 Abs4 Niederösterreichisches AnzeigenabgabeG, LGBl. 3705; §4 Abs5 Oberösterreichisches AnzeigenabgabeG, LGBl. 17/1952; §4 Abs2 Salzburger AnzeigenabgabeG, LGBl. 102/1964; §3 Abs4 Steiermärkisches AnzeigenabgabeG, LGBl. 56/1980, sowie §5 Abs5 des - im hier maßgeblichen Zeitraum in Kraft stehenden - Vorarlberger AnzeigenabgabeG, LGBl. 30/1990; vgl. aber ebenso §5 Abs3 Vorarlberger AnzeigenabgabeG, LGBl. 60/1998) durch das Instrument der sog. Bruchteilsfestsetzung vermieden oder gemildert.

Wenn es nun (nach den Materialien) der Zweck der erwähnten Vorschrift des §15a FAG 1997 ist, die bisherige Kompetenzverteilung auf dem Gebiet (auch) der Anzeigenabgaben für einen Übergangszeitraum auf verfassungsrechtlicher Basis festzuschreiben, um zu verhindern, daß an Länder und Gemeinden bei allen bisher noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen (Anzeigenabgabe-)Verfahren Rückforderungsansprüche gestellt werden, so ist für den Gerichtshof der Schluß unabweisbar, daß der Verfassungsgesetzgeber mit dem Begriff "Erscheinungsort" jenen Ort gemeint hat, an den bisher auf einfachgesetzlicher Ebene die Anzeigenabgabepflicht geknüpft wurde. Eine andere Auffassung (die den Erscheinungsort in einem engeren Sinn oder sonst abweichend von dem einfachgesetzlichen Verständnis versteht) hätte nämlich zur Folge, daß die bisherige Kompetenzverteilung gerade nicht festgeschrieben wäre, sondern Rückforderungsansprüche gegen eine Gebietskörperschaft gestellt werden könnten, obwohl diese bisher davon ausgehen konnte, daß sie Anzeigen besteuern durfte, und obwohl einer allfälligen Mehrfachbesteuerung vielleicht bereits durch eine Bruchteilsfestsetzung Rechnung getragen worden war.

1.4. Ist die Besteuerung von Anzeigen am Erscheinungsort des Druckwerkes (im einfachgesetzlichen Verständnis) aber (in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise) rückwirkend abgesichert, dann muß auch - aus den genannten Gründen - für den Übergangszeitraum eine allfällige Doppel- oder Mehrfachbesteuerung verfassungsrechtlich unangreifbar sein. Es wäre dann auch ohne Bedeutung, wenn die in den Anzeigenabgabegesetzen vorgesehene Bruchteilsfestsetzung ungeeignet wäre, eine Besteuerung gemäß dem Reklamewert einer Anzeige zu verwirklichen oder auch nur Doppelbesteuerungen in sachlicher Weise zu vermeiden. Überbelastungen der Art, wie sie sich im vorliegenden Fall trotz dieser Bruchteilsfestsetzungen ergeben, sind dann nämlich durch die besondere verfassungsrechtliche Kompetenzordnung gedeckt.

1.5. Im Hinblick auf die rückwirkend zu beachtende Vorschrift des §15a FAG 1997 teilt der Gerichtshof somit nicht die Bedenken der Beschwerde ob der Verfassungsmäßigkeit der in §1 Abs2 des Wiener AnzeigenabgabeG gewählten Anknüpfung.

2. Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, die Vorschreibung eines Steuersatzes von 40 vH auf sog. "Pornoanzeigen" sei eine kompetenzwidrige und damit verfassungsrechtlich unzulässige Lenkungsmaßnahme, ist ihr folgendes entgegenzuhalten:

Grundsätzlich ist der Abgabengesetzgeber nicht gehindert, die Abgabepflicht an Tatbestände zu knüpfen, deren inhaltliche Regelung in die Zuständigkeit einer anderen Gebietskörperschaft fällt (Kompetenzneutralität des Abgabenwesens; vgl. z.B. VfSlg. 5847/1968). Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist es dem Gesetzgeber überdies nicht verwehrt, mit einer primär fiskalisch orientierten Abgabe auch Lenkungszwecke zu verfolgen (z.B. VfSlg. 4466/1963, 5859/1968 u.a.). Eine Überziehung der Abgabenkompetenz hat der Gerichtshof nur in jenen Fällen angenommen, in denen eine abgabenrechtliche Regelung so umfassend in eine fremde Materie hineinwirkte, daß sie als Regelung dieser Materie selbst gewertet werden mußte. Entscheidend sind hiebei Zweck und Dichte der Regelung und das Ausmaß ihrer Einwirkung im fremden Sachbereich (vgl. VfSlg. 10.403/1985, ferner VfSlg. 11.143/1986 sowie 14.597/1996).

Daß eine Besteuerung der hier in Rede stehenden Anzeigen mit einem Steuersatz von 40 vH diese Grenze überschreiten würde, kann der Gerichtshof nicht finden, handelt es sich doch lediglich darum, daß eine bestimmte, als unerwünscht angesehene Art der Werbung einer Abgabenbelastung unterworfen wird, nicht aber - auch nicht im Effekt - darum, daß die beworbene Tätigkeit inhaltlich geregelt würde.

3. Die Meinung, der Wiener Landesgesetzgeber habe dadurch gegen den Gleichheitssatz verstoßen, indem er die in §1 Abs1 des Wiener AnzeigenabgabeG enthaltene Einschränkung "sofern die Verbreitung nicht ausschließlich im Ausland erfolgt" nicht auch auf die anderen Bundesländer ausgedehnt hat, teilt der Gerichtshof nicht. Für eine solche Einschränkung des Besteuerungsanspruches lassen sich jedenfalls hinreichende nicht-fiskalische Gründe finden, die bei der Verbreitung von Anzeigen in anderen Bundesländern nicht vorliegen (müssen). Der Gerichtshof kann auch nicht nachvollziehen, warum eine Inländerdiskriminierung vorliegen soll, wenn eine Gebietskörperschaft sich bei der Ausschöpfung ihrer Steuerhoheit im Ergebnis auf im Inland verwirklichte Tatbestände beschränkt.

4. Ob der Umstand, daß §2 lita des Wiener AnzeigenabgabeG nur Anzeigen von Ämtern des Bundes und der Stadt Wien, nicht aber solche von Ämtern des Landes Wien oder anderer Gebietskörperschaften von der Abgabe befreit, zur Gleichheitswidrigkeit dieser Vorschrift führt (wie die Beschwerde meint), kann schon deswegen dahingestellt bleiben, weil es dabei ausschließlich um die Frage geht, ob der Wiener Landesgesetzgeber innerhalb der Anzeigen von Gebietskörperschaften eine sachliche Differenzierung getroffen hat. Mit diesem Inhalt ist die fragliche Norm, die ja - was die Beschwerde zu übersehen scheint - nur Anzeigen in amtlichen Blättern betrifft, im vorliegenden Beschwerdeverfahren von der belangten Behörde aber nicht einmal als negatives Tatbestandselement mitangewendet worden (vgl. VfSlg. 14.805/1997).

5. Soweit die Beschwerde schließlich eine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit darin erblickt, daß es durch die Doppel- oder Mehrfachbesteuerung zu einer schwerwiegenden Verzerrung der Konkurrenzlage im Vergleich mit Verlagsprodukten von in Vorarlberg ansässigen Medieninhabern kommt, so kann der Gerichtshof auch diese Bedenken nicht teilen. Ist die Abgabenerhebung durch ein Bundesland oder eine Gemeinde als solche kompetenzrechtlich unbedenklich (und dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen; s. oben 1.3.), dann kann eine daraus allenfalls resultierende unterschiedliche Höhe der Steuerbelastung in den verschiedenen Gebietskörperschaften das Grundrecht auf Erwerbsausübungsfreiheit auch dann nicht beeinträchtigen, wenn die unterschiedlichen Belastungen im konkreten Fall miteinander im Wettbewerb stehende Unternehmen treffen sollten.

6. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist daher aus jenen Gründen, die in der Beschwerdeschrift aufgeführt sind, weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden. Im Beschwerdeverfahren ist auch nicht hervorgekommen, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht behaupteten Gründen der Fall gewesen wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte - da die zu klärenden Fragen in einer Reihe von Schriftsätzen umfassend erörtert wurden - gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

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